Brad Mehldau mit Trio in Frankfurt: Swingen und singen
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Brad Mehldau mit Trio in Frankfurt: Swingen und singen

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Brad Mehldau.
Brad Mehldau. Foto: Elena Olivo © ELENA OLIVO

Pianist Brad Mehldau mit seinem Trio in der Alten Oper Frankfurt.

Kühn der manifestierte Anspruch, Selbstüberhebung jedoch war es nicht, als der junge amerikanische Pianist Brad Mehldau seinerzeit den Titel „The Art of the Trio“ über eine fünfteilige Albenreihe (1997–2001) setzte. Die Kunst des Klaviertrios, diese Königsdisziplin, hat er nicht revolutioniert, bezieht sich vielmehr auf die Arbeit des legendären Trios um Bill Evans (mit Scott LaFaro und Paul Motion) und später jenes um Keith Jarrett (mit Charlie Haden und wiederum Paul Motion). Wie überhaupt Mehldau gar nichts revolutioniert hat. Er bewegt sich in einem traditionell modernistischen Rahmen, ohne Extravaganz, doch frei und eigen, auf einem traumhaften Niveau.

Im Trio gab es über die Jahrzehnte hinweg ein paar Wechsel, in der ausverkauften Frankfurter Alten Oper präsentierte es sich in einer neuen Gestalt mit dem jungen dänischen Bassisten Felix Moseholm und dem zurückgekehrten spanischen Schlagzeuger Jorge Rossy. Revolutioniert hat Mehldau nichts, umtriebig aber ist er; zuletzt hat er etwa einen Liederzyklus mit dem Tenor Ian Bostridge veröffentlicht, „The Folly of Desire“ (2023), auf Texte unter anderem von Blake, Yeats, Auden, Shakespeare, Goethe und Brecht, in einer Klangsprache zwischen später Romantik und Benjamin Britten. Seit jeher gilt seine Vorliebe der deutschen Romantik in Literatur und Musik.

Minimalistisches Muster

Spuren davon verbinden sich in seinem Spiel mit einer engen Beziehung zur Klaviertradition im modernen Jazz, die sich durch eine swingende Eleganz und eine Anbindung an den Blues auszeichnet. Stichworte Oscar Peterson, Bill Evans, auch Tommy Flanagan. Der Abend ist fokussiert auf Eigenkompositionen Mehldaus, lediglich zwei Standards finden sich im Repertoire, beide von Jerome Kern. „August Ending“, die Eröffnungsnummer, beginnt mit einem minimalistischen Muster in der linken Hand, darüber legen sich melodische Kurzfloskeln, bis das Stück in einem zweiten Teil in eine swingende Sanglichkeit übergeht.

Die klischeefernen, mitunter weit ausholenden Kompositionen zwischen Uptempo und Ballade lassen viel Offenheit für das Spiel in der Einheit dreier starker Epizentren in immer neuen Austarierungen. Enorm die Intensität gerade auch in Momenten der lyrischen Weichheit in den Soli von Felix Moseholm, mit einem Zug von Düsternis bisweilen. Herausfordernd in seiner forciert dynamischen Spielweise Jorge Rossy, mit einer sardonischen Lust an polyrhythmischen und explizit perkussiven, nicht selten schemenhaft zarten Akzentsetzungen in vielfältiger Farbgebung.

Mehldau wurde verschiedentlich des Schönklangs bezichtigt. Am Ende verfängt das nicht. Tatsächlich tut seine Musik niemandem weh, aber mangelnde Tiefe kann man ihr nicht vorwerfen.

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