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SA-Parole

„Alles für Deutschland“: Der Satz hinter Höckes Urteil, den einst sogar die SPD verwendete

Wegen Verwendung des Satzes „Alles für Deutschland“, der auch von der SA genutzt wurde, war AfD-Politiker Björn Höcke am Dienstag zu einer Geldstrafe verurteilt worden. Der Hintergrund des Satzes ist dabei komplex, so verwendete ihn schon die SPD in der Weimarer Republik.

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Der Ausspruch „Alles für Deutschland“ ist strafbar – urteilte das Landesgericht Halle und verhängte gegen Björn Höcke wegen der Verwendung des Satzes eine Geldstrafe von 13.000 Euro. Höcke hatte die umstrittene Wortwahl während einer Wahlkampfrede im Mai 2021 verlauten lassen.

In Paragraf 86a des Strafgesetzbuches ist festgehalten, dass das Verwenden verfassungsfeindlicher Parolen mit einer Freiheits- oder Geldstrafe zu ahnden ist. Der Ausspruch „Alles für Deutschland“ erlebte seine Hochzeit unweigerlich in der NS-Zeit, war überdies auch auf den Dolchen der nationalsozialistischen Sturmabteilung (SA) eingraviert. In der Öffentlichkeit wird die Sentenz deshalb auch als zentrale Losung der SA und somit als verfassungswidrig gewertet. Die weitere Datenlage zur offiziellen Verwendung des Satzes durch die SA ist allerdings recht dünn.

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Trotzdem stufte auch der Wissenschaftliche Dienst im Bundestag den Satz im November 2021 – sechs Monate nach Höckes Äußerung – als zentrale Parole der SA und deshalb als verboten ein. Begründet wurde diese Einstufung allerdings nicht mit dem Strafgesetzbuch, sondern mit einem Gerichtsurteil aus dem Jahr 2006. Damals hatte das Oberlandesgericht Hamm den Ausspruch als zentrale Losung der SA und somit verfassungswidrig gewertet.

Die Richter stellten damals explizit fest, dass der Satz eindeutig mit Bezug auf die NS-Ideologie geäußert wurde. Der Angeklagte sei dem nationalsozialistischen Gedankengut „verhaftet“, hieß es in der Urteilsbegründung. Wegen vorsätzlicher Körperverletzung und der Verwendung des pikanten Satzes wurde der Täter zu sechs Monaten Haft verurteilt.

Höckes Gesinnung scheint allerdings nicht allzu eindeutig gewesen zu sein. Die Richter des Landgerichts Halle untersuchten daher weniger den Kontext der konkreten Äußerungen, sondern welche Begriffe der ehemalige Geschichtslehrer in der Vergangenheit noch verwendete. Das Gericht erklärte, Höcke sei schon öfter mit NS-nahen Äußerungen aufgefallen. Die Richter zeigten sich deshalb überzeugt, dass der AfD-Politiker die Parole bewusst wählte – obwohl Höcke nach wie vor vorgibt, nichts von der düsteren Vergangenheit des Satzes gewusst zu haben.

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Aber Unwissenheit schützt vor Strafe nicht, besagt ein altes deutsches Sprichwort. Die Verwendung der Parole ist allenfalls nicht ratsam, ob sie verboten ist, ist nicht nur wegen der interpretationswürdigen Auslegung im Strafgesetzbuch fragwürdig, sondern auch, weil der Satz bereits in der Vergangenheit mehrfach ohne direkten NS-Bezug benutzt – und niemals bestraft wurde.

Höcke selbst führt immer wieder an, dass auch Deutschlands wohl bekanntester Fußballer und Trainer, Franz Beckenbauer, die Parole verwendete, als er die Fußball-Nationalmannschaft 2006 mit den Worten „Gebt alles für Deutschland“ motivierte. Auch der Spiegel verwendete die Parole im September 2023 als Überschrift für eine Kolumne. Wie auch bei Höckes Wahlkampfrede im Mai 2021 fehlt in diesen Fällen ein eindeutiger Bezug zur NS-Ideologie, vielmehr sollte der Ausspruch einen gewissen Patriotismus verkörpern.

Des Weiteren stammt die Parole nicht ursprünglich aus der NS-Zeit, sondern wurde bereits zuvor verwendet. So nutzte beispielsweise der unter anderem von Otto Hörsing (SPD) gegründete Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold die Losung „Nichts für uns, alles für Deutschland“ in der Weimarer Republik. Der damals populäre SPD-Politiker verwendete den Ausdruck 1931 auch in einem Brief an den Bundesvorstand des Reichsbanners, der daraufhin in zahlreichen Zeitungen unter SPD-Führung abgedruckt und veröffentlicht wurde. Auch andere Parteien nutzten den Satz während der Weimarer Republik.

Daher stellt sich die Frage, ob die Äußerung „Alles für Deutschland“ ohne NS-Bezug überhaupt verboten werden kann, da sie als Ausdruck von Patriotismus verstanden werden oder auch unter die Meinungsfreiheit fallen könnte. Höcke möchte sich auch nach dem Urteil des Landgerichts nicht von seinen Aussagen distanzieren. Der AfD-Politiker verweist auf den patriotischen Ausdruck des Satzes. Sollte seine Verurteilung rechtskräftig werden, würde der 52-Jährige offiziell als vorverurteilt gelten.

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