Mittelalter: Deutsche Ritter trugen moderne Plattenpanzer – mit einer Schwachstelle - WELT
WELTGo!
Journalismus neu erleben und produktiver werden
Ihr Assistent Journalismus neu erleben und produktiver werden
WELTGO! ENTDECKEN
  1. Home
  2. Geschichte
  3. Kopf des Tages
  4. Mittelalter: Deutsche Ritter trugen moderne Plattenpanzer – mit einer Schwachstelle

Kopf des Tages Untergang der Staufer

Die deutschen Ritter trugen moderne Plattenpanzer. Aber es gab eine Schwachstelle

Um die Herrschaft des Staufers Manfred über Sizilien zu brechen, holte der Papst den Franzosen Karl von Anjou 1266 nach Italien. Bei Benevent trafen die Heere aufeinander. Die deutsche Elitereiterei schien unüberwindlich.
Charles I of Anjou over the body of Manfred after the Battle of Benevento on February 26, 1266, 1838. Found in the collection of Österreichische Galerie Belvedere, Vienna. (© Fine Art Images/Heritage Images) Charles I of Anjou over the body of Manfred after the Battle of Benevento on February 26, 1266, 1838. Found in the collection of Österreichische Galerie Belvedere, Vienna. (© Fine Art Images/Heritage Images)
26. Februar 1266: Der Staufer Manfred (geb. 1232) verliert gegen Karl von Anjou bei Benevent
Quelle: picture alliance / © Fine Art I
Hier können Sie unsere WELT-Podcasts hören
Um eingebettete Inhalte anzuzeigen, ist deine widerrufliche Einwilligung in die Übermittlung und Verarbeitung von personenbezogenen Daten notwendig, da die Anbieter der eingebetteten Inhalte als Drittanbieter diese Einwilligung verlangen [In diesem Zusammenhang können auch Nutzungsprofile (u.a. auf Basis von Cookie-IDs) gebildet und angereichert werden, auch außerhalb des EWR]. Indem du den Schalter auf „an“ stellst, stimmst du diesen (jederzeit widerruflich) zu. Dies umfasst auch deine Einwilligung in die Übermittlung bestimmter personenbezogener Daten in Drittländer, u.a. die USA, nach Art. 49 (1) (a) DSGVO. Mehr Informationen dazu findest du hier. Du kannst deine Einwilligung jederzeit über den Schalter und über Privatsphäre am Seitenende widerrufen.

Es soll echte Liebe gewesen sein, doch können auch handfeste politische Motive den Staufer-Kaiser Friedrich II. 1250 bewogen haben, noch auf dem Sterbebett seine Geliebte Bianca Lancia zu heiraten. Denn damit knüpfte er einmal mehr das Band zu ihrer einflussreichen sizilianischen Familie, zum anderen legitimierte er beider Kinder, von denen es hieß, dass der Zweitgeborene Manfred (1232–1266) sein Lieblingssohn gewesen sei.

Der teilte mit seinem Vater die Leidenschaft für die Falkenjagd und die Philosophie und soll von einer „Schar ehrwürdiger Gelehrter“ am kaiserlichen Hof unterrichtet worden zu sein. Das letzte Testament Friedrichs machte ihn zum Herzog von Tarent und zum dritten in der Erbfolge des Königreichs von Sizilien. Die Krone erbte Konrad (IV.), der seit 1237 als König des Heiligen Römischen Reiches amtierte. Daher übernahm Manfred die Reichsverweserschaft in Süditalien.

"Manfred Ier de Sicile (Manfredi di Hohenstaufen, Manfredi di Svevia, Manfredi di Sicilia) (1232-1266) accuse du meurtre de Borello d'Anglona arrive aux portes de la ville musulmane de Lucera dans les Pouilles, italie, 1254" (Manfred, son of Frederick II accused of murder of Borello d'Anglona, arrives in Lucera, muslim city in region of Apulia, 1254) Illustration de Tancredi Scarpelli (1866-1937) tiree de "Storia d'Italia" (Histoire-d'Italie) de Paolo Giudici, 1930 Collection privee ©Isadora/Leemage
Manfred von Hohenstaufen, Reichsverweser und König von Sizilien
Quelle: picture alliance / Isadora/Leema

Aber nur auf Zeit. Denn nach dem Tod des Kaisers, der von Papst Gregor IX., exkommuniziert worden war, war die Stellung Konrads im Reich unhaltbar geworden, sodass er sich entschloss, sein sizilianisches Erbe anzutreten. Konrad aber starb unvermutet früh, sodass Manfred erneut Verweser wurde, diesmal für seinen Neffen Konradin. In dessen Namen verzichtete er auf die Königskrone im Reich und machte sich 1258 selbst zum König von Sizilien. Damit brach der alte Konflikt zwischen Staufern und dem Papsttum erneut aus, denn Manfred weigerte sich, Clemens IV. als seinen Lehnsherrn anzuerkennen.

Damit ging der Konkurrenzkampf der beiden mittelalterlichen Universalmächte in eine neue Runde. Zunächst konnte Manfred mehrere Siege über die Verbündeten des Papstes erringen. Aber als Clemens 1265 Karl von Anjou mit Sizilien belehnte, drohte ein Kampf auf Leben und Tod. Denn Karl war nicht einfach ein ehrgeiziger Abenteurer, sondern auch der jüngste Bruder Ludwigs IX. von Frankreich, der damit nicht nur über großes Prestige, sondern auch erhebliche Mittel verfügte. Umgehend rüstete Karl ein Heer aus und zog im Winter 1265/66 über die Alpen. Der Papst öffnete ihm die Tore Roms und legitimierte Karls Unternehmen als Feldzug gegen die Staufer.

Neapel, Palazzo Reale (begonnen um 1600, 1837 – 1841 wiederhergestellt), Frontfassade, Statue des Königs Karl von Anjou (1888). am Golf von Neapel (Italien, Kampanien). Neapel, Kampanien, Italien
Karl von Anjou (1227–1285), Bruder Ludwigs IX. von Frankreich
Quelle: picture alliance / akg / Bildarc

Dass der Papst die Schätze aus Roms Kirchen als Sicherheiten stellte, um bei Bankiers 50.000 Pfund für seinen neuen Lehnsmann aufzunehmen, hing allerdings nicht nur mit Rangstreitigkeiten zusammen. Mit Karls Vorstoß hoffte Clemens, endlich aus der Umklammerung zwischen den stauferfreundlichen Städten im Norden und dem Staufer-Reich im Süden Italiens befreit zu werden.

Am 26. Februar 1266 trafen die Heere bei Benevent, gut 60 Kilometer nordöstlich von Neapel, aufeinander. Manfred hatte zunächst darauf gesetzt, dass seine Anhänger im Norden Karls Anmarsch stoppen würden. Im Übrigen vertraute er auf die Kampfkraft seiner deutschen Ritter und der leichten sarazenischen Reiterei. Auf die Verstärkungen, die sein Neffe Konrad anführte, mochte er nicht warten. Die Leichtigkeit, mit der sich zahlreiche Burgen und Städte den Franzosen ergeben hatten, ließ ihn doch sehr an der Loyalität seiner italienischen Untertanen zweifeln.

2-G58-Z1-1290-1 (863270) 'Tour Ferrande' Pernes-les-Fontaines (Dép.Vaucluse, Provence, Frankreich), Turm 'Tour Ferrande' (12.Jh). - Ritter im Zweikampf während der Eroberung Neapels und Siziliens durch Karl I. von Anjou nach dessen Belehnung durch Papst Clemens IV. - Wandmalerei, französisch, 4.Viertel 13.Jahrhundert.
Ritterlicher Zweikampf, Darstellung aus der 2. Hälfte des 13. Jahrhunderts
Quelle: picture alliance / akg-images

Manfred postierte die berittenen Bogenschützen der Sarazenen in vorderster Linie. Dahinter zogen die 1200 deutschen Ritter auf guten Pferden und in neumodischen Plattenpanzern auf. Darauf folgten berittene italienische Söldner und weitere Sarazenen. Manfred selbst blieb bei den italienischen Adligen, die nicht umsonst die Reserve bildeten. Wem ihre Treue am Ende gelten würde, war zweifelhaft.

Auch Karl teilte seine Kavallerie in drei Treffen auf, vor denen er zahlreiche Armbrustschützen in Stellung brachte. Wie wohl auch bei Manfred bildete das nur schwach bewaffnete Fußvolk die Nachhut. Beide Heere mögen etwa 4000 Mann umfasst haben, doch hatte der Franzose den Vorteil, dass seine Truppe einheitlicher und zuverlässiger als die von Manfred war, schreibt der britische Historiker Steven Runciman.

Wie in so vielen Schlachten des Mittelalters ließen es die Ritter an Disziplin fehlen und griffen, ihrem Kriegerethos gemäß, umgehend an, sobald der Gegner sich formiert hatte. So gerieten Manfreds Sarazenen und Karls Provençalen vorschnell in ein Gefecht, in das sich umgehend die deutschen Ritter stürzten. Diese schienen in ihren neuen Panzern unüberwindlich. Bis die Franzosen erkannten, dass ihre Achselhöhlen, wenn sie die Arme zum Schlag erhoben, ungeschützt waren. „Die Franzosen drangen jetzt in so fest geschlossenen Massen mitten zwischen die Deutschen, dass die deutschen Langschwerter unverwendbar wurden, während die kurzen, scharfen Dolche der Franzosen ihr Ziel trafen“, schreibt Runciman.

Anzeige

Manfreds Reiter waren vorgeprescht, bevor die nachfolgenden Treffen ihren Aufmarsch abgeschlossen hatten. Daher kamen seine Italiener zu spät, während Karls Hauptmacht die besten Soldaten des Staufers einschloss. Auch Manfreds Reserve hing zu weit zurück. Sein Gros floh. Allein Manfred warf sich mit seiner Leibgarde in den Kampf, in dem er bald tödlich getroffen wurde. Von den 3600 Berittenen des Staufers sollen nur 600 mit dem Leben davongekommen sein.

Dieser Artikel wurde erstmals im Februar 2022 veröffentlicht.

Mehr aus dem Web
Neues aus der Redaktion
Auch interessant
Mehr zum Thema