Barfußgehen ist nicht nur ein Trend, sondern fördert auf natürliche Weise die Gesundheit der Füße und des gesamten Körpers. Regelmäßiges Gehen ohne Schuhe kräftigt die Muskulatur, verbessert die Haltung und regt die Durchblutung an. Mit unseren Tipps können auch Einsteiger das Barfußgehen sicher in ihren Alltag integrieren.
Rund jeder zweite Deutsche leidet unter schmerzhaften Fußproblemen wie Gelenkproblemen, Hallux valgus, Hammerzehen, Fersensporn, Fußpilz oder eingewachsenen Zehennägeln. Besonders betroffen sind Menschen über 60 Jahre, von denen nur etwa 20% mit ihren Füßen zufrieden sind. Der Hauptgrund für diese Beschwerden liegt im ständigen Tragen von Schuhen.
Dabei ist der menschliche Fuß von Natur aus perfekt ans Barfußlaufen angepasst. Schließlich gehen Menschenaffen seit rund 6 Millionen Jahren aufrecht – und das komplett ohne Schuhe. Erst vor etwa 40.000 Jahren begannen unsere Vorfahren, Schuhwerk zu tragen, zunächst ausschließlich zum Schutz vor Verletzungen und Kälte.
Kinder werde mit gesunden Füßen geboren und haben praktisch nie Probleme, barfuß zu laufen. Viele Erwachsene tun sich damit schwerer, da ihre Füße durch jahrelanges Tragen von Schuhen verweichlicht sind. Doch regelmäßiges Barfußgehen ist nachweislich sehr gesund für die Füße und den gesamten Körper. Zahlreiche wissenschaftliche Studien belegen die positiven Effekte.
In diesem Artikel zeigt Ihnen Cardiopraxis®, welche gesundheitlichen Vorteile das Barfußlaufen mit sich bringt und worauf Sie dabei achten sollten. Lassen Sie Ihre Füße öfter frei und profitieren Sie von diesem natürlichen Trainingseffekt für Muskeln, Gelenke und Bänder. Mit unseren praktischen Tipps können Sie das Barfußgehen sicher in Ihren Alltag integrieren.
Was sind die Nachteile von konventionellen Schuhen?
Wir kennen verschiedene Arten von Schuhen wie Sneaker, Lederschuhe, High Heels und so weiter. Allen gemeinsam ist, dass sie den Fuß in seiner natürlichen Ausdehnung und Bewegung einschränken. Durch das Tragen von Schuhen kann es zu Fußdeformierungen kommen, zum Beispiel:
- Hallux valgus: Schiefstellung der Großzehe
- Hammerzehen: Verkrümmung der Zehen erhöht Belastung der Zehengrundgelenke
- Spreizfuß: Abflachung des Fußquergewölbes mit Überlastung des Mittelfußes
- Hohlfuß: Überhöhung des Fußlängsgewölbes mit Überlastung des Rückfußes
Allen Deformierungen gemeinsam ist, dass sie das Risiko für eine Arthrose, einer degenerative Gelenkerkrankung erhöht, bei der es zu einem fortschreitenden Abbau des Gelenkknorpels kommt.
Eine zu starke Abfederung durch dicke Schuhsohlen verleitet dazu, mit der Hacke aufzutreten, anstatt abzurollen. Die stoßartige Belastung pflanzt sich bis in die Halswirbelsäule fort und erhöht das Risiko für Gelenkschäden. Absätze verstärken die Fehlbelastung zusätzlich.
Durch das feuchtwarme Milieu in Schuhen haben Fußpilze leichtes Spiel. Einrisse in der aufgeweichten Haut begünstigen zusätzlich bakterielle Infektionen.
Vorteile des Barfußgehens für Ihre Gesundheit
Barfußgehen ist ein natürliches Ganzkörpertraining. Es stärkt die Muskulatur von den Füßen bis hoch zum Kopf. Durch die bessere Durchblutung der Füße frieren diese seltener – das Risiko für eine Polyneuropathie sinkt. Die intensivere Beanspruchung der Gelenke verbessert die Ernährung des Knorpelgewebes und beugt Arthrose vor.
Auch Fersensporn, eine Entzündung im Bereich der Ferse und Plantarfasziitis, eine Entzündung der großen Fußsohlensehne werden verhindert. Plantarfasziitis und Fersensporn hängen oft mit einer schwachen Fußmuskulatur zusammen. Durch die geringe muskuläre Grundspannung flacht das Fußgewölbe ab. Die Sehne der Fußsohle wird überlastet, es kommt zu schmerzhaften Mikrotraumen und Entzündungen. Barfußgehen trainiert die Fußmuskulatur und beugt diesen schmerzhaften und langwierigen Fußerkrankungen vor.
Weitere Vorteile des Barfußgehens sind:
- Verbesserung der Propriozeption (Tiefensensibilität)
- Stärkung der Beinachse
- Ökonomisierung des Gangbildes
- Stressabbau durch Erdung
Gegenanzeigen fürs Barfußgehen – Wann sollten Sie nicht barfuß gehen
Nicht jeder sollte im Freien barfuß gehen. Vorsicht ist geboten bei:
- Medikation zur Unterdrückung des Immunsystems, zum Beispiel durch Kortison
- Erkrankungen, die das Immunsystem schwächen, z.B. Diabetes mellitus
- Akuten oder chronischen Entzündungen
- Polyneuropathie mit Sensibilitätsstörungen
Natürliches Gehen – der natürliche Barfußgang
Wenn Sie barfuß gehen, dann gehen Sie in der Regel automatisch richtig. Kennzeichen des Barfußgangs sind:
- Der Oberkörper ist leicht nach vorne geneigt und in Vorspannung.
- Das Schwungbein wird aus der Hüfte nach vorne geführt, das Knie ist nur leicht gebeugt.
- Der Schritt ist eher kurz.
- Der Schwungfuß setzt mit Vorspannung in der Mitte der Ferse oder weiter zehenwärts auf – niemals mit der Hacke!
Wie fange ich mit dem Barfußgehen an?
Gewöhnen Sie sich langsam ans Barfußgehen. Beginnen Sie damit, zu Hause öfter barfuß zu gehen. Für draußen eignen sich zunächst spezielle Barfußschuhe mit dünner, flexibler Sohle (4-8 mm). So haben Sie noch etwas Schutz, aber guten Bodenkontakt. Steigern Sie die Schrittzahl langsam auf 4.000 bis 10.000 pro Tag.
Ideal ist es, im Urlaub mit dem Barfußgehen im Freien zu starten, zum Beispiel am Sandstrand oder auf einer Wiese. Beginnen Sie mit kurzen Strecken unter 500 m und steigern Sie sich langsam. Später können Sie auch auf härteren Untergründen wie Asphalt barfuß gehen.
Kontrollieren Sie den Untergrund immer mit den Augen, um Verletzungen zu vermeiden – barfuß gehen Sie am besten nur bei Tageslicht. Gerade am Anfang sollten Sie auch nicht barfuß laufen, wenn Sie müde sind, da Sie so leicht die Kontrolle verlieren.
Starten Sie mit 1-3 Barfuß-Einheiten pro Woche.
Außentemperaturen und Barfußgehen – Sie werden staunen, wie warm Ihre Füße sind
Barfußgehen ist bis 5°C Außentemperatur möglich, solange Sie sich ausreichend bewegen und die Durchblutung anregen. Mit Barfußsandalen (4 mm Sohle) können Sie problemlos sogar bis -10°C gehen; eine lange Unterhosen sollten Sie dann aber tragen. Regen und Wind verschärfen die Bedingungen allerdings.
Bei großer Hitze sollten Sie auf Barfußgehen auf Sand oder Asphalt verzichten. Hier drohen Verbrennungen der Fußsohlen.
Wie gewöhnt sich Fuß und Körper an das Barfußgehen?
Haut, Sehnen, Muskeln und Gelenke der Füße müssen sich erst an die neuen Belastungen anpassen. Das kann Wochen bis Monate dauern, auch bei täglichem Training. Entscheidende Faktoren sind dabei:
- Alter: Kinder haben meist von Anfang an keine Probleme, ältere Menschen müssen langsamer aufbauen
- Gewicht: Übergewichtige brauchen eine besonders starke Fußmuskulatur, auch sie müssen langsamer aufbauen
- Zustand der Fußsohlenhaut: Die Hornhaut als natürlicher Schutz muss sich erst ausbilden
- Allgemeine Fitness: Ein Ganzkörper-Fitnessprogramm, zum Beispiel isometrisches Muskeltraining, unterstützt die Anpassung
Gerade am Anfang sind Schmerzen in den Mittelfußknochen unter den Vorfußballen (Metatarsalgie) nicht ungewöhnlich. Das dortige Fettgewebe fungiert als Stoßdämpfer.
Das Fettgewebe baut sich entgegen langläufiger Meinung durch Barfußgehen mit der Zeit wieder auf, auch bei älteren Menschen über 60. Haben Sie Geduld – der Prozess kann 12-24 Monate dauern. Der Wechsel zwischen Barfußschuhen und reinem Barfußgehen hilft bei einer langsamen Eingewöhnungszeit und verhindert eine Metatarsalgie.
Mit der Zeit baut sich die Fußmuskulatur auf und die Wölbung des Fußgewölbes nimmt zu, was mit einer Verringerung um etwa eine Schuhgröße verbunden ist. Dadurch, dass Sie dem Fuß mehr natürlichen Raum geben, wird der Vorfuß breiter.
Barfußgehen im Alltag
Nicht nur in der Freizeit, sondern auch im Alltag sollten Sie so viel wie möglich barfuß gehen. Selbstverständlich ist das nicht jedermanns Sache, soziale Konventionen, eingeschränktes Selbstvertrauen, modische Vorlieben und Eitelkeiten sind Hinderungsgründe im Alltag barfuß zu gehen.
Mit der Zeit werden Sie aber erkennen, wie gut Ihnen das Barfußgehen tut und Sie werden mit zunehmendem Selbstvertrauen in der Gewissheit barfuß gehen, dass Sie auf der richtigen Seite der Gesundheit gehen. Nicht zuletzt stellt sich ein Gefühl der Überlegenheit, manchmal auch des Mitleids gegenüber Menschen ein, die sich mit Fußproblemen einschließlich Fußpilz in ihren Schuhen quälen.
Durch Barfußgehen sind Sie einfach der glücklichere Mensch. Gerade Menschen, die einmal einen Fersensporn oder eine Plantarfasziitis durch Barfußgehen nachhaltig überwunden haben, wissen das.
Selbstverständlich können Sie nicht in allen Alltagssituationen barfuß gehen. Zum Beispiel, wenn Sie in einer dicht gedrängten Menschenmenge gehen, auf einer Baustelle arbeiten oder Fahrrad beziehungsweise Motorrad fahren, dann sollten Sie auf jeden Fall Barfußschuhe beziehungsweise Sicherheitsschuhe tragen.
Grundsätzlich gilt, dass Sie weder dogmatisch barfuß gehen noch ausschließlich mit Schuhen gehen sollten. Passen Sie sich der jeweiligen Lebenssituation an; gesunder Menschenverstand hilft.
Fußpflege bei regelmäßigem Barfußgehen
Wie alle Primaten sollten auch Sie Ihre Füße regelmäßig pflegen:
- Abends Füße gründlich waschen und auf Wunden kontrollieren
- 1-2x pro Woche überschüssige Hornhaut mit einem Bimsstein abtragen. Hornhaut ist ein sinnvoller Schutz, aber zu viel davon neigt zum Einreißen. Gehen Sie behutsam vor und belassen Sie so viel Hornhaut wie möglich.
- 1-2x pro Woche Füße mit einer reichhaltigen Feuchtigkeitscreme verwöhnen, zum Beispiel Neutrogena Fußcreme, O’Keefe’s Foot Cream oder Shea Butter. Reine Fettcremes oder Präparate mit Urea sind ungeeignet, da sie die Haut austrocknen beziehungsweise die Hornhaut zu stark ausdünnen.
Risiken des Barfußgehens
Die Hauptrisiken beim Barfußgehen sind Verletzungen durch scharfe Gegenstände oder extreme Temperaturen. Kontrollieren Sie den Untergrund daher immer mit den Augen. Gehen Sie gerade am Anfang langsamer und vorsichtig, damit Sie rechtzeitig reagieren können.
Passen Sie Streckenlänge und -beschaffenheit an Ihr Fitnesslevel an. Übergewichtige und Untrainierte sind anfälliger für Überlastungsschäden an Haut, Sehnen und Gelenken. Achten Sie besonders auf eine saubere und nicht übertriebene Abrolltechnik, um die empfindlichen Fersen und Vorfußballen zu schonen. Das bedeutet, dass Sie weder auf die Ferse noch auf dem Vorfuß punktuell ein zu großes Gewicht mit zu langer Kontaktzeit legen.
Wundpflege bei Verletzungen an den Füßen
Verletzungen an den Füßen treten auch bei ganzjährigen Barfußgehen eher selten auf, zum Beispiel 1-2-mal im Jahr. Aber Verletzungen können beim Barfußgehen vorkommen und Sie sollten mit einem häuslichen Wundpflegeset vorbereitet sein.
Fußwunden heilen langsamer als an anderen Körperstellen und neigen eher zu Infektionen. Behandeln Sie Fußwunden daher immer sofort:
- Reinigen Sie die Wunde mit handwarmem Wasser und einer weichen Bürste, zum Beispiel einer Zahnbürste.
- Desinfizieren Sie großflächig mit Wasserstoffperoxid (H2O2) oder einem alkoholischen Desinfektionsmittel wie Ypsilin. Schleimhautkontakt vermeiden!
- Tragen Sie eine antibiotische Salbe auf, am besten Furacin-Sol 0,2% (rezeptpflichtig).
- Verbinden Sie die Wunde mit einem Pflaster und schonen Sie den Fuß.
- Kontrollieren Sie die Wunde alle 12-24h und wechseln Sie den Verband.
- Suchen Sie bei fehlender Heilung oder Anzeichen einer Infektion (Rötung, Schwellung, Schmerz) spätestens am Folgetag einen Chirurgen auf.
Tiefe, stark schmerzende oder geschwollene Wunden gehören immer sofort in ärztliche Behandlung. Im Zweifel lieber einmal zu viel zum Chirurgen gehen!
Barfußgehen – Auf der richtigen Seite der Gesundheit gehen!
Regelmäßiges Barfußgehen stärkt die Füße und fördert die Gesundheit des ganzen Bewegungsapparates. Es trainiert die Muskulatur, verbessert die Durchblutung, beugt Überlastungsschäden und Deformationen vor.
Gewöhnen Sie sich langsam daran und pflegen Sie Ihre Füße regelmäßig. Schützen Sie sich vor Verletzungen, indem Sie den Untergrund mit den Augen kontrollieren. Bei Wunden zählt sofortige und sorgfältige Behandlung. Die Cardiopraxis® wünscht Ihnen viel Freude beim gesunden Barfußgehen!
Literatur
- Altman AR, Davis IS. Barefoot running: biomechanics and implications for running injuries. Curr Sports Med Rep 2012;11(5):244-50.
- Altman N. Early hominins may have been weed species. Proc Natl Acad Sci U S A 2021;118(13):e2101279118.
- Almécija S et al. Fossil apes and human evolution. Science 2021;372(6542):eabb4363.
- Bates KT et al. The evolution of compliance in the human lateral mid-foot. Proc R Soc B Biol Sci. 2013;280:20131818.
- Bonacci J et al. Running in a minimalist and lightweight shoe is not the same as running barefoot: a biomechanical study. Br J Sports Med 2013;47(6):387-92.
- Daoud AI et al. Foot strike and injury rates in endurance runners: a retrospective study. Med Sci Sports Exerc 2012;44(7):1325-34.
- Davis IS. The re-emergence of the minimal running shoe. J Orthop Sports Phys Ther 2014;44(10):775-84.
- Hollander K et al. Adaptation of Running Biomechanics to Repeated Barefoot Running: A Randomized Controlled Study. Am J Sports Med 2019;47(8):1975-1983.
- Holowka NB et al. Chimpanzee and human midfoot motion during bipedal walking and the evolution of the longitudinal arch of the foot. J Hum Evol 2018;104:23-31.
- Holowka NB et al. Foot callus thickness does not trade off protection for tactile sensitivity during walking. Nature. 2019;571:493-7.
- Lieberman DE et al. Foot strike patterns and collision forces in habitually barefoot versus shod runners. Nature 2010;463(7280):531-5.
- Lieberman DE. What We Can Learn About Running from Barefoot Running: An Evolutionary Medical Perspective. Exerc Sport Sci Rev 2012;40(2):63-72.
- Perkins KP et al. The Risks and Benefits of Running Barefoot or in Minimalist Shoes: A Systematic Review. Sports Health 2014;6(6):475-480.
- Pontzer H et al. Foot strike patterns and hind limb joint angles during running in Hadza hunter-gatherers. J Sport Health Sci 2014;3(2):95-101.
- Ridge ST et al. Walking in Minimalist Shoes Is Effective for Strengthening Foot Muscles. Med Sci Sports Exerc 2019;51(1):104-113.
- Roca-Dols A et al. Effect of a Training Program on Foot Health in Barefoot Runners: A Quasi-Experimental Study. Int J Environ Res Public Health 2021;18(12):6605.
- Sichting F et al. Effect of the upward curvature of toe springs on walking biomechanics in humans. Sci Rep 2020;10(1):14643.
- Sinclair J et al. The influence of barefoot and barefoot-inspired footwear on the kinetics and kinematics of running in comparison to conventional running shoes. Footwear Science 2016;8(2):95-105.
- Squadrone R et al. Effect of a 5-Minute Warm-Up Performed in Bare Feet on Chronic Plantar Fasciitis Pain: A Randomized Controlled Trial. J Orthop Sports Phys Ther 2021;51(6):293-301.
- Tam N et al. Barefoot running: an evaluation of current hypothesis, future research, and clinical applications. Br J Sports Med 2014;48(5):349-55.
- Warne JP et al. A 4-week instructed minimalist running transition and gait-retraining changes plantar pressure and force. Scand J Med Sci Sports 2014;24(6):964-73.
- Warne JP et al. Effects of a minimalist shoe on running economy and 5-km running performance. J Sports Sci 2016;34(18):1740-5.
- Wilkinson M et al. Effects of a progressive 12-week barefoot running programme on footstrike modality, pressure variables and loading rates. BMJ Open Sport Exerc Med 2020;6(1):e000767.
- Willems C et al. The long-distance running hypothesis revisited: a reply to Pickering and Bunn (2007). J Hum Evol 2021;158:103043.