Die heutige Komplexität und die aktuelle Vielfalt von Werbung sind verbunden mit der generellen Geschichte der Medien und ihrer speziellen historischen Entwicklung auch als Träger von Werbung. Wie die Historie von Medien und Werbung zeigt, war und ist Werbekommunikation seit der ersten Beziehung zwischen Produzent und Konsument in der Antike gekennzeichnet von direkter und persönlicher wie indirekter und vermittelter Kommunikation. In der Entwicklung der Medien stellen technische Innovationen zugleich auch historische Milestones für die Werbekommunikation dar: Sie optimieren und intensivieren den absatznotwendigen Kontakt zwischen Anbietern und Abnehmern von Produkten und Dienstleistungen. Dabei haben neue Medien und Werbeträger keine bestehenden komplett substituiert, sondern ergänzt und damit zu der multimedialen Vielzahl von Werbeträgern und differenzierten Vielfalt werblicher Kommunikation geführt.

1 Etymologie von Kommunikation, Werbung, Reklame, Advertising und Promotion

Die etymologische Herkunft der zentralen Begrifflichkeiten der Werbekommunikation wie „Kommunikation“, „Werbung“ und „Reklame“ sowie der analogen englischen Termini „Advertising“ und „Promotion“ weisen sprachhistorisch auf den Fokus der jeweiligen Aktivität und ihres zielgerichteten Anliegens hin: mitteilen, Gemeinsamkeit herstellen, etwas bewegen, deutlich machen, laut rufen, sich bemerkbar machen und die Aufmerksamkeit auf etwas richten.

Kommunikation

Das deutsche Wort „Kommunikation“ entstammt den lateinischen Worten „communicatio“ (Substantiv: „Mitteilung“), „communicare“ (Verb: „mitteilen, eine Mitteilung machen, gemeinsam machen, vereinigen“) und „communis“ (Adjektiv: „gemeinsam, gemein“).

Werben/Werbung

Das Verb „werben“ (mittelhochdeutsch „werben, werven“, althochdeutsch „werban“) bedeutet ursprünglich „sich drehen, sich bewegen, sich umtun, bemühen“ und ist mit dem griechischen Wort „karpós“ (Handwurzel, Drehpunkt der Hand) verwandt (Heun, 2017; S. 2; Kalka, 2009, S. 17). An die Bedeutung des aktiven und dynamischen Bewegens und Drehens knüpft die Wortbildung des Substantivs „Werbung“ (mittelhochdeutsch „werbunge“) an – im Kern die heutige Bedeutung der Aufgabe von Werbekommunikation als im übertragenen Sinne Bewegung von Produkten, Dienstleistungen oder Angeboten (Luttermann, 2020, S. 25).

Reklame

Der Begriff „Reklame“ entstammt den lateinischen Worten „clamare“ (Verb: „schreien, laut rufen, zurufen, klar zeigen“) und „reclamatio“ (Substantiv: wiederholtes „Schreien“). Die Vorsilbe „re“ betont die Wiederholung der Aktivität des „Schreiens“ und „Klarzeigens“ oder laut „Zurufens“ (Kalka, 2009, S. 17).

Promotion

Der englische Fachbegriff „Promotion“ beschreibt „activities to advertise something“ und stammt ursprünglich vom lateinischen Verb „promovere“ („befördern, vorschieben, ans Licht bringen“) ab.

Advertising

Der englische Begriff für das deutsche Wort Werbung „Advertising“ umschreibt „the business of trying to persuade people to buy products or services“ und entstammt ebenfalls dem lateinischen Verb „advertere“ („hinsteuern, hinwenden, auf sich lenken, die Aufmerksamkeit richten auf, wahrnehmen, bemerken, erkennen“).

2 Phasen der Geschichte der Werbekommunikation

In der Analyse und Systematisierung der Geschichte der unternehmerischen Kommunikationspolitik, insbesondere der Werbekommunikation, lassen sich je nach wissenschaftlicher Perspektive und Art von Kriterien mehrere historische Entwicklungsphasen der Werbung differenzieren. In diesen Zeiträumen hat sich die Strategie von Werbungtreibenden und der Einsatz von Werbekommunikation den Bedürfnissen des Marktes und der technischen Möglichkeiten entsprechend verändert.

Je nach inhaltlicher und zeitlicher Perspektive starten aktuell vorliegende Zeitstrukturierungen der Historie der Webekommunikation erst im 18. bzw. 19. Jahrhundert und weisen sechs Phasen von 1850 bis 2000 bzw. heute (Heun, 2017, S. 3) oder sieben Phasen von 1950 bis 2010 bzw. „heute“ (Bruhn, 2014, S. 69; Bruhn, 2019, S. 15) aus. Unabhängig von der gerechtfertigten Differenziertheit und Vielfalt der in diesen Phasen aufgeführten charakteristischen Kriterien (z. B. „Zentrale Aufgabe der Kommunikationspolitik, Zentrales Kommunikationsobjekt, Bedeutung der Kommunikation im Marketingmix“) greifen diese Phasierungen zeitlich und inhaltlich zu kurz. Sie vernachlässigen die Aspekte, dass:

  • mit Beginn der Bildung von sozial-räumlichen Lokationen (z. B. Haus, Dorf, Stadt), der Entwicklung von „beruflichen“ Fähigkeiten (z. B. als Handwerker, Bauer, Händler) und der Entstehung von Handelsbeziehungen zwischen Anbieter und Abnehmer (z. B. durch Märkte, Messen) auch der Bedarf an Bewerbung des produzierten und zu handelnden Warenangebotes und an Umwerbung potenzieller Abnehmer entstand und Werbung ein historisch schon frühes Wirtschafts- und Kommunikationsphänomen darstellt,

  • auch vor dem 18./19. Jahrhundert technische Medienentwicklungen zeittypische Werbeträger und -formate entstehen ließen (z. B. Ausrufer, Flugblatt, Plakat) und

  • gesellschaftliche Bedürfnisse und individuelle Interessen und Fähigkeiten werbekommunikative Themen (z. B. Stellenangebote, -gesuche, Produktankündigungen) – und werbliche oder werbenahe Berufe (z. B. Marktschreier, Drucker, Annoncenexpediteur) – aufkommen ließen.

Eine werbehistorisch umfassendere Darstellung der Werbehistorie in neun Phasen – beginnend mit einem Startzeitpunkt etwa 800 v. Chr. bis 2020 bzw. heute – strukturiert sich wie in Abb. 2.1 dargestellt.

Abb. 2.1
figure 1

Historische Phasen der Werbung. (Quelle: Eigene Darstellung nach Bruhn, 2014, S. 69; Bruhn, 2019, S. 15; Heun, 2017, S. 3)

Neben der Veränderung politischer, gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Rahmenbedingungen markieren insbesondere die Entstehung von Medien und Technologien, die von Rezipienten und Konsumenten zur Information und Unterhaltung oder von Unternehmen als technische wie inhaltliche Kommunikationsträger für Werbung genutzt werden konnten, wichtige Wendepunkte und Milestones in der historischen und inhaltlichen Entwicklung von Werbekommunikation. Mit den in den jeweiligen Phasen neuen Werbeträgern und technologischen Möglichkeiten waren adressierte Kunden und Zielgruppen historisch zunehmend

  • zeitlich schneller,

  • geografisch weitreichender,

  • medial mehrkanaliger,

  • multimodal vielfältiger,

  • inhaltlich umfassender,

  • individueller und persönlicher,

  • direkter und unmittelbarer,

  • interaktiver, reaktiver und dialogischer,

  • inhaltlich differenzierter,

  • produktionskostensparender sowie

  • kommunikationskosteneffizienter

mit Werbung ansprechbar. Dementsprechend richtete sich Werbekommunikation strategisch und funktionell in den jeweiligen Zeiträumen neu aus. So wandelte sich Werbung

  • vom überwiegend durch das persönliche Gespräch des verkaufenden Warenanbieters („Produzent, Händler“) mit dem potenziellen Kunden am Handelsplatz und von einer Mund-zu-Mund-Propaganda mit geringer Reichweite nur im dörflichen Umfeld geprägten Kommunikation

  • über den Einsatz von gedruckten Medien, die sich nur Bildungseliten im Mittelalter leisten konnten, und die monologisch-unpersönliche, indirekte, aber reichweitenstarke Werbekommunikation mit Hilfe von Massenmedien in der Mitte des 19. Jahrhunderts hin

  • zu dialogischer, personalisierter, individueller und zunehmend programmatischer Werbung aufgrund von Digitalisierung in heutiger Zeit.

Werbungtreibende Unternehmen – und deren Dienstleister im Werbemarkt – stehen als Ergebnis historischer Entwicklung aktuell im Management der Werbekommunikation zunehmend vor einer mehrfachen Herausforderung:

  • Die sich stetig vervielfältigende Zahl von Medienkanälen als Werbeträger mit komplexen Steuerungs- und differenzierten Kontrollmöglichkeiten erfordert generelles Wissen über den Medien- und Kommunikationsmarkt, seine werberelevanten Charakteristika und kommunikationsstrategisch wichtigen Trends wie gleichzeitig tiefgehendes Spezial-Know-how in den jeweils sich immer mehr differenzierenden Werbekommunikationsdisziplinen.

  • Der seit den Ursprüngen von Werbung immer gesuchte Direktkontakt vom werbungtreibenden Unternehmen zum potenziellen Käufer erfordert seitens der Unternehmen zunehmend aufgrund der Geschwindigkeit von Kundenreaktionen (z. B. durch Reviews, Feedbacks, Reklamationen), der Komplexität der Kommunikation (z. B. Omnichannelmarketing, Partizipation, Cocreation) und der Dynamik der Dialoge (z. B. Chatbots, Voice Marketing, Mobile Marketing) entsprechend unternehmensintern Kapazität und Know-how im Management der Werbekommunikation.

  • In der Orchestrierung der unterschiedlichen Werbeträger und der differenzierten Werbebotschaften für unterschiedlich zusammengesetzte Werbezielgruppen gilt es, konsistent und authentisch Marken, Produkte oder Dienstleistungen zu kommunizieren, um ihre Identifizierbarkeit und Wiedererkennbarkeit im Markt für die adressierten Konsumenten zu gewährleisten.

3 Milestones in den Anfängen der Werbekommunikation

Bis zur Erfindung der Schrift (34.000 v. Chr. bis ins 3. Jahrtausend v. Chr.) waren Kommunikation und Werbung ausschließlich an Oralität und an piktographische Sprache gebunden: Das vermittelnde Medium zwischen Anbietern und Abnehmern von Waren und Leistungen war die mündliche Sprache. Um Informationen zu speichern und zu transportieren, dienten Steinwände und Tonvasen, Pergament und Papyrus (Giesecke, 2017, S. 58). Mit dem Aufkommen von Schrift (z. B. mesopotamische Keilschrift, ägyptische Hieroglyphen, chinesische Jiahu-Schrift) wurden Schrift und schriftliche Kommunikation nicht nur für private oder staatliche Kommunikation genutzt, sondern auch für werbliche Kommunikation im Handel der Antike. So veröffentlichten die römischen „acta diurna“ (auch „acta urbis“) als eine Art „protokollarische Akten des Tages“ aus Papyrus für die Bürger amtliche oder öffentlich relevante Informationen (z. B. Protokolle von Senatssitzungen, Chroniken, Ankündigungen). Treiber antiker Werbekommunikation waren Handwerker und Bauern als Produktproduzenten, die Interesse an direktem Absatz hatten und in der Regel am Produktionsort ihre Waren bewarben. Ebenso suchte der in der Antike aufkommende Handel, der seine von lokalen oder regionalen Herstellern eingekauften Produkte an Dritte verkaufen wollte, den Kontakt mit potenziellen Abnehmern (Pürer, 2015, S. 19).

So gab es schon bei Römern und Griechen „strategische“ – im Sinne von geplanter – Werbung (Behrens, 1996, S. 6). Neben der persönlichen, direkten Kommunikation zwischen Verkäufer und potenziellen Kunden in Form von Gesprächen ohne Nutzung von Medien oder Werbeträgern gehörten schon in der Antike multisensuelle Werbeelemente dazu, die auch in der heutigen Werbekommunikation als mediale Vermittler zwischen Angebot und Nachfrage relevant sind:

  • Kennzeichnung einer Ware („Warenzeichen“) mit einem grafischen Symbol, um diese als Eigentum und zur Wiedererkennung zu markieren. In Mesopotamien (ca. 2000 v. Chr.) war es üblich, zur Unterscheidung Stoffe und Kleidungsstücke mit Zeichen zu versehen.

  • Markierung und Herkunftsnachweis eines Herstellers („Firmenschild“) oder einer Branche („Zunftmarke“) als Zeichen für Qualität und geographischer Herkunft. In Rom (um 180 v. Chr.) wurden an Amphoren, Lampen, Bleirohren, Backsteinen oder Geschirr Logos oder Unterschriften von ihren Produzenten angebracht, um ihre Abstammung aus den Werkstätten im Sinne eines Gütesiegels („Made in Roma“) zu kommunizieren (Fondazione Aquileia, 2018).

  • Physisch-visuelle Präsentation von Produkten durch Produzenten in Auslagen in oder vor dem Verkaufsort oder durch Händler auf Märkten und Messen. Schon in der Antike bewarben Händler in Babylon ihre Produkte auf Tontafeln, die außerhalb von Gebäuden vor ihrem Laden auf das Verkaufsangebot aufmerksam machten. In Keilschrift waren auf diesen tönernen Werbeträgern die Waren aufgeführt, die zum Verkauf standen (Kalka, 2009, S. 18; Schweiger & Schrattenecker, 2017, S. 1). Frühe Out-of-Home-Werbekommunikation fand statt als stationäre Wahlwerbung mit (z. B. von Stadträten) gestifteten öffentlichen Monumenten oder als temporäre Außenwerbung mit schwarz-roten „Dipinti“-Aufschriften (aus Farben, die aus dem Verbrennen und Einkochen von Knochen, Pinienrinde, Harz und Ocker hergestellt wurden) oder Graffiti an Häuserwänden, die für aktuelle Angebote in Rom, Herculaneum oder Pompeij warben (z. B. für Thermenbesuche, Prostitution, Gladiatorenspiele). Kunstvolle, kreative Mosaike über den Eingängen von Läden machten als „Firmenschilder“ permanent Werbung für Läden und ihre Angebote; an zentral gelegenen Gebäuden wurden auf geweißten Wandflächen an Häuserecken, die von mehreren Seiten einzusehen waren, aktuelle Informationen und Werbung angeschrieben (Wachter, 2019; Weeber, 2007).

  • Akustische Bekanntmachung von Waren durch in der Stadt umherwandernde Straßenhändler, Marktschreier oder Ausrufer. In der Römerzeit fand „Reklame“ (lat. „re-clamare“, „wiederholt Schreien“) statt in Form von sogenannten mobilen Marktschreiern, einer Werbeform, die bis ins späte Mittelalter üblich war. So soll es 1750 in Paris rund 400 lizenzierte Ausrufer gegeben haben, die gewerbemäßig ebenso staatliche Informationen und Erlasse wie von Kaufleuten bezahlte Werbung mit Hilfe von akustischen Medien (z. B. Trommeln, Glocken, Trompeten) aufmerksamkeitsstark verbreiteten (Behrens, 1996, S. 9).

4 Milestones in der Zeitungs- und Zeitschriftenwerbung

Die Historie von Werbung in Zeitungen und Zeitschriften als Werbeträger ist insbesondere von innovativen Produktionstechniken und Bestandteilen des Drucks determiniert: Die Erfindung

  • des Papiers in China (ca. 105 n. Chr.),

  • der Tiegeldruckpresse (um 1440),

  • der seriellen Herstellung von beweglichen Lettern aus Kupfer bzw. später aus Blei („Bleisatz“) (1450),

  • der Zylinderdruckpresse (1811),

  • der Typensetzmaschine (1822),

  • der industrialisierten Papierverarbeitung (Rollen statt Bögen),

  • der Papierherstellung aus Holzschliff (1843),

  • der Rotationspresse (1846/1848),

  • des manuellen bzw. lochbandgesteuerten Maschinensatzes (1886 bzw. 1939),

  • des Lichtsatzes (1950),

  • des maschinellen Offsetdrucks (1907),

  • des Fotosatzes (1970) sowie

  • des Satzes und Umbruchs am Computer („Computersatz“/„Desktop Publishing (DTP)“) (1985)

sorgten für historisch sich entwickelnde optimierte Aktualität des Inhaltes, höhere Auflagen der Druckerzeugnisse und verbesserte Qualität der Wiedergabe von Texten, Grafiken und später Fotos im redaktionellen und Anzeigen-Teil. In den Frühzeiten der Printmedien wirkten sich die technischen Innovationen insbesondere aus auf die Verbreitung der Druckmedien und die Erhöhung der Reichweite der kommunizierten redaktionellen und werblichen Inhalte (Pürer & Raabe, 2007, S. 64).

Als gedruckte Werbeträger können Vorläufer von Zeitungen und Zeitschriften gelten – handschriftliche Korrespondenzen, Brief- und geschriebene Zeitungen, Flugblätter und -schriften (Einblattdrucke mit Text und Illustration zum lokalen und „Welt“-Geschehen), „Newe Zeitungen“ (nichtperiodische Ein- oder Mehrblattdrucke mit aktuellen Inhalten der Post, die gewerbsmäßig verkauft wurden) und „Meßrelationen“ (Publikationen zu großen Handelsmessen z. B. in Köln, Frankfurt, Leipzig), die auf Papier gedruckt wurden (Pürer & Raabe, 2007, S. 40). Der Druck auf Holz war schon im 8. Jahrhundert v. Chr in Japan, Korea und China bekannt; nach der Erfindung des Papiers durch die Chinesen (105 n. Chr.) gelangten papierne Einblattdrucke und Blockbücher über arabische Handlungsreisende um 1200 n. Chr. nach Europa. Schon um 1040 wurden in China Versuche mit beweglichen Drucklettern aus Keramik, in Korea um 1230 mit Metalllettern aus Bronze gemacht und 1377 wurde in Korea das Druckwerk „Jikji“ mit beweglichen Schriftzeichen produziert. So florierte in Ostasien ein lebendiger Büchermarkt; um 1420 archivierte die Bibliothek des chinesischen Kaisers schon 20.000 Titel mit 100.000 Druckwerken (Behrens, 1996, S. 10; Bösch, 2019, S. 28; Giesecke, 2017, S. 76; Pürer, 2015, S. 21). Mit diesem Herstellungsprozess waren jedoch Druckwerke nur mit wenigen Seiten Umfang, in geringer Auflage und damit niedriger Leserreichweite möglich; Lesemedien wurden so bis in das späte Mittelalter mit Holzblöcken, Druckplatten, Stempeln oder insbesondere Bücher in Europa handschriftlich mit bis zu mehrjährigen Produktionszeiten u. a. von Mönchen in Klöstern erstellt und vervielfältigt.

Einen wichtigen Meilenstein in der europäischen Geschichte von Buch, Zeitung und Zeitschrift stellt 1450 die revolutionäre Erfindung von Johannes Gensfleisch zu Gutenberg aus Mainz (1400–1468) dar: Seine Hauptinnovation – bewegliche Metalllettern und ein Setzkasten – ermöglichte zusammen mit Papier, einer Druckerpresse sowie Farbe einen effizienteren Produktionsprozess. In diesem konnten mit Hilfe von Maschinen in quasi-industrieller Herstellung Bücher, Kalender, Verzeichnisse und Handzettel mit identischem Text schneller, kostengünstiger und in höheren Auflagen vervielfältigt werden – insbesondere auch, weil die Buchstaben aus Kupfer trotz des notwendig hohen Druckes der Druckerpresse mehrfach und länger genutzt werden konnten. Gutenbergs erstes Druckwerk war das „Massenmedium“ dieser Zeit: Die Bibel, ein 42-zeiliges Werk mit 290 Schriftzeichen (Kalka, 2009, S. 18; Pürer, 2015, S. 24). Die Erfindung Gutenbergs verbreitete sich rasch, ein reger Druckereimarkt entstand. Ende des 15. Jahrhunderts sollen an mehr als 250 Orten in sogenannten „Druckoffizinen“ in Europa „eine kaum überschaubare“ Anzahl von Büchern, Flugschriften, Formularen oder Handzetteln gedruckt worden sein – ein erster „Massenmedienmarkt“ entstand (Giesecke, 2017, S. 64).

In Folge fand auch zeitnah Werbung den Weg in diese buchförmigen Druckerzeugnisse: Die erste Anzeige wurde 1466 in Straßburg in ein Buch gedruckt; 1517 führte Martin Luther (1483–1546) für seine „Fünfundneunzig Thesen“ gegen den Ablass die erste gedruckte Werbekampagne mit gedruckten Handzetteln durch, die er als quasi Wandanzeigen an Mauern und Türen anbrachte. Neben „religiösen Gütern“ wurde vor allem Werbung in Druckerzeugnissen von der Druckbranche selbst (z. B. Buchhändler, Papierhersteller), Arzneimittel- und Tabakherstellern, Schaustellern und Weinhändlern gemacht (Giesecke, 2017, S. 65; Kalka, 2009, S. 19).

Neben der Drucktechnik sorgte die Entstehung der Postlinien im 15. und 16. Jahrhundert mit dem schnelleren Transport von Druckerzeugnissen zwischen den großen Handels- bzw. Hauptstädten als Waren- und Informationsumschlagplätze für das Aufkommen von Zeitungen als „urbanes Phänomen“ (Pürer & Raabe, 2007, S. 47; Stöber, 2014, S. 37). Die ersten deutschen Zeitungen entstanden wöchentlich, periodisch und mit einer gewissen, zeitgemäßen Aktualität: 1605 die „Relation aller fürnemmen und gedenckwürdigen Historien“ („Straßburger Relatio“), die in Straßburg von Johann Carolus (1575–1634) publiziert wurde und als „erste Tageszeitung der Welt“ gilt. 1609 folgte bei Braunschweig der Wolfenbütteler „Aviso“ mit vier bzw. acht bedruckten Seiten und in weiteren Städten weitere Zeitungen (z. B. Basel/1610, Frankfurt/1615, Berlin/1617); 1640 gab es Zeitungen in allen wirtschaftlich und infrastrukturell relevanten Städten des späten Mittelalters (Altendorfer, 2004, S. 272; Clausen, 1964, S. 91; Pürer & Raabe, 2007, S. 47). Auch die erste dokumentierte Zeitungsanzeige findet sich 1622 in Johann Carolus „Relation“ – eine „Nachricht“, die das Erscheinen eines Buches ankündigte und bewarb. Das Interesse von Herstellern, Händlern und Dienstleistern, Produkte oder Dienstleistungen möglichen Käufern in Zeitungen „anzuzeigen“, wuchs in dieser Zeit: Theophraste Renaudot (1586–1653), der 1630 ein „Annoncenbüro“ in Paris eröffnet hatte, veröffentlichte 1633 das erste Anzeigenblatt: Die „Feuilles du bureau d’adresse“ publizierten periodisch Angebote und Nachfragen von Käufern, Verkäufen oder offenen Stellen; 1637 folgte diesem Vorbild in England der „Public Adviser“ (Pürer & Raabe, 2007, S. 51; Lindemann, 1969, S. 249). Am 5. Januar 1722 erschien mit den „Wochentlichen Franckfurter Frag- und Anzeigungs-Nachrichten“ in Frankfurt das erste selbstständige deutsche sogenannte „Intelligenz- oder Anzeigenblatt (lat. = „intellegere“: „Einsicht nehmen, Kenntnis haben“) und begründete damit ein Genre von Periodika, die über mehrere Jahrzehnte hinweg als typisch für das Pressewesen der frühen Neuzeit bis in das 19. Jahrhundert galten. Diese Form von Zeitungen beinhaltete redaktionelle, unterhaltende und gleichzeitig belehrende Beiträge, die sich an lokale bzw. regionale Rezipienten richteten, amtliche Mitteilungen aller Art (z. B. anlassbezogene Bekanntmachungen, Verordnungen, Gesetzestexte) und private und gewerbliche Annoncen. Beim Lesepublikum wie werbenden Unternehmern waren sie beliebt, da die eigentlichen „Zeitungen“ nur politische und literarische Artikel, aber keine Anzeigen publizierten durften. „Anzeigen- und Intelligenzblätter“ waren als Informations- und Werbeträger damit ein Medium der Wirtschaftsförderung über die Grenzen des jeweiligen Verbreitungsgebietes hinaus. Die juristische Basis ihres auch verlagswirtschaftlichen Erfolges war der sogenannte „Intelligenzzwang“, bestehend aus „Insertionszwang“ und „Abonnementzwang“, den am 6. Januar 1727 Friedrich Wilhelm I. erließ. In Preußen und anderen deutschen Staaten besaßen damit staatlich kontrollierte Blätter oder amtliche Publikationsorgane für das jeweilige Verbreitungsgebiet ein staatlich reguliertes Anzeigenmonopol. Andere Zeitungen durften diese Anzeigen erst veröffentlichen, wenn sie bereits im jeweiligen Intelligenzblatt veröffentlicht waren. Zudem waren alle Staatsangestellten zum Abonnement der „Intelligenz- oder Anzeigenblätter“ verpflichtet. Um 1750 soll es rund 200 derartiger Zeitungen gegeben haben, 1802 wurde sogar ein „Leitfaden zur Abfassung von Anzeigen“ in Intelligenzblättern publiziert (Blome, 2019; Clausen, 1964, S. 91). Mit der bürgerlichen Aufklärung und Liberalisierung, der wachsenden Bildung und Lesefähigkeit sowie den einhergehenden Forderungen der Gesellschaft nach Pressefreiheit wurde 1810 der Pflichtbezug abgeschafft, 1850 der Insertionszwang. Die meisten Anzeigen- und Intelligenzblätter verschwanden vom Markt mit der Einführung der Gewerbefreiheit und der Abschaffung der Zensur 1848 (Lindemann, 1969, S. 250).

Einen weiteren interessanten Meilenstein in der deutschen Geschichte der aktuellen Printmedien als Werbeträger stellt der Wiederstart der Tagespresse im getrennten Deutschland nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges dar. Zum einen entstanden in Ostdeutschland Neugründungen von Tageszeitungen, die später in die Einheitspresse der „Deutschen Demokratischen Republik (DDR)“ übergingen, zum anderen in Westdeutschland neugegründete Tageszeitungen sowie unter Lizenzen der Alliierten publizierte aktuelle Zeitungen (z. B. „Frankfurter Allgemeine Zeitung“, „Kölner Stadt-Anzeiger“, „Münstersche Zeitung“), die von Altverlegern aus der Zeit des Nationalsozialismus veröffentlicht wurden. Ein Unikum stellten dabei die „Aachener Nachrichten (AN)“ dar, die als erste westdeutsche Zeitung am 24. Januar 1945 unter der Kontrolle der Alliierten in einem Altverlag im von der US-Armee befreiten Aachen auf den Markt kam und als einzige „deutsche“ Zeitung aus der Nazizeit stammend das Kriegsende am 8. Mai 1945 mit der Headline „Der Krieg ist aus!“ publizieren konnte. (Pürer & Raabe, 2007, S. 106; Schrag, 2018, S. 235). Die erste Tageszeitungsneugründung war die „Frankfurter Rundschau“ am 1. August 1945, weitere Titel folgten im gleichen Jahr in den wiederauflebenden deutschen Großstädten: Unter anderem die „Stuttgarter Zeitung“ in Stuttgart (18.09.1945), der „Weser-Kurier“ in Bremen (19.09.1945) und die „Süddeutsche Zeitung (SZ“) in München (06.10.1945). Aufgrund des Mangels an Zeitungsdruckpapier erschienen die rund 150 lizenzierten lokalen Tageszeitungen in der amerikanischen, britischen, französischen und sowjetischen Besatzungszone sowie Berlin bis zur Aufhebung der Lizenzpflicht am 21. September 1949 zum Teil nur zwei- bis dreimal pro Woche, mit einem Gesamtumfang von sechs bis acht Seiten und mit entsprechend wenigen Anzeigenseiten (Altendorfer, 2004, S. 284; Pürer & Raabe, 2007, S. 111; Schrag, 2018, S. 235). Am 24. Juni 1952 erschien erstmals die „Bild-Zeitung“ im Axel-Springer-Verlag als erste und bis heute einzige bundesweit verbreitete Boulevardzeitung Deutschlands. „Es kann kein Zweifel darüber bestehen, dass die Zeitungslandschaft der Bundesrepublik in ihrer Grundstruktur von der Lizenzpolitik der Besatzungsmächte geprägt ist.“ (Pürer & Raabe, 2007, S. 115)

Aufgrund des historisch-typologisch fließenden Übergangs zwischen „Zeitung“ und „Zeitschrift“ ist der Beginn der Geschichte der Zeitschrift und der Werbung in Zeitschriften schwierig zu terminieren. „Frühere Zeitschriften wurden [auch] Journal, Magazin, Monatsschrift, Sammlung(en) oder ähnlich genannt“ (Pürer & Raabe, 2007, S. 53). Allgemein anerkannt gilt als erste deutschsprachige Zeitschrift die 1597 erstmals in Rorschach in der Schweiz am Bodensee erschienene „Rorschacher Monatsschrift“, ein Periodikum, das zwar ähnlich wie eine Zeitung nur einen Umfang von vier bis acht Seiten hatte, aber im Unterschied dazu zusammenfassend, rückblickend und quasi-nichtaktuell von zurückliegenden Ereignissen aus schon publizierten Zeitungen ohne direkten Aktualitätsbezug oder Kommentar berichtete. Schon in den Frühzeiten der Printmedienhistorie fokussierten sich Zeitschriften thematisch und orientierten sich an Zielgruppen (z. B. Gelehrte, Frauen) als Rezipienten, Käufer und Leser. So erschienen als „Gelehrtenzeitschriften 1665 erstmals in Paris das „Journal des Sçavans“, in London die „Philosophical Transactions“ und ab 1682 in Leipzig in Deutschland die „Acta Eruditorum“ („Taten bzw. Berichte der Gelehrten“) (Pürer & Raabe, 2007, S. 54). Ähnlich beschäftigten sich die „historisch-politischen Zeitschriften wie der ab 1674 vierteljährlich erscheinende „Götter-Both Mercurius“ im fingierten Verlagsort „Wahrburg“ (tatsächlich Nürnberg) von Wolff Eberhard Felsecker (1616–1680) konzentriert mit einem Themenbereich (Stöber, 2014, S. 84). Auch das Genre Unterhaltungszeitschrift“, auch als „Moralische Wochenschriften“ bezeichnet, das periodisch mit einem zum Teil pädagogischen Anspruch über Moral und Ethik, Tugenden und Vernunft, Praktischem und Lehrreichem aus dem normalen Leben ihres Publikums räsonierte, wandte sich an ein inhaltlich konkret an einem engeren Themenspektrum interessiertes – und erstmals auch weibliches – Publikum als Rezipienten: Die „Erbauliche Ruh-Stunden“, ab 1676 wöchentlich in Hamburg publiziert, war ein deutscher Vorreiter der „Moralischen Wochenschrift“, wenngleich die genreprägenden Vorbilder in England publiziert wurden wie „Tatler“ (1709), „Spectator“ (1711) und „Guardian“ (1713). In Deutschland folgten als unterhaltende Magazine mit auf den Inhalt und die Zielgruppen hinweisenden Namen „Der Vernünfftler“ (1713), „Der Patriot“ (1724), „Die vernünftigen Tadlerinnen“ als erste Frauenzeitschrift (1725) und „Der Biedermann“ (1727) (Pürer & Raabe, 2007, S. 55; Stöber, 2014, S. 87).

Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges unterlagen anfangs auch Zeitschriften wie andere Medien der Pflicht der Lizenzierung durch die Alliierten, was jedoch für den verlegerischen Wiederstart der Zeitschriftenpresse in Deutschland kein Hindernis war. So soll es schon 1949 insgesamt 1537 Zeitschriftentitel mit einer Gesamtauflage von 37,5 Mio. Exemplaren gegeben haben (Pürer & Raabe, 2007, S. 115). Analog zu ihrer historischen Entwicklung in der frühen Neuzeit und ihrer späteren Fokussierung auf Themen und Zielgruppen entstanden die ersten Titel thematisch orientiert und begründeten entsprechende Zeitschriftengenres: Am 11. Dezember 1946, ein Jahr nach Erteilung der Verlagslizenz, brachte der Verleger Axel Springer (1912–1985) die „Hör Zu!“, später „Hörzu“, als erste Programmzeitschrift Deutschlands auf den Markt. Das Magazin publizierte in enger Kooperation mit dem zu dieser Zeit ebenfalls neu entstehenden Radiosender „Nordwestdeutscher Rundfunk (NWDR)“ exklusiv das komplette Hörfunkprogramm, ab den 1950er-Jahren auch das Fernsehprogramm. 1989 hatte die „Hör Zu!“ eine Auflage von immerhin 3,1 Mio. verkauften Exemplaren (Pürer & Raabe, 2007, S. 171).

Als politische oder auch unterhaltende Zeitschriften mit einer breiteren Zielgruppe als Publikum starteten am 4. Januar 1947 „Der Spiegel“ in Hamburg und am 1. August 1948 der „Stern“ im Stern-Verlag Henri Nannen in Hannover und begründeten den Markt der allgemeinen Publikumszeitschriften. Zeitschriften für spezielle Zielgruppen folgten, wie als erste Frauenzeitschriften der jungen Bundesrepublik Deutschland im März 1948 die „Constanze“ (1969 eingestellt) und am 5. Juni 1948 „Ihre Freundin“ (ab 1967 „Freundin“) in der „Neuen Verlagsgesellschaft“ sowie als erste deutsche Sportzeitschrift ab 1950 monatlich, später zwei-wöchentlich, „Die Yacht“ im Delius Klasing Verlag Bielefeld, die schon am 15. Juli 1904 als „Die Yacht“ im gleichnamigen Berliner Verlag vor dem Ersten Weltkrieg gegründet worden war.

5 Milestones in der Geschichte der akustischen und Radio-Werbung

Die weltweit erste anerkannte Form der Radiowerbung entstand Anfang 1922 in den USA, als die „American Telephone & Telegraph Company (AT&T)“ begann, Sendungen zu verkaufen, bei denen im heutigen Verständnis eines „Sponsorings“ oder „Presentings“ Unternehmen im Gegenzug für die Erwähnung ihrer Marke im Radio eine Sendung finanzieren oder übernehmen konnten. Der New Yorker Radiosender WEAF war der erste Sender, der eine offizielle bezahlte Werbung („Radio Ad“) ausstrahlte: Für einen Betrag von 50 Dollar bewarb in zehn Minuten Werbezeit die Queensboro Corporation in New York als erster Werbungtreibender im Hörfunk am 28. August 1922 den Verkauf von Wohnungen im New Yorker Stadtteil Jackson Heights (Fang, 1997, S. 118).

Auch die Werbestrategie, Musik zur Kommunikation mit Kunden zu nutzen, entstand in den 1920er-Jahren in den USA: Das US-amerikanische Filmstudio MGM setzte 1924 erstmalig einen brüllenden Löwen als akustisches Logo ein, der Sender „NBC Radio“ verwendete ein Sound Logo zum ersten Mal 1927. Als erster Jingle im Radio gilt der gesungene Werbespot „Have You Tried Wheaties?“, der 1928 erstmals von einem Lokalradio in Minnesota (USA) gespielt wurde (Steiner, 2020, S. 506).

Auch in Deutschland gehörten Werbung und Werbemusik im Radio seit den Anfangsstunden des Hörfunks in der Weimarer Republik dazu: Am 29. Oktober 1923 nahm die „Berliner Rundfunkgesellschaft“ um 20:00 Uhr abends den Betrieb in der Hauptstadt Berlin mit der Sendung „Funkstunde“ auf. In der Moderation der live gespielten und übertragenen zwölf Musikstücke, von denen jedoch drei von Schallplatten der Firma „Vox“ wiedergegeben wurden, wurde der Tonträgerhersteller „Vox“ ausdrücklich erwähnt – ebenso wie der Name „Steinway“ des bei der Aufführung benutzten Flügels. Die „Vox-Schallplatten- und Sprechmaschinen-AG“ hatte sich als Gesellschafter des ersten deutschen Radiosenders ausdrücklich die Nennung in Radiosendungen vorausschauend gesichert (Altendorfer, 2004, S. 23; Breunig, 2015, S. 51). Formal und offiziell erhielt Werbung im Hörfunk ihren Platz im Mai 1924 durch die Zustimmung der Reichspost, dass in neun regionalen Rundfunkanstalten „Reklame“ verbreitet werden durfte. Die Vermarktung und Organisation von Werbung im Hörfunk oblag der im März 1924 gegründeten „Deutschen Reichs-Postreklame GmbH“; die erste offizielle Werbesendung im deutschen Rundfunk erfolgte am 15. September 1924. Drei Werbeformate wurden angeboten: Vor allem von Schallplatten abgespielte „Werbekonzerte“, die die Tonträger bewarben, bis 15 min dauernde Vorträge zu einem allgemein interessierenden Thema, in die Werbung integriert war und Kurzsendungen, sogenannte „Reklame-Rundsprüche“, die mit heutigen Radiowerbespots vergleichbar waren. Technisch bedingt war der Hörfunk zu Beginn ein lokales und regionales Informations- und damit auch Werbemedium – aufgrund einer maximalen Reichweite von 150 km und nur wenigen Hörern (z. B. 1923 in Berlin und Berliner Umland rund 1000 Hörer). Bis zum Start des Fernsehens 1952 war das Radio das einzige akustische Medium und ein abendliches, gesellschaftliches Hörmedium, denn die wichtigste Sendezeit war von 18 bis 22 Uhr mit im Familien- oder Freundeskreis gemeinsamem Sitzen vor dem „Übertragungsgerät“ und Radiohören. Immerhin lag in den Vorkriegsjahren der Anteil von Werbung am Gesamtprogrammteil schon bei rund 15 % (Krug, 2019, S. 27).

Nach der Phase von 1933 bis 1945 mit der Gleichschaltung aller Medien im Nationalsozialismus, der Bedeutung des Hörfunks als „Großdeutscher Rundfunk“ (Schrag, 2018, S. 170) in der Funktion eines nationalen Führungs- und politischen Propagandamediums und des Verbots kommerzieller Radiowerbung durch das Reichspropagandaministerium 1935 war ein Meilenstein der Hörfunkwerbung die Errichtung öffentlich-rechtlicher Rundfunkanstalten (Rundfunk: Hörfunk, dann später auch Fernsehen) in den jeweiligen Besatzungszonen der Alliierten 1948/1949:

  • „Nordwestdeutscher Rundfunk (NWDR)“ in der britischen,

  • „Südwestfunk (SWF)“ in der französischen und

  • „Bayerischer Rundfunk (BR“), „Hessischer Rundfunk (HR)“, „Süddeutscher Rundfunk (SDR)“ sowie „Radio Bremen (RB)“ in der amerikanischen Zone.

Erstmalig strahlte RIAS Berlin ab Februar 1948 akustische Stellenanzeigen aus, „Radio Bremen“ sowie „Radio Saarbrücken“ – als Vorgänger des „Saarländischen Rundfunks“ – führten ab August 1948 als erste Sender offiziell Radiowerbung ein (Breunig, 2015, S. 52; Krug, 2019, S. 32). Aufgrund der rechtlich-konzeptionellen Ausrichtung des NWDR an der „British Broadcasting Corporation (BBC)“ war bis Ende der britischen Aufsichtsbehörden 1955 dort keine Hörfunkwerbung möglich. Erst im Zuge der Aufteilung und Neuordnung des NWDR im April 1956 in NDR (Hamburg, Niedersachsen, Schleswig-Holstein) und WDR (Nordrhein-Westfalen) wurde bei diesen Radiostationen wieder kommerzielle Werbung erlaubt und möglich. Zur Vermarktung hatten die deutschen Hörfunksender 1954 die „Arbeitsgemeinschaft Rundfunkwerbung (ARW)“ gegründet (ab 1990 ARD-Werbung, ab 1994 ARD-Werbung Sales & Services, ab 2006 AS&S Radio GmbH, seit 2022 ARD MEDIA GmbH).

Die Nachkriegszeit sorgte auch für eine technische Mobilisierung des Hörfunks: 1956 kamen die ersten mobilen Transistor- und Kofferradios sowie Autoradios auf den Markt, die Radiohören – und damit Hörfunkwerbung – prinzipiell überall und unterwegs technisch ermöglichten. Radio wurde zu einem beliebten „Day-Time-Medium“, das überwiegend über den Tag verteilt bis zum späten Nachmittag zuhause, am Arbeitsplatz oder während der Autofahrt unterwegs genutzt wurde und wird (Gattringer & Mai, 2016, S. 2010). Der Privatsender „Radio Luxemburg (RTL)“ sendete ab 1957 neben den Militärsendern „American Forces Network (AFN)“ und „British Forces Broadcasting Service (BFBS)“ und bot ein inhaltliches Kontrastprogramm zum öffentlich-rechtlichen Hörfunk Deutschlands mit internationaler Popmusik für jüngere Zielgruppen. 1963 strahlte der „Sender Freies Berlin (SFB)“ die erste Hörfunksendung in Stereotechnik aus, die dem Medium ein neues Qualitätsniveau brachte. Die Folgejahre sind gekennzeichnet von einer Differenzierung der Hörfunklandschaft: Ab den 1960er-Jahren sorgten die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten mit Formatierungen und Spezialisierungen wie Magazinen (Morgen-, Mittagsmagazin) und einzelnen Wellen (z. B. für Autofahrer Bayern 3/1971; hr3/1972) sowie ab den 1980er-Jahren mit Regionalisierungen (z. B. 1980 „Saarlandwelle“ des „Saarländischen Rundfunks“ mit regionaler Berichterstattung und Schlagermusik für Ältere) für an Zielgruppen orientierte Programmumfelder, die damit auch eine genauere Adressierung von Radiowerbung ermöglichten. Die Gründung der „Arbeitsgemeinschaft MediaAnalyse (ag.ma)“ 1972 ermöglichte die genaue Messung des Radiokonsums für Werbungtreibende und eine professionellere Vermarktung von Hörfunkwerbung (Krug, 2019, S. 39).

Einen weiteren Meilenstein der Geschichte der Werbung im Radio stellt 1985/1986 der Start von privat-kommerziellen Radiostationen – und damit der Beginn des dualen Rundfunksystems – in Deutschland dar: 1986 starteten „Radio Schleswig-Holstein (R.SH)“ und „Radio Hamburg“, „Radio FFN“ folgte 1987, „Antenne Bayern“ 1988 als Gründung von Zeitungs- und Zeitschriftenverlagen (z. B. Axel Springer, Hubert Burda, Heinrich Bauer), die in der Vermarktung von Radiowerbung ein attraktives Geschäftsmodell sahen. Dieser neue Wettbewerb um Zuhörerreichweiten und Werbeumsätze machte sich bei den öffentlich-rechtlichen Rundfunksendern bemerkbar: So sank in Folge die Anzahl der Hörer beim WDR von 6,4 Mio. Hörer im Jahr 1978 auf 2,8 Mio. Hörer im Jahr 1998, bei NDR2 von 5,3 Mio. auf 1,9 Mio. Hörer (Krug, 2019, S. 43).

In Folge der Digitalisierung sorgten ab den 2000er-Jahren Livestreams und Podcasts (2005: Erster Radiopodcast des „BR“ mit der „Bayern2“-Glosse „Das Ende der Welt“; 2017 ARD-Radio App und Audiothek), Einbindungen von Websites und Social Media (2008: „You FM“/hr; „Eins Live“/WDR, „Radio Fritz“/RBB) sowie „Digital Audio Broadcast (DAB)“) für eine wachsende crossmediale und interaktive Orientierung des rein akustischen Mediums Hörfunk. Auch wenn „Radiokonsum [ist] traditionellerweise auf Radiogeräte habitualisiert“ ist (Krug, 2019, S. 51), sorgt die redaktionell-programmliche Zuordnung anhand von Themen und nicht nach Ausspielkanälen („Newsroom-Konzept“) bei den Hörfunksendern für eine aktuell zunehmend multimediale Einbindung von Radiowerbung in weitere Medien und Contentumfelder.

6 Milestones in der Bewegtbild,- Film-, Kino- und Fernsehwerbung

Der historische Beginn der Werbung in Film, Kino und Fernsehen kann schon mit dem technischen Vorläufer, der Laterna Magica („Skioptikon“), angesetzt werden. Das im 17. bis 19. Jahrhundert beliebte und massenhaft verbreitete Projektionsgerät ermöglichte eine Abfolge von Bildern; u. a. in Deutschland ab 1670 von Johann Franciscus Griendel hergestellt und vertrieben. Bemalte oder bedruckte farbige Glasbilder, ab circa 1840 Fotografien, ab circa 1890 Zelluloidstreifen, wurden in das Gerät geschoben und mit einer Kerze, Öllampe oder später Bogenlampe durchleuchtet und an Wände projiziert. Eingesetzt wurde die magische Lampe vor allem von umherreisenden Schaustellern, die auf Jahrmärkten und Messen sowie in Varietés bis zu zwei Stunden dauernde, teilweise von Musik begleitete Vorführungen zur Unterhaltung und Bildung anboten. Zwischen den unterhaltsamen oder unterrichtenden Bildern wurden auch lokale Angebote über ein Standbild beworben (Gronemeyer, 2004, S. 181; Hildebrandt, 2018, S. 22; Korosides, 2008, S. 70; Sehnbruch, 2017, S. 198).

Mit dem Cinématographe der Brüder Auguste und Louis Lumière erhielten die bislang stehenden Bilder Bewegung: Am 22. März 1895 fand in Paris die erste öffentliche Filmvorführung Frankreichs – und der Welt – vor zahlendem Publikum statt, bei der Kurzfilme des Bruderpaares präsentiert wurden. In Deutschland wurden die ersten kinoähnlichen Filme („Der erste Serpentinentanz“/Erotik; „Das boxende Känguru“/Komödie) am 1. November 1895 im Berliner Varieté Wintergarten als Schlussattraktion der abendlichen Revue vorgeführt (Morlock, 2017, S. 18). In den Folgejahren war die cinématographische Vorführung von Filmen mit drei bis fünfzehn Minuten Dauer publikumsattraktiver Bestandteil von Kino-, Schausteller- und Varieté-Programmen (Altendorfer, 2004, S. 101). Schon ein Jahr später wurde der erste Werbefilm im Kino- bzw. Lichtspieltheater in Deutschland ausgestrahlt: Der Spot „Bade zu Hause“ von Oskar Messter bewarb 1896 als Produkt eine „innovative Wellenbadschaukel“ der Firma Moosdorf & Hochhäusler (Castendyk, 2014, S. 156; Kalka, 2009, S. 20; Korosides, 2008, S. 71; Wahl, 2020, S. 218).

In den Folgejahren wuchs die Anzahl von Kinos und die Beliebtheit von Filmvorführungen rasant: So stieg zwischen 1910 und 1914 die Anzahl der Lichtspieltheater von 456 auf 2446 Kinos. 1925/1926 lag die Zahl der Kinobesuche pro Jahr bei 271 Mio., rund zehn Jahre später 1936/1937 schon bei 359 Mio. (Hildebrandt, 2018, S. 25; Kloss, 2012, S. 40; Korosides, 2008, S. 72). Die Attraktivität des entspannten Umfeldes und die Reichweite des Kinofilms nutzten auch die Unternehmen, die ihre Produkte als Marken bewarben: 1910 bewarb in einem Kinospot erstmals Maggi „Die Suppe“, 1911 Dr. Oetker sein „Backpulver“ (Kloss, 2012, S. 40). Das kommunikative und persuasive Potential des Mediums Film wurde im Ersten und Zweiten Weltkrieg aufgrund der Beliebtheit von Kinos auch zu politisch-propagandistischen Zwecken in allen Ländern der Welt genutzt, insbesondere als ab 1929 Kinofilme mit Ton möglich waren (Wahl, 2020, S. 220). So diente im Nationalsozialismus zwischen 1933 und 1945 auch der Kinofilm der medialen Gleichschaltung: Die „Wochenschau“, ein mehrminütiges „Informationsmagazin“ im Rahmen einer Kinofilmvorführung, präsentierte in Bewegtbild und Ton anfangs alle zwölf Wochen, ab 1944 wöchentlich „packende Bilder, effektvolle Musikeinsätze, aufpeitschende Kommentare, flammende Reden, dazu Fahnen, Marschgruppen, Schlachtbeschreibungen, heroische Einzelgeschichten und heldenhafte Landser an der Front“ und sorgte für die propagandistische Bewerbung der NS-Politik (Altendorfer, 2004, S. 108; Hildebrandt, 2018, S. 28).

Nach dem Start des regelmäßigen öffentlichen Fernsehens in den USA am 13. Januar 1928 durch den New Yorker Sender „WRGB“, später „W2XB“, in New York und 1929 in Großbritannien mit TV-Ausstrahlungen der „British Broadcasting Corporation (BBC)“ begann 1941 die Zeit des Fernsehens als Werbemedium: Der weltweit erste offizielle Fernseh-Werbespot wurde am 1. Juli 1941 in den USA auf dem NBC Sender „WNBT-TV“ gesendet: „Bulova“ bewarb vor der Übertragung des Baseballspiels zwischen den Teams der „Brooklyn Dodges“ und „Philadelphia Phillies“ in New York in einem Spot von zehn Sekunden Dauer für neun Dollar Schaltkosten ihre Uhrenmarke (Ganninger, 2020; Kuyucu, 2020, S. 261; YouTube, 2022).

Nach dem Start des bundesweiten „Deutschen Fernsehens“ im Rahmen der „Arbeitsgemeinschaft Deutscher Rundfunkanstalten (ARD)“ bzw. „Das Erste“ 1952 (NWDR; 1953: BR, SWF) mit täglich zwei Sendestunden als Gemeinschaftsprogramm der regionalen Landesrundfunkanstalten am 1. November 1954 lag ein Meilenstein in der Historie der deutschen Fernsehwerbung im November 1956: Das „Bayerische Fernsehen (BR)“ sendete im Rahmen des „Deutschen Werbefernsehens“ den ersten Werbespot im deutschen TV. Henkel bewarb sein Waschmittel „Persil“ (Henkel) mit dem 55 s langen Spot „Mahlzeit“: In einer Wirtshausszene streiten sich zwei damals deutschlandweit bekannte Künstler, die Komikerin Liesl Karlstadt („Ehefrau Lisa“) und der Schauspieler Beppo Brem („Ehemann Xaver“), über ein Missgeschick im Restaurant beim Essen, bei dem der Ehemann die Tischdecke verschmutzte. Die Ehefrau ist peinlich berührt über die Kleckerei des Ehemanns, der Wirtshauschef besänftigt „Ich bitte Sie, das kann doch vorkommen. Dafür gibt es doch Persil!“ und der Ehemann ergänzt „Das ist eben der Unterschied zwischen dir und dem feinen Mann. Du machst so ein Trara, der gebildete Mensch sagt nur: Persil. Persil – und nichts anderes!“. Henkel hatte früh die Kraft der werblichen Inszenierung im Fernsehen erkannt: Dem Unternehmen gehörte ein Felsen, auf dem ein Sendemast des BR platziert war und darum hatte es sich im Pachtvertrag ausbedungen, dass bei erstmaliger Ausstrahlung von Werbung im deutschen Fernsehen der erste Spot von Henkel sein müsste. Auch andere große Markenartikelunternehmen wie das Textilunternehmen ARWA, das Nahrungsmittelunternehmen Dr. Oetker oder die Kölner Zigarettenfirma Haus Neuerburg („Overstolz“) waren von der ersten Stunde an mit Werbespots für ihre Produkte im Fernsehen dabei. Drei Jahre später sendeten alle ARD-Sender Werbung (Epp, 2021; Henkel, 2007, S. 111; Kloss, 2012, S. 42; Korosides, 2008, S. 72).

Am 1. April 1963 begann der zweite, grundsätzlich als bundesweit angelegte Fernsehsender als „Zweites Deutsches Fernsehen (ZDF)“ mit der Ausstrahlung von täglich 3,5 h Programm und Werbespots. 1960 war das ZDF ursprünglich als privatwirtschaftlich organisiertes Fernsehen („Deutschland Fernsehen GmbH“) angelegt worden, das sich ausschließlich aus Werbeeinnahmen finanzieren sollte. Nach politischen und juristischen Auseinandersetzungen zwischen den Bundesländern und dem Bund entschied das Bundesverfassungsgericht 1962 die Unrechtmäßigkeit als quasi „Bundesrundfunk“ (Schrag, 2018, S. 170). Die Folge war die Organisation als Rundfunkanstalt des öffentlichen Rechts mit einer Finanzierung durch anfangs 30 %, später 25 % der Rundfunkgebühren und selbst generierte Werbeeinnahmen. In zeitlich rascher Folge starteten 1964/1965 die dritten Fernsehprogramme der ARD-Landesrundfunkanstalten als regionale Sender – ausschließlich finanziert durch Rundfunkgebühren ohne Werbeeinnahmen (22.09.1964: „BR“; 05.10.1964: „HR“; 04.01.1965: „NDR“, „Radio Bremen“, „SFB“; 17.12.1965: „WDR“; 05.04.1969: „SR“, „SWF“, „SR“ und nach der Wiedervereinigung 01.01.1992: „MDR“, „ORB“). Qualitätstechnisch stellt der 25. August 1967 mit dem Start des Farbfernsehens vor laufender Kamera auf der „Internationalen Funkausstellung (IFA)“ in Berlin einen weiteren Meilenstein in der Geschichte des bundesdeutschen Werbefernsehens dar – damals gerade mal in 6000 Haushalten Deutschlands empfangbar (Krug, 2019, S. 38; NDR, 2019).

Der Jahresbeginn 1984 markierte mit dem Start des regulären Privatfernsehens einen weiteren medienrechtlichen, programmlichen und werbeplanungstechnischen Wendepunkt und Eintritt in ein neues Fernsehzeitalter der Bundesrepublik Deutschland: Am 1. Januar 1984 sendete im Rahmen des Ludwigshafener Kabelpilotprojektes erstmalig die „Programmgesellschaft für Kabel- und Satellitenrundfunk (PKS)“ (seit 1. Januar 1985 in SAT.1 umbenannt) aus einem Kellerstudio in Ludwigshafen ein rein privat-kommerzielles Fernsehprogramm. Einen Tag später, am 2. Januar 1984, folgte „Radio Télévision Luxembourg (RTL)“ mit einem deutschsprachigen TV-Programm, das sich ebenfalls nicht durch Rundfunkabgaben, sondern ausschließlich durch den Verkauf von Werbezeiten finanzierte. Mit dem Beginn der „dualen Rundfunkordnung“ durch eine veränderte Gesetzeslage und dem Nebeneinander von öffentlich-rechtlichen Sendern – durch einen Mix aus Gebühren und Werbeinnahmen finanziert – und privat-kommerziellen, werbefinanzierten TV-Stationen änderte sich der Werbe- und insbesondere der Fernsehwerbemarkt drastisch: Durch die rechtlichen Beschränkungen der öffentlich-rechtlichen Sender ARD und ZDF (20 min Werbezeit pro Tag à 30 s) war TV-Werbung bis zu diesem Datum insgesamt auf maximal 24.000 Werbespots pro Jahr limitiert. Nach der Zulassung und dem Start 1984 und der Etablierung der privaten Fernsehsender in den 1990er-Jahren wurden z. B.

  • 1993 jährlich 740.929 Werbespots,

  • 1998 pro Jahr 1.810.580 TV-Spots und

  • 2010 jährlich 3,8 Mio. Werbespots

im bundesdeutschen Fernsehen ausgestrahlt (Heun, 2017, S. 11; Kloss, 2012, S. 336; Schrag, 2018, S. 208). Werbungtreibenden stand nun ein vielzähliges und vielfältigeres Portfolio an Fernsehsendern als Werbeträger und an TV-Formaten als Programmumfelder für Werbekommunikation mit Bewegtbild zur Verfügung.

Die Digitalisierung insbesondere in Übertragungs- und Empfangstechnik von Fernsehen sowie die Neuordnung von Satellitensendefrequenzen und Kabelinfrastrukturen in den 1990er-und 2000er-Jahren führte zu einer Vergrößerung des Angebotes an TV-Sendern und weiteren Vielfalt der Fernsehlandschaft Deutschlands: Privat-kommerzielle Spartensender wie „Eurosport“ (1989), „Deutsches Sportfernsehen“ (1992), „Tele 5“ (1987/2002), „BonGusto“ (2004), „DMAX“ (2006) oder „SIXX“ (2010) bieten seit ihrem Start mit ihren thematisch fokussierten Programmen werblich interessante Umfelder für Zielgruppenwerbekommunikation im linearen Fernsehen an. Sendergruppen wie z. B. RTL differenzieren ihr Angebot mit Spartenkanälen: „RTL Nitro“ (Männer), „RTL Living“ und „RTL Passion“ (Frauen), „RTL Crime“ (Krimifans), „Super RTL“ (Kinder) oder „RTL plus“ (Nostalgie) (Mikos & Rihl, 2020, S. 1166).

7 Milestones in der Digital-, Online- und Social-Media-Werbung

Die Geschichte der digitalen Werbekommunikation, insbesondere der Online- und Social-Media-Werbung, ist von der grundsätzlichen Bildung, der kurzfristigen Etablierung und aktuell anhaltenden Ausdifferenzierung eines Medien- und Kommunikationssystems aus digitalen Elementen gekennzeichnet. Die sich in einem Zeitraum von 50 Jahren entwickelten relevanten Basiskomponenten des digitalen Medienökosystems sind:

  • Infrastruktur: „Internet“ als weltweites Netzwerk aus über Kabel oder drahtlos miteinander verbundener Technik (z. B. Server, Router, Cloud, LAN, WLAN, Mobilfunk) und stationären und mobilen Endgeräten (z. B. Computer, Smartphone, Tablets), auf denen multimediale Anwendungen und dynamische Inhalte (z. B. Text, Foto, Video, Audio) nutzbar sind.

  • Hardware: Technisch miteinander identifizierbare (z. B. über Uniform Resource Locator (URL), Universal Resource Identifier (URI), Transmission Control Protocol (TCP), Internet Protocol (IP)), verbundene und kommunizierende Computer (z. B. 1974 Mikrocomputer Altair-8800, 1983 Lisa von Apple mit Maus und graphischer Benutzeroberfläche, 1981 PC Intel 8088 von IBM mit Diskettenlaufwerk, 1981 erster portabler Computer Osborne, 1987 Apple Macintosh, 2007 Smartphone Apple iPhone, 2010 Tablet Apple iPad) in Kombination mit Bildschirm oder Monitor (z. B. 1945 „Whirlwind“ des Massachusetts Institute of Technology mit Lichtgriffel als Eingabegerät; 1949 erster Computer Oszilloskop-Bildschirm als graphischer Ausgang konzipiert) (Sehnbruch, 2017, S. 360) ermöglichen die Kreation, den Austausch und den Abruf von Content.

  • Software: Programme zum Betrieb der digitalen Geräte, zur Erstellung und Modifikation von multimedialen Inhalten und zum Austausch zwischen den Nutzern (z. B. Betriebssysteme 1981 MS-DOS, 1985 Microsoft Windows; graphische Programme 1987 Adobe Illustrator, 1990 Adobe Photoshop, 1996 Adobe Flash; E-Mail-Programme 1992 Microsoft Outlook; Webbrowser 2004 Mozilla Firefox 1.0; Messenger-Programm 2009 WhatsApp) ermöglichen weltweit bis dahin nicht mögliche Daten-, Text-, Bild- und Bewegtbildkommunikation.

  • Content: Social-Media-Plattformen (z. B. 2004 Facebook, 2010 Instagram, 2014/2016 TikTok), Blog- und Publishingplattformen (z. B. 2006 Twitter, 2003 WordPress, 2005 YouTube), Buchungs-, Payment- und Matching-Services (z. B. 1996 Booking.com; 1998 PayPal; 2000 Lieferando; 2008 AirBnB; 2012 Tinder) schaffen für Organisationen, Unternehmen wie Individuen eine vor der Digitalisierung nie gekannte permanente und ubiquitäre Möglichkeit von Services, Konsum und Kommunikation von informativem, unterhaltenden oder werblichem Content (Kleinjohann & Reinecke, 2020, S. 16).

Als erster Meilenstein in der Historie der digitalen Werbekommunikation ist die eher zufällige Entwicklung der E-Mail im Jahr 1971 anzusehen. Ray Tomlinson (1941–2016) beschäftigte sich beim privaten Forschungsunternehmen Bolt, Beranke and Newman (BBN) mit dem Aufbau des Computernetzwerkes „Advanced Research Projects Agency Network (ARPAnet)“ und entwickelte auf der Grundstruktur einer Mailbox eine Datei, die auch zwischen Rechnern hin- und hergeschickt und dabei verändert werden konnte. Um den adressierten Rechner zu identifizieren und entsprechend anzusprechen kombinierte Tomlinson den Adressaten und den Rechnernamen in der Adresse der Datei. Um in der Datenkombination eine Verwechslung mit einem normalen Zeichen aus der Programmiersprache zu vermeiden, entschied er sich für das „@“-Zeichen aus dem Sonderzeichensatz seines Großrechners. Dabei entstand die erste E-Mail-Adresse der Welt: „tomlinson@bbntenexa“. Das „@“-Zeichen stand symbolhaft auch für die Bedeutung des englischen Begriffes „at“ als Synonym für den Zuordnungszweck. Die späteren Top-Level-Domains (z. B. .com, .de, .org) waren zu dieser netzwerkinternen Kommunikation nicht notwendig – und von Tomlinson deswegen 1971 auch nicht angedacht. Den Inhalt der ersten Botschaft, den er sich selbst von einem Computer in einem Zimmer zu einem zweiten Computer im Nachbarraum „mailte“ und dann in ähnlicher Form an seine Kollegen sendete, erinnert der E-Mail-Erfinder nicht mehr – mutmaßlich die erste Buchstabenreihe der amerikanischen Computertastatur „QWERTYUIOP“. Er selbst fand seine revolutionäre Erfindung wenig bedeutungsvoll, da es seine Aufgabe war, das ARPAnet zu entwickeln (Brittner, 2016; Stillich, 2006). Das ARPAnet war der Vorläufer des Internets („interconnected set of networks“), ein Computernetzwerk, das ab 1969 (stillgelegt 1990) im Auftrage der US Air Force Forschergruppe des „Massachusetts Institute of Technology (MIT)“ in Boston entwickelt und betrieben wurde. Ziel und Aufgabe des ARPAnet war es, Rechenleistungen von Großrechnern effizienter zu nutzen, indem sie durch „Gateways“ (heute „Router“) miteinander verbunden waren. Die ersten vier ARPAnet-Knoten in diesem ersten Netzwerk befanden sich an der University of California in Los Angeles und in Santa Barbara, der University of Utah und dem Stanford Research Institute (Bösch, 2019, S. 28). Die erste SPAM-E-Mail wurde am 3. Mai 1978 versendet: Die Empfängerliste war 393 Benutzer lang und stammte aus dem ARPAnet-Verzeichnis von Gary Thuerk, Marketingmanager bei der „Digital Equipment Corporation (DEC)“, der eine Einladung an ARPAnet-User der amerikanischen Westküste zu einer Produktdemonstration des neuen Dec-Systems 20 von DEC versandte (Oberoi, 2013). Mehr als über zehn Jahre später, nachdem Tomlinson seinen weltweit ersten Digital-Brief versendete hatte, wurde am 3. August 1984 auch in Deutschland die erste E-Mail empfangen. Der Informatiker Michael Rotert (*1950) von der Universität Karlsruhe empfing um 10:14 Uhr MEZ unter seiner E-Mail-Adresse „rotert@germany“ eine E-Mail mit dem Inhalt „Wilkommen (sic!) in CSNET! Michael, this is your official welcome to CSNET.“ die einen Tag zuvor um 12:21 Uhr seine amerikanische Kollegin Laura Breeden aus Cambridge abgeschickt hatte (Sagatz & Hagedorn, 2014).

Die Erfindung des Internets im Jahr 1989 ist der zweite weltweit wichtige Meilenstein in der digitalen Medien- und Werbekommunikationsgeschichte. Als Erfinder des „World Wide Web“ wird Tim Berners-Lee (*1955) angesehen und anerkannt. Der britische Physiker und Computerspezialist arbeitete am „Conseil Europeen pour la Recherche Nucleaire (CERN)“ in Genf in der Schweiz und entwickelte das Programm „Enquire“ als ein Informationsmanagementtool, das den weltweit agierenden Wissenschaftlern am CERN erlaubte, zahlreiche Datenbanken und deren Inhalte (Daten, Texte) einfach und intuitiv nutzbar miteinander zu verknüpfen. In seinem Konzept „Information Management: A proposal“ erläuterte Berners-Lee die revolutionäre Idee des „Hypertext“ (Berners-Lee, 1989; Berners-Lee & Fischetti, 2000): Statt einer hierarchisch strukturierten Datenablage sollten Daten in einem „linked information system“ als ein „web of notes“ organisiert werden (Berners-Lee, 1989). Jeder Text, jedes Wort oder jede andere Art von Daten sollte netzförmig, assoziativ und hypertextuell so miteinander verknüpft sein, dass Nutzer von einem „Datum“ zu einem beliebigen anderen „Datum“ durch einen einfachen Mausklick gelangten. Schon in dieser Ideenbeschreibung thematisierte Berners-Lee die Idee, dass diese Verlinkung über den Computer und das CERN-Netzwerk hinausgehend in einem „world wide web“ funktionieren könnte – das „WWW“ war geboren (Berners-Lee & Cailliau, 1990, S. 7). Ähnlich wie Tim Berners-Lee hatten schon seit 1965 Douglas Engelbart (1925–2013) und William „Bill“ English (1929–2020) daran gearbeitet, durch einen „Hypertext“-Sprung Texte zwischen Computern, die über Leitungen und Knoten zu einem Netzwerk „oN-Line System (NLS)“ („online“) verbunden waren, miteinander zu verknüpfen. Zur Navigation auf dem Monitor und in den Texten entwickelten sie ein Hilfsgerät: die „Maus“. Dieses stellten sie als „X-Y-Positions-Anzeiger für ein Bildschirmsystem“ auf der Computerkonferenz „Fall Joint Conference“ in San Francisco am 9. Dezember 1968 erstmals einer wissenschaftlichen Öffentlichkeit vor. Am 17. November 1970 wurde Engelbarts Computermaus patentiert; weltweit nutzerrelevant wurde die Maus Mitte der 80er-Jahre, als Apple den ersten Computer mit einer grafischen Benutzeroberfläche und einer Maus als Bedienelement auf den Markt brachte (Brügger, 2017, S. 16). Die Navigation im weltweiten Internet mit der wachsenden Anzahl von Websites erleichterten Webbrowser: Am 15.10.1994 wurde der erste Webbrowser „Mosaic Netscape Navigator“ vorgestellt, der die Darstellung von Inhalten des WWW ermöglichte.

Ein werbehistorisch besonders markanter Meilenstein in der digitalen Werbung ist das erste verkaufte Onlinebanner. Am 27. Oktober 1994 stellte „HotWired“, das Webmagazin des „Wired“-Magazins, ein Banner der „American Telephone and Telegraph Company“ (AT&T) in der Größe von 468x60 px für drei Monate Laufzeit und 30.000 $ pauschaler Schaltkosten online. Die erste digitale Anzeige („banner ad“) hatte den Text „Have you ever clicked your mouse right HERE? YOU WILL …“. Wenn die Nutzer auf das Werbebanner klickten, wurden sie auf eine virtuelle Tour durch sieben der größten Museen der Welt geführt; AT&T bewarb damit seine technischen Dienstleistungen für den Zugang zum weltweiten Internet und der damit möglichen digitalen Reise durch Zeit und Raum (Singel, 2010). Weitere Unternehmen wie Volvo oder Club Med folgten AT&T als erste digitale Werbungtreibende. Die digitale Werbung mit Banner entwickelte sich rasant – ebenso die Anzahl von Content-Websites, die sich über den Verkauf von Werbeflächen finanzierten. 1995 wurde der „http-Cookie“ erfunden, der es erlaubte, individuell jeden Besucher einer Website zu identifizieren, seinen weiteren Weg auf andere Websites zu verfolgen („tracking“) und erneut mit Bannerwerbung anzusprechen. Um weltweite Standards in der Onlinewerbung zu entwickeln und festzulegen, gründeten 1996 die ersten Unternehmen der Digitalwerbebranche das „Interactive Advertising Bureau“ (IAB) in New York als internationalen Wirtschaftsverband der Onlinewerbebranche. Ein weiterer Meilenstein in der Digitalwerbung war der Start der Online-Agentur für werbebezogene Dienstleistungen DoubleClick im gleichen Jahr: Bis 1996 war die Buchung von Bannern unorganisiert, ihr Erfolg für Werbungtreibende und Werbeagenturen war nicht professionell nachvollziehbar oder somit bis dahin mediatechnisch nicht planbar. Die von „DoubleClick“ entwickelte Technologie namens „Dynamic Advertising Reporting and Targeting“ (DART) unterstützte Werbungtreibende, die Reaktion auf ihre digitalen Werbemittel zeitnah zu verfolgen und so ihre Banner vor Ende der Werbekampagne quasi „real time“ zu optimieren. Aufgrund seines großen Netzwerks, des global zentralen Managements und des ersten Einsatzes eines „Ad Servers“ ermöglichte „DoubleClick“ seinen Werbekunden, auf einer Vielzahl von Websites zu werben und ihre Kampagnen an die gewünschte Werbeleistung anzupassen, da der Preis für Werbung im „DoubleClick“-Netz auf dem „Cost-per-1000-Impressions“ (CPM)-Modell beruhte (Hesterberg, 2021; Oberoi, 2013). 2007 wurde „DoubleClick“ von „Google“ übernommen.

Einen wichtigen Milestone in der Historie der Onlinewerbung stellt 1998 der Start der Internetsuchmaschine „Google“ dar. Bis zur Gründung von Google unterstützten sogenannte Webkataloge und Internetverzeichnisse die Suche nach Themen, Unternehmen und Produkten im Internet (z. B. 1994: Yahoo; 1996 Sharelook, meinestadt.de). Die digitalen Websiteverzeichnisse waren hierarchisch wie physische Produktkataloge und Bibliotheksverzeichnisse nach Taxonomien systematisiert und wurden manuell von Redaktionen durch Sichtung der Websites und entsprechende Einordnung gepflegt. Der manuelle Aufwand der Aktualisierung konnte in den Zeiten der weltweit boomartig steigenden Zahl von Websites und schnellen Veränderung Ende der 1990er-Jahre nicht mehr mithalten. Die „Google“-Gründer Larry Page (*1973) und Sergey Brin (*1973) entwickelten eine Internet-Suchmaschine, die vor allem aus zwei Gründen revolutionär war: Zum einen bewertet und gewichtet ein von „Google“ programmierter „Google“-Algorithmus („PageRank“, später „Hummingbird“) die Popularität („thematische Relevanz“) jeder Websites. Zum zweiten werden durch die Eingabe eines Suchwortes oder einer Kombination von „Keywords“ durch den Suchmaschinenbenutzer alle von „Google“ damit indexierten Websites in Sekundenbruchteilen gesucht, gefunden und in Form von Ergebnisseiten („Search Engine Result Page (SERP)“) dargestellt. 1999 führte „GoTo“ das Konzept einer „Paid Placement Model“-Suche ein, der Beginn von „Paid Search“ und „Pay-Per-Click-Advertising“. Erfinder Bill Gross hatte die Idee, Suchergebnisse des höchstbietenden Werbungtreibenden im Suchranking oben auf der Ergebnisseite zu platzieren. 2000 startete „Google“ das Werbeformat „Google AdWords“ (jetzt „Google Ads“) mit dem werbungtreibende Konsumenten, die mit „Google“-Search digital auf der Suche nach Informationen oder Angeboten sind, auf sich aufmerksam machen. Die Platzierung der „Ad Words“ ist dabei abhängig von einem von Google entwickelten „Quality Score“ als Maßstab für beliebte Anzeigen aufgrund von „Click-Through-Raten“. 2003 folgte das Werbeformat „Google AdSense“, das es Unternehmen ermöglicht, auch auf fremden Websites Werbung zu platzieren; die Auswahl der „Ads“ auf der werbungführenden Website determiniert ein weiterer „Google“-Algorithmus aufgrund der Inhalte der Zielwebseite.

Mit dem Start im Jahr 2003 von „LinkedIn“ und „Open BC“ begann die Ära der sogenannten „sozialen Medien“ oder „Social Media“-Plattformen als eine Reihe von historisch werberelevanten Milestones. In zeitlich rascher Abfolge innerhalb von zehn Jahren gingen 2003 „MySpace“, 2004 „Facebook“, 2005 „YouTube“ und „studiVZ“, 2006 „Twitter“, 2007 „tumblr“, 2010 „Instagram“ und „Pinterest“, 2011 „Snapchat“ und 2014 „musical.ly“ (später „TikTok“) online. Im Gegensatz zu den bis dato agierenden „klassischen“ analogen Massenmedien, die von Medienunternehmen für Rezipienten und Werbungtreibende in der Regel monologisch publiziert werden, charakterisierten sich diese digitalen Medien dadurch, dass sie es jedem Nutzer ermöglichten, in und mit der Gemeinschaft der anderen User „kollaborativ, interaktiv, iterativ, simultan“ zu kommunizieren (Kreutzer, 2021, S. 175). Individuen, Konsumenten und Nutzer wurden damit erstmals in der Mediengeschichte in die Rolle eines Medienunternehmens versetzt, technisch ohne professionelles Medienproduktions-Know-how selbst Texte (z. B. eigene Beiträge, Kommentare zu anderen Beiträgen), Fotos (z. B. selbst aufgenommene Fotos, „Selfies“, Fotos von anderen), Graphiken (z. B. Emojis), Videos und Audios innerhalb des jeweiligen Social-Media-Kanals weltweit und mit einer für Individuen bis dahin nicht gekannten Rezeptionsreichweite zu erstellen, zu verknüpfen, zu publizieren und zu teilen. Als Vorläufer und Wegbereiter dieser Entwicklung können die Bloggingdienste „LiveJournal“ und „Blogger“ (1994), der Multi-User-Messaging-Dienst ICQ (1996) sowie die Online-Freunde-Communities „ClassMates.com“ (1995), „SixDegrees.com“ (1997) und „Friendster“ (2002) angesehen werden, die Elemente der erfolgreichen und reichweitenstarken Social-Media-Kanäle ab 2003 beinhalteten (Decker, 2019, S. 129). Aufgrund ihrer Gründungsmotivation wiesen die jeweiligen Social-Media-Kanäle anfänglich kanaltypische Schwerpunkte auf; im Laufe der Jahre übernahmen bestehende Plattformen von neuen Social-Media-Kanälen attraktive oder innovative Features: So positionierte sich zum Start

  • „Facebook“ als Plattform für den Austausch von insbesondere Meinungen und Kommentaren zwischen „Freunden“,

  • „Instagram“ als fotozentrierte Plattform mit Selbstbezug der Nutzer,

  • „Pinterest“ als kollaboratives Mood- und Pinboard von Ideen und Erinnerungen,

  • „Twitter“ als Microblogging- und Kurznachrichtendienst mit 140 Zeichen (später 280 Zeichen),

  • „YouTube“ als videozentrierte Plattform und

  • musical.ly“ bzw. „TikTok“ als musik- bzw. videozentrierte Plattform.

Die revolutionärste Veränderung im Medienmarkt und Begründung des „Social-Media-Marketings“ stellte die von Mark Zuckerberg (*1984) 2004 gegründete Social-Media-Plattform „The Facebook“ dar; anfänglich ohne das strategische Ziel, Werbeeinnahmen zu generieren – auch wenn schon im April 2004 erste Ads auf Facebook publiziert wurden. Erst 2006 konzentrierte sich „Facebook“ auch auf die Generierung und Publikation von Werbung, u. a. mit einer einjährigen Marketingvereinbarung mit der Bank „JP Morgan Chase“, die ihre Kreditkarte bewarb und Microsoft als exklusiver Werbesyndizierer von Werbebannern und gesponserten Links auf Facebook. 2008 führte Facebook „Engagement Ads“ ein, die es Nutzern erlaubte, Werbung zu kommentieren, mit Freunden zu teilen oder ein Fan des Werbungtreibenden zu werden (Oberoi, 2013).

Auch die Plattform YouTube, die es als revolutionärer weiterer Meilenstein in der digitalen Mediengeschichte ermöglichte, Videos durch einen Upload auf der Plattform weltweit zu veröffentlichen, startete anfänglich ohne Werbung. Nach dem ersten von Mitgründer Jawed Karim (*1979) im Zoo von San Diego hochgeladenen Video „Me at the Zoo“ („Ich im Zoo“) am 23. August 2005 wurde Videowerbung ab 2006 eingeführt: Zum einen in Form von „Participatory Video Ads (PVA)“ als vom Nutzer auf „YouTube“ eingestellter Videoinhalt mit der Möglichkeit des Bewertens, Teilens, Favoritenkennzeichnens, Kommentierens und Einbettens, zum zweiten als „Brand Channels“, in denen Unternehmen Videoinhalte im Einklang mit ihrer Marke veröffentlichen konnten. Der erste Markenkanal auf „YouTube“ wurde von „Warner Bros. Records“ angelegt; 2008 startete YouTube beworbene Videos und Pre-Roll-Anzeigen.

Mit dem Fokus auf visuelle Kommunikation und die Beliebtheit der Rezeption von Fotos und Bewegtbild launchte Kevin Systrom (*1983) am 16. Juli 2010 die Foto- und Video-Social-Media-Plattform Instagram mit dem ersten „Insta“-Foto seines Hundes. Im September 2011 wurdenHashtags („#“) in der Kombination mit einem Keyword bei Instagram eingeführt, um den Nutzern die Entdeckung von trendigen Themen und Schlüsselbegriffen – auch später von Werbungtreibenden genutzt – zu erleichtern; 2007 war das Rautezeichen auf „Twitter“ erstmals eingesetzt worden, um mehr Übersicht in Themen und Posts des Kurznachrichtendienstes zu bringen. Am 1. November 2013 wurde die erste bezahlte Anzeige in Form eines „Sponsored Post“ von „Michael Kors“ auf „Instagram“ geschaltet. 18 h nachdem der Post live gegangen war, hatte der Account des Luxusdesignerlabels bereits mehr als 34.000 neue Follower, 16-mal mehr als die Marke für gewöhnlich an neuen Fans dazugewann; der Post mit dem Foto einer „Michael Kors“-Uhr erhielt mehr als 230.000 Likes, viermal mehr als durchschnittliche Posts von „Michael Kors“ (HORIZONT, 2013).

1994 stellte die Gründung von Amazon aufgrund des später quasi allumfassenden Produktangebotes, den verbundenen Services und insbesondere den vielfältigen Werbemöglichkeiten in einem proprietären Verkaufssystem nicht nur einen Meilenstein in der Geschichte des „eCommerce“, sondern auch der digitalen Werbekommunikation dar. Am 5. Juli 1994 gründete Jeff Bezos (*1964) „Amazon.com“ in Seattle als Onlineverkaufsplattform, anfänglich als weltweit agierendes digitales Buchhandelsgeschäft. Der Unternehmensname leitet sich vom längsten Fluss der Welt, dem „Amazonas“ ab, um die große Auswahl der Produkte zu symbolisieren; das erste am 16. Juli 1995 auf „Amazon.com“ verkaufte Produkt war das 500seitige Buch „Fluid Concepts and Creative Analogies“ von Douglas Hofstadter (Amazon, 2018). 1998 entstanden neben der US-amerikanischen Website die ersten landesspezifischen „Amazon“-Shopseiten (u. a. in Deutschland „Amazon.de“). Mit der Einführung von „Amazon Marketplace“ können auch andere Händler und Anbieter Produkte über die Verkaufsplattform verkaufen und versenden lassen. Mit „Amazon Prime“ bietet „Amazon“ seit 2007 eine Lieferflatrate an, mit der Abonnenten auch andere Produkte wie Mode und Schuhe, Unterhaltungselektronik, Möbel, Haushaltsgüter und Werkzeug ohne weitere Versandkosten bestellen können. Durch die Übernahme zahlreicher internationaler Mitbewerber (z. B. 2005: Print-on-Demand-Druckerei „Booksurge“; 2009: Onlineschuhshop „Zappos“; 2011: Onlinebuchhändler „The Book Depository Ltd“; 2014: Gamingplattform „Twitch“; 2021: Hollywoodstudio „Metro-Goldwyn-Mayer (MGM)“) und eigene innovative, unternehmerische Aktivitäten (z. B. 2006: Cloudangebot „Amazon Web Services (AWS)“; 2007: Musikstreamingdienst „Amazon Music“, Bezahldienst „Amazon Pay“; 2018: Videostreamingdienst „Amazon Prime Video“) entwickelte sich Amazon zu einer globalen proprietären Shopping- und Werbeplattform. Mit „Amazon Ads“ bietet die universelle Digitalplattform verschiedene Werbemöglichkeiten (z. B. „Cost Per Click“, „Display Ads“, „Sponsored Products“), über die Partnerunternehmen mit Konsumenten auf und außerhalb von „Amazon“ werblich kommunizieren können. Seit 1996 können Unternehmen und Publisher von Websites das „Amazon“-Affiliate-Marketingprogramm („Amazon Associates“) zur Produktbewerbung nutzen, seit 2002 können Onlinepublisher auf die Produktdatenbank von „Amazon“ zugreifen und somit zum Content thematisch passende Werbung für Produkte einbinden, die über „Amazon“ erhältlich sind.

8 Milestones in der Geschichte der Out-of-Home-Werbung

Analog zur Bedeutung für den Buch-, Zeitungs- und Zeitschriftendruck hat die Erfindung der beweglichen Metalllettern und der Druckerpresse von Gutenberg große Relevanz für die Plakatwerbung. Damit wurden ebenso wie durch die spätere Erfindung der Lithografie durch Aloys Sennefelder (1771–1834) Drucke mit Texten und Illustrationen auf Papier in größeren Auflagen und in Farbe möglich.

Einen wichtigen Meilenstein in der Werbekommunikation Deutschlands im öffentlichen Raum stellt die Entwicklung der sogenannten Litfaßsäule durch Ernst Litfaß (1816–1874) dar. Der kreative und populäre Schauspieler, Poet, Verleger und Drucker hatte in Berlin u. a. bei der Publikation der „Theater-Zwischen-Acts-Zeitung“ Erfahrung mit der Veröffentlichung von aktuellen und werblichen Informationen gesammelt. Inspiration für die „Anschlagsäule“ erhielt Litfaß durch die optisch auffallende, „sensationelle Reklame“ des amerikanischen Wanderzirkusunternehmers P. T. Barnum („The Ringling Bros. Barnum & Bailey Circus“) in New York City mit großformatigen farbigen Plakaten (1835) und die „Harrissäule“ (1824) in England (Reichwein, 1980, S. 17). Diese achteckige, drehbare Säule war außen mit mehreren Reihen von Fächern versehen, in die Ankündigungen von Veranstaltungen eingesteckt wurden. Tagsüber und in der Nacht von innen mit Öllampen und Kerzen wie eine Laterne beleuchtet, wurde die Plakatsäule mit Pferdekutschen durch London gezogen. Zudem war Litfaß als einer der wenigen Druckbetriebe Berlins in der Lage, Papier vierfarbig und großformatig (628 cm x 942 cm) zu bedrucken (Reichwein, 1980, S. 15). Durch seine guten politischen Kontakte mit der Stadtverwaltung Berlins gelang es Litfaß 1854 das Exklusivrecht für über 15 Jahre für die Errichtung und den Betrieb von stationären Anschlagsäulen zu erhalten. Dazu wurden 50 existierende „Stadtmöbel“ – Brunnen und Pissoirs – mit Holz verkleidet und zu „Annonciersäulen“ umgebaut; 100 neue „Litfaßsäulen“ wurden zusätzlich in Berlin errichtet. Die erste „Litfaßsäule“ wurde am Sonntag, den 1. Juli 1855, vor dem Haus des Verlegers mit Musik und einem Festakt enthüllt und in Betrieb genommen (Gunkel, 2016; Reichwein, 1980, S. 25). Die Attraktivität der Säulen lag darin, dass sie zum einen der damaligen Wildplakatiererei Einhalt boten und gedruckter Kommunikation geordneten Platz in einem repräsentativen Format im öffentlichen Raum an prominenten Plätzen gaben. Zum anderen motivierte die kombinierte Publikation von tages- und wochenaktuellen amtlichen Informationen (z. B. Kriegsdepeschen, Siegesbulletins) und werblicher Kommunikation (z. B. von Ladenlokalen, Theatern, Varietés) Fußgänger und Passanten in Berlin, die innovativen „Stadtmöbel“ wahrzunehmen und die „Anschläge“ zu rezipieren. Nach Auslaufen und dem Verlust der Konzession von Litfaß 1880 setzte das Berliner Unternehmen Nauck & Hartmann die Vermarktung der tonnenförmigen Plakatierstellen fort. Das Interesse an dieser Form der Außenwerbung war außerhalb Berlins so groß, dass in den Folgejahren, insbesondere in der nationalsozialistischen Zeit, in ganz Deutschland die typischen „Litfaßsäulen“ große Verbreitung fanden. Nach dem 2. Weltkrieg setzte sich die Geschichte der modernen Außenwerbung in Deutschland fort, als Plakatwände aufgestellt wurden, um die zahlreichen tristen Trümmergrundstücke der kriegszerstörten Städte mit farbigen Werbeflächen zu verkleiden (Schloßbauer, 1998, S. 27). Eine Litfaßsäule aus dem Jahr 1900 am Hackeschen Markt in Berlin gilt als älteste Außenwerbestelle in Deutschland (OOH! – Impulse, 2021, S. 43).

Einen Meilenstein der elektronisch-illuminierten Außenwerbung stellt der 1819 fertiggestellte Piccadilly Circus in London mit seinen auffallenden Werbeinstallationen dar. Schon Anfang des 19. Jahrhunderts wurde dieser point of high traffic als attraktiver Platz für ganzjährige Außenwerbung tagsüber und insbesondere auch in der Nacht erkannt: 1908 nutzte die französische Mineralwassermarke „Perrier“ als erster Werbungtreibender eine elektrisch beleuchtete Werbetafel an einem Gebäude am „Piccadilly Circus“. Im Laufe der Jahre entstanden weitere, zum Teil vollflächige Lichtwerbeträger an Gebäudefassaden; Weltmarken wie BP, Canon, Cinzano, Coca-Cola, Fujifilm, Hyundai, McDonalds, Panasonic, Samsung, Schweppes und TDK setzten und setzen die Prominenz des Platzes und die Auffälligkeit der Außenwerbemöglichkeiten für ihre Marketingkommunikation im öffentlichen Raum ein (BBC, 2017).

Die amerikanische Version des Londoner „Piccadilly Circus“ mit ähnlich ikonischer Faszination und weltweiter Berühmtheit stellt der Times Square in New York City dar – ein schon zu Beginn der 1920er-Jahre beliebter und belebter Platz im Herzen von New York: Theater, Musicalhäuser, Kabaretts, Bars, Restaurants sowie Hotels umgaben den Platz. Die Tradition beleuchteter, großflächiger Außenwerbung an Fassaden von Gebäuden am „Times Square“ begann schon mit Werbetafeln („Billboards“), die durch weiße Glühbirnen illuminiert wurden. Bis Mitte der 1940er-Jahre beschränkte sich die Werbung auf die Architektur im nördlichen Teil des rechteckigen Platzes, da Hotels und auch die „New York Times“ selbst keine Werbung auf ihren Gebäudefassaden duldeten. Die Nutzung der Bauten am südlichen Platzbereich zur Werbung mit aufgestellten Plakatwänden vor niedrigen Gebäuden und angehängten Leuchtreklametafeln an mehrstöckigen Bauten änderte sich in den 1950er-Jahren. Berühmtheit erlangte dabei zwischen 1941 und 1966 die Werbung der Zigarettenmarke „Camel“ mit dem ikonischen Camel-Cowboy, der Rauchwolken über den Platz blies, und dem riesigen „Pepsi“-Wasserfall auf dem ehemaligen Bonds-Kaufhaus – Beispiel für quasi stationäre Ambient-Werbung im öffentlichen Raum (Bird, 1972). Seit 1928 steht der 110 m hohe „One Time Square“, das ehemalige „New York Times“-Verlagsgebäude, im Herzen des „Times Square“ gänzlich im Zeichen optisch und dimensional beeindruckender Out-of-Home-Kommunikation. Rund um das 25-stöckige Gebäude läuft auf der Fassade der „Times Square Ticker“ („The Zipper“), eine riesige Laufschrift, auf der Nachrichten- und Börsen-Schlagzeilen im Textformat veröffentlicht werden. Aufgrund notwendiger, aber unrentabler Renovierung des Gebäudes für die Nutzung von Büros, Geschäften oder Hotels wurde der gesamte Komplex 1996 komplett zur ausschließlichen Out-of-Home-Werbefläche umgewidmet: Drei der vier Gebäudeseiten der „No. 1 Branding Location Worldwide“ sind mit XXL-Werbepostern und Monitoren versehen, unter anderem bieten Digital-Screens (z. B. von Samsung mit 1081 m2 Größe) multimediale Full-Motion-, Live-Streaming- und interaktive Werbemöglichkeiten (Brill, 2023; Samsung, 2021). Auch der 1990 eröffnete gläserne Turm „Two Times Square“ dient als „Corporate Architecture“ für prominente Außenwerbung: Die platzseitige Fassade wurde speziell für Out-of-Home-Werbung konzipiert und publiziert Werbung u. a. von Xinhua und Coca-Cola, in den 1990er-Jahren als 15 m hohe Coca-Cola-Flasche, heute auf einer großen LED-Anzeigetafel (Sherwood, 2022).

Auch in Deutschland suchte um die Jahrhundertwende illuminierte Außenwerbung die Aufmerksamkeit von Konsumenten und Passanten an vielbesuchten Plätzen: Die erste „Lichtwerbeanlage“ wurde 1897 am Berliner Spittelmarkt in der Leipziger Straße in Berlin installiert, die in den Farben Rot und Weiß das Produkt „Malton-Wein“ leuchtend bewarb. Ein Jahr später konnten 1898 die Berliner am Potsdamer Platz die erste Leuchtreklame für LEIBNIZ Kekse und die zweite Leuchtreklame in Deutschland überhaupt bewundern. Mit einem aus Glühbirnen beleuchteten überdimensionalen Kreis und Schriftzug „LEIBNIZ-Cakes“ auf einem Gebäude bewarb Bahlsen innovativ und aufmerksamkeitsstark seine Kekse an einem der verkehrsreichsten Plätze Deutschlands (Bahlsen, 2022; Leibniz, 2022; Reinhardt, 1993, S. 312).

Für die deutsche Geschichte elektronisch-digitaler Außenwerbung stellt insbesondere auch die innovative „Persil“-Lichtwerbung von Henkel 1927 in Berlin in Nähe des Bahnhofes Friedrichstraße an der Weidendammer Brücke einen Meilenstein dar: 60.000 farbige Glühbirnen in heller und in matter Ausführung, gefärbt und auch als sogenannte Tageslichtlampen bewarben in einer illuminierten und animierten Simulation eindrucksvoll die „richtige Persil-Waschmethode“ und den Werbeclaim „Persil bleibt Persil“. Auf dem Dach eines fünfstöckigen Hauses war frontseitig eine Eisenkonstruktion mit einem Gewicht von 28 t angebracht, die die Lichtinstallation in einer Breite von etwa 22 Metern und einer Höhe von etwa elf Metern – also einer Fläche von nahezu 250 qm – trug. Die 15 bis 100 W-Glühbirnen in 4000 Fassungen beleuchteten das Persil-Paket im oberen Teil der Werbung (Höhe 4 m, Breite 2,60 m), die Buchstaben des Wortes PERSIL (Höhe 2,50 m) und den Waschkessel (Höhe 3 m, Breite 5 m). Innerhalb einer halben Minute präsentierte die „Persil“-Werbung quasi im Zeitraffer einen 15-minütigen Waschvorgang mit Persil, bei dem ein zuführender Wasserleitungshahn, kaltes Wasser, ein aufnehmender Waschkessel, brennendes Feuer, kochendes Wasser, blubbernder Schaum und aufsteigende Dampfschwaden sowie nicht zuletzt das verwendete Persil-Paket plus entsprechende Zeitangaben (2 Min., 4 Min., 6 Min., 8 Min., 10 Min., 12 Min., 14 Min. und 15 Min.) dynamisch durch die unterschiedliche Schaltung der Glühbirnen farbig simuliert wurden. Mit Hilfe einer Schaltuhr wurde die Gesamtanlage selbsttätig ein- und ausgeschaltet, sodass „täglich Tausende von Menschen von der Reklame erfasst, geworben und instruktiv belehrt werden“ konnten (Rusag, 1929).

Als weltweit größte stationäre Leuchtwerbung eines Unternehmens mit einem Durchmesser von 51 Metern, 1710 Lampen und einer Buchstabenhöhe von sieben Metern gilt seit 1933 das Bayer-Kreuz in Leverkusen auf dem Firmengelände der Bayer AG. Am 20. Februar 1933 wurde das 1904 zum Markenschutz angemeldete Logo des Unternehmens in Form von 2200 elektrischen Glühbirnen mit einem Durchmesser von damals 72 m in 120 m Höhe zwischen zwei Fabrikschornsteinen installiert. In einer Blinklicht-Dramaturgie leuchtete der Außenkreis auf, dann erschienen die Buchstaben, die das typische „Bayer-Kreuz“ formen. Im Zweiten Weltkrieg wurde das Leuchtkreuz abgeschaltet, 1944 demontiert und 1958 wieder an einem anderen Standort auf dem Werksgelände aufgebaut. Im Jahr 2009 wurden die ursprünglichen 40-Watt-Glühbirnen durch energiesparende und innovative Leuchtdioden, 2016 durch modernere und effizientere LEDs ersetzt (Bayer, 2022).

Ein weiteres ikonisches Beispiel, und insbesondere einen Meilenstein in der Historie der mobilen Out-of-Home-Werbeträger, stellt der „Coca-Cola Christmas Truck dar. Zum Start 1995 waren die ersten Trucks der weihnachtlichen Coca-Cola-Karawane noch nicht real, sondern bestanden für den TV-Werbespot, der von der amerikanischen Agentur W.B. Doner kreiert wurde, nur aus drei speziell angefertigten 18-rädrigen Dummy-Zugfahrzeugen mit Anhänger. Der künstliche „Christmas Caravan“ wurde mit Spezialeffekten von „Industrial Light and Magic“ (u. a. „Star Wars“, „Jäger des verlorenen Schatzes“, „Forrest Gump“) animiert; die drei Sattelschlepper wurden dann zu einer endlos wirkenden Karawane von Cola-LKWs digital zusammengebaut, die vorbei an Hängen und durch Täler und Städte fuhren. Jeder der „Christmas Trucks“ war ein über zwölf Meter langes, zwei Tonnen schweres Gefährt mit mehr als 30.000 Glühbirnen. 1998 erzielte der „Coca-Cola-Christmas-Caravan“-TV-Spot eine millionenfache Reichweite durch seine Ausstrahlung in mehr als 100 Ländern weltweit. 2001 wurden die Trucks erstmalig zum realen Leben erweckt und starteten auf den Straßen ihre erste adventliche Promotiontour mit Fahrten durch die USA; seit 2010 fahren „Coca-Cola“-Truck-Kolonnen zur Weihnachtszeit durch Großbritannien und Deutschland, seit 2017 durch Australien (Coca-Cola 2011).

9 Summary & Wissenscheck

Fazit

Die Geschichte der Werbekommunikation wird bestimmt durch historische Innovationen der Medien als Träger und Vermittler von Werbung. Diese technischen Milestones ermöglichten markante Optimierungen in der werblich-persuasiven Kommunikation zwischen Anbietern und Abnehmern von Produkten und Dienstleistungen seit der Antike bis heute: Die Druckerpresse ermöglichte die erste Vervielfältigung der gedruckten Werbebotschaft, die Logistik durch Postlinienverkehr sorgte für eine höhere geographische Verbreitung, das Entstehen von themenfokussierten Zeitschriften erleichterte die Adressierung von Zielgruppen, die Erfindung des Hörfunk erweiterte die Kommunikation um akustische Möglichkeiten, die Innovation des Transistor- oder Kofferradios mobilisierte erstmals Werbekommunikation, das Aufkommen von Bewegtbild durch Kinofilm und Fernsehen erweiterte die kommunikativen Möglichkeiten von Werbung um optische Dynamik und emotionale Visualität, Internet und Social Media befähigen Konsumenten, sich untereinander zu vernetzen und realisieren werbehistorisch erstmalig weltweite und zeitgleiche Dialoge zwischen absatzorientierten Unternehmen und kaufinteressierten Zielgruppen.

Wissenscheck

  • Welche typischen Veränderungen kennzeichnen grundsätzlich die Entwicklung der Werbemedien über die verschiedenen Phasen der Geschichte?

  • Welche Parallelen gibt es zwischen der Werbung in der Antike und heute?

  • Welcher Milestone in der Zeitungs- und Zeitschriftenwerbung war historisch der wichtigste?

  • Welche technischen Basiskomponenten sind historisch relevant für die Entwicklung von Digitalwerbeträgern?

  • Welche historischen Milestones charakterisieren die Geschichte der Out-of-Home-Werbung?