Den Europäischen Forschungsraum stärken: Die ersten drei Dioscuri-Zentren in Tschechien feierlich eröffnet | Max-Planck-Gesellschaft

Den Europäischen Forschungsraum stärken

Von Brain-Drain zu Brain-Gain: Die ersten drei Dioscuri-Zentren in Tschechien feierlich eröffnet

Am 1. Mai 2024 jährte sich der EU-Beitritt Tschechiens zum 20. Mal. Die vergangenen 20 Jahre haben die Forschungslandschaft Tschechiens, die deutsch-tschechischen Beziehungen sowie den Europäischen Forschungsraum tiefgreifend verändert. „Die Wissenschaft hat in den letzten Jahrzehnten stark von den Möglichkeiten profitiert, die Europa bietet. Dazu zählen auch die von der EU geförderte Mobilität zwischen ihren Mitgliedsländern und attraktive Förderprogramme“, sagt Max-Planck-Präsident Patrick Cramer anlässlich der feierlichen Eröffnung der ersten drei Dioscuri-Zentren in Tschechien am 17. Mai 2024. „Der europäische Forschungsraum bietet großartige Möglichkeiten, länderübergreifend zusammenzuarbeiten. Es braucht starke Kooperationen über die gesamte EU hinweg, um die europäische Wissenschaft als Ganzes voranzubringen“, sagt Patrick Cramer weiter. Hier setzt das von der Max-Planck-Gesellschaft ins Leben gerufene Dioscuri-Programm an. 

Um das bestehende Leistungsgefälle zwischen West- und Osteuropa auszugleichen, verfolgt Max-Planck das personenzentrierte Förderprogramm mit höchster Priorität. Zunächst sollen drei innovative Forschungszentren in Tschechien, die Dioscuri Centres of Scientific Excellence, aufstrebende Nachwuchsforschende auf ihrem Weg zur Exzellenz und Unabhängigkeit unterstützen – und somit die tschechische Wissenschaft wie auch den europäischen Forschungsraum als Ganzes stärken. Das Dioscuri-Programm soll dabei unter anderem den sogenannten Brain-Drain verringern. So nennt man es, wenn hochqualifizierte Forschende bestimmte Regionen verlassen und in andere abwandern.

Die feierliche Eröffnung in Prag veranstaltete die MPG gemeinsam mit den am Dioscuri-Programm beteiligten Partnern und gastgebenden Forschungseinrichtungen: das tschechische Ministerium für Bildung, Jugend und Sport (kurz: MEYS) finanziert die Dioscuri-Zentren gemeinsam mit dem deutschen Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF); an der Tschechischen Akademie der Wissenschaften und dessen Institut für Physik sowie der Masaryk-Universität entstehen die ersten drei Dioscuri-Zentren in Tschechien. „Im Namen der Tschechischen Republik und der tschechischen Wissenschaftsgemeinschaft bin ich sehr dankbar, dass das Dioscuri-Programms auf unser Land ausgeweitet wurde. Dies ist eine einzigartige Gelegenheit, exzellente Nachwuchsforschende mit internationaler Erfahrung zu gewinnen, die nicht nur die tschechische Forschung weiter voranbringen werden. Die erste Ausschreibung hat bestätigt, wie attraktiv das Programm ist, und die Tschechische Republik ist entschlossen, es weiter auszubauen", sagte Radka Wildová, Ministerialdirektorin für Hochschulwesen, Wissenschaft und Forschung am tschechischen Bildungsministerium MEYS.

Die ersten drei Dioscuri-Zentren in Tschechien

Von den Freiheiten und Chancen, die die EU zu bieten hat, haben auch Helena Reichlova, Barbora Špačková und Peter Fabian in ihren bisherigen wissenschaftlichen Karrieren profitiert, etwa indem sie die Mobilität genutzt und in Frankreich, Deutschland und Schweden geforscht haben. Die beiden Physikerinnen und der Entwicklungsbiologe setzen sich bei der ersten Dioscuri-Ausschreibung gegen 30 Mitbewerber*innen durch. Die herausragenden Nachwuchsforschenden werden mit den ersten drei Dioscuri-Zentren in Tschechien ihre eigenen Forschungsgruppen an tschechischen Gastinstitutionen aufbauen:

Helena Reichlová hat ihr Dioscuri-Zentrum für Spin-Kaloritronik und Magnonik bereits am 1. Oktober 2023 eröffnet. Es ist an der Tschechischen Akademie der Wissenschaften in Prag beheimatet. Die Festkörperphysikerin will die Spin-Kaloritronik und Magnonik in Altermagneten untersuchen. Barbora Špačková, die das Dioscuri-Zentrum für Einzelmolekül-Optik ab Sommer 2024 ebenfalls am Institut für Physik der Tschechischen Akademie der Wissenschaften aufbauen wird, will die Prinzipien der Nanophysik nutzen, um hochmoderne Instrumente zu entwickeln, die das Verständnis der grundlegenden Komponenten des Lebens verändern können. Peter Fabian, Leiter des Dioscuri-Zentrums für Stammzellbiologie und Stoffwechselkrankheiten, will mit seiner Forschungsgruppe die Geheimnisse menschlicher Erbkrankheiten anhand von Tiermodellen entschlüsseln. Das Dioscuri-Zentrum entsteht an der Masaryk University in Brünn, der zweitgrößten Universität Tschechiens.

Tschechien als attraktiver Wissenschaftsstandort

57 Prozent derjenigen, die sich für die Leitung eines der Dioscuri-Zentren bewarben, waren gebürtig nicht aus Tschechien, und 30 Prozent der Bewerber*innen hatten vorher keine Verbindung zu Tschechien. Die Zahlen zeugen davon, dass nicht nur das von der Max-Planck-Gesellschaft initiierte Förderprogramm höchst attraktiv ist, sondern auch Tschechien als Forschungsstandort überzeugt: In den vergangenen gut zehn Jahren hat die tschechische Politik auf verschiedenen Ebenen verstärkt in Forschung und Entwicklung investiert. So wurden beispielsweise die EU-Strukturmittel der Förderperiode 2007 bis 2014 dafür genutzt, neue hochmoderne Forschungsanlagen quer durch das Land zu errichten. Das Dioscuri-Programm bringt darüber hinaus den Vorteil mit sich, dass Dioscuri-Zentren an die Max-Planck-Gesellschaft angebunden sind, die bewährte und neuartige Strategien nutzt, um Nachwuchsforschende auf ihrem Weg zu wissenschaftlicher Exzellenz und Unabhängigkeit zu unterstützen.

Die Idee des Dioscuri-Programms

Bis zu fünf Dioscuri Centres of Scientific Excellence sollen in den kommenden Jahren an tschechischen Gasteinrichtungen entstehen. Dabei geht die Förderung im Rahmen des Dioscuri-Programms deutlich über herkömmliche Projektförderung hinaus. Die Finanzierung eines Dioscuri-Zentrums dient der Ausstattung herausragender Forscherpersönlichkeiten, die eine innovative und international sichtbare Forschungsgruppe in der Region etablieren möchten.

Hierzu erhält die Gruppe für zunächst fünf Jahre bis zu 300.000 Euro jährlich und wird von erfahrenen Partnern aus Deutschland wissenschaftlich unterstützt. Die gastgebende Einrichtung stellt die zur Forschung benötigte Ausstattung sowie zusätzliche finanzielle Mittel bereit und bietet der Zentrumsleiterin oder dem Zentrumsleiter eine langfristige Perspektive. Die Finanzierung übernehmen zu gleichen Teilen das deutsche Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) und das tschechische Ministerium für Bildung, Jugend und Sport (kurz: MEYS).

Nach dem Start in Polen 2019, wo es mittlerweile acht Dioscuri-Zentren gibt, ist die Tschechische Republik das zweite Land, in dem das länderübergreifende Dioscuri-Programm umgesetzt wird. Durch den Aufbau innovativer Forschungszentren in Mittel- und Osteuropa trägt Dioscuri zur Verankerung wissenschaftlicher Exzellenzstandards in der Region und zur Überwindung des bestehenden Leistungsgefälles zwischen West- und Osteuropa bei. Die Max-Planck-Gesellschaft leistet somit einen substantiellen Beitrag zur gesamthaften Stärkung des Europäischen Forschungsraumes.

PM

Weitere interessante Beiträge

Zur Redakteursansicht