Wahlrecht: Gregor Gysi wirft Ampel-Fraktionen Machtmissbrauch vor
  1. Startseite
  2. Politik

Klage gegen neues Wahlrecht: Gysi wirft Ampel-Fraktionen Machtmissbrauch vor

KommentareDrucken

Die Verhandlung über die Wahlrechtsreform der Ampel-Koalition, beginnt mit Empörung von Union und Linkspartei. Es geht um nichts weniger als die Zukunft des Bundestags.

Karlsruhe - Die Union und die Linkspartei haben das von der Ampel-Koalition verabschiedete neue Wahlrecht vor dem Bundesverfassungsgericht heftig attackiert. Friedrich Merz, CDU-Chef und Fraktionsvorsitzender der Union im Bundestag, nannte es einen „fundamentalen Verstoß gegen die Verfassung“. Alexander Dobrindt (CSU), warf der SPD, FDP und Grünen vor, mit dem neuen Wahlrecht „in eigener Sache tätig geworden“ zu sein.

Gregor Gysi, heute Abgeordneter der Linkspartei, sagte, die Bundestagsmehrheit habe ihre Macht missbraucht, um zwei Parteien aus dem Bundestag zu drängen. Gysi meinte damit die CSU und die Linke, deren Wiedereinzug durch das neue Wahlrecht gefährdet sein könnte. Weiterer Kritikpunkt ist, dass der Opposition nicht genug Beratungszeit zur Verfügung stand.

Wahlrechtsreform: Keine Überhangmandate und die verpflichtende Fünf-Prozent-Hürde

Der Zweite Senat verhandelt nun über Anträge der Union, der Linken sowie zahlreicher Bürgerinnen und Bürger, die das neue Wahlrecht für verfassungswidrig und nichtig erklären lassen wollen. Bei einem Erfolg könnte das neue Wahlrecht 2025 nicht angewendet werden. Die Bundesregierung verteidigte in Karlsruhe das Gesetz, es sei für die Verkleinerung und Arbeitsfähigkeit des Bundestages erforderlich und verfassungsgemäß.

Das Parlament sei mit 734 Abgeordneten eines der größten der Welt, dabei gehe es auch um die Kosten. Das Urteil wird erst in einigen Monaten erwartet. Das neue Wahlrecht bringt zwei grundlegende Änderungen. Zum einen erhält eine Partei nur noch so viele Sitze im Bundestag, wie ihr nach ihren Zweitstimmen zustehen. Überhangmandate wird es nicht mehr geben. Dobrindt rechnete in Karlsruhe vor, dass die CSU nach diesen Regeln nur noch 65 statt 98 Mandate hätte.

Im Bundesverfassungsgericht warten Gregor Gysi (Die Linke, l.) und Alexander Dobrindt, Vorsitzender der CSU im Bundestag, auf den Beginn der Verhandlung über die Wahlrechtsreform der Ampel-Koalition. Foto: Uli Deck/dpa.
Im Bundesverfassungsgericht warten Gregor Gysi (Die Linke, l.) und Alexander Dobrindt, Vorsitzender der CSU im Bundestag, auf den Beginn der Verhandlung über die Wahlrechtsreform der Ampel-Koalition. © dpa

Klage vor Bundesverfassungsgericht: Wegfall der Grundmandatsklausel ärgert CSU und Linkspartei

Zum anderen muss eine Partei zwingend die Fünf-Prozent-Hürde überspringen. Drei Direktmandate genügen nicht mehr. Aktuell profitiert die Linke von der Grundmandatsklausel. Denn die Partei erreichte 2021 nur 4,9 Prozent, kam mit drei Direktmandaten aber trotzdem in den Bundestag. Auch die CSU nahm mit 5,2 Prozent die Hürde nur knapp.

Vizepräsidentin Doris König machte deutlich, dass der Schwerpunkt der Karlsruher Verhandlung auf dem Wegfall dieser Grundmandatsklausel liegen wird. König sagte wörtlich: „In der Verhandlung wird vor allem zu klären sein, wie weit der Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers reicht und ob die Fünf-Prozent-Klausel ohne das Korrektiv der Grundmandatsklausel mit der Chancengleichheit der Parteien vereinbar sind.“ Dazu will das Gericht auch Sachverständige hören. Bis zum Redaktionsschluss war dies noch nicht erfolgt.

Die große Koalition konnte sich auf keine Reform einigen, der Ampel-Koalition gelang es

Die von Klägerseite gerügte kurze Beratungszeit des Parlaments, das nur zwei Tage vor der Abstimmung von der vollständigen Streichung der Grundmandatsklausel erfuhr, dürfte vom Bundesverfassungsgericht voraussichtlich nicht beanstandet werden. Die Richter:innen wiesen darauf hin, dass die Veränderung oder Abschaffung der Grundmandatsklausel seit langem in der Debatte war.

Karlsruhe hat schon mehrfach über das Wahlrecht entschieden. 2012 wurde das Ausufern der Überhangmandate für verfassungswidrig erklärt. Auf dieses Urteil geht zurück, dass Überhangmandate für eine Partei durch Zusatzmandate für andere Parteien ausgeglichen werden. Dadurch wurde der Bundestag immer größer. Auf eine Reform konnte sich die große Koalition nie einigen. Das gelang erst der Ampel.

Auch interessant

Kommentare