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1 Einleitung

Bringt mehr Rüstung mehr Sicherheit? Dies ist seit Jahrtausenden die Gretchenfrage sicherheitspolitischer Überlegungen. Einige argumentieren, nur kontinuierliches Streben nach immer mehr Waffen und Macht verleihe einem Staat Sicherheit (z. B. Mearsheimer 2001), während andere (mehr) Waffen als destabilisierend und gefährlich erachten und konsequente Abrüstung fordern. Zwischen diesen beiden Extremen bewegen sich die, die sich der Rüstungskontrolle verschrieben haben. Rüstungskontrolle hat, obwohl oft für eine moderne Erfindung gehalten, eine lange Tradition. Stuart Croft argumentiert sogar, Rüstungskontrolle sei schon immer eine „significant area of human activity throughout recorded history“ (Croft 1996, S. 20) gewesen. Allerdings hat die Rüstungskontrolle im Zeitablauf ihren Charakter gewandelt. Am Anfang standen Verbote im Vordergrund, die die Sieger einer militärischen Auseinandersetzung dem unterlegenen Gegner auferlegten. Hierunter fallen z. B. die Auflagen Spartas an das unterlegene Athen, Schutzmauern einzureißen und Kriegsschiffe zu vernichten (Croft 1996, S. 22). Einvernehmliche Rüstungskontrolle, wie z. B. der 1817 erklärte Verzicht der USA und Großbritanniens auf Kriegsschiffe auf den Großen Seen, das Rush-Bagot Abkommen (Croft 1996, S. 26), kam deutlich später. Die Schrecken des Ersten Weltkrieges führten schließlich zu einer ganzen Reihe von Rüstungskontrollmaßnahmen, z. B. dem Einsatzverbot biologischer und chemischer Waffen im Genfer Protokoll von 1925 oder der Weltabrüstungskonferenz 1932, die nach Möglichkeiten grundsätzlicher Abrüstung in allen Waffenkategorien suchte (Goldblat 2002, S. 20–28). Zwei Blüten erlebte die Rüstungskontrolle, wie noch zu sehen sein wird, in den 1960er- und 1990er-Jahren, nur um nach 2000 dramatische Rückschläge zu erleiden. Inzwischen steht die Rüstungskontrolle mit dem Rücken zur Wand. Viele Abkommen sind aufgekündigt oder faktisch obsolet. Spannungen zwischen zentralen Akteuren verhindern neue Kooperation.

Ist Rüstungskontrolle deshalb, wie von einigen Beobachtern konstatiert, an sich obsolet geworden? Dieser Text soll aufzeigen, warum Rüstungskontrolle als Instrument zur Regelung internationaler Beziehungen immer noch eine wichtige Rolle zukommt, wenn sie nicht mit unerfüllbaren Erwartungen überfrachtet wird. Um aber zu erkennen, welchen Spielraum das internationale System für Rüstungskontrolle bietet, gilt es zunächst zu fragen, warum Staaten überhaupt rüsten.

2 Rüstungsdynamiken

Gut 25 Jahre nach dem Ende des Ost-West-Konfliktes haben die weltweiten Rüstungsausgaben wieder enorme Ausmaße erreicht. Das Stockholmer SIPRI-Institut beziffert die weltweiten Militärausgaben im Jahr 2012 auf ca. 1756 Milliarden US$, was ca. 2,5 % der weltweiten Wirtschaftsleistung entspricht (Perlo-Freeman et al. 2013, S. 127). Dies sind nach 2011 die zweithöchsten Rüstungsausgaben, die seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges verzeichnet wurden (vgl. SIPRI 2013). Regional hat sich allerdings eine Verschiebung ergeben. Rückläufige Rüstungsetats, wenn auch auf immer noch hohem Niveau, sind vor allem in den von der Finanz- und Euro-Krise betroffenen westlichen Staaten – speziell den USA und EU-Staaten – zu sehen, aber auch in Lateinamerika. Gleichzeitig steigen die Ausgaben vor allem in Nordafrika, dem Mittleren Osten und weiten Teilen Asiens (Perlo-Freeman et al. 2013, S. 127). Intuitiv ist dieses aktuelle Ausmaß weltweiter Rüstung nur schwer zu verstehen. Warum also rüsten Staaten? Grundsätzlich kann man zwischen außengeleiteten und innengeleiteten Rüstungsdynamiken unterscheiden (Glaser 2000; Müller und Schörnig 2006, S. 39–73).

2.1 Theorien der Rüstungsdynamik: Außenleitung

Der Begriff der Außenleitung deutet an, dass die zentralen Kräfte, die zu Rüstungsdynamiken führen, außerhalb des Staates liegen. Rüstung ist hier die Reaktion auf die Abwesenheit einer den Staaten übergeordneten Instanz, die deren Sicherheit und Überleben oder z. B. die Einhaltung von Verträgen garantieren kann. Diese Sicht deckt sich mit den Überlegungen des Neorealismus, einer Theorie der Internationalen Beziehungen die argumentiert, dass Staaten nur sicher sind, wenn sie über (mindestens) so viel „Machtmittel“ wie potenzielle Herausforderer verfügen (Schörnig 2010).

Aufrüstung mit dem Ziel der Sicherheit kann Staaten aber sehr schnell in ein sogenanntes Aktions-Reaktions-Schema, einen Rüstungswettlauf, führen (Senghaas 1972, S. 289–297). Denn die Rüstung, die die eigene Sicherheit erhöht, verunsichert unvermeidlich den Gegenüber, der daraufhin mit eigenen Rüstungsprogrammen kontert, so dass trotz großer materieller Investitionen keine zusätzliche Sicherheit erreicht wird. In diesem Zusammenhang hat sich der Begriff des „Sicherheitsdilemmas“ etabliert, weil eigenes Handeln nicht zu mehr Sicherheit, sondern sogar zu mehr Unsicherheit führen kann (grundlegend Herz 1950).

Über die Zeit betrachtet führt das Sicherheitsdilemma oft zu einem Rüstungswettlauf (vgl. z. B. Wiberg 1990; Müller und Schörnig 2006, S. 51–60). Im besten Fall kommt der Rüstungswettlauf irgendwann zum stehen oder stabilisiert sich zumindest bei konstanten Aufwuchsraten. Die dritte Möglichkeit ist, dass beide Seiten immer größere Summen in die eigene Rüstung stecken, um vermeintliche strategische Vorteile zu erlangen. Solche „expansiven Rüstungswettläufe“ können destabilisierend wirken, wenn a) die immer stärkere Aufrüstung des Gegners als Beweis für aggressive Intentionen gewertet wird oder b) die Gefahr präventiver Kriege besteht, wenn ein Staat die immer größeren Anstrengungen nicht mehr schultern kann. Informationen spielen im Sicherheitsdilemma und bei Rüstungswettläufen eine wichtige Rolle. Herrscht z. B. Unsicherheit über die tatsächlichen Machtmittel des Gegners, so ist der Anreiz groß, „nur zur Sicherheit“ stärker aufzurüsten, was eher zu einem expansiven Rüstungswettlauf führt.

Neben der Quantität der Waffen unterliegt aus Außenleitungssicht auch Qualität der Logik des Rüstungswettlaufes. Staaten sind, sofern es finanziell möglich ist, immer darauf bedacht, die Waffensysteme anzuschaffen, die sich in aktuellen Konflikten als besonders wirksam oder überlegen erwiesen haben (Resende-Santos 1996). Ähnlich, aber nicht identisch, ist das von Barry Buzan entwickelte Konzept des „technologischen Imperativs“ (Buzan 1987, S. 94–111). Sicherheitsbesorgte Staaten sind danach gezwungen, immer die neusten Technologien bei ihren Streitkräften einzuführen, um auszuschließen, dass sich andere Staaten durch die Einführung der Technologie einen entscheidenden Vorteil verschaffen. Im Ergebnis sieht das Verhalten der Staaten dann wie ein Rüstungswettlauf aus, auch wenn kein Staat sicher sein kann, dass der andere tatsächlich im Begriff ist, die neuste Technologie einzuführen. In der Summe legt die außengeleitete Theorie der Rüstung also ein besonderes Augenmerk auf Sicherheitsfragen, Informationen und die Gefahren sich verselbstständigender Rüstungsprozesse.

2.2 Theorien der Rüstungsdynamik: Innenleitung

Theorien der Innenleitung verweisen auf innerstaatliche Faktoren als Ursachen für Rüstung. Dabei werden Sicherheitsfragen nicht per se als irrelevant erachtet, sondern um wichtige Aspekte erweitert. Diese liberale Perspektive rückt das politische System eines Staates, dessen zentrale Akteure und deren Kräfteverhältnis zueinander in den Fokus der Analyse (vgl. Easton 1963; Moravcsik 1992) und betrachtet, welcher Gruppe es gelingt, ihre Partikularinteressen in den politischen Entscheidungsprozess einzuschleusen. Zum Beispiel warnte US-Präsident Eisenhower in seiner berühmten Abschiedsrede im Januar 1961 vor dem drastisch gestiegenen Einfluss der amerikanischen Rüstungsindustrie, genauer vor dem „militärisch industriellen Komplex“ (MIK) (Eisenhower 1961), zu dem man z. B. auch noch Abgeordnete aus Wahlkreisen mit starker Abhängigkeit von Rüstungsaufträgen, bestimmte Forschungsinstitute und Think Tanks („Rüstungswissenschaft“; Senghaas 1972, S. 191–199), oder auch die Bürokratie (Sagan 1996/97, S. 55) zählen kann. In diesem Zusammenhang argumentiert Charles Glaser, Rüstungswettläufe, die durch Sicherheitsbestrebungen angetrieben würden, könnten durchaus rational und notwendig sein, während die, die durch innerstaatliche Einflüsse befeuert werden, zu überhöhter Rüstung führten und suboptimal und gefährlich seien (Glaser 2000).

Eine weitere liberale Perspektive verweist auf die besonderen Normen und Werte, die vor allem in demokratischen Staaten zu einem ausgeprägten Fürsorgeinteresse bezüglich der eigenen Soldatinnen und Soldaten geführt hat. Dieser Schutzgedanke kann dann zur Beschaffung spezieller Waffensysteme oder gar zu einer besonderen High-Tech Rüstung führen (z. B. Mandel 2004; Sauer und Schörnig 2012).

Eine konstruktivistische Sicht verweist schließlich auf die Bedeutung der Identität eines Staates, sein Rollenverständnis und seine handlungsanleitenden Normen im Sicherheitsbereich (Berger 1996). Sieht man sich z. B. in der Rolle eines regionalen Hegemons, werden andere und umfangreichere Rüstungsprogramme verfolgt, als wenn dies nicht der Fall ist. Auch Symbolkraft spielt eine Rolle: „Highly technological militaries symbolize modernity, efficacy and independence“ (Eyre und Suchman 1996, S. 86). Dies gilt speziell für Nuklearwaffen, die besonders hohe Symbolkraft besitzen und mit Status und Prestige verbunden sind (Sagan 1996/97, S. 73–80). Rein sicherheitsbasierte Ansätze greifen bei der Erklärung von Rüstungsbestrebungen also unter Umständen zu kurz.

3 Theorien der Rüstungskontrolle

Explizite Theorien der Rüstungskontrolle entstanden seit Beginn der 1960er-Jahre (zentral: Bull 1961; Schelling und Halperin 1961). Zuvor standen sich (insbesondere in den USA) in sicherheitspolitischen Fragen zwei Lager gegenüber. Auf der einen Seite gab es die „Aufrüster“, für die nur eine Politik der Stärke und Überlegenheit Sicherheit garantieren konnte. Die Aufgabe des Militärs war entsprechend, Kriege zu gewinnen und der Staat musste dies mit seinen Rüstungsprogrammen unterstützen. Die andere Fraktion waren die „Abrüster“, die vor allem in der expansiven Nuklearrüstung eine erhebliche Gefahr eines alles vernichteten Krieges sahen, den es auf jeden Fall zu verhindern galt. Da sie Waffen und Aufrüstung als potenzielle Ursache eines Krieges ausmachten, drängten sie auf Abrüstung und eine vollständige Abschaffung, speziell, aber nicht exklusiv, der Nuklearwaffen. Ab den 1960er-Jahren gab es mit den „Rüstungskontrollbefürwortern“ eine zwischen den beiden Gruppen angesiedelte Position.Footnote 1

3.1 Rüstungskontrolle vs. Abrüstung

Auch wenn die Begriffe Abrüstung und Rüstungskontrolle (RüKo) oftmals synonym verwendet werden, sind sie konzeptionell nicht identisch (Müller und Schörnig 2006, S. 124). Abrüstung kann, erstens, einen Prozess beschreiben, in dem Akteure Bestände eines bestimmten Waffentyps reduzieren. Zweitens kann damit der Endzustand des Prozesses beschrieben werden, also den kompletten Verzicht auf einen Waffentyp. Das Konzept der Rüstungskontrolle (RüKo) umfasst Abrüstung, ist allerdings breiter (Goldblat 2002, S. 3). Quantitativ betrachtet bedeutet RüKo z. B. auch, Höchstgrenzen für bestimmte Waffenkategorien zu definieren, ohne dass eine Pflicht zum Abbau besteht. Sogar eine kontrollierte Aufrüstung kann als Rüstungskontrolle aufgefasst werden – z. B. wenn man sich auf maximale Aufwuchsraten einigt und so expansive Rüstungswettläufe verhindert. Auch kann Rüstungskontrolle sowohl die Anzahl, als auch die Qualität von Waffen reglementieren. Maßnahmen der Transparenz- und Vertrauensbildung, bei denen die Waffenkontingente zunächst nicht angetastet werden, kann man ebenso zur RüKo fassen. Rüstungskontrolle kann also als der Versuch beschrieben werden, „Sicherheit nicht länger durch unilaterale Verteidigungs- und Sicherheitspolitik, sondern durch das kooperative Einwirken auf das wechselseitige Rüstungsverhalten zu erreichen“ (Müller 1996, S. 405). Rüstungskontrollbefürworter werden deshalb aus zwei Richtungen kritisiert: Abrüster halten die grundsätzliche Akzeptanz von Rüstung für gefährlich und inakzeptabel, Aufrüster setzen Rüstungskontrolle, z. T. aus Unwissenheit, z. T. aus strategischen Gründen, mit Abrüstung gleich und diskreditieren sie als naiv oder gefährlich.

Seit den ersten theoretischen Überlegungen werden drei zentrale Ziele genannt, die mit Rüstungskontrolle verfolgt werden sollen (Schelling und Halperin 1961, S. 1):

1) Kriegsverhütung durch Stabilität, 2) Reduzierung der Kosten der Rüstung und 3) die Einschränkung der zu erwartenden Schäden im Kriegsfall. Die Verhinderung von Krieg durch Stabilität, nochmal unterteilt in ein stabiles Machtgleichgewicht („strategische Stabilität“) und Stabilität in der Krise („Krisenstabilität“), ist dabei das wichtigste Ziel (Altmann und Sauer 2017). Aus dieser Sicht kann Abrüstung u. U. sogar destabilisierend wirken – z. B. wenn zwei Staaten den vollständigen Abbau ihrer Nukleararsenale vereinbaren, einer der beiden aber konventionell deutlich überlegen ist und ein konventioneller Angriff nun „gewonnen“ werden kann, ohne atomare Vergeltung fürchten zu müssen.

Auch sind die drei genannten Ziele untereinander nicht immer ohne Spannungen (Müller und Schörnig 2006, S. 126–127). So kann z. B. die Entwicklung „effizienterer“ Waffensysteme zu Kosteneinsparungen führen, gleichzeitig aber destabilisieren, weil mehr militärische „Schlagkraft“ zur Verfügung steht.

Allerdings ist die klassische Rüstungskontrolltheorie ganz klar ein Kind des Ost-West-Konfliktes und verfolgte das Ziel, die zeitweise sehr fragilen Beziehungen der beiden Supermächte zu stabilisieren. Heute ist es deutlich schwieriger, stabile Obergrenzen oder Aufwuchsraten in einem multilateralen Umfeld zu finden, die die Sicherheitsinteressen aller Akteure berücksichtigen. Entsprechend tat sich die Rüstungskontrolle schwer, ihre erfolgreichen Konzeptionen in die Zeit nach dem Ende der Blockkonfrontation oder auf den konventionellen Bereich zu übertragen.

3.2 Weitere zentrale Konzepte

Ein großes Problem der RüKo ist, dass sie oft – und auch wider besseres Wissen – mit Erwartungen überschüttet wird, denen sie nicht, oder nur sehr begrenzt gerecht werden kann. Sie hängt immer von der Einsicht der Akteure ab, sich überhaupt auf das Wagnis einzulassen. Die pointierteste Kritik an Rüstungskontrolle stammt von Colin (Gray 1992, S. 17): „[I]f arms control is needed […], it is impracticable […], whereas, if arms control should prove to be available, it will be irrelevant“. Diese Sicht schüttet aber das Kind mit dem Bade aus. Denn die grundlegende Annahme der Rüstungskontrolle ist, dass auch verfeindete rationale Akteure das Interesse an der Verhinderung eines Krieges teilen. Gilt dies, dann schreiben Befürworter der Rüstungskontrolle eine transformierende Funktion zu. So argumentiert einer der Väter der modernen Rüstungskontrolltheorie, Hedley Bull: „It is […] quite erroneous to suggest that disarmament cannot begin until political disputes have been removed. […] On the contrary, it is only in the presence of political disputes and tensions serious enough to generate arms competition that arms control has any relevance“ (Bull 1961, S. 9–10). Modernere Ansätze sind differenzierter und gestehen ein, dass das mögliche Ausmaß gemeinsamer RüKo-Anstrengungen stark von den Rahmenbedingungen des Konfliktes abhängt (Goldblat 2002, S. 12) und, dass RüKo auch in weniger angespannten Konstellationen durchaus ein Sinn zukommt. So identifiziert z. B. Harald (Müller 1996, S. 405–408) fünf Szenarien, die mit steigender Verbesserung der Beziehungen von akuter Feindschaft bis hin zur Sicherheitsgemeinschaft reichen. Rüstungskontrolle verfolgt in jedem Szenario andere Ziele, die mit unterschiedlichen Mitteln angestrebt werden können (vgl. Abb. 1).

Abb. 1
figure 1

Fünf Szenarien der Rüstungskontrolle und Konfliktdeeskalation nach Müller; eigene Zusammenfassung. (Basierend auf Müller 1996, S. 405–408; ähnlich auch Müller und Schörnig 2006, S. 132)

Rüstungskontrollmaßnahmen lassen sich nach verschiedenen Kriterien klassifizieren und einteilen (vgl. z. B. die Einteilung bei Croft 1996). Bereits genannt wurde, erstens, dass sie quantitativ oder qualitativ sein können, also Anzahl (bzw. den Zuwachs) oder Leistung von Waffensystemen reglementieren können.

Zweitens kann man nach der Anzahl der beteiligten Staaten einteilen. So gibt es unilaterale Maßnahmen, z. B. freiwillige oder aufgezwungene Abrüstung eines Staates, bilaterale oder multilaterale RüKo-Maßnahmen. Ein drittes Kriterium ist geografische Reichweite: Hier kann die Maßnahme global sein oder nur regional Anwendung finden. Die RüKo-Maßnahmen können, viertens, formell, z. B. in Form von Verträgen oder informell, z. B. Absprachen und „weiche“ Normen, sein. Sie können, fünftens, freiwillig sein oder aufgezwungen werden. Es gibt, sechstens, symmetrische oder asymmetrische Rüstungskontrollmaßnahmen, die entweder allen teilnehmenden Akteuren gleiche Rechte und Pflichten einräumen oder diese unterschiedlich auf die Akteure verteilen. Rüstungskontrollmaßnahmen können, siebtens, horizontal wirken, also die Verbreitung („Proliferation“) bestimmter Waffen auf immer mehr Staaten zu verhindern suchen oder aber auf „vertikale Proliferation“ zielen, also versuchen, destabilisierende (quantitative) Aufrüstungen oder (qualitative) technologische Weiterentwicklungen zu begrenzen. Rüstungskontrollmaßnahmen können sich, achtens, auf bestehende oder zukünftige Waffen beziehen. Im letzteren Fall spricht man von präventiver Rüstungskontrolle, die schon die Erforschung und Entwicklung absehbarer Waffen verbieten oder reglementieren will (vgl. z. B. Altmann 2008a). Die neunte Unterscheidung differenziert nach der Art der reglementierten Waffensysteme. Meist wird zwischen konventionellen Waffen und Massenvernichtungswaffen unterschieden. Die zehnte Unterscheidung kann dahingehend getroffen werden, ob nur der Einsatz eines militärischen Systems oder das System selbst (Herstellung, Besitz) verboten ist.

Fast untrennbar mit Rüstungskontrolle ist das Konzept der Verifikation verbunden (Goldblat 2002, S. 309–345). Verifikationsmaßnahmen ermöglichen es, die Einhaltung der Rüstungskontrollvereinbarung („compliance“) zu überprüfen und Betrugsfälle aufzudecken. Verifikation gibt Akteuren ausreichend Sicherheit, nicht betrogen zu werden und ermöglicht es ihnen so, sich selbst auf die Einhaltung des Vertrages einzulassen. Vollständige Sicherheit ist zwar nie zu erlangen, da mit einem entsprechenden Aufwand fast jedes Aufrüstungsprojekt klandestin, also an der Verifikation vorbei, durchzuführen ist. Sind Verifikationsmaßnahmen aber angemessen und effektiv (Goldblat 2002, S. 310), können sie weitgehend verlässliche Informationen über die Vertragstreue des Gegenübers liefern. So macht es z. B. einen Unterschied, ob Inspektionen zur Überprüfung lange vorher angekündigt werden müssen, oder ob sie überraschend erfolgen dürfen, was das Entdeckungsrisiko von Betrug deutlich erhöht. Generell spielen Informationen in der Rüstungskontrolle eine wichtige Rolle. Viele Instrumente der RüKo zielen deshalb zunächst „nur“ auf eine verbesserte Informationslage um überschießende Rüstung aus Unsicherheit zu vermeiden. Solche Transparenzinstrumente können z. B. Truppenbesuche, Manöverbeobachtungen oder den Austausch relevanter Daten umfassen. Transparenzmaßnahmen erhöhen auch das gegenseitige Vertrauen, dass die Intentionen des Gegenübers nicht feindlicher Natur sind und senken die Angst vor einem Überraschungsangriff. Man spricht deshalb auch von Vertrauensbildenden Maßnahmen (VBM) bzw. Vertrauens- und Sicherheitsbildenden Maßnahmen (VSBM) (Goldblat 2002, S. 257–278).

Die primären Adressaten der klassischen Rüstungskontrolle sind Staaten. Substaatliche Akteure, wie z. B. Terror- oder Rebellengruppen werden kaum Partner formeller Rüstungsabkommen. Dies liegt im Wesentlichen daran, dass a) Staaten oft kein Interesse daran haben, nicht staatliche Akteure durch vertragliche Einbindung zu gleichwertigen Partnern aufzuwerten und b) nicht staatliche Akteure in der Regel nur über begrenzte Ressourcen verfügen, die sie nicht auch noch eingeschränkt sehen wollen. Es gibt zwar auch Ausnahmen, speziell im humanitären Bereich, in dem nicht staatliche Gewaltakteure Normen der humanitären Rüstungskontrolle anerkennen (Herr 2010). In der Regel versuchen Staaten aber, der gestiegenen Bedeutung nicht staatlicher Akteure mit neuen Formen staatlicher Rüstungskontrolle anstelle der Einbindung der Akteure zu begegnen.

Eine Ausnahme stellt vermutlich der Cyber-Bereich dar (s. u.). Hier haben nicht staatliche Akteure, speziell große Konzerne wie Microsoft oder Google, inzwischen durch eigene Initiativen ein besonderes Gewicht bekommen, an dem Staaten bei den Versuchen, den Cyber-Bereich zu regulieren, nicht vorbeikommen.

4 Empirische Felder der Rüstungskontrolle

4.1 Massenvernichtungswaffen

Unter Massenvernichtungswaffen werden traditionell die sogenannten ABC-Waffen verstanden, also Atom-, Bio- und Chemiewaffen, wobei historisch das Hauptaugenmerk auf den Nuklearwaffen lag und liegt (Neuneck 2012, S. 751–752). Während Nuklearwaffen allerdings relativ komplex und entsprechend schwierig herzustellen sind, ist die Entwicklung und Produktion von Bio- und vor allem Chemiewaffen entsprechend einfacher und deshalb für manche Staaten attraktiver.

4.1.1 Nuklearwaffen

In den frühen 1970er-Jahren begannen die ersten ernsthaften nuklearen Rüstungskontrollgespräche zwischen der Sowjetunion und den USA, die Strategic Arms Limitation Talks (SALT). Ergebnis waren zwei Vereinbarungen aus dem Jahr 1972:Footnote 2 Erstens der Anti Ballistic Missile-Vertrag (ABM-Vertrag), der den Aufbau von Raketenabwehrsystemen stark einschränkte. Nach der Logik der Mutually Assured Destruction (MAD) muss ein Staat ohne Raketenabwehr nach einem atomaren Erstschlag einen nuklearen Vergeltungsschlag („Zweitschlag“) der Gegenseite fürchten. So ergibt sich ein stabiles Gleichgewicht des Schreckens. Die zweite Übereinkunft war der SALT-Vertrag (Strategic Arms Limitation Treaty, auch Interimsabkommen), der die Anzahl landgestützter Trägersysteme für fünf Jahre fixierte. Der kurz darauf verhandelte SALT II-Vertrag sah erstmals eine vorsichtige Reduzierung der Trägersysteme vor, limitierte die Anzahl der Sprengköpfe auf einer Rakete (auf 12) und schränkte sogar die Entwicklung neuer Raketen ein. Er enthielt auch erste Ideen zur Verifizierung. Obwohl der SALT II-Vertrag aufgrund der sowjetischen Afghanistan-Invasion nie in Kraft trat, hielten sich beide Seiten zumindest einige Jahre an die Vereinbarung (Goldblat 2002, S. 84).

In der durch Michail Gorbatschow Mitte der 1980er-Jahre eingeleiteten Entspannungsphase der Supermächte kam es 1987 zur Unterzeichnung des INF-Vertrages (Intermediate Nuclear Forces), der als erster Vertrag die verifizierte Abschaffung einer ganzen Waffenkategorie – landgestützter Mittelstreckenraketen mit einer Reichweite zwischen 500 und 5500 Kilometern – vorsah.

Signifikante Reduzierungen der strategischen Nukleararsenale der Supermächte sah der 1991 geschlossene START I (Strategic Arms Reduction Treaty)-Vertrag vor.7 Er beschränkte die zulässigen stationierten Sprengköpfe auf 6000Footnote 3 und enthielt umfassende Verifikationsmethoden. Der 1993 folgende START II-Vertrag sah eine weitere Reduzierung der Arsenale vor, trat aber wegen der ab Mitte der 1990er-Jahre zunehmenden Differenzen nicht in Kraft. Speziell das erneute Interesse der USA an Raketenabwehr und die NATO-Osterweiterung riefen russische Kritik hervor und verhinderten (lange) die Ratifikation durch die Duma. Ende 2001 kündigten die USA zusätzlich den ABM-Vertrag einseitig auf und sorgten damit in Russland für zusätzliche Verunsicherung. Immerhin einigten sich George W. Bush und Vladimir Putin 2002 auf den SORT-Vertrag (Strategic Offensive Reductions Treaty, auch Moskauer Vertrag), der auf nur vier Seiten Vertragstext und in 475 Worten, eine Reduzierung strategischer Sprengköpfe auf 1700–2200 Stück zum 31.12.2012 vorsah und weder Verifikationsmaßnahmen noch eine Regelungen für die Zeit danach enthielt.

Mit dem Amtsantritt von Präsident Obama kam neuer Schwung in die nukleare Abrüstung. Zunächst präsentierte Obama im April 2009 in seiner Prager Rede die Vision einer Welt ohne Kernwaffen (Obama 2009). Kurz darauf kam es zur Unterzeichnung eines neuen bilateralen Vertrages mit Russland – New START –, der am 05.02.2011 in Kraft trat und Obergrenzen von 1550 Sprengköpfen auf 700 strategischen Trägersystemen, Transparenzmaßnahmen und „robuste Verifikation“ (Fey et al. 2013, S. 169) vorsah. Diese Obergrenzen galten allerdings nicht für nicht-stationierte oder nicht-strategische nukleare Sprengköpfe.

Spätestens seit der Ukraine-Krise erscheinen die Planungen, in der zweiten Amtszeit Obamas einen noch weitreichenderen Vertrag auszuhandeln, der sämtliche Sprengköpfe eines Arsenals berücksichtigt, allerdings obsolet. Immerhin hat die Krise bislang noch keinen negativen Einfluss auf die Verifikationsmaßnahmen im Rahmen von New START (Kimball 2014).

Da unter Präsident Trump Rüstungskontrolle, wenn überhaupt, nur eine sehr untergeordnete Rolle spielte, schien die US-Regierung in den späten 2010er-Jahren auch nicht an einer Verlängerung des New Start interessiert zu sein. Auch hielt man die bisherigen bilateralen Verträge für nicht mehr zeitgemäß und zielte stattdessen auf einen trilateralen Vertrag unter Einbeziehung Chinas. China wiederum ist angesichts seiner gegenüber den USA und Russland signifikant niedrigeren nuklearen Arsenalen nicht bereit, in solche Verhandlungen einzutreten. Am Ende verlängerte der gerade frisch ins Amt gekommene Präsident Biden im Februar 2021 zwei Tage vor Auslaufen des Vertrages den New Start um fünf Jahre (Richter 2021).

Nicht mehr zu retten war hingegen der oben erwähnte INF-Vertrag. 2018 entschied sich Präsident Trump, den Vertrag aufzukündigen. Zum Anlass nahm er den schon unter seinem Vorgänger vorgebrachten Vorwurf, Russland habe mit dem Test und der Stationierung landgestützter Marschflugkörper mit einer durch den INF untersagten Reichweite gegen den Vertrag verstoßen. Russland hatte 2018 kurz zuvor die Existenz des umstrittenen Systems zugegeben, aber weiter Vertragskonformität beteuert und auch die USA des Vertragsbruchs bezichtigt. Da der INF besonders die Systeme verbot, die in einem Konflikt in Mitteleuropa mit hoher Wahrscheinlichkeit zum Einsatz kommen würden, waren vor allem die Europäer die „Hauptleidtragenden“ dieser Politik (Meier 2018).

Schließlich soll noch die 1979 gegründete Conference on Disarmament (CD, auch Genfer Abrüstungskonferenz) genannt werden, das einzige institutionalisierte multilaterale Verhandlungsforum, das sich allen Fragen der Rüstungskontrolle widmen soll.Footnote 4 Im Fokus stehen aktuell nukleare Fragen. Die wechselnde Blockade einzelner Staaten dazu aber geführt, dass seit 1996 die CD praktisch nicht arbeitsfähig war (NIT 2020c), was zu einem erheblichen Bedeutungsverlust geführt hat.

Besser steht es immer noch um die Nichtverbreitung von Nuklearwaffen. Schon während des Ost-West Konfliktes waren sich die Atommächte weitgehend einig, die weitere Verbreitung von Nuklearwaffen nach Möglichkeit zu unterbinden. 1970 trat der nukleare Nichtverbreitungsvertrag (NPT, Non-Proliferation Treaty – auch Atomwaffensperrvertrag)Footnote 5in Kraft. Zunächst auf 25 Jahre befristet, wurde der Vertrag 1995 auf unbestimmte Zeit verlängert. Er ist mit 191 Teilnehmern (Stand 9/2021) einer der universellsten aller Rüstungskontrollverträge.

Als asymmetrischer Vertrag zementierte er den Status der Nuclear Weapons States (NWS), konkret der Staaten, die vor 1967 eine Kernexplosion durchgeführt hatten (USA, Sowjetunion, Großbritannien, Frankreich und China) und den der Non-Nuclear Weapons States (NNWS). Die NWS verpflichten sich – neben dem vagen Versprechen ernsthafter Abrüstungsbemühungen– keine Nuklearwaffen oder deren Technologie an die NNWS weiterzugeben, ihnen aber den Zugang zu ziviler Kerntechnologie zur Lösung ihrer Energieprobleme zu ermöglichen. Im Gegenzug akzeptieren die NNWS den Verzicht auf militärische Nuklearprogramme und unterwerfen zivile Programme einem engmaschigen Kontrollregime („safeguards“) der Internationalen Atomenergiebehörde IAEO.Footnote 6 Diese drei „Säulen“ des NPT werden oft als „Abrüstung“, „Nichtverbreitung“ und „Recht auf friedliche Nutzung“ zusammengefasst. Seit dem Inkrafttreten des Vertrages finden alle fünf Jahre Überprüfungskonferenzen statt. Die letzte Konferenz 2015 endete ohne Ergebnis, die für 2020 angesetzte Konferenz wurde vertagt. Problematisch ist, dass die de facto Atommächte Indien, Pakistan, Israel und Nordkorea (Austritt 2003) keine Mitglieder des NPT sind.

Nicht zuletzt als eine Reaktion auf die – aus Sicht der Kritiker – nicht eingehaltenen Abrüstungsversprechen der NWS im NVV formte sich Ende der 2000er-Jahre eine neue nukleare Abrüstugsbewegung mit dem Ziel eines internationalen Verbots von Nuklearwaffen. Von den VN wurde 2016 mehrheitlich eine „United Nations Conference to Negotiate a Legally Binding Instrument to Prohibit Nuclear Weapons, Leading Towards their Total Elimination“ für 2017 beschlossen.Footnote 7 Während die NWS und Alliierte fast vollständig boykotierten, beschlossen die anwesenden Staaten mit 122 zu 1 Stimmen die Annahme des Atomwaffenverbotsvertrages (AVV, auch Treaty on the Prohibition of Nuclear Weapons, TPNW). Der Vertrag trat am 20.02.2021 in Kraft. Die Nichtregierungsorganisation ICAN hatte 2018 den Friedensnobelpreis für ihre Aktivitäten um den Vertrag erhalten. Allerdings lehnen die NWS und Verbündete den Vertrag weiterhin ab, z. B. da sie eine Entwertung des NVV befürchten oder dem Druck der NWS ausgesetzt sind (Meier 2021). Allerdings kamen z. B. auch die wissenschaftlichen Dienste des Bundestages zu dem Schluss: „Der AVV unterminiert den NVV nicht, sondern ist Bestandteil einer gemeinsamen nuklearen Abrüstungsarchitektur“ (Wissenschafliche Dienste Deutscher Bundestag 2021, Hervorhebung im Original). Ob es durch den Vertrag allerdings gelingt, ein Nuklearwaffenverbot wirklich durchzusetzen und Nuklearwaffen effektiv zu ächten, ist angesichts des immer noch umfangreichen Widerstands fraglich.

Neben NVV und AVV gibt es aber noch weitere relevante Abkommen und Verträge, die der internationalen Nuklearordnung zugerechnet werden:

1975 bildete sich die Nuclear Suppliers Group (NSG) – ein Zusammenschluss von Staaten mit nuklearer Befähigung und Zugriff auf nukleares Material –, die gemeinsame Richtlinien für den Export, z. B. angereicherten Urans für den Reaktorbetrieb, festlegten.Footnote 8

Ein weiterer Pfeiler in der internationalen Nuklearordnung ist der 1996 ausgehandelte umfassende Kernwaffenteststopvertrag (Comprehensive Test Ban Treaty, CTBT), der nuklearen Testexplosionen verbietet.Footnote 9 Obwohl noch nicht in Kraft getreten, gibt es inzwischen ein weltweites Netz von Überwachungsstationen und einer eigenen international Organisation, die CTBT-Organization Preparatory Commission, die als Vorläufer einer späteren CTBTO fungiert. Als Ergänzung zum CTBT wird der Fissile Material Cutoff Treaty (FMCT) gesehen, der die weitere Produktion von nuklearwaffenfähigem Spaltmaterial verbieten soll, bislang aber noch nicht einmal ausgehandelt ist (Schaper 2011).

Nach 1990 erlangte die nukleare Nichtverbreitung angesichts der relativ schlecht gesicherten Waffenarsenale in der ehemaligen Sowjetunion neue Bedeutung. 1991/92 kam es zur Cooperative Threat Reduction (CTR)-Initiative (Larsen und Smith 2005, S. 65–66). Ziel war es, Russland und anderen Nachfolgestaaten der Sowjetunion technische und finanzielle Hilfe zur Sicherung bzw. zum Abbau ihrer Nuklear-, Bio- und Chemiewaffenarsenale zur Verfügung zu stellen. Russland lies die CTR aber 2013 faktisch auslaufen (Lewis 2015).

Die Befürchtungen, dass auch Terroristen Massenvernichtungswaffen in die Hände fallen könnten, wurden durch die Anschläge vom 11. September 2001 drastisch verschärft. Ausdruck der weltweit gestiegenen Befürchtung vor der Proliferation von Massenvernichtungswaffen ist die im April 2004 vom Sicherheitsrat einstimmig angenommene Resolution 1540, die die Verpflichtung für alle UN-Mitglieder formuliert, rechtliche und organisatorisch Maßnahmen gegen die Verbreitung von A-,B- und C-Waffen, sowie deren Trägersysteme zu ergreifen.

Weitere erwähnenswerte Initiativen sind die Proliferation Security Initiative (PSI) von 2003Footnote 10 und die 2006 verkündete Global Initiative to Combat Nuclear Terrorism (GICNT) (NTI 2020a).

Eine Zuspitzung hat die Frage der Nichtverbreitung in den letzten Jahren durch die Fälle Nordkorea (seit 2003 kein NPT-Mitglied) und Iran (NPT-Mitglied) erhalten. Nordkorea hat bereits eigene Nuklear- und Raketentests durchgeführt hat und steht damit an der Grenze zur Atommacht (NTI 2020b). Während Präsident Obama eine erfolglose Strategie der „strategischen Geduld“ versuchte, setzte Präsident Trump 2018 und 2019 auf direkte Gespräche mit dem nordkoreanischen Staatsführer Kim Jong-un. Diese endeten ohne Ergebnis. Gleichwohl will Präsident Biden weiterhin auf diplomatischem Weg versuchen, Nordkorea zur Aufgabe seines Atomprogramms zu bewegen und soll an der 2018 verabschiedeten gemeinsamen Erklärung ansetzen (Arms Control Association 2021).

Im Fall Iran ist man, trotz Rückschlägen, deutlich weiter. Schon seit den 2000er-Jahren unterstellten westliche Staaten dem Iran ein militärisches Nuklearprogramm, da er seit geraumer Zeit ein eigenes Urananreicherungsprogramm betreibt. Iran berief sich hingegen auf das im NPT verbriefte Recht, den gesamten Nuklearkreislauf inklusive Anreicherung beherrschen zu dürfen.

Ende November 2013 einigte man sich auf einen sechsmonatigen Aktionsplan, in dessen Zeitraum Iran sein Atomprogramm nicht ausbaut, während im Gegenzug Wirtschaftssanktionen gelockert werden, um Verhandlungsraum für eine langfristig stabile Lösung zu schaffen (Meier 2014a). Anfang April 2015 einigten sich die Parteien schließlich auf eine Eckpunktevereinbarung. Im Sommer 2015 wurde schließlich ein Abkommen, der Gemeinsamen umfassenden Aktionsplan (auch Joint Comprehensive Plan of Action, JCPOA) erzielt und von den P5, Deutschland („P5+1“), der EU und dem Iran, unterzeichnet. Das JCPOA legt u. a. fest, dass der Iran in den folgenden Jahren die Anzahl seiner Zentrifugen zur Urananreicherung und die Bestände bereits hoch angereicherten Uran stark reduziert. Im Gegenzug werden die internationalen Sanktionen gelockert, wenn der Iran eine Reihe von Auflagen (etwa die geforderten Reduktionen bei der Urananreicherung) erfüllt und die Internationale Atomenergiebehörde IAEO diese Einschränkungen bestätigt. Obwohl die IAEO dem Iran Vertragstreue attestierte, verkündete US-Präsident Trump 2018 den Rückzug der USA aus dem Abkommen und setzte US-Sanktionen erneut in Kraft. Da die Sanktionen den Verkauf iranischen Öls praktisch unmöglich machte, erklärte der Iran 2019 wiederum seinen Austritt aus dem Abkommen, sollten die verbliebenen Vertragspartner keine Optionen bieten, die US-Sanktionen zu umgehen. Dass die USA im Januar 2020 einen hochrangigen iranischen Offizier per Drohne in Bagdad töteten, verschärfte die Spannungen erneut. Nur kurz darauf verkündete der Iran, sich nicht mehr an die Vorgaben der JCPOA gebunden zu fühlen und reicherte Uran über das vertraglich vereinbarte Niveau an, während die verbliebenen Vertragspartner weiterhin daran festhielten, den Iran zur Vertragstreue zu bewegen. Präsident Biden strebt zwar eine Rückkehr der USA in den JCPOA an, aber im April 2021 begonnene Gespräche blieben zunächst stecken, weil keine Seite den ersten Schritt machen will (vgl. die Beiträge von Draper und Meyer in Fitzpatrick und Izewicz 2017/2021, S. 25–27).

4.1.2 Bio- und Chemiewaffen

Der Einsatz biologischer und chemischer Waffen im Krieg hat eine mindestens tausendjährige Tradition (Frischknecht 2003), die bei den Chemiewaffen im Ersten Weltkrieg ihren unrühmlichen Höhepunkt fand, als deutsche Chemiker den festgefahrenen Stellungskrieg durch den Einsatz von Giftgas aufbrechen wollten. Der Einsatz dieser Waffen ist schlecht zu kontrollieren: Dreht bei Giftgasangriffen der Wind, sterben statt des Gegners die eigenen Truppen, einmal ausgebracht, können Krankheitserreger Soldaten und Zivilisten infizieren. Allerdings sind speziell Chemiewaffen oft deutlich leichter und günstiger herzustellen als z. B. Atomwaffen (Goldblat 2002, S. 156).

Schon 1925 wurde zumindest der Einsatz von Bio- und Chemiewaffen im Krieg durch das Genfer Protokoll international verboten (Goldblat 2002, S. 135–137). Über dieses relativ robuste Einsatzverbot hinaus strebte die Staatengemeinschaft nach 1945 weitere Konventionen an, die auch die Waffen selbst verbieten sollten.

Das Biowaffen-Übereinkommen von 1972, genauer das „Übereinkommen über das Verbot der Entwicklung, Herstellung und Lagerung bakteriologischer (biologischer) Waffen und von Toxinwaffen sowie über die Vernichtung solcher Waffen“ (BWÜ), ist seit 1975 in Kraft. Mitte 2021 hatten 183 Staaten das Übereinkommen ratifiziert, was universeller Akzeptanz sehr nahekommt. Im Rahmen des BWÜ sind Produktion, Besitz und Erwerb biologischer Waffen verboten, außer wenn Art und Menge für Vorbeugungs-, Schutz- oder sonstige friedliche Zwecke gerechtfertigt sind (Art. I).Footnote 11 Ebenso verboten ist die Weitergabe (Art. III). Vorhandene Bestände sind zu vernichten (Art. II), die friedliche Nutzung der Biotechnologie ist aber weltweit zu erleichtern (Art. X) (vgl. jeweils BWÜ 1972). Damit stellte das BWÜ die erste multilaterale Übereinkunft dar, die eine gesamte Waffenklasse verbietet. Um die Verbreitungsgefahr von Biowaffen zu reduzieren, haben viele hoch technisierte Länder Exportkontrollen im Biotech-Bereich beschlossen, die sie untereinander informell koordinieren (Fey et al. 2013, S 171). Dies wird von einigen Nationen als Diskriminierung kritisiert, da es Entwicklungsoptionen beschneide. Die friedliche Nutzung der Biotechnologie war immer wieder ein kontrovers diskutiertes Thema auf den regelmäßigen Überprüfungskonferenzen, zuletzt 2016 (Littlewood 2018). Hinzu kommt, dass das BWÜ weder über eine eigene internationale Organisation, noch über Verifikationsmaßnahmen verfügt. Die Staaten haben sich bislang „nur“ auf vertrauensbildende Maßnahmen (VBM) verständigen können (Kelle 2014, S. 52). Die Frage nach wirksamen Compliance-Maßnahmen gewinnt im BWÜ derzeit an Bedeutung, eine Einigung ist aber nicht in Sicht.Footnote 12 Erschwert wird die Situation durch neuste Entwicklungen in der zivilen Bioforschung, die die Entwicklung neuster Kampfstoffe in Zukunft erheblich erleichtern könnten.

Im Gegensatz zum BWÜ trat das Übereinkommen über das Verbot chemischer Waffen (CWÜ) von 1993 zwar erst 1997 in Kraft, verfügt aber über die Organisation für das Verbot chemischer Waffen (OVCW), die sich um Durchsetzung, Überwachung und Weiterentwicklung des CWÜ kümmert und die inzwischen 193 Mitgliedsstaaten (September 2021) in der Umsetzung ihrer Verpflichtungen unterstützt (Kelle 2014, S. 109; Trapp 2018). Auch das CWÜ verbietet Produktion, Besitz und zudem den Einsatz chemischer Waffen, also für Kriegszwecke verwendeter toxischer Chemikalien (Kelle 2014, S. 105–108; Goldblat 2002, S. 151). Das CWÜ verfügt aber über einen von der OVCW durchgeführten Verifikationsmechanismus, der die Überprüfung der Vernichtung nationaler Bestände sowie die Kontrolle nationaler chemischer Industrien beinhaltet (Kelle 2014, S. 109, 138–142). Auch im Rahmen des CWÜ finden alle fünf Jahre Überprüfungskonferenzen statt. Im CWÜ ist ebenfalls festgelegt, dass das Übereinkommen die Entwicklung der Mitgliedsstaaten sowie die zivile Nutzung chemischer Stoffe und deren Handel nicht beeinträchtigen dürfe, sondern vielmehr fördern solle (Trapp 2018, S. 34–35, Kelle 2014, S. 108; Goldblat 2002, S. 155). Da, wie im Biosektor auch, viele chemische Produkte dual-use-Eigenschaften besitzen, also sowohl für erlaubte als auch für verbotene Zwecke verwendet werden können (Tucker 2012, S. 2), können sich hier Spannungen ergeben, wenn z. B. westliche Staaten den Export bestimmter Chemikalien verweigern (Kelle 2014, S. 167–172).

Angesichts der großen Erfolge des CWÜ – bis auf Reste in den USA wurden alle offiziell deklarierten Bestände weltweit vernichtet – schien das Thema Chemiewaffen für die internationale Rüstungskontrollagenda fast erledigt, bis ab 2013 Chemiewaffen im syrischen Bürgerkrieg eingesetzt wurden. Durch die Aufgabe der Chemiewaffen und den überraschenden CWÜ-Beitritt Syriens konnte die Regierung von Baschar al-Assad vermutlich eine internationale Intervention in letzter Sekunde verhindern (Notte 2020; Becker-Jakob 2019). Mitte August 2014 war die Vernichtung der deklarierten Waffen auf einem amerikanischen Spezialschiff vor der Küste Syriens abgeschlossen.

Der ebenfalls 2014 durch Funde der OVCW-Inspektoren entstandene Verdacht, es könne noch weitere, undeklarierte Chemiewaffenbestände geben, erhärtete sich durch spätere Einsätze dieser Waffen. Ermittlungsteams der OVCW identifizierten die syrische Luftwaffe als Urheber einiger Einsätze (IIT Reports). Um Syrien zur Vertragseinhaltung zu bewegen, wurden dem Staat 2021 vertragsgemäß die Stimmrechte in der OVCW entzogen (Decision der Conference of States Parties, OVCW-Website). Die Vorgänge um die Chemiewaffeneinsätze in Syrien und die Reaktionen darauf führten auch zu einer politischen Spaltung der CWÜ-Vertragsgemeinschaft. So zieht etwa Russland die Unabhängigkeit der OVCW in Zweifel und lehnt die Ermittlungen zu Syrien als illegitim ab (Notte 2020). Auch die Einsätze von chemischen Kampfstoffen aus der Novichok-Gruppe gegen Sergei und Julia Skripal 2018 in England sowie gegen Alexei Nawalny 2020 stellen die OVCW vor Herausforderungen und vertiefen die Spannungen westlicher Staaten mit Russland.

Aber auch im Bereich der Bio- und Chemiewaffen ist seit dem Ende des Ost-West-Konfliktes die Gefahr möglicher terroristischer Anschläge stärker in den Blick geraten, besonders in den USA. Dazu trugen der Nervengasanschlag der Aum-Sekte auf die Tokioer U-Bahn 1995 und die Anthrax-Briefe im Herbst 2001 in den USA erheblich bei (Kelle 2014, S. 182–186). Zwar betont Alexander (Kelle 2014, S. 176–177) in diesem Zusammenhang, dass es bislang noch keiner Terrorgruppe gelungen sei, einen Angriff mit umfangreichen Opferzahlen durchzuführen. Auch sind die technischen Hürden zur Herstellung einer einsatzfähigen Biowaffe hoch (Tucker 2012, S. 6–10). Trotzdem hat die veränderte Bedrohungswahrnehmung dazu geführt, dass Bioterrorismus und Biosicherheit auf den BWÜ-Überprüfungskonferenzen eine wichtigere Rolle einnahmen. Zwar richtete man im CWÜ-Regime den Fokus vor allem auf die Vernichtung der staatlichen Chemiewaffenbestände (Kelle 2014, S. 186–196), aber Angriffe mit Chlorgas durch islamistische Gruppen im Irak und in Syrien verdeutlichten, dass auch Terrorismus mit chemischen Waffen eine aktuelle Herausforderung darstellt.

4.2 Konventionelle Rüstungskontrolle

Die konventionelle Rüstungskontrolle steht oft im Schatten der Massenvernichtungswaffen (Neuneck 2012, S. 773). Konventionelle Waffen sind international deutlich schwächer reglementiert, da Staaten das Recht besitzen, diese Waffen zur Selbstverteidigung zu besitzen und eine vollständige Abschaffung nicht erwogen wird. Das Interesse an Abrüstung und Rüstungskontrolle ist entsprechend geringer. Hinzu kommt, dass Gleichgewichtskonzepte bei regionalen Abkommen, die eine Vielzahl von Akteuren umfassen, deutlich schwieriger umzusetzen sind.

4.2.1 „Klassische“ konventionelle RüKo in Europa

Ein Paradebeispiel erfolgreicher konventioneller Rüstungskontrolle stellte zumindest eine Zeit lang der sogenannte KSE (Konventionelle Streitkräfte in Europa)-Prozess dar. Die konventionelle Rüstungskontrolle in Europa galt lange als „Eckpfeiler der europäischen Stabilität“ (Richter 2011, S. 1), und als Vorbild für andere Regionen der Welt. Fairerweise muss man aber auch eingestehen, dass konventionelle Rüstungskontrolle jenseits Europas praktisch keine Rolle spielt.

Ziel der europäischen konventionellen Rüstungskontrolle war und ist es, durch „quantitative und geografische Begrenzungen“ „destabilisierende Kräftekonzentrationen“ zu vermeiden und stattdessen Stabilität und „strategische Zurückhaltung“ zu erzeugen (Richter 2011, S. 4). Ob diese Zielsetzung aber noch zeitgemäß ist, wird aktuell immer wieder diskutiert.

Nach erfolglosen Bemühungen um verbindliche Maßnahmen in den 1970er-Jahren (Hartmann 2009, S. 39–40) wurden ab 1986 im Rahmen der Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (KSZE) erste politisch verpflichtende Vertrauens- und Sicherheitsbildende Maßnahmen (VSBM) vereinbart (Hartmann und Schmidt 2011, S. 3). In der Folge wurde der KSE-Vertrag verhandelt, der 1990 geschlossen wurde und 1992 in Kraft trat. In ihm einigten sich die Staaten der beiden Machtblöcke NATO und Warschauer Pakt darauf, ihre konventionellen Truppen in Europa – vom Atlantik bis zum Ural – auf drastische Weise zu reduzieren, um so die europäische Stabilität zu erhöhen und Überraschungsangriffe zu erschweren. Er legte für fünf militärisch besonders wichtige schwere konventionelle Waffensysteme (Panzer, gepanzerte Kampffahrzeuge, Artilleriesysteme, Kampfflugzeuge und Angriffshubschrauber) symmetrische Höchstgrenzen für beide Staatengruppen auf niedrigem Niveau fest. Dabei waren die Einschnitte für die Gruppe der Warschauer Pakt-Staaten deutlich größer als für die (eher auf Qualität setzende) NATO-Länder (Collina 2012). Zusätzlich waren regionale „Zwischenobergrenzen“ vereinbart, um potenziell destabilisierende Truppenkonzentrationen in strategisch relevanten Gebieten, speziell in der Mitte Europas, unterhalb der Gesamthöchstgrenzen zu verhindern (Hartmann und Schmidt 2011, S. 4, speziell FN 5).

Ergänzt wurde der KSE-Vertrag von zusätzlichen Transparenzinstrumenten wie dem Wiener Dokument, das den Informationsaustausch über militärische Aktivitäten, Verteidigungs- und Haushaltsplanung regelt,Footnote 13 und dem Vertrag über den Offenen Himmel (oft auch „Open Skies“). Der 2002 in Kraft getretene Open-Skies Vertrag gilt „von Vancouver bis Wladiwostok“ und gab allen ursprünglich 34 Mitgliedsstaaten das Recht, eine vereinbarte Anzahl unangekündigter Beobachtungsflüge über dem Hoheitsgebiet anderer Staaten durchführen zu dürfen. Mit vorher festgelegten Sensoren (Foto, Radar, seit 2006 Infrarot, 2013 Einführung digitaler Sensoren) dürfen dabei ungehindert Aufnahmen gemacht werden.Footnote 14

Allerdings war der ursprüngliche KSE-Vertrag bei seinem Inkrafttreten 1992 aufgrund des Zerfalles des Warschauer Paktes schon wieder überholt (Hartmann 2009, S. 42). Die Aufnahme ehemaliger Staaten des Warschauer Paktes in die NATO änderte die dem Vertrag zugrunde liegende Symmetrie. 1999 einigte man sich auf einen angepassten KSE-Vertrag: den A-KSE. Dieser sah statt kollektiver Begrenzungen nun nationale Höchstgrenzen vor und unterstrich die Bündnisfreiheit seiner Mitglieder (Hartmann und Schmidt 2011, S. 5). Allerdings wurde von westlicher Seite eine politische Lösung für umstrittene Gebiete in mehreren Nachfolgerepubliken der Sowjetunion gefordert (Richter 2011, S 5–6). Als Moskau dies nicht erfüllte, wurde der A-KSE durch die NATO-Staaten nicht ratifiziert und trat entsprechend nicht in Kraft (Hartmann und Schmidt 2011, S. 7–9).

Auf russischer Seite hingegen sorgte das „Vorrücken“ der NATO gen Osten für immer größeres Missfallen – speziell die in der zweiten Amtszeit von George W. Bush angestellten Überlegungen, in ehemaligen Staaten des Warschauer Paktes Teile einer weltweiten Raketenabwehr zu installieren, erhöhte das Unbehagen. Erst als der russische Präsident Putin 2007 verkündete, Russland werde den KSE-Vertrag suspendieren, versuchte die NATO Gespräche zur Überwindung der Krise zu initiieren, die aber aufgrund von Überlegungen, Georgien und die Ukraine in die NATO aufzunehmen, versandeten (Hartmann 2009, S. 48). Die russische Annexion der Krim 2014 und die sich seitdem rapide verschlechterten Beziehungen zwischen Russland und dem Westen taten ihr übriges, um konventionelle Rüstungskontrolle erheblich zu erschweren.

Einen weiteren Rückschlag erlitt die konventionelle Rüstungskontrolle im Mai 2020, als die USA nach längerem Zaudern erklärten, den Open Skies Vertrag verlassen zu wollen. Damit hatten sich trotz inneramerikanischen Widerstands die Kräfte in Washington durchgesetzt, die jede Form der Rüstungskontrolle ablehnen und sich dabei extrem umstrittener Argumente bedient (Schörnig 2019a). Trotz intensivster Bemühungen westlicher Verbündeter, darunter auch Deutschland, wurde der Austritt im November 2020 wirksam. Anfang 2021 zog Russland dann mit seinem Austritt nach und Präsident Biden versuchte nicht, den erfolgten US-Austritt rückgängig zu machen. Leidtragende sind erneut die Europäer: Während die USA und Russland durch den OST nur sehr bedingt profitierten, da sie ähnliche Aufklärungsergebnisse via Satelliten erzielen können, waren die Flüge über Russland nicht nur für Europäer ohne Satelliten eine wichtige Datenquelle, sondern auch ein Anlass zum direkten Kontakt mit russischen Militärs, der vertrauensbildend wirkte.

Soll konventionelle Rüstungskontrolle erneut an Traktion gewinnen, steht nicht nur das gespannte Verhältnis der Hauptakteure und der große Haufen zerbrochenen Porzellans im Weg. Ein weiteres wichtiges Problem spielt auch die technologische Überlegenheit der westlichen NATO-Staaten gegenüber Russland, da die Rote Armee konventionell in vielen Bereichen über deutlich älteres Material verfügt und als Reaktion seit 2008 ein umfangreiches Modernisierungsprogramm aufgelegt hat (Kumar 2013), das aber nur in speziellen Bereichen wie Langstreckenpräzisionswaffen Augenhöhe erzielen konnte. Es ist allerdings schwierig, qualitative Merkmale von Waffen der Rüstungskontrolle zu unterwerfen. Zwar kann man z. B. die Reichweite oder Nutzlast einer Rakete (Kriterien ihrer Qualität) quantitativ begrenzen, allerdings ergibt sich die besondere Qualität vieler moderner Waffen aus dem Zusammenspiel verschiedener Systeme in einem Wirkungsverbund, der sich durch IT-Vernetzung und den schnellen Datenaustausch zwischen Systemen auszeichnet und zu einer Multiplikation der Waffenwirkung führt.(Helmig und Schörnig 2008). Hier haben simple „Höchstgrenzen“ nur noch wenig Bedeutung, da sich das zu Kontrollierende nicht klar definieren lässt (Fey und Müller 2008, S. 215).

4.2.2 Humanitäres Völkerrecht und humanitäre Rüstungskontrolle

Was bei der bisher präsentierten staatlichen Perspektive auf Rüstungskontrolle oft zu kurz kommt, ist die Frage des menschlichen Leids, das durch den Einsatz bestimmter Waffen verursacht wird. Diesen Fragen widmet sich das humanitäre Völkerrecht (HVR), das die Rechte und Pflichten der an einem „bewaffneten Konflikt“ beteiligten Parteien festlegt („ius in bello“). Besonders wichtig sind die Unterscheidung zwischen Kombattanten (die angegriffen werden dürfen) und Zivilisten (die zu schützen sind), sowie das Gebot der Proportionalität der eingesetzten Mittel. Auch verbietet das humanitäre Völkerrecht den Parteien im bewaffneten Konflikt bei den Kombattanten und Kämpfern der Gegenseite unnötiges Leid zu erzeugen (DRK 2011). Im HVR besteht aber ein Spannungsverhältnis: Es ist von Staaten festgelegtes Recht, das auf der einen Seite die Leiden des Krieges einhegt, die Möglichkeit Krieg zu führen, aber nicht wesentlich einschränken soll (Wisotzki 2008, S. 179–180). Es akzeptiert Krieg und ist kein Recht gegen den Krieg. Gerade in den Jahren nach dem Ende des Ost-West-Konfliktes richtete sich der Blick der Gesellschaftswelt zunehmend auf humanitäre Fragen und die mit Krieg verbundenen Leiden der Zivilbevölkerung. „Menschliche Sicherheit“ und ein „individualisierte[r] Sicherheitsbegriff“ (Wisotzki 2009, S. 1) traten in den Vordergrund. Die humanitäre Rüstungskontrolle zielt deshalb darauf ab, Prinzipien des HVR mit den Mitteln der Rüstungskontrolle umzusetzen (Wisotzki 2009, S. 1, FN1). Ein bekanntes Rüstungskontrollabkommen, das humanitäre Aspekte ins Zentrum rückt, ist z. B. das „Übereinkommen über das Verbot oder die Beschränkung des Einsatzes bestimmter konventioneller Waffen, die übermäßige Leiden verursachen oder unterschiedslos wirken können“, oft kurz als UN-Waffenkonvention oder CCW (Convention on certain Conventional Weapons) bezeichnet.Footnote 15

1983 in Kraft getreten, umfasst die CCW inzwischen fünf Protokolle, die den Einsatz bestimmter Waffentypen einschränken oder verbieten, darunter z. B. Waffen, deren Splitter nicht mit Röntgengeräten entdeckt werden können oder Blendlaser.

Der Vorteil der CCW ist, dass ihr fast alle wichtigen staatlichen Akteure (USA, Russland, China etc.) angehören und sie somit ein wichtiges Forum zur Diskussion auch neuer Themen zur Verfügung stellt. Jedoch verbietet die CCW nur den Einsatz dieser Waffen, nicht aber Produktion und Besitz. Schließlich ziehen sich die Beratungen oft lange hin oder können von einzelnen Staaten blockiert werden (Goldblat 2002, S. 236).

Landminen (Ottawa-Vertrag) und Streumunition

Nach dem Ende des Ost-West-Konfliktes nahmen sich Nichtregierungsorganisationen schnell dem Thema der Anti-Personen Minen (APM) an, die als billige Waffe besonders in afrikanischen Konflikten zum Einsatz gekommen waren. Da APM noch Jahre nach dem Ende der Kampfhandlungen für jedermann eine Gefahr darstellen, verstoßen sie nach Auffassung vieler Kritiker gegen das Unterscheidungsgebot des humanitären Völkerrechts. Auch können mit Minen „verseuchte“ Landstriche nicht landwirtschaftlich genutzt werden, was Menschen in der Region die Lebensgrundlage raubt (Goldblat 2002, S. 235–6). Während des Kalten Krieges hatten viele – auch westliche – Militärs argumentiert, Minen seien zum Grenzschutz zwingend notwendig; eine Argumentation, die nach 1989 weitgehend obsolet war. In vielen Ländern wurden deshalb NGOs für ein Landminen-Verbot gegründet, die sich 1992 zu einem transnationalen Netzwerk, der International Campaign to Ban Landmines (ICBL) zusammenschlossen. Zunächst hoffte man auf den Erfolg einer französischen CCW-Initiative, die aber scheiterte (Price 1998, S. 620–621; Wisotzki 2008, S. 180–181). Enttäuscht begann die ICBL nun auf sympathisierende Staaten einzuwirken und, speziell mit kanadischer Unterstützung, jenseits etablierter Mechanismen Druck aufzubauen (Goldblat 2002, S. 236). Ziel war ein komplettes Verbot der Produktion, des Besitzes und der Weitergabe von Antipersonenminen, sowie die Verpflichtung der Mitglieder, betroffenen Staaten und bisherigen Minenopfern Unterstützung zukommen zu lassen (Goldblat 2002, S. 239). Es wurde ein Vertragsentwurf formuliert, der im Dezember 1997 im kanadischen Ottawa von 122 Staaten unterzeichnet wurde. Dieser „Ottawa-Vertrag“ trat 1999 in Kraft und viele der inzwischen 164 Vertragsstaaten sind ihrer Verpflichtung, auch die Altbestände zu vernichten, nachgekommen. Trotz der weitreichenden Akzeptanz sind aber viele wichtige Minenproduzenten und -nutzer dem Vertrag (noch) nicht beigetreten sind, darunter China, Russland, Iran, Israel, Indien, Pakistan und die USA.Footnote 16 Allerdings handeln viele Nichtunterzeichner so, als wären sie der Konvention beigetreten (Arms Control Association 2013). Die ICBL und ihre Sprecherin, Jody Williams, erhielten für ihr Engagement 1997 den Friedensnobelpreis, womit die besondere Rolle der Zivilgesellschaft an einem Ban gewürdigt wurde. Nach Angaben von NGOs hat das Landminenverbot inzwischen zu einer deutlichen Senkung der Opferzahlen geführt und der legale Handel wurde fast vollständig gestoppt.Footnote 17

Ein analoges humanitäres Problem zu Landminen erzeugen Streubomben, die über einem vorher festgelegten Gebiet eine Vielzahl kleiner Sprengköpfe („bomblets“) abwerfen und damit ein großes Gebiet angreifen (Borrie 2009, S. 8). In der Regel explodiert ein Anteil von 10–15 % nicht und bleibt als Blindgänger am Boden liegen (Wisotzki 2008, S. 189), die für Zivilisten eine erhebliche Gefahr darstellen. Nachdem das Thema zunächst auch in der ICBL diskutiert wurde, gründeten 2003 zehn NGOs die Cluster Munitions Coalition (CMC) (Borrie 2009, S. 51–52), deren Engagement – auch dank norwegischer Initiative – Ende 2008 zum Osloer Übereinkommen über Streumunition führte.Footnote 18 Es trat 2010 in Kraft und verbietet ebenfalls Produktion, Besitz und Einsatz von Streumunition. Auch hier fehlen trotz inzwischen 123 teilnehmender Staaten (9/2021) wichtige Hersteller- und Nutzerländer. Sowohl im Ottawa-Vertrag als auch im Osloer Übereinkommen setzten die NGOs und Unterstützerstaaten aber darauf, lieber eine strenge Norm mit weniger Teilnehmern zu etablieren, als eine Konvention auf kleinstem gemeinsamen Nenner mit (noch) größerer Unterstützung zu erzielen. Man hofft, dass die normative Kraft der Konvention eine Dynamik erzeugt, die auch das Verhalten von Nichtteilnehmern beeinflusst (Price 1998, S. 631, 636–637) – wie es in einigen Fällen tatsächlich zu sehen ist. In der Umsetzung der Konvention zeigt sich allerdings, dass die in der Konvention angelegte Räumungsverpflichtung innerhalb von 10 Jahren zu knapp angesetzt wurde. Deutschland z. B. musste eine Verlängerung für die Säuberung des ehemaligen sowjetischen Truppenübungsplatzes in Wittstock in Brandenburg beantragen.Footnote 19

Kleinwaffen

Kleinwaffen (small arms and light weapons, SALW) umfassen Pistolen und Revolver, Gewehre, Sturmgewehre, Maschinengewehre, Panzerabwehrraketen (Rocket Propelled Grenades, RPGs), kleine Mörser und tragbare Flugabwehrraketen (Small Arms Survey 2013, S. 2). Sie sind robust und langlebig, billig, leicht zu transportieren, einfach zu bedienen und werden oft von Konflikt zu Konflikt weitergereicht. Weltweit befinden sich geschätzt fast 900 Mio. Kleinwaffen im Umlauf (Small Arms Survey 2014). Die 2001 erstmals veröffentliche Schätzung von einer halben Million jährlichen SALW-Opfern – in Konflikten und militärischen Auseinandersetzungen, bei Gewaltverbrechen, Selbstmord oder Unfällen (Small Arms Survey 2001, S. 1) – ist seitdem stabil, liegt vermutlich aber eher zu niedrig als zu hoch (Batchelor und Muggah 2014, S. 124). Obwohl die überwiegende Anzahl der Opfer nicht in Konflikt- oder Post-Konfliktzonen anfallen (Small Arms Survey 2013, S. 9), sind Kleinwaffen gerade „[i]n innerstaatlichen Konflikten und Bürgerkriegen […] zum wichtigsten Gewaltmittel geworden“ (Wisotzki 2008, S. 183). Werden Kleinwaffen nach Konfliktende nicht drastisch abgerüstet, steigt die Wahrscheinlichkeit einer erneuten Gewalteskalation deutlich (Wisotzki 2008, S. 183).

Trotzdem besitzen SALW in der Staatenwelt als auch Teilen der Gesellschaftswelt eine hohe Akzeptanz. Sie sind weltweit die zentrale Säule des staatlichen Gewaltmonopols – praktisch alle regulären Sicherheitskräfte sind mit Schusswaffen ausgestattet und dreiviertel aller Kleinwaffen sind – oft legal – in Privatbesitz (Small Arms Survey 2013, S. 9). Neben der höheren Akzeptanz ist auch der Vorwurf, unterschiedslos zu töten, deutlich schwerer vorzubringen. In den 1990er-Jahren waren die Fortschritte im Bereich der Rüstungskontrolle für Kleinwaffen entsprechend zäh (Laurance 2014, S. 14). 2001 wurde im Rahmen der VN das sogenannte Kleinwaffenaktionsprogramm (Programme of Action to Prevent, Combat and Eradicate the Illicit Trade in Small Arms and Light Weapons in All Its Aspects) beschlossen.Footnote 20 Das Programm bedeutet einen ersten Schritt in Richtung Transparenz und Einschränkung, spricht allerdings nur Empfehlungen aus, staatlich nicht genehmigten Besitz von und Handel mit Kleinwaffen unter Strafe zu stellen (Wisotzki 2008, S. 185). Auch werden die Staaten aufgefordert, überschüssige Waffen nicht – wie nach dem Ende des Ost-West-Konfliktes oft geschehen – günstig zu verkaufen oder gar zu verschenken, sondern stattdessen zu zerstören. Es fanden inzwischen mehrere Überprüfungskonferenzen statt, die letzte 2018.Footnote 21 2005 wurde von der UN-Generalversammlung ein International Tracing Instrument (ITI) beschlossen, um durch die Markierung von Kleinwaffen die illegalen Handelswege zumindest nachzuvollziehen.Footnote 22 Ein umfassendes Verbot von Kleinwaffen ist aktuell unrealistisch.

Rüstungsexporte und Arms Trade Treaty

Aus Sicht der RüKo tragen konventionelle Rüstungsexporte in bereits hochgerüstete Regionen erheblich zu deren Destabilisierung bei. Globale Regelungen gab es bis vor kurzem nicht, es dominierten nationale Richtlinien, beeinflusst durch wenige internationale Übereinkünfte. Zu diesen gehört z. B. das 1996 gegründete Wassenaar-Abkommen, dem inzwischen 42 industrialisierte Staaten angehören (9/2021).Footnote 23 Diese haben sich verpflichtet, bei Exporten von als problematisch eingeschätzten Rüstungs- und dual-use-Gütern verschiedener Kategorien gegenüber Nichtmitgliedern restriktiv vorzugehen, um die regionale und internationale Stabilität nicht zu gefährden und untereinander Transparenz über erlaubte oder verweigerte Exporte zu gewährleisten. Die jeweilige Exportentscheidung verbleibt aber immer bei der Exportnation (Goldblat 2002, S. 245–6).

1998 verordneten sich die EU-Staaten einen gemeinsamen „Verhaltenskodex der Europäischen Union für Waffenausfuhren“, der zunächst gegenseitige Notifikation und Konsultation, sowie Transparenz durch Veröffentlichung der getätigten Exporte vorsah und z. B. auch die Menschenrechtslage im Empfängerland als zu berücksichtigendes Kriterium benannte (Goldblat 2002, S. 245). 2008 wurde aus dem Kodex ein rechtlich verbindlicher Gemeinsamer Standpunkt des Rates, der spezifische Leitlinien formulierte, an denen sich die Genehmigung von Rüstungsexporten orientieren sollte.Footnote 24 Der Verhaltenskodex und der Gemeinsame Standpunkt gehen z. B. in die „Politische[n] Grundsätze der Bundesregierung für den Export von Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern“ ein, wobei strengere deutsche Grundsätze gegenüber europäischen stets Vorrang haben.Footnote 25

Einen positiven Einschnitt hin zu einer weltweiten Regulierung von Rüstungsexporten gab es im April 2013, als die VN-Vollversammlung im dritten Anlauf einen Vertrag zur Kontrolle des globalen Waffenhandels verabschiedete, den Arms Trade Treaty (ATT). Angestoßen worden war der Prozess wiederum von Nichtregierungsorganisationen, die sich ab 2003 verstärkt für internationale Mindeststandards beim Waffenhandel einsetzten (Mutschler 2014, S. 14). Möglich wurde der Vertrag, als die USA unter Präsident Obama ihre von der Vorgängerregierung formulierten Bedenken aufgaben (Mutschler 2014, S. 14). Der 2014 in Kraft getretene VertragFootnote 26 reguliert, erstens, den weltweiten Handel mit konventionellen Waffen und versucht, zweitens, den illegalen Handel mit diesen Waffen einzudämmen (Wisotzki 2013, S. 14). Dabei greift er sieben als besonders gefährlich eingeschätzte Waffenkategorien auf, die schon im UN-Waffenregister (UN Register of Conventional Arms), einer seit 1991 bestehenden internationalen Transparenzmaßnahme, Footnote 27benannt sind (Kampfpanzer, gepanzerte Kampfahrzeuge, großkalibrige Artillerie, Kampfflugzeuge, Kampfhubschrauber, Kriegsschiffe, sowie Raketen und deren Abschussvorrichtungen) – ergänzt um kleine und leichte Waffen.Footnote 28 Der Handel mit diesen Waffen soll „entlang globaler Genehmigungskriterien überprüft werden, die unter anderem Frieden und Sicherheit, humanitäres Völkerrecht, Menschenrechtskriterien“ (Wisotzki 2013, S. 14), sowie einige andere Aspekte, z. B. Terrorismus oder Proliferation, berücksichtigen sollen. Der Vertrag ist zwar völkerrechtlich bindend, sieht aber keine Sanktionsmaßnahmen vor und beschränkt die Verifikation auch primär auf jährliche Berichte der Staaten (Wisotzki 2013, S 14). Dennoch stellt der Vertrag einen wichtigen Schritt dar, „weil er den globalen Rüstungshandel zu einem Bestandteil der Rüstungskontrolle werden lässt“ (Wisotzki 2013, S. I). Zum Arms Trade Treaty fanden seit 2015 jährliche Staatenkonferenzen statt.Footnote 29 Wie auch in einigen anderen Fällen hatte die Covid-19 Pandemie negativen Einfluss auf die Konferenz – sie musste in einem rein schriftlichen Modus abgehalten werden.

4.3 Ungeregelte Bereiche

Obwohl inzwischen sehr viele Rüstungsbereiche zumindest rudimentär reguliert sind, gibt es immer noch Felder, in denen sich Staaten bislang nicht zu Rüstungskontrollmaßnahmen durchringen konnten. Dies gilt, erstens, für Bereiche, in denen es noch keine oder bestenfalls experimentelle militärische Applikationen gibt, eine militärische Nutzung aber absehbar ist. Dies ist z. B. im Bereich der Nano-Technologie der Fall. Hier wäre präventive Rüstungskontrolle sinnvoll und anwendbar (Altmann 2006, 2008b). Es gilt, zweitens, für Waffensysteme, die schon ihren Weg in die Arsenale zumindest einiger Staaten gefunden haben, bei denen die „Trendsetter“ aber (fälschlicherweise?) glauben, ihren technologischen Vorsprung auf Dauer halten zu können. Dies gilt z. B. für „Cyber“-Waffen.

4.3.1 Drohnen und Automatisierung

Die zunehmende Einführung unbemannter Systeme, vor allem von Drohnen (UAVs, Unmanned Aerial Vehicles), aber auch von Land- und Marinesystemen, ist Ausdruck einer beginnenden Robotisierung des Militärs. Inzwischen besitzen vermutlich über 100 Staaten die aktuell sehr populären Aufklärungsdrohnen . Sie ermöglichen eine umfassende und ausdauernde Überwachung des Ziels und die Übertragung hochaufgelöster digitaler Aufnahmen per Funk oder Satellit in die Kommandozentralen ohne Zeitverlust. Zusätzlich geht der Trend zur Bewaffnung unbemannter Systeme – man schätzt, dass mehr als 30 Staaten solche Systeme besitzen oder kurz vor der Anschaffung stehen (New America Foundation 2020). Die praktisch geschlossene Lücke zwischen Aufklärung und Angriff bedeutet einen erheblichen militärischen Vorteil, was der Konflikt um Bergkarabach 2020 eindrücklich vor Augen führte (GIDS 2021). Scharfe Kritik erzeugten die „gezielten Tötungen“ mutmaßlicher Terroristen durch die CIA mit Drohnen in Pakistan, dem Jemen und Somalia, bei denen es nach Einschätzung von NGOs zu vielen zivilen Opfern kam (The Bureau of Investigative Journalism 2021).

Klassische Rüstungskontrollverträge erfassen bewaffnete Drohnen bislang nicht explizit (Altmann 2013). Sie fallen nach Einschätzung von Experten zwar unter den KSE-Vertrag, allerdings ist dies unter den KSE-Mitgliedsstaaten umstritten.Footnote 30Die Rüstungsexportregime des Wassenaar-Abkommens und des Missile Technology Control Regimes (MTCR) sehen allerdings Restriktionen beim Export vor (Schörnig 2017). Die USA haben die Regeln des MTCR unter Trump aber neu interpretiert, um größeren Spielraum beim Export vis-a-vis Nichtmitgliedern des Regimes, wie z. B. China, zu erhalten (Arms Control Association 2020).

Besonders kritisiert wird der Trend zu immer stärker automatisierten Systemen, an dessen Ende „autonome“ Waffensysteme stehen könnten, die ohne menschliche Bestätigung Entscheidungen über Leben und Tod treffen (Sauer 2020). Dies sei sowohl aus ethischen, völkerrechtlichen und sicherheitspolitischen Gründen (Sauer 2020) abzulehnen. Im Frühjahr 2013 schlossen sich verschiedene NGOs unter der Führung von Human Rights Watch zur „International Campaign to Stop Killer Robots“ zusammen und es setzte ein intensiver Lobbying-Prozess gegen autonome Waffensysteme ein. Im November 2013 entschied sich die CCW, für Mai 2014 ein inoffizielles Expertentreffen zur Frage eines möglichen Verbots autonomer Waffensysteme bzw. ihres Einsatzes, einzuberufen. Seit 2017 tagt offiziell eine unabhängige Expertengruppe (Group of Governmental Experts, GGE) zu dem Thema. Die Diskussionen werden aber als zunehmend zäh beschrieben (Schörnig 2019b), speziell wegen des Wiederstands einzelner Staaten (Sauer 2020). Herausgekommen sind bislang 11 Prinzipien, die u. a. bestätigen, dass autonome Waffensysteme ebenso unter das Völkerrecht fallen, wie andere Waffensysteme auch und sicher nicht der erhoffte Durchbruch sind (Article 36). Gleichzeitig zeichnet sich eine mögliche Norm „sinnhafter menschlicher Kontrolle“ (meaningful human control) ab, die unvorhersagbares autonomes Handeln von Waffensystemen unterbinden soll (Rosert 2017).

Noch sind viele Staaten unentschieden ob sie an einem völkerrechtlich verbindlichen Bann, politisch verbindlichen Leitlinien, oder keiner weiteren Regulierung interessiert sind (Dahlmann et al. 2021). Unklar ist allerdings bislang, wie die Verifikation eines möglichen Verbotes aussehen könnte, da sich „Autonomie“ im Wesentlichen im Softwarecode und weniger in der Hardware ausdrückt.

4.3.2 „Cyberwar“ und Weltraum

Bei der Frage, wie real die Gefahr eines Cyberwars ist, sind sich Experten ebenso uneinig wie bei der grundlegenderen Frage, was „Cyberwar“ eigentlich genau ist.Footnote 31 Sicher ist, dass die Anzahl böswilliger Cyberangriffe unterhalb der Kriegsschwelle – von der Verunstaltung von unliebsamen Webseiten bis hin zur terroristischen Manipulation sicherheitsrelevanter Infrastruktur – zunehmen.

Ebenfalls herrscht (fast) Einigkeit, dass die Gefahren gezielter Angriffe durch die rapide gewachsene Abhängigkeit des zivilen und militärischen Sektors von IT-Netzwerken massiv gestiegen sind und immer öfter offensive Operationen zu beobachten sind. Das Besondere an ausreichend geschickten Cyber-Angriffen ist, dass sie kaum zurückverfolgt werden können, oder dass das Ausgangsland eines Angriffs nicht zwingend für den Angriff verantwortlich sein muss. Abschreckung erscheint so nur schwer umzusetzen (Fryer-Biggs 2012). Der klandestine Charakter von Cyber-Attacken und die verschwimmende Grenze zur Kriminalität stellt Rüstungskontrolle im Cyber-Bereich vor erhebliche Herausforderungen. Auch ist Verifikation ausgesprochen schwierig. Gleichwohl hat sich das Streben auf internationaler Ebene nach einer stärkeren Reglementierung in den letzten Jahren deutlich intensiviert. In einem ersten Schritt versuchen Völkerrechtler, die durch das Völkerrecht schon gesetzten Grenzen von Cyber-Angriffen zu definieren. Fragen sind hier, wann ein Cyber-Angriff als „bewaffneter Angriff“ im Sinne des Artikel 51 UN Charta gelten kann und entsprechende Selbstverteidigungsmaßnahmen rechtfertig (Melzer 2011, S 11–19). Einen Schritt in diese Richtung stellt das 2013 von Völkerrechtlern auf Einladung der NATO vorgelegte, und 2017 noch einmal erweiterte Tallinn Manual on the International Law Applicable to Cyber Warfare dar, das die völkerrechtliche Einordnung von Cyber-Operationen diskutiert und konkrete Regelungen vorschlägt, als Sammlung von Expertenmeinungen allerdings keine Rechtsverbindlichkeit besitzt (Schmitt 2017). Auch liegen der UN-Generalversammlung inzwischen Expertenberichte zu Developments in the Field of Information and Telecommunications in the Context of International Security vor (vgl. z. B. Vereinte Nationen 2015), die – neben völkerrechtlichen Fragen – freiwilliger Vertrauensbildung und Transparenz breiten Raum widmen (Neuneck 2014, S. 251). Im bislang letzten konsensual verabschiedeten Expertenbericht von 2015 einigte man sich auch auf Normen verantwortungsvollen Staatsverhaltens im Cyberspace, die z. B. untersagen, das eigene Staatsgebiet für Cyberangriffe zur Verfügung zu stellen oder kritische Infrastruktur anzugreifen (Vereinte Nationen 2015, S. 7–9). Auch die Stimme der Europäische Union hat angesichts ihrer Cyber Policies in der internationalen Debatte ein erhebliches Gewicht. Allerdings ist man sich bewusst, dass klassische Rüstungskontrolle im Cyber-Bereich extrem schwer umzusetzen ist. Die Bildung von Vertrauen und weichere Normen als zweitbeste Lösungen scheint aktuell der erfolgversprechendste Weg: Im Rahmen der OSZE haben sich die Teilnehmerstaaten im Dezember 2013 zur Einführung einiger VBMs „freiwillig verpflichtet“ (Neuneck 2014, S. 251) und zwischen den USA und Russland wurde sogar „eine Art ‚rotes Telefon‘ zur gegenseitigen Warnung vor Cybervorfällen eingerichtet“ (Neuneck 2014, S. 251). Besonders interessant ist, dass neben den klassischen staatlichen Akteuren zunehmen auch ungewöhnliche Akteure als Normunternehmer aktiv werden – wie z. B. Geheimdienste (Georgieva 2019) oder Unternehmen, oft gemeinsam mit Staaten, wie im fall des „Paris Calls for trust and security in cyberspace“.Footnote 32

Neben dem Cyberspace wird in Zukunft auch der Weltraum eine immer wichtigere Rolle spielen. Bislang gibt es den 1967 in Kraft getretenen Outer Space Treaty (OST; Weltraumvertrag), der die friedliche Nutzung des Weltalls sicherstellen soll und die Stationierung von Massenvernichtungswaffen im All verbietet.Footnote 33 Angesichts der zunehmenden Bedeutung von Kommunikations-, Ortungs- und Navigationssatelliten kommt der Weltraum inzwischen immer mehr als möglicher Kriegsschauplatz in Frage (Neuneck 2012, S. 769). Die USA gründeten 2019 eine eigene „US-Space Force“ und auch Deutschland stellte 2021 ein „Weltraumkommando der Bundeswehr“ auf. Nach den USA und Russland testeten China 2007 und Indien 2019 erfolgreich Anti-Satelliten-Waffen. Auch ist die Stationierung weltraumgestützter konventioneller – vorgeblich defensiver – Waffen durch den OST nicht verboten. Umfangreiche gezielte Angriffe gegen gegnerische Satelliten hätten nicht nur erhebliche Folgen für die Fähigkeit hoch technisierter Streitkräfte zur Kriegsführung, sondern auch für den zivilen Bereich, z. B. die Unwettervorhersage oder Forschung zum Klimawandel (Samson und Weeden 2020, S. 6). Durch kreisende Trümmer wäre die Raumfahrt auf Jahrzehnte stark eingeschränkt und es wäre extrem schwierig, zerstörte Satelliten zu ersetzen.

Vorstöße zu weiteren rechtlich bindenden Übereinkünften zu militärischer Sicherheit im Weltraum gab es in der Vergangenheit durchaus, aber keiner war bislang erfolgreich. So scheiterte z. B. die Diskussion verschiedener Vorschläge in der CD an der Zerstrittenheit der Mitglieder über ein Arbeitsprogramm (Samson und Weeden 2020, S. 8). Immerhin verabschiedete die Vollversammlung der VN im November 2019 eine Resolution, die sich gegen eine Erststationierung von Waffen im Weltraum wandte (Vereinte Nationen 2019).

5 Fazit und Ausblick

Hieß es in der letzten Auflage des Handbuchs als Fazit noch, zumindest Teilbereiche der Rüstungskontrolle stünden so schlecht nicht da, ist das Urteil diesmal harscher: Gerade in der zweiten Hälfte der 2010er-Jahre, vor allem während der Präsidentschaft von Donald Trump, erlebte die Rüstungskontrolle beispiellose Rückschläge. Es wäre aber zu einfach, alle diese Entwicklungen auf die Abneigung Trumps und seiner Gefolgsleute gegen internationale Kooperation und multilaterale Lösungen zu schieben. Schon vor Trump hatten sich seit den späten 2000er-Jahren die Beziehungen zwischen Russland und dem Westen verschlechtert, um seit der Annektion der Krim und dem Konflikt im Donbas auf einem Tiefpunkt angelangt zu sein. Im Zuge dieser verschlechterten Beziehungen fielen kleine Verstöße aller Akteure gegen bestehende Rüstungskontrollregime zunehmend stark ins Gewicht. Im Open Skies Treaty hatte es z. B. auch in der Vergangenheit immer wieder objektive Verstöße gegeben, die aber gegenüber den Vorteilen des Gesamtregimes Petitessen darstellten. In Zeiten der Anspannung scheinen die Akteure aber zunehmend weniger geneigt, über solche Probleme hinwegzusehen.

Ein weiteres Problem stellt die Überfrachtung der Rüstungskontrolle mit Erwartungen dar, an denen sie scheitern muss. Für jeden Neustart der Rüstungskontrolle gilt es, auf die jeweiligen feldspezifischen Rahmenbedingungen zu achten und realistische Erwartungen zu formulieren. Denn sowohl die Felder der Rüstungskontrolle als auch die zur Verfügung stehenden Instrumente haben sich seit dem Ende des Ost-West-Konfliktes ausdifferenziert. Es ist deshalb genau zu schauen, für welches Problem welches Instrument am besten geeignet ist, um das bestmögliche Rüstungskontrollergebnis zu erreichen (vgl. auch Meier 2014b, S. 41–42).

Schaut man dennoch weit zurück, ist festzuhalten, dass Rüstungskontrolle seit 1990 multilateraler und universeller geworden ist. Die Stabilisierung von Staaten- oder Allianzbeziehungen – und damit die Kriegsverhütung – steht kaum noch im Zentrum der Überlegungen. In vielen Bereichen konnte sogar echte Abrüstung vereinbart werden. Dass inzwischen fast alle Staaten Mitglieder in Regimen sind, die Massenvernichtungswaffen verbieten, ist sicher ein qualitativer Sprung gegenüber der Zeit vor 1990. Der Landminenkonvention und dem Osloer Übereinkommen sind zwar (noch) nicht alle maßgeblichen Akteure beigetreten, trotzdem ist es für Nichtmitglieder sehr schwer geworden, sich der normativen Kraft der Regime zu entziehen (Meier 2014b, S. 45). Generell werden die Diskussionen immer stärker von humanitären, rechtlichen und ethischen Aspekte dominiert; die Diskussionen um den AVV und letale autonome Waffensysteme sind berede Beispiele. Dies gibt nicht staatlichen Akteuren immer mehr Einflussmöglichkeiten, lässt aber Kriegsvermeidung und Sicherheit als zentrale Ziele der Rüstungskontrolle in den Hintergrund treten.

Gleichzeitig tun sich auch neue Spannungen auf. Gerade im Bereich der zivilen Nutzung von dual-use Gütern fühlen sich Staaten, die noch nicht über die Technologien verfügen, durch Nichtverbreitungsmaßnahmen in ihrer Entwicklung gehindert. Dies ist in einigen Bereichen nachvollziehbar, da es zentralen Gerechtigkeitsvorstellungen widerspricht (Müller 2013, S. 340–344) und Zeichen von Misstrauen ist. Werden solche Regelungen als illegitim aufgefasst, ist ihr Erfolg fraglich (Daase und Meier 2013, S. 237).

In den letzten Jahren hat die Frage, wie man mit der (potenziellen) Gefahr des Regelbruchs umgehen soll, ebenfalls an Bedeutung gewonnen (Daase und Meier 2013, S. 235). Vor allem die Regime zur Kontrolle von Massenvernichtungswaffen wurden von einigen Akteuren als nicht ausreichend empfunden, um eine Verbreitung dieser Waffen zu unterbinden. Risiken, die vorher als akzeptabel angesehen wurden, wurden neu bewertet und es kam zu neuen Initiativen außerhalb der eigentlich zuständigen Regime.

Auch wenn mit Sanktionen und militärischer Druck durchaus einzelne Erfolge erzielt werden konnten (Syrien, Iran), gilt es immer zu prüfen, ob solche Maßnahmen eine berechtigte bzw. legitime Reaktion auf einen Regelbruch sind und im konkreten Fall eine völkerrechtliche Grundlage haben. Christopher Daase und Oliver Meier warnen deshalb davor, Zwangsmaßnahmen nur „for the sake of doing something“ (Daase und Meier 2013, S. 236) einzusetzen.

Ein Aspekt, der Rüstungskontrolle in allen Feldern in der Zukunft stark herausfordern wird, ist die rapide gestiegene Geschwindigkeit des technologischen Fortschritts. Dies ist besonders im Bereich der konventionellen Rüstungskontrolle evident, wo die umfangreiche Einführung von Informationstechnologie und zunehmende Vernetzung von Waffen zu komplexen Waffensystemen klassische Gleichgewichtskonzepte, wie sie z. B. dem KSE-Vertrag zugrunde lagen, zunehmend ins Leere greifen lässt, gilt aber ebenso für die Bereiche Bio- und Chemiewaffen (Müller 2013, S. 237). Mit dieser steigenden Bedeutung von Qualität werden quantitative Beurteilungen obsolet, Instabilitäten verschäft, und Verifikation erheblich erschwert (vgl. z. B. Müller und Schörnig 2001; Altmann und Sauer 2017). Dies gilt insbesondere für den aufkommenden Cyber-Bereich. Wenn aber stabile Gleichgewichte kaum zu identifizieren sind und Abrüstungsmaßnahmen sehr schwer verifiziert werden können, gibt es als Alternative zu einem Rüstungskontrollvertrag nur die Lösung, allgemeine, starke und möglichst breit getragene stigmatisierende bzw. tabuisierende Normen zu etablieren, die die Akteure in ihrem Handeln einschränken (so auch Meier 2014b, S. 46). Parallel kann verstärkter Dialog, Transparenz und Vertrauensbildung auf Angst basierte Überreaktionen verhindern. Hier die Rüstungskontrolle mit übertriebenen Anforderungen zu überfrachten, wäre zurzeit kontraproduktiv. Die Probleme, die sich aus qualitativer Aufrüstung ergeben, bedeuten aber nicht, dass man die klassische quantitative und relativ leicht mit VBM zu unterstützende Rüstungskontrolle ad acta legen muss. Beispielsweise in Afrika und Asien könnte klassische quantitative Rüstungskontrolle nach Vorbild des KSE-Vertrages sicher einen wichtigen Beitrag zur Entschleunigung regionaler Rüstungsspiralen leisten und stabilisierend wirken.

Damit wird ein letzter wichtiger Punktangesprochen: regionale Rüstungskontrolle jenseits des Westens. Dies gilt sowohl für Afrika, als auch für den indo-pazifischen Raum. Gerade im weiteren Indo-Pazifik befinden sich, je nach Zählung, sechs Nuklearwaffenstaaten (China, USA, Russland, Indien, Pakistan, Nord-Korea) aufeinandertreffen und die Rivalität zwischen den USA und China auch über die Präsidentschaft Trumps erhalten hat, sind Rüstungskontrollinstrumente praktisch nicht vorhanden. Immerhin konnten über die ASEAN erste vertrauensbildende Maßnahmen im Cyberbereich etabliert werden.

In der Summe ist festzuhalten: Rüstungskontrolle ist nicht obsolet, allerdings stoßen klassische Ansätze an Grenzen, sind nicht mehr zeitgemäß, oder unerwünscht. Stattdessen ist Kreativität gefragt. Welche Art der Rüstungskontrolle ist unter spezifischen Bedingungen umsetzbar und sinnvoll, welche unrealistisch und vielleicht sogar kontraproduktiv? Rüstungskontrolle muss sich auch mit den neuen Anforderungen wandeln – was sie, das sollte deutlich geworden sein – auch tut, allerdings nicht immer so schnell oder mit der Effektivität, wie es einigen Akteuren lieb wäre.