Nach schweren Sonnenstürmen: Stärkste Sonneneruption des aktuellen Zyklus registriert
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Nach schweren Sonnenstürmen: Stärkste Sonneneruption des aktuellen Zyklus registriert

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Auch nach den Polarlichtern vom Wochenende gibt die Sonne keine Ruhe: Die Sonnenflecken-Gruppe AR3664 sorgt für die größte Sonneneruption seit langem.

Boulder – Die Sonnenflecken-Gruppe mit dem Namen AR3664 hat in der vergangenen Woche mehrmals heftige Sonnenstürme produziert und geladenes Plasma der Sonne ins Weltall geschleudert. Als dieses in der Nacht vom 10. auf den 11. August das Erdmagnetfeld erreichte, konnten spektakuläre Polarlichter beobachtet werden – und zwar viel südlicher, als sonst üblich. Mittlerweile hat sich die riesige Sonnenflecken-Gruppe – sie ist 17 Mal größer als die Erde – von der Erde weggedreht. Doch aktiv ist sie immer noch.

Am 14. Mai um 18.51 Uhr (MESZ) ereignete sich eine Sonneneruption der Stärke X8.7 bei eben dieser Sonnenflecken-Gruppe. Wie das Space Weather Prediction Center (SWPC) der US-Wetter- und Ozeanografiebehörde NOAA mitteilt, sei es die stärkste Sonneneruption seit Beginn des aktuellen Sonnenzyklus im Jahr 2019 gewesen. „Eruptionen dieses Ausmaßes sind nicht häufig“, so das SWPC.

Stärkste Sonneneruption des aktuellen Zyklus beobachtet

Die Aktivität der Sonne folgt einem etwa elf Jahre dauernden Zyklus. Derzeit nähert sie sich dessen Höhepunkt, weshalb sie spürbar aktiver wird. In der vergangenen Woche gab es alleine 16 Sonneneruptionen der Klasse X – elf davon stammten von der Gruppe AR3664, wie die Washington Post berichtet.

Sonneneruptionen werden in verschiedene Klassen eingeteilt: A sind die kleinsten Ausbrüche, dann folgen B, C, M und zuletzt X. Die Klassen sind logarithmisch aufgebaut, das heißt, jede Klasse ist zehnmal stärker als die vorhergehende. Innerhalb jeder Kategorie wird noch einmal in die Stufen eins bis neun unterschieden. Einzige Ausnahme ist die X-Klasse, die nicht auf neun begrenzt ist. Sonneneruptionen, die X10 übertreffen, kommen jedoch nur sehr selten vor.

Starke Sonnenstürme können für die Erde gefährlich sein

Das ist auch gut so, denn sie können eine große Gefahr für die Erde darstellen. Die Sonneneruptionen selbst können für Funkausfälle auf der Tagseite der Erde sorgen. Noch gefährlicher sind koronale Massenauswürfe (CMEs), die bei einer Sonneneruption passieren können – aber nicht müssen. Dabei wird geladenes Sonnenplasma ins Weltall geschleudert, es entsteht ein sogenannter „Sonnensturm“. Trifft es auf das Magnetfeld der Erde, können dort spektakuläre Polarlichter entstehen. Doch das ist nicht alles.

Sonnenstürme können für die Erde gefährlich sein

Das geladene Plasma kann auf der Erde zahlreiche Auswirkungen haben:

  • Auswirkungen auf den Flugverkehr: die Strahlungsdosis, der Menschen an Bord ausgesetzt sind, kann deutlich erhöht sein und auch die Navigation kann beeinträchtigt werden. Deshalb meiden Flugzeuge Polarrouten bei starken Sonnenstürmen häufig.
  • Auswirkungen auf die Stromnetze: In Stromleitungen können sich hohe Spannungen aufbauen und starke Ströme fließen, die beispielsweise Transformatoren zerstören können – so können Teile des Stromnetzes ausfallen. Auch die Internet-Infrastruktur könnte betroffen sein.
  • Auswirkungen auf Satelliten: Durch die hochenergetischen Teilchen des Sonnensturms können Sternensensoren von Satelliten geblendet werden. Es kann zu Software-Abstürzen kommen, Solarzellen und andere elektronische Bauteile können beschädigt werden. Außerdem können die Satelliten durch die Veränderung der Erdatmosphäre schneller abstürzen – es muss gegengesteuert werden.
  • Auswirkungen auf Astronauten und Astronautinnen: Menschen sind außerhalb des Erdmagnetfelds nicht vor Sonnenstürmen geschätzt. Die Strahlungsdosis kann selbst innerhalb von Raumsonden hoch sein, bei Weltraumspaziergängen sogar lebensgefährlich, wie es auf der Website des Max-Planck-Instituts für Sonnensystemforschung heißt.
  • Auswirkungen auf Satellitennavigation: Kommunikationssignale der Navigationssatelliten (z.B. GPS) werden auf ihrem Weg durch die Erdatmosphäre geringfügig verzögert, da diese stärker ionisiert ist als normalerweise. Da Navigationssysteme ihren Standort mithilfe der Signallaufzeit berechnen, können so falsche Berechnungen entstehen.

„Carrington-Ereignis“ ist der stärkste beobachtete Sonnensturm, der die Erde traf

In der Vergangenheit gab es bereits einige heftige Sonnenstürme, die die Erde trafen. Der stärkste Sonnensturm, der wissenschaftlich beobachtet wurde, traf 1859 die Erde und ist als „Carrington-Ereignis“ bekannt. Damals konnte Polarlicht bis weit im Süden (Rom, Kuba, Hawaii) gesehen werden, zudem fingen Papierstreifen in Telegrafen-Empfängern Feuer. In den Jahren 1921 und 1872 wurden weitere große Sonnenstürme nachgewiesen.

Rechts ist auf der Sonne die stärkste Sonneneruption des aktuellen Zyklus zu sehen. Sie wird als X8.7 eingestuft.
Rechts ist auf der Sonne die stärkste Sonneneruption des aktuellen Zyklus zu sehen. Sie wird als X8.7 eingestuft. © dpa/NASA/AP/Solar Dynamics Observatory

Eine Studie aus dem Jahr 2013 zeigte, dass ein Sonnensturm der „Carrington“-Stärke auf der Erde dramatische Folgen haben könnte: 20 bis 40 Millionen Menschen dürften der Studie zufolge für bis zu zwei Jahre ohne Strom sein, alleine in den USA sollen sich die ökonomischen Kosten auf bis zu 2,6 Billionen US-Dollar belaufen.

Erde ist 2012 knapp an einer Sonnensturm-Katastrophe vorbeigeschrammt

Im Jahr 2012 ist die Erde offenbar knapp einem solchen Szenario vorbeigeschrammt: Wie die US-Raumfahrtorganisation Nasa erst 2014 bekannt gab, hat im Juli 2012 ein geomagnetischer Sturm von der Größe des „Carrington-Ereignisses“ die Erde nur knapp verfehlt. Damals erklärte der Physiker Pete Riley, das Risiko, dass die Erde in den kommenden zehn Jahren von einem Sturm der „Carrington“-Stärke getroffen werde, liege bei zwölf Prozent. (tab)

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