Dieses Jahr wird das Grundgesetz 75 Jahre alt. Auch wenn es überwiegend positiv wahrgenommen wird, ist der vielbeschworene Verfassungspatriotismus zu abstrakt, um zu begeistern.
Das Meinungsforschungsinstitut YouGov befragte über 2000 repräsentativ ausgewählte Bundesbürger zu Fragen rund um das Grundgesetz. Interessant ist, dass es kaum Unterschiede zwischen West- und Ostdeutschen bei den Antworten gibt.
Das Grundgesetz wird überwiegend als positiv (73 Prozent) und große Errungenschaft (67 Prozent) beurteilt, löst allerdings keine Begeisterung aus und spielt für viele Bürger im Alltag keine große Rolle. Das könnte auch daran liegen, dass fast die Hälfte (43 Prozent) sich kaum mit dem Grundgesetz auskennen. 48 Prozent finden, dass es überarbeitet werden müsste, um sich an die heutigen Lebensrealitäten anzupassen.
Eine weitere Frage war zu den Grundrechten, die das Verhältnis zwischen Bürger und Staat regeln. Zu den Grundrechten, die als besonders wichtig angesehen werden, gehören der Schutz der Menschenwürde (52 Prozent), die Gleichheit vor dem Gesetz (49 Prozent) und die Meinungs- und Pressefreiheit (40 Prozent). Eher unwichtig waren demnach Glaubens- und Religionsfreiheit (13 Prozent), was sich aus der zunehmenden Säkularisierung erklären lässt, die Vereinigungsfreiheit (4 Prozent), die möglicherweise als Selbstverständlichkeit angesehen wird, und das Asylrecht (4 Prozent), das wohl wegen des häufigen Missbrauchs kritisch gesehen wird.
Die Mehrheit lehnt auch Grundgesetzänderungen, die es schon mehrfach gab, ab. Mögliche Änderungen, die noch relativ viel Unterstützung bekommen würden, wären ein Recht auf menschenwürdiges Wohnen (36 Prozent), Verbot von Diskriminierung wegen sexueller Orientierung (31 Prozent), was allerdings schon strafrechtlich geregelt ist, Kinderrechte (31 Prozent), Deutsch als Staatssprache (31 Prozent), Volksabstimmungen auf Bundesebene (31 Prozent) und ein Recht auf Abtreibung (30 Prozent). Nur ein Viertel (25 Prozent) wünscht sich einen stärkeren Klimaschutz im Grundgesetz. Für ein Ersetzen des Begriffs Rasse, Lockerung der Schuldenbremse und die Wahlpflicht können sich nur wenige begeistern (15, 12 und 9 Prozent).
Ein großer Teil der Bevölkerung, 40 Prozent, sind unzufrieden mit der Funktionsweise der Demokratie. Dies gilt besonders für die Personen, die der gesellschaftlichen Mitte zugehören. 59 Prozent sehen die Demokratie als gefährdet an, etwas, was aus allen politischen Richtungen verkündet wird. Dass rechte Kräfte als größere Bedrohung als linke Kräfte gesehen werden, ist angesichts der einseitigen Berichterstattung der Medien kein Wunder. Zwei Drittel beklagen, dass uns in Deutschland kaum noch etwas verbinde.
(Quelle: YouGov)