Abstand beim Pflanzenschutz

Wenn der Graben zum Gewässer wird

Monatelang hat es geregnet und erstmals führten im Frühjahr zur Pflanzenschutzsaison noch Gräben Wasser, die sonst fast immer trocken waren. Ändert das die Anforderungen zum Gewässerabstand?

Den trockenen Stoff vorweg: Die seit September 2021 bundesweit geltende Pflanzenschutz-Anwendungsverordnung (PflSchAnwV) schreibt in § 4 a das Einhalten von Abständen zu Gewässern beim Anwenden von Pflanzenschutzmitteln (PSM) auf landwirtschaftlichen Flächen vor. Dies kann entweder durch die Anlage eines 5 m breiten, dauerhaft begrünten Randstreifens oder durch einen Abstand von 10 m bei der Applikation von PSM erfolgen.

In NRW konkretisiert ein Erlass des Ministeriums für Umwelt, Landwirtschaft und Natur- und Verbraucherschutz (MULNV) aus dem Jahr 2021, welche Gewässer von dieser Verpflichtung betroffen bzw. ausgenommen sind. Eine Checkliste hierzu sowie zahlreiche Informationen zur PflSchAnwV hat der Pflanzenschutzdienst (PSD) auf der Homepage der Landwirtschaftskammer NRW veröffentlicht. Sie finden diese hier.

Wir haben bei Andrea Claus-Krupp nachgefragt, wie sich der viele ­Regen seit dem Herbst auf die Einstufung der Gräben und Gewässer auswirkt. Sie ist Referentin für Umwelt- und Verbraucherschutz beim Pflanzenschutzdienst der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen.

Frau Claus-Kruppp, einige Landwirte berichteten uns in den vergangenen Wochen von Problemen bei Pflanzenschutzkontrollen. Dabei ging es um den Abstand zu Gräben, die aktuell Wasser führen, nach Aussage der Landwirte aber in den vergangenen Jahren fast durchgehend trocken ­waren und damit als gelegentlich wasserführend gelten müssten. Wie lange muss ein Graben/Gewässer denn Wasser führen, damit er vom gelegentlich zum periodisch oder gar ständig wasserführenden Gewässer wird?

Die Niederschlagssituation seit dem Herbst hat in der Tat dazu geführt, dass viele Flächen wassergesättigt sind und angrenzende Gräben – keine Gewässer im eigentlichen Sinne – aktuell Wasser führen, obwohl sie viele Jahre trocken waren. Das macht die Gräben aber nicht generell zu einem abstandspflichtigen Gewässer nach PflSchAnwV. Kurz gesagt: „Gräben“ müssen so lange bzw. so ­häufig Wasser führen, dass sie zu einem „Gewässer“ werden. Dem eingangs beschriebenen Erlass des MULNV zur Folge sind Abstände dann einzuhalten, wenn die Gewässer ständig oder periodisch – das heißt regelmäßig über einen gewissen Zeitraum im Jahr – Wasser führen. Als Suchkulisse für ständig oder periodisch wasserführende Gewässer gelten demnach die in der Gewässerstationierungs­karte (aktuelle Version GSK 3E) dargestellten Gewässer, die Landwirte online über TIM-Online oder ELWAS-WEB abrufen können. Die Links hierzu mit Erläuterungen und Erklärvideo finden Sie in der Checkliste.

Führen Gewässer oder Gräben nur gelegentlich, also an einzelnen ­Tagen im Jahr zum Beispiel nach Starkregenereignissen, Wasser, müssen keine Randstreifen unbehandelt bleiben. Diese Gewässer erkennt man daran, dass sich am Grund keine typischen Sedimentablagerungen einer Gewässersohle befinden und keine...