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Ausstellung im Brücke-Museum

Wie Hanna Bekker vom Rath die Nazis überlistete …

Hanna Bekker vom Rath
Hanna Bekker vom Rath Foto: Victor von Brauchitsch

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Energisch kletterte sie noch im hohen Alter auf einen Tisch, um die Eröffnungsrede für eine ihrer vielen Ausstellungen zu halten.

Mit einem Foto von diesem Ritual eröffnet das Brücke-Museum seine Ausstellung über Hanna Bekker vom Rath (1893-1983). Die Malerin, Mäzenin, Sammlerin und Galeristin gilt als eine wichtige Wegbereiterin der modernen Kunst.

Unerschrocken engagierte sich Bekker vom Rath auch während des Nationalsozialismus für ihre Künstlerfreunde. „In ihrer Berliner Wohnung in Schöneberg organisierte sie heimliche Ausstellungen, um ihnen eine Chance zum Verkauf ihrer Werke zu bieten“, erklärt Museumsdirektorin Lisa-Marei Schmidt (45).

Lisa Marei Schmidt und Marian Stein-Steinfeld
Lisa Marei Schmidt und Marian Stein-Steinfeld Foto: CvD
1967 eröffnet Hanna Bekker vom Rath wie immer auf einem Tisch stehend eine Ausstellung in ihrem Frankfurter Kunstkabinett
1967 eröffnet Hanna Bekker vom Rath wie immer auf einem Tisch stehend eine Ausstellung in ihrem Frankfurter Kunstkabinett Foto: Victor von Brauchitsch

Gemeinsam mit der Enkelin von Hanna Bekker vom Rath, Marian Stein-Steinfeld (69), hat sie die Ausstellung mit dem Titel „Eine Aufständische für die Modern“ kuratiert. Mit Werken von Alexek von Jawlensky, Ida Kerkovius, Karl Schmidt-Rottluff, Paul Klee und August Macke wird die Biografie einer ungewöhnlichen Frau und ihre Leidenschaft für die Kunst erzählt.

Als Tochter aus reichem Frankfurter Haus nahm Johanna Emy Adele vom Rath ab ihrem 12. Lebensjahr Malunterricht. Mit 20 lernte sie die Porträtmalerin Ottilie Roederstein kennen, die offen in einer Beziehung mit einer Frau lebte. „Diese Freiheit faszinierte und inspirierte Hanna vom Rath“, erklärt Lisa-Marei Schmidt.

Die Frauen pflegten eine lebenslange Freundschaft. Auch ihre Eheschließung 1920 mit Musikkritiker Paul Bekker glich einer Revolte. Dass er von ihr nicht das klassische Hausfrauenbild erwartete, trug zum Ja-Wort entscheidend bei.

Das Gemälde „Läufer - Haker - Boxer“ (1920,) von Paul Klee gehörte zur Sammlung der Mäzenin, die sie später in eine Stiftung gab
Das Gemälde „Läufer – Haker – Boxer“ (1920,) von Paul Klee gehörte zur Sammlung der Mäzenin, die sie später in eine Stiftung gab Foto: Fotostudio Herbert Fischer, Frankfurt

In ihrer Villa, genannt „Das blaue Haus“ in Hofheim im Taunus kamen ihre drei Kinder zur Welt. Schon bald empfing Hanna Bekker vom Rath hier Künstlerfreunde, feierte mehrtägige Feste. Doch die ständige Untreue des Gatten ließ die Ehe 1930 zerbrechen. Im gleichen Jahr lernte sie den Brücke-Künstler Karl Schmidt-Rottluff (1884-1976) kennen. Hanna Bekker vom Rath ließ für ihn später sogar ein Atelierhaus auf dem Grundstück des blauen Hauses bauen.

Mit dem Scheitern der Ehe emanzipierte sie sich zunehmend. 1932 schrieb sie in ihr Tagebuch: „Noch zwei gefährliche Dinge habe ich begonnen: ich lerne Autofahren + rauche. beides ist leichter + schöner als ich‘s mir dachte.“

Ölgemälde „Dorfecke“ von 1910 von ihrem guten Freund Karl Schmidt-Rottluff
Ölgemälde „Dorfecke“ von 1910 von ihrem guten Freund Karl Schmidt-Rottluff Foto: VG Bild-Kunst, Bonn

Auch nach dem Zweiten Weltkrieg setzte sie ihr Engagement für die Kunst fort. Auf Ausstellungsreisen durch fünf Kontinente machte sie von 1952 bis 1967 die deutsche Nachkriegsmoderne international bekannt.

Bis 16. Juni 2024, Bussardsteig 9, Mi-Mo 11-17 Uhr, 6 Euro

Themen: Berliner Kultur Brücke-Museum Kunst Kunstausstellung Nationalsozialismus