Eltern verurteilt: 14-jährige Tochter qualvoll an Krebs gestorben - Kärnten

Eltern verurteilt
14-jährige Tochter qualvoll an Krebs gestorben

Die Eltern der verstorbenen 14-jährigen Kärntnerin wurden verurteilt. (Symbolfoto) | Foto: stock.adobe.com/at/U. J. Alexander
  • Die Eltern der verstorbenen 14-jährigen Kärntnerin wurden verurteilt. (Symbolfoto)
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Die Eltern eines Mädchens mussten sich am heutigen Tag vor dem Landesgericht in Klagenfurt verantworten, nachdem ihr 14-jähriges Kind letztes Jahr im Krankenhaus an Krebs verstarb. Jetzt steht das Urteil fest.

KÄRNTEN. Unglaubliche Qualen erlitt ein 14-jähriges Mädchen, als sie an Krebs erkrankte und schon marillengroße Tumore am Körper hatte und dennoch nicht schulmedizinisch behandelt wurde. Sie kam erst viel zu spät ins Krankenhaus, wo sie kurz darauf verstarb. Die Staatsanwaltschaft wirft den Eltern Quälen oder Vernachlässigen unmündiger, jüngerer oder wehrloser Personen vor. Jetzt sind die Eltern zu zwölf Monaten bedingter Haft verurteilt worden, das Urteil sei nicht rechtskräftig.

Energetiker statt Ärzte

Das Mädchen wurde im Februar letzten Jahres ins Klinikum Graz eingeliefert. Dort wurde festgestellt, dass sie mehrere Tumore im ganzen Körper hatte, die schwere Auswirkungen hatten: Unter anderem litt die 14-Jährige an Gelbsucht, sie konnte nicht mehr schlucken und hatte Erstickungsängste, weil einer der Tumore auf die Speise- und Luftröhre drückte. Eine medizinische Behandlung und eine Biopsie waren zuvor abgelehnt worden, stattdessen hatten die Eltern mit ihrer Tochter Energetiker, Handaufleger und schamanische Heiler besucht.

"Fürchterliche Schmerzen"

Die 14-Jährige habe an "sehr starken, fürchterlichen Schmerzen" gelitten und es sei zu wenig unternommen worden, um diese auch zu lindern, denn Medienberichten Zufolge soll das Mädchen lediglich Parkemed genommen haben. Zwar hätte die 14-Jährige ein Recht auf Selbstbestimmung, es sei aber die Verpflichtung von Eltern, das Wohl des Kindes "bestmöglich zu fördern". Und das sei nicht passiert: "Wenn man nicht darüber spricht, dass das Kind bei Ablehnung einer medizinischen Behandlung auf jeden Fall sterben wird und das gegen Ende hin sehr qualvoll ist, dann ist es nicht so, dass es die Bedeutung erkennt."

"Tochter wollte keine Biopsie"

Laut Medienberichten hatte Verteidiger Alexander Todor-Kostic immer wieder betont, dass die Eltern "nichts anderes als ihr Kind auf dem selbstbestimmten Weg begleiten" wollten. Das Mädchen hätte einen geistigen Reifegrad wie eine 16-jährige Jugendliche gehabt und eine schulmedizinische Behandlung wie auch Schmerzmittel abgelehnt. "Sie war bis zu ihrem Tod klar und einsichtsfähig." Die Entscheidung, einen Termin zur Biopsie nicht wahrzunehmen, habe die Tochter selbst getroffen, weil diese nur in einer Chemotherapie und Bestrahlung geendet hätte.

Ärzte waren erschüttert

Spitalsärzte, die am heutigen Mittwoch als Zeugen geladen wurden, waren fassungslos, als sie von den letzten Stunden der jungen Patientin berichteten: "Das Kind ist bereits sterbend zu uns gekommen. Und zwar in so einem Zustand, wie ich ihn in 35 Jahren als Arzt nicht gesehen habe. Die Tumore waren sogar schon von außen sichtbar", erklärte ein Mediziner.

Vater: "Es ist wie es ist"

Medienberichten Zufolge hätten die Eltern erklärt, dass ihre Tochter Angst vor Ärzten habe und deshalb erst jetzt ins Spital gekommen sei. Der angeklagte Vater hätte gesagt: "Es ist, wie es ist", die Mutter habe nur gemeint: "Meine Tochter ist stark." Aus medizinischer Sicht sei es wahrscheinlich, dass die 14-Jährige über Wochen hinweg Schmerzen gehabt haben müsse. Als sie im Sterben lag, habe sie auch noch einige Zeit die Schmerztherapie mit Morphium abgelehnt. Er habe nicht den Eindruck, dass das Mädchen Angst vor Ärzten gehabt habe, sehr wohl aber Misstrauen, so ein Arzt: "Sie hat Therapieversuche hinterfragt und auch kritisch gesehen, was auch ihr gutes Recht ist."

Handauflegen gegen Tumore

Ein vorgeladener Mann hatte bei der 14-Jährigen  mit Handauflegen gearbeitet, um ein "Energiefeld" bei dem Mädchen aufzubauen. Dazu sagte er: "Beim ersten Mal hat das auch funktioniert, der Tumor ist innerhalb einer halben Stunde um die Hälfte geschrumpft." Ein Allgemeinmediziner mit Schwerpunkt Naturheilkunde und Energetik setzte auf Infusionen mit hoch dosiertem Vitamin C sowie Extrakten aus den "Wunderpflanzen" Graviola und Katzenkralle – Ausführungen, bei denen der medizinische Sachverständige im Saal sichtlich Mühe hatte, die Contenance zu wahren.

Tumor ausgependelt

Der Energetiker-Arzt hätte den Tumor ausgependelt und gemeint, dass er gutartig sei. Dies bestritt er jedoch, denn er habe ein MRT und eine Biopsie angeordnet und: "Das ist kein Pendel, sondern ein Biotensor", sagte er, während er eine Metallfeder an einem Holzgriff aus der Tasche holte, deren geschwungenes Ende hin und her pendelte.

Staatsanwältin ausgependelt

Nach der Bitte der Staatsanwältin, das Gerät einmal bei ihr anzuwenden, bescheinigte ihr der Energetiker nach kurzer Konsultation des Metallstabes, dass ihr Immunsystem "nicht vorhanden" sei. Ein schamanischer Heiler erklärte im Anschluss, dass er Gott und den Kosmos um die Heilung der 14-Jährigen gebeten habe. Doch alle Männer hätten dringend geraten, ins Krankenhaus zu gehen.

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