Kunstaktion erinnert an Lebensleistung
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Kunstaktion erinnert an Lebensleistung

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Wegen der Corona-Pandemie sind nur rund 30 Prozent der Fresenius-Belegschaft im Büro.
Wegen der Corona-Pandemie sind nur rund 30 Prozent der Fresenius-Belegschaft im Büro. © Michael Schick

Das Frauenmuseum Wiesbaden hat rote Schilder mit Frauennamen an Straßen und Plätzen aufgehängt.

Wer in diesen Tagen durch die Wiesbadener Innenstadt spaziert und auf die Straßenschilder achtet, wird bemerken, dass Straßen und Plätze gerade zwei Namen haben. Unter den herkömmlichen blauen hängen neue kirschrote Schilder. Die Langgasse etwa ist zusätzlich nach Käthchen Paulus benannt, der ersten deutschen Berufsluftschifferin, die in Wiesbaden zur Kur war und später das Fallschirmspringen zur Massenattraktion machte. Der Michelsberg heißt auch Elke-Lang-Straße nach der 1952 in Wiesbaden geborenen Schauspielerin und Regisseurin. Die roten Schilder tragen nur Frauennamen.

„Femorial“ heißt die vom Frauenmuseum Wiesbaden initiierte Kunstaktion, eine Wortschöpfung aus „feminism“ und „memorial“. Die Aktion soll an historische oder noch lebende Frauen erinnern, die etwas Besonderes geleistet und einen Bezug zu Wiesbaden haben oder hatten. Neben der Frauenrechtlerin Ika Freudenberg (1858–1912) erinnert die Aktion an die Schriftstellerin Amely Bölte, die nach ihrem Tode 1891 einer Stiftung ihr Vermögen hinterließ, um damit notleidende „Beamtentöchter“ zu unterstützen. An 60 Frauen erinnert „Femorial“, unter anderem an die frühere Wiesbadener Frauenbeauftragte Margot Brunner.

„Entstanden ist die Aktion, nachdem ein Vater uns von seiner Tochter berichtet hat“, erzählt Kim Engels vom Frauenmuseum. „Verehren wir nur Männer in unserer Stadt?“, soll die Achtjährige ihren Vater kürzlich gefragt haben. Dem Kind war aufgefallen, dass Straßen und Plätze in Wiesbaden fast ausschließlich nach Männern benannt sind. Und Denkmäler seien ausschließlich Männern gewidmet, sagt Engels. Auf dieses Missverhältnis möchte die Aktion aufmerksam machen. Mit den ausgewählten Frauen sei ein Anfang gemacht, um deren beeindruckende Lebensleistung ins Bewusstsein zu rufen, erläutert Engels. Dies sei wichtig, um die Diskriminierung der Vergangenheit zu beenden und ein Versprechen für kommende Generationen einzulösen.

Clärenore Stinnes etwa umrundete als erste Frau die Welt mit einem Automobil. Sie war von 1927 bis 1929 unterwegs, Erica von Möller drehte einen Film über sie. Anna von Dömming war Wiesbadens erste Zahnärztin und eine der ersten in Deutschland überhaupt. Sie musste bis nach Amerika reisen, um studieren zu können.

Laut eigener Mitteilung thematisierte das Frauenmuseum bereits 1984 in seiner ersten Ausstellung die Notwendigkeit, Straßen auch nach Frauen zu benennen. „Getan hat sich in 38 Jahren nicht viel. In anderen Städten gibt es längst Beschlüsse, die das Verhältnis von Frauen- und Männerstraßennamen regulieren und ausbalancieren“, beschwert sich Engels. Dies soll sich nun ändern.

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