Die Auseinandersetzung mit dem Recht, seinen Erscheinungsformen und seiner praktischen Anwendung im Zusammenhang mit Werbekommunikation findet innerhalb der Rechtswissenschaft in verschiedenen Gebieten statt, da „Werberecht“ rechtswissenschaftlich präzise nicht als eigenständige Rechtdisziplin existiert. Der Terminus Werberecht ist somit nur als Sammelbegriff für rechtliche Themen der Werbung zu verwenden. Gesetze und rechtliche Verordnungen, die Werbung betreffen, stammen aus verschiedenen Rechtsgebieten und haben daher unterschiedliche Perspektiven auf das Phänomen Werbung und juristische Themenschwerpunkte u. a. aus dem Wettbewerbs-, Marken-, Urheber- und Medien- oder Datenschutzrecht sowie dem Grundgesetz.

Auch die Rechtswissenschaft beschäftigt sich wie die Werbeethik mit ethischen Normen, die das Verhalten von Stakeholdern in Wirtschaft und Gesellschaft regeln. Im Gegensatz zu den Standards der Werbeethik werden die Normen des Rechts jedoch als rechtlich bindende Gesetze und Verordnungen vom Staat in der Gesetzgebung in seiner Funktion als Legislative festgelegt und für die Rechtsprechung („Judikative“) und die Sanktionierung bei Verstößen („Exekutive“) eingesetzt. Gesetzliche Regelungen, die sich auf die Produktion, Publikation und Rezeption von Werbekommunikation beziehen, betreffen zum einen als Stakeholder:

  • die Unternehmen, die im Wettbewerb mit anderen Markteilnehmern stehen und Werbung gegenüber Verbrauchern und Wettbewerbern betreiben,

  • die Medien, die in unterschiedlicher Modalität Werbungtreibenden als Werbeträger dienen und Werbung von Unternehmen an Zielgruppen technisch vermitteln,

  • die Individuen, die als Verbraucher und als Adressaten von Werbung angesprochen werden und

  • die Gesamtgesellschaft, die grundsätzlich von organisationaler und unternehmerischer Kommunikation betroffen ist.

Die grundsätzlichen Ziele von Gesetzen, die Werbung betreffen, sind:

  • der Schutz von unternehmerischen und individuellen Grundrechten

    (z. B. Mitbewerberschutz, Meinungsfreiheit, Recht auf informationelle Selbstbestimmung),

  • der Schutz des geistigen Eigentums von Individuen und Unternehmen

    (z. B. Urheber-, Markenschutz) und

  • der Schutz der Rechte sensibler Gesellschaftsgruppen insbesondere Konsumenten

    (z. B. Jugendliche, Senioren, Internetnutzer) sowie

  • die Regelung des werbekommunikativen Umgangs mit spezifischen Produkten

    (z. B. Lebensmitteln, Tabak, Pharmazeutika, Alkohol).

Generell gilt das juristische Paradigma, dass Werbung weder unwahre Angaben enthalten noch täuschen darf und damit Markteilnehmer negativ beeinflusst oder sie als Individuen oder Unternehmen schädigt. Im Fokus der Gesetzgebung und Rechtsprechung auf der Ebene Europas, der Bundesrepublik und der Bundesländer, die Werbung betreffen, stehen daher grundsätzlich das Verhalten und die Kommunikation der Marktteilnehmer, die Auswahl von Werbeträgern und Werbemitteln mit den rechtlich erlaubten Möglichkeiten in Orten und Zeiten von Werbung, die Gestaltung von Werbebotschaften in Form, Inhalt und Tonalität sowie die Auswahl und Ansprache der adressierten Werbezielgruppen.

Historisch begann die juristische Relevanz von Werbung mit Einführung der Gewerbefreiheit im 19. Jahrhundert und dem entsprechenden Aufkommen von Wettbewerb in Handwerk, Industrie und Handel – und damit dem wachsenden Bedarf an Regulierung (z. B. Vorgehen gehen Imitation von Marken). Wichtige Meilensteine werblich relevanter Gesetzgebung stellen dar: die Einführung des Markenschutzgesetzes (1874), des Urheberrechts (1876), des Patentgesetzes (1877), des Gebrauchsmustergesetzes (1891), des Gesetzes zum Schutz der Warenbezeichnung (1894), des Gesetzes zur Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbs (1896) sowie des Grundgesetzes (1949) (Altendorfer, 2004, S. 36).

In rechtlichen Regelungen zum Thema Werbekommunikation sind zu unterscheiden:

  • grundlegend für individuelle und organisationale Kommunikation bedeutsame Gesetze,

  • relevante Gesetze, Verordnungen, Staatsverträge und Gerichtsurteile zu Medien in ihrer Funktion als Werbeträger und

  • maßgebende Gesetze zu spezifischen Produktbereichen, die einerseits Gestaltungsfreiräume für werbungtreibende Unternehmen, andererseits Schutzbereiche von Mitbewerbern und Werbezielgruppen definieren.

1 Grundlegende werberechtlich relevante Gesetze

Neben den deutschland- und europaweit für Individuen wie für Unternehmen geltenden Grundgesetzen mit der Sicherung der Kommunikationsfreiheiten wird rechtlich insbesondere der Schutz des geistigen Eigentums wie Erfindungen und Patente durch das Patentgesetz geregelt und aus werbekommunikativer Perspektive interessante Markenzeichen (z. B. Wortmarke, Bildmarke) werden durch das Markengesetz, wirtschaftlich verwertbare Muster und Modelle durch das Designgesetz und selbständige geistige Leistungen (z. B. Musik, Fotos) durch das Urheberrechtsgesetz geschützt.

1.1 Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland (GG)

Das rechtliche Fundament für Werbekommunikation in Deutschland legt in des Wortes doppelter Bedeutung grundlegend das „Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland“ (GG) im ersten Absatz des Artikel 5 fest, in dem die Kommunikationsgrundrechte als Menschenrechte definiert werden: „Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet (BMJ, 2023a, Art. 5, Abs. 1)“. Aus diesem kommunikativen Grundrecht leiten sich spezifische Rechte ab.

Meinungsfreiheit

Die Rechte für jeden – Individuen wie auch Organisationen, Parteien und Unternehmen – bestehen grundsätzlich darin, seine Meinung frei äußern zu können („Meinungsfreiheit“). Dies beinhaltet prinzipiell auch die Möglichkeit von Unternehmen, ihre subjektive und persuasive Information – also Werbung – über sich oder ihre Produkte und Dienstleistungen kommunizieren zu können. Die Publikation der Meinungsäußerung kann dabei in stehenden oder bewegten Bildern (z. B. Fotos, TV-, Kinospots) wie in gedruckten, visualisierten oder gesprochenen Worten (z. B. Anzeigentexte, Bannertexte, Radiospots) erfolgen. Der inhaltliche Wert einer subjektiven Äußerung, die über die Meinungsfreiheit gewährleistet wird, ist irrelevant – es sei denn, es wäre eine bewusst unwahre – und damit nicht zulässige Tatsachenbehauptung.

Informationsfreiheit

Jeder – also auch Konsumenten – hat das Recht, sich über allgemein zugängliche Quellen (z. B. analoge, digitale Medien) – und damit auch über darüber publizierte Werbung – zu informieren („Informationsfreiheit“).

Medienfreiheit

Der Absatz 1 des Artikels 5 des Grundgesetzes sichert grundlegend auch die individuelle und organisationale Kommunikation über Medien als Institution der Berichterstattung und Kommunikation in Form von Presse (z. B. Zeitung, Zeitschrift, Anzeigenblatt), Rundfunk (Radio, Fernsehen) und Film, die als sogenannte Mediengrundrechte konkret die Pressefreiheit, Rundfunkfreiheit und Filmfreiheit umfassen und indirekt auch Multimedia- und Internetangebote beinhalten. Eingeschränkt werden Kommunikations- und Medienfreiheit nur durch allgemeine Gesetze, den Jugendschutz und die Rechte der persönlichen Ehre (BMJ, 2023a, Art. 5, Abs. 2). Eine Zensur von Kommunikation jedweder Art ist unabhängig von diesen Einschränkungen nicht zulässig; so sind alle Vorschriften verboten, die eine Äußerung oder Verbreitung von Meinungen zu beeinflussen oder zu behindern versuchen (Fechner, 2023, S. 32).

Kunst-, Berufs- und Eigentumsfreiheit

Neben den Kommunikations- und Medienfreiheiten gewährleistet für den Themenbereich Werbung relevant des Weiteren das Grundgesetz in Artikel 5 im Absatz 3 die Kunstfreiheit mit der Möglichkeit für jeden, sich künstlerisch-kreativ zu betätigen (z. B. als Werbefotograf, Werbegrafiker) und seine Werke zu publizieren. Der Absatz 1 des Artikels 12 im Grundgesetz sichert zudem jedem das Grundrecht der freien Berufswahl zu und schützt den Einzelnen in seinem Entschluss, einen Beruf frei zu ergreifen, beizubehalten oder aufzugeben (z. B. als Werber, Mediaplaner, Werbeleiter). In Kombination mit dem Artikel 14, Absatz 1 hat jeder das Recht auf Eigentum (z. B. Unternehmen, Werbeagentur) (BMJ, 2023a, Art. 14, Abs. 14).

Persönlichkeitsrecht und Recht am eigenen Bild

Das Persönlichkeitsrecht ist ein Grundrecht, das im deutschen Recht nicht explizit und direkt geregelt ist, sich aber aus Artikel 2, Absatz 1 des Grundgesetzes mit der Sicherung der freien Entfaltung der Persönlichkeit in Verbindung mit Artikel 1, Absatz 1 des Grundgesetzes mit Gewährleistung der allgemeinen Menschenwürde („Die Würde des Menschen ist unantastbar“, BMJ, 2023a, Art.1, Abs. 1) ableitet und als Gewohnheitsrecht anerkannt ist. Für Werbekommunikation relevant ist als spezieller Bestandteil des allgemeinen Persönlichkeitsrechts das Recht am eigenen Bild, das dem Abgebildeten die Befugnis gibt, über die Verwendung des Bildes selbst zu bestimmen (z. B. in einer Werbeanzeige, auf einem Werbeplakat, in einem Online-Werbebanner) sowie das Recht, der Publikation ohne seine Zustimmung zu widersprechen. Das grundsätzliche Recht am eigenen Bild wird neben dem GG auch zentral und umfassend im Kunsturhebergesetz (KunstUrhG) geregelt (BMJ, 2023c). Der Schutz der Persönlichkeit einer Person umfasst auch das Recht auf informationelle Selbstbestimmung, selbständig über den Umgang mit seinen personenbezogenen Daten zu entscheiden und zu bestimmen, das jedoch explizit nicht im GG, sondern ausführlich in der „EU-Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO)“ geregelt ist (EU, 2023).

Beispiel SIXT

Der Autovermieter SIXT wirbt regelmäßig in satirischen Anzeigen- und Außenwerbekampagnen mit Bildern von Prominenten aus Politik (z. B. Angela Merkel, Annalena Baerbock, Robert Habeck) und Entertainment (z. B. Xavier Naidoo, Jan Böhmermann, Helene Fischer) ohne deren Zustimmung. Unter bestimmten Umständen eingeschränkt ist das Recht am eigenen Bild von prominenten Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens, wenn deren Foto in Werbung eingesetzt wird. In einer Güterabwägung hat der Bundesgerichtshof (BGH) 2006 in letzter Instanz entschieden, dass Prominente (z. B. Politiker, Schauspieler, Sportler) die Verwendung ihres Bildes hinnehmen müssen, wenn die Werbung sich „satirisch mit einem aktuellen Tagesereignis auseinandersetzt“ (Bühler et al., 2023, S. 37).

1.2 Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG)

Das „Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG)“ schützt Mitbewerber von Unternehmen ebenso wie Konsumenten als durchschnittliche Verbraucher sowie sonstige Marktteilnehmer insbesondere vor unlauteren geschäftlichen Handlungen und sichert einen gesellschaftlich gewünschten, unverfälschten Wettbewerb im Markt (BMJ, 2023b, 1 und § 2). Die Kernfunktion von Werbung der persuasiven Kommunikation von Unternehmen, Produkten und Dienstleistungen im Vergleich zu Wettbewerbern im Markt wird als essenzielles Thema im UWG rechtlich geregelt.

Verbot von unlauteren geschäftlichen Handlungen

Das UWG verbietet grundsätzlich unseriöse Geschäftspraktiken als „unlautere Handlungen“. Als unzulässige unlautere Handlungen und Werbung definiert das UWG ex negativo, wenn diese nicht der „unternehmerischen Sorgfalt“ entsprechen, damit absichtsvoll oder ohne Absicht unfair sind und die Interessen von Marktteilnehmern – Mitbewerbern wie Konsumenten – spürbar beeinträchtigen oder diese schädigt (BMJ, 2023b, § 3, Abs. 1). So ist es entsprechend des UWG Pflicht, dass Werbebotschaften gültige, wesentliche Angaben enthalten zu Produkthersteller, Dienstleistungsanbieter, Produktdaten, Preisen, Mengen, Zwecktauglichkeiten, Risiken, Vorteilen, Testergebnissen, Gütesiegeln, Verkehrsfähigkeit, Zahlungs-, Liefer- und Leistungsbedingungen, Rücktritt, Widerruf oder Angebotszeiträumen (BMJ, 2023b, § 5b; Bühler et al., 2023, S. 46). Werden diese vom Werbungtreibenden mit Absicht nicht in der Werbung kommuniziert, gilt dies als Täuschung; geschieht in der Werbung eine unwahre Darstellung aus Versehen, wird dies als Verletzung der unternehmerischen Sorgfalt betrachtet.

Schutz der Mitbewerber im Markt

Mit Blick auf den Wettbewerbermarkt handeln Unternehmen nach dem UWG unlauter, wenn:

  • Kennzeichen (z. B. Logo oder Name von Unternehmen oder Produkten), Produkte, Dienstleistungen und Tätigkeiten, aber auch persönliche oder geschäftliche Verhältnisse eines Mitbewerbers herabsetzt oder verunglimpft werden (BMJ, 2023b, § 4, Abs. 1),

  • über Waren, Dienstleistungen oder Unternehmen eines Mitbewerbers oder über den Unternehmer oder ein Mitglied der Unternehmensleitung Tatsachen behauptet oder publiziert werden, die das Unternehmen oder dessen Image schädigen, sofern die Tatsachen nicht nachweislich wahr sind (BMJ, 2023b, § 4, Abs. 2),

  • Waren oder Dienstleistungen angeboten werden, die eine Nachahmung der Waren oder Dienstleistungen eines Wettbewerbers darstellen, indem das unlauter handelnde Unternehmen eine vermeidbare Täuschung der Abnehmer über die betriebliche Herkunft herbeiführt (z. B. durch Nutzung des Markennamens oder Bezugnahme darauf in Werbung), das Image und die Reputation des kopierten Produktes oder der imitierten Dienstleistung unangemessen ausnutzt oder beeinträchtigt oder die für die Nachahmung erforderlichen Kenntnisse oder Unterlagen unredlich erlangt hat (z. B. ohne Lizenz für die Nutzung, ohne Franchisevertrag) (BMJ, 2023b, § 4, Abs. 3) sowie

  • Mitbewerber gezielt behindert werden (BMJ, 2023b, § 4, Abs. 4).

Verbot aggressiver geschäftlicher Handlungen

Konkret als unlauter sieht das UWG unternehmerische Aktivitäten und werbliche Kommunikation an, wenn diese Verbraucher oder sonstige Marktteilnehmer so aggressiv ansprechen, dass diese zu einer geschäftlichen Entscheidung veranlasst werden, die diese ohne die unlautere Beeinflussung des werbungtreibenden Unternehmens nicht getroffen hätten. Die Entscheidungsfreiheit von Konsumenten als erheblich beeinträchtigend werden angesehen: Belästigung, Nötigung einschließlich der Anwendung körperlicher Gewalt oder unzulässige Beeinflussung, bewusste Ausnutzung von konkreten Unglückssituationen oder Drohungen mit rechtlich unzulässigen Handlungen (BMJ, 2023b, § 4a). Verhindert werden soll durch die Regelung des UWG, dass Werbungtreibende die geistigen und körperlichen Beeinträchtigungen, das Alter, die geschäftliche Unerfahrenheit, die Leichtgläubigkeit, die Angst und die Zwangslage von schwächeren Verbrauchern (z. B. von Kindern, Jugendlichen, Senioren) ausnutzen. Typische unzulässige Formen von aggressiver Werbung stellen Werbebotschaften dar, die psychischen Druck auf die Adressaten aufbauen (z. B. durch die Darstellung von Gefahren für die Konsumenten bei Nichtkauf) und Zeitdruck vermitteln (z. B. durch die Behauptung, dass das Produkt nur für einen begrenzten Zeitraum erhältlich ist, obwohl dies nicht der Fall ist).

Verbot irreführender geschäftlicher Handlungen durch falsche oder fehlende Angaben

Zu verbotener Werbung zählen insbesondere irreführende Werbekommunikation, die den angesprochenen Konsumenten motiviert, geschäftliche Entscheidungen zu treffen (z. B. Produkte zu kaufen, Dienstleistungsverträge abzuschließen), die er ohne die irreführenden Angaben oder falschen Aussagen der Werbung des Unternehmens nicht getroffen hätte (BMJ, 2023b, § 5, Abs. 1). Als irreführend wird Werbung an Konsumenten konkret verstanden, die objektiv unzutreffende Angaben enthält oder unwahre Angaben enthält über:

  • die wesentlichen Merkmale der Ware oder Dienstleistung („dreiste Lüge“),

  • den Anlass des Verkaufs wie das Vorhandensein eines besonderen Preisvorteils (z. B. bei einer unangemessen kurzen Zeit eines Sonderangebotes als „Lockangebot“), den Preis oder die Preisberechnung (z. B. mit und ohne Mehrwertsteuer),

  • die Befähigung, Zulassung, Mitgliedschaften, Auszeichnungen oder Ehrungen (z. B. des Produktes oder Produktanbieters, z. B. als „Mehrfacher Testsieger“ ohne Vorliegen dieser Qualifikation),

  • die Notwendigkeit einer Leistung, eines Ersatzteils, eines Austauschs oder einer Reparatur oder

  • die Garantieversprechen des Unternehmens oder Gewährleistungsrechte des Verbrauchers (BMJ, 2023b, § 5, Abs. 2).

Zum Schutze von mitbewerbenden Unternehmen und von Konsumenten ist als irreführend verboten, wenn Unternehmen in Werbung gezielt eine Verwechslungsgefahr mit einem anderem Produkt oder einer alternativen Dienstleistung eines Mitbewerbers hervorrufen oder Angebote als identische Produkte vermarkten, obwohl sich diese in ihrer Zusammensetzung oder in ihren Merkmalen eines anderen Produktes aus einem Mitgliedstaat der Europäischen Union wesentlich voneinander unterscheiden (BMJ, 2023b, § 5, Abs. 3).

Als irreführend und unlauter und damit verboten definiert das UWG werbliche Kommunikation von Unternehmen, wenn Konsumenten wesentliche Informationen vorenthalten werden oder in unklarer, unverständlicher oder zweideutiger Weise gestaltet sind sowie nicht rechtzeitig publiziert werden, die sie benötigen, um eine informierte Kauf- oder Vertragsentscheidung zu treffen oder zu einer veranlassen, die sie andernfalls nicht getroffen hätten (BMJ, 2023b, § 5a, Abs. 1 und 2). Typische Formen von unzulässiger Werbung mit falschen, missverständlichen oder fehlenden Angaben sind u. a.:

  • Preissauschreiben, bei denen die ausgelobten Gewinne nicht tatsächlich ausgeschüttet werden,

  • erhöhte Chancen bei Glücksspielen, wenn der Konsument ein Produkt kauft oder eine Dienstleistung in Anspruch nimmt,

  • Gewinne oder Vorteile für Konsumenten, die diese nicht erhalten oder nur gegen zusätzliche Kosten,

  • Kostenfreiheit (z. B. mit „gratis“, „umsonst“, „kostenlos“), wenn der Konsument für die Leistung doch tatsächlich zahlen muss (Bühler et al., 2023, S. 47).

Verbot unzumutbarer Belästigungen durch Werbung

Einen besonderen Fokus legt das UWG auf die Vermeidung von Werbung, die private Konsumenten unzumutbar belästigt, insbesondere wenn für den Werbungtreibenden erkennbar ist, dass der angesprochene Konsument die Adressierung mit Werbung nicht wünscht. Als unzumutbar betrachtet das UWG Werbung über persönliche oder automatisierte Telefonanrufe, E-Mails oder Faxe („Kaltakquise“), wenn der Adressat dazu vorher nicht ausdrücklich eingewilligt hat. Eine Abweichung dieses Grundsatzes besteht für E-Mail- bzw. Newsletter-Marketing, wenn zwischen dem werbungtreibenden Unternehmen und dem adressierten Konsumenten schon eine Geschäftsbeziehung (z. B. Kauf eines Produktes mit Hinterlegung der E-Mail-Adresse) besteht, der Kunde der Kontaktierung über E-Mail nicht widersprochen hat bzw. das Unternehmen den Kunden darauf hingewiesen hat, jederzeit der E-Mail-Adressenverwendung widersprechen zu können (BMJ, 2023b, § 7). Im Direktmarketing ist Telefonwerbung nur erlaubt, wenn der Angerufene dazu seine Einwilligung vorher gegeben hat und diese ausdrückliche Einwilligung vom Werbungtreibenden in angemessener Form dokumentiert und über fünf Jahre aufbewahrt wird (BMJ, 2023b, § 7a).

Zulässigkeit vergleichender Werbung

Vergleichende Werbung ist als Sonderfall im UWG ausdrücklich geregelt: Als vergleichende Werbung versteht das UWG jede Werbung, die unmittelbar oder mittelbar einen Mitbewerber oder die von einem Mitbewerber angebotenen Waren oder Dienstleistungen erkennbar macht (BMJ, 2023b, § 6, Abs. 1). Grundsätzlich gilt vergleichende Werbung als zulässig, wenn diese in ihrem Vergleich sachlich ist; als unlauter und unzulässig wird vergleichende Werbung angesehen, wenn sie:

  • sich nicht auf vergleichbare Waren oder Dienstleistungen bezieht,

  • nicht objektiv auf eine oder mehrere wesentliche, relevante, nachprüfbare und typische Eigenschaften oder den Preis dieser Waren oder Dienstleistungen bezogen ist,

  • im geschäftlichen Verkehr zu einer Gefahr von Verwechslungen zwischen dem Werbungtreibenden und einem Mitbewerber oder zwischen den von diesen angebotenen Waren oder Dienstleistungen oder den von ihnen verwendeten Kennzeichen führt,

  • den Ruf des von einem Mitbewerber verwendeten Kennzeichens (z. B. Logo, Verpackungsform) in unlauterer Weise ausnutzt oder beeinträchtigt,

  • die Waren, Dienstleistungen, Tätigkeiten oder persönlichen oder geschäftlichen Verhältnisse eines Mitbewerbers herabsetzt oder verunglimpft oder

  • eine Ware oder Dienstleistung als Imitation oder Nachahmung einer unter einem geschützten Kennzeichen vertriebenen Ware oder Dienstleistung darstellt (BMJ, 2023b, § 6, Abs. 2).

Beispiel zulässiger vergleichender Werbung

Lidl: 2017 warb der Lebensmitteldiscounter Lidl mit Außenwerbeplakaten und verglich seine eigene Handelsmarkenware mit Produkten von Markenherstellern unter der Headline „Du hast Die Wahl. Starke Marken und Eigenmarken zu Hammerpreisen.“. Dabei stellte Lidl auf der linken Seite des Motivs ein Markenprodukt (z. B. Red Bull, Coca-Cola, VITTEL), auf der rechten Seite seine Eigenmarke (z. B. Kong Strong, Freeway-Cola, Saskia) im Bild vor und positionierte im Vergleich jeweils den unterschiedlichen Verkaufspreis dazu (Rehme, 2017). Zwei Jahre später verglich sich Lidl in verschiedenen Out-of-Home-Werbemitteln wie Plakaten, City-Light-Postern oder Infoscreens mit seinen Mitbewerbern NORMA, Penny, Edeka, Real und Netto mit provokanten und wortspielerischen Headlines und einem Preisunterschied bei einer 500 Gr. Packung Kaffee „Jacobs Krönung“ (z. B. „Lidl lohnt sich. ALDI anderen sind teurer – 45 %“; „So günstig, da dreht sich der PENNY zwei Mal um – 45 %.“, „Preise fernab der NORMAlität – 45 %.“) (Pauker, 2019).

Sanktionsmöglichkeiten gegen Zuwiderhandlungen

Das UWG sieht bei Verstößen gegen die Verbote aggressiver geschäftlicher Handlungen, irreführender geschäftlicher Handlungen durch falsche oder fehlende Angaben und unzumutbarer Belästigungen durch Werbung Sanktionen in unterschiedlichen Formen und Härten als Strafmaßnahmen zur konkreten Durchsetzung des Rechts vor.

  • Beseitigung und Unterlassung: Wenn ein Werbungtreibender Konsumenten unzumutbar belästigt oder unlauter handelt und damit einen Rechtsbruch begeht, kann ein Unternehmen auf Beseitigung und bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung von den geschädigten Konsumenten, den Mitbewerbern, den qualifizierten Verbraucherverbänden und Industrie- und Handelskammern in Anspruch genommen werden (BMJ, 2023b, § 8).

  • Schadensersatz und Gewinnabschöpfung: Handeln Unternehmern vorsätzlich oder fahrlässig, müssen sie den Mitbewerbern einen möglicherweise dadurch entstandenen Schaden ersetzen; gegenüber Konsumenten sind unlauter werbungtreibende Unternehmen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet (BMJ, 2023b, § 9). Wird einem Unternehmen ein entsprechender Rechtsbruch gemäß UWG nachgewiesen und hat dieses zum Nachteil einer Vielzahl von Abnehmern einen Gewinn erzielt, kann von den Geschädigten bzw. Betroffenen das Unternehmen auf Herausgabe dieses Gewinns abzüglich der erhaltenen Leistungen an den Bundeshaushalt in Anspruch genommen werden (BMJ, 2023b, § 10, Abs. 1).

  • Abmahnung, Unterlassungsverpflichtung, Haftung: Vor der Einleitung eines gerichtlichen Verfahrens sollen geschädigte Unternehmen oder Konsumenten das aus ihrer Sicht unlauter handelnde Unternehmen abmahnen und diesem so die Möglichkeit geben, den drohenden Rechtstreit durch Abgabe einer mit einer angemessenen Vertragsstrafe bewehrten Verpflichtung zur Unterlassung des unlauteren Verhaltens beizulegen (BMJ, 2023b, § 13, Abs. 1). Diese Abmahnung muss klar und verständlich Name oder Firma des Abmahnenden angeben sowie im Fall einer Vertretung zusätzlich Name oder Firma des Vertreters, die Voraussetzungen der Anspruchsberechtigung, ob und in welcher Höhe ein Aufwendungsersatzanspruch geltend gemacht wird und wie sich dieser berechnet, die Rechtsverletzung unter Angabe der tatsächlichen Umstände und dass der Anspruch auf Aufwendungsersatz spezifizierter Fälle ausgeschlossen ist (BMJ, 2023b, 2). Der abmahnende Geschädigte kann vom abgemahnten Unternehmen Ersatz für die Abmahnung erforderlichen Aufwendungen (z. B. Rechtsanwaltsgebühren) verlangen (BMJ, 2023b, § 13, Abs. 3).

  • Geld- und Freiheitsstrafen: Eine Person oder ein Unternehmen, die öffentlich durch unwahre Angaben irreführend wirbt, um den Anschein eines besonders günstigen Angebots hervorzurufen, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft ebenso wie unlauter Handelnde, die Verbraucher zur Abnahme von Waren, Dienstleistungen oder Rechten durch das Versprechen veranlassen, sie würden entweder vom Unternehmen selbst oder von einem Dritten besondere Vorteile erlangen, wenn sie andere zum Abschluss ähnlicher Geschäfte veranlassen, die ihrerseits nach der Art dieser Werbung derartige Vorteile für eine entsprechende Werbung weiterer Konsumenten erlangen sollen (BMJ, 2023b, § 16).

  • Bußgelder: Gegen Unternehmen, die vorsätzlich oder fahrlässig handeln und sich damit ordnungswidrig verhalten, indem sie Konsumenten unzumutbar durch von diesen unerwünschte Werbung belästigen, kann ein Bußgeld in Höhe von bis zu dreihunderttausend Euro verhängt werden (BMJ, 2023b, § 20, Abs. 1, 1). Unternehmen, die in Mitgliedstaaten der Europäischen Union ordnungswidrig handeln, indem sie vorsätzlich oder fahrlässig die Verbraucherinteressen verletzen, können mit einer Geldbuße bis zu fünfzigtausend Euro bzw. bei einem entsprechend hohen Umsatz mit einer Geldbuße bis zu vier Prozent des Jahresumsatzes belegt werden (BMJ, 2023b, § 19).

1.3 Gesetz über Urheberrecht und verwandte Schutzrechte (UrhG)

Das „Gesetz über Urheberrecht und verwandte Schutzrechte (UrhG)“ schützt geistige Leistungen als kulturell-kreative Produkte („Werke“) in unterschiedlichen Gestaltungsformen und deren geistige Schöpfer („Urheber“) in ökonomischer wie ideeller Hinsicht. Grundsätzlich als schützenswert betrachtet das UrhG die Zurechnung eines Werkes zu einer Person, die dieses geschaffen hat, und deren Möglichkeit, die Verwertung und Nutzung ihres geistigen Werkes vollumfänglich zu bestimmen und damit eine angemessene Vergütung erhalten zu können (BMJ, 2023c, § 11). Urheber von geistigen Leistungen sollen damit vor der Ausbeutung durch Dritte geschützt werden, die fremde Werke im Sinne eines geistigen Diebstahls als ihr eigenes Eigentum ausgeben und wirtschaftlich verwerten („Plagiate“, „plagiatus“, lat. = „Seelenverkäufer, Menschenräuber“). Der Urheberschutz gilt auch, wenn das Werk nicht vollendet ist, für Skizzen und Entwürfe, ohne Registrierung in ein entsprechendes Verzeichnis oder Kennzeichnung durch ein Zeichen (z. B. Copyright, ©) oder eine persönliche Signatur zu Lebzeiten des Schöpfers, mindestens 50 Jahre nach seinem Tod und ist damit auch für dessen Erben als Rechtsnachfolger verwert- bzw. nutzbar (BMJ, 2023c, § 28 und 30).

Schützenswerte Werke

Grundsätzlich können nur „persönliche geistige Schöpfungen“ urheberrechtlich geschützt werden, die eine gewisse konkrete Ausgestaltung aufweisen (BMJ, 2023c, § 2, Abs. 2). Schützenswerte Werke müssen von einer natürlichen Person bewusst und absichtsvoll als Leistung in einem geistigen Entstehungsprozess geschaffen werden; Urheber eines Werkes kann somit keine juristische Person (z. B. Organisation, Unternehmen, Tier) sein. Das Werk muss zudem eine im UrhG nicht näher spezifizierte Originalität, Individualität oder Einzigartigkeit in einer Schöpfungs- oder Gestaltungshöhe aufweisen und über unterschiedliche Sinnesmodalitäten (z. B. Sehen, Hören, Tasten) wahrnehmbar sein. Eine Entstehung aufgrund von Routine, Versehen, Zufall oder Fund ist nicht schützenswert ebenso wie reine Ideen, Stile oder Techniken nicht als schützenswerte Werke vom UrhG angesehen werden. Als schützenswert gelten konkret Werke der Musik, der Sprache (z. B. Reden, Texte), der Kunst, der Fotografie, des Films, der Architektur, des Tanzes sowie wissenschaftliche und technische Darstellungen (BMJ, 2023c, § 2, Abs. 1).

Werberechtlich relevant umfasst damit das UrhG als schützenswert:

  • Werke der mündlichen und schriftlichen Sprache, die ein gewisses Maß an Individualität aufweisen und sich manifestieren (u. a. in Vorträgen, Reden, redaktionellen oder wissenschaftlichen Artikeln, Gedichten, Erzählungen, Fachbüchern), wenn diese ein entsprechend hohes Originalitätsniveau aufweisen (Schutzdauer bis 70 Jahre nach Tod des Urhebers). Werbeaussagen bzw. Slogans und Claims werden aufgrund der niedrigen Schöpfungshöhe bei einer Reihe aus nur wenigen Wörtern in der Regel nicht durch das UrhG geschützt. Slogans werden durch das Markengesetz und mit einer Eintragung als Marke beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) geschützt;

  • Werke der bildenden, angewandten Kunst, die mit einem entsprechenden Kreativitätsniveau in der Gestaltung als Gebrauchsgegenstände oder visuelle Kommunikation geschaffen werden (z. B. Produkt-, Verpackungsdesign, Logos, Icons, Infografiken, Websites) und bis zu 70 Jahre nach Urhebertod geschützt sind;

  • Werke der analogen und digitalen Fotografie, die als Alltagsfotografie („Lichtbilder“) wie Produkt-, Urlaubs- oder Partyfotos und als persönliche geistige Schöpfung aufgrund einer kreativen Eigenleistung und eines gewissen Leistungsniveaus wie Kunst-, Presse-, Porträt- oder Werbefotos („Lichtbildwerke“) unterschiedlich lange geschützt sind (Schutzdauer: Lichtbilder bis 50 Jahre; Lichtbildwerke bis 70 Jahre nach Tod des Urhebers) (BMJ, 2023c, § 2 und 72);

  • Werke des Films als Bewegtbilder mit oder ohne Ton, die als filmische Darstellung von Alltagsgeschehen als „Laufbilder“ einen Schutz von 50 Jahren nach Urhebertod (BMJ, 2023c, § 95) und als „Filmwerke“ mit hoher Eigenständigkeit und kreativer Originalität wie u. a. Spiel-, Animations-, Dokumentations- und auch Werbefilme bis zu 70 Jahre nach Tod des Filmurhebers unabhängig von ihrer Länge Schutz genießen;

  • Werke der Musik in niedergeschriebener (z. B. Noten) und akustischer Form (z. B. Musik für Werbespot, Soundlogo, Jingle, Brand Song), die aus Tönen, Klängen, Melodien oder auch Geräuschen durch mechanische und elektronische Instrumente oder menschliche Stimmen erzeugt werden (Schutzdauer bis 70 Jahre nach Urhebertod).

Nutzungs- und Verwertungsrechte

Die wirtschaftliche Verwertung von geistigen Werken wird im UrhG als „Verwertungsrechte“ definiert und differenziert geschützt (BMJ, 2023c, § 15 bis 23). Das UrhG unterscheidet zwischen einer „körperlichen Verwertung“ bei physisch fixierten Werken (z. B. in Buch-, Zeitung- oder Zeitschriftenartikelform, Foto, Musik, Film) in Form von Vervielfältigung, Verbreitung sowie Ausstellung und einer „unkörperlichen Verwertung“ im Sinne einer Veröffentlichung als Vortrag, Aufführung, Vorführung, Sendung, Bild-/Tonwiedergabe (z. B. § ). Das Vervielfältigungsrecht umfasst die Möglichkeit, ein Werk vorübergehend oder dauerhaft unabhängig vom technischen Verfahren und von der Höhe der Auflage zu vervielfältigen (z. B. Kopieren und Drucken auf Papier, Digitalisierung und Speichern) (BMJ, 2023c, § 16). Als Verbreitungsrecht sieht das UrhG das Recht an, ein Original oder dessen vervielfältigte Exemplare im Gebiet der Europäischen Union der Öffentlichkeit anzubieten oder in Verkehr zu bringen (BMJ, 2023c, § 17). Urheberrechtlich geschützte Werke bedürfen daher bei Verwendung durch andere (z. B. Vervielfältigung, Verbreitung) das explizite Einverständnis des Urhebers, das Werk des Urhebers grundsätzlich zu verwerten und in Folge gegen ein Entgelt oder unentgeltlich durch die Einräumung von Nutzungsrechten zu nutzen (BMJ, 2023c, § 31). Das Nutzungsrecht kann zum einen als einfaches Recht eingeräumt werden, mit der Folge, dass auch andere, die das Nutzungsrecht vom Urheber erhalten haben, die Werke nutzen können, oder als ausschließliches Recht, das dem Nutzungsrechteinhaber exklusiv bzw. auch dem Urheber die Nutzung erlaubt. Zum anderen kann die Nutzung räumlich (z. B. nur in Deutschland, im DACH-Raum, weltweit), zeitlich (z. B. für Kampagnenzeitraum, fünf Jahre, unbegrenzt) oder inhaltlich (z. B. Fotos einer Werbekampagne, Musik, aber nicht Video eines Werbespots) beschränkt eingeräumt werden. Auch wenn das Werk eine Auftragsleistung des Urhebers darstellt (z. B. Radiospot, Text für Werbeanzeige, Drehbuch für Werbefilm), verbleibt die Urheberschaft dauerhaft beim kreativen Ersteller und liegt nicht beim Auftraggeber (z. B. werbungtreibendem Unternehmen, Werbeagentur, Produktionsgesellschaft), auch wenn dieser der ursprüngliche Veranlasser des Werkes ist. Dies gilt auch für Arbeitgeber (z. B. Werbeagentur), wenn der Urheber (z. B. Texter, Grafiker) in einem Unternehmen angestellt ist und im Rahmen seiner Arbeit ein geistiges Werk geschaffen hat. Lediglich die Nutzungs- und Verwertungsrechte an einem geistigen Werk können von einer natürlichen Person („Mitarbeiter“) an eine andere natürliche oder juristische Person (z. B. Auftrag- bzw. Arbeitgeber, Verwertungsagentur) übertragen werden; die Urheberschaft verbleibt dauerhaft beim Individuum als eigentlichem Schöpfer.

Insbesondere in der Beziehungsgestaltung zwischen einem auftraggebendem Werbungtreibenden und einer Werbeagentur oder einem freien Fotografen als Dienstleister kommt dem UrhG grundlegende Relevanz zu: Im Vertrag sollte präzise geklärt und verbindlich fixiert sein, mit welchen Rechten das Unternehmen die von der Agentur bzw. dessen Mitarbeitern oder vom Fotografen als Urheber erstellten Motive und Kreationen für die Werbung des Unternehmens genutzt werden dürfen. Vertraglich definiert sein sollte in den Verwertungs- und Nutzungsrechten der Zeitraum (z. B. für drei Monate, ein Jahr oder mehrere Jahre) und das geographische Areal (z. B. in Nordrhein-Westfalen, Deutschland, Europa), in denen die konkreten Werbemittel (z. B. TV- und Kinospot, Anzeigen, Banner) bzw. verwendeten multisensuellen Elemente (z. B. Foto, Grafik, Musik) vom Werbungtreibenden in der Kommunikation eingesetzt werden können. Sollte das Unternehmen darüber hinaus eine Nutzung im Original oder mit einer Bearbeitungs- oder Umgestaltungsmöglichkeit durch Dritte wünschen, sind damit häufig zusätzliche Honorarzahlungen vom Unternehmen an die Werbeagentur bzw. den Fotografen als über das UrhG grundsätzlich vorgesehene „angemessene Vergütung“ verbunden („Buyouts“, „Total Buyouts“) (BMJ, 2023c, § 32) (Bühler et al., 2023, S. 12; Dörr et al., 2023, S. 220; Fechner, 2023, S. 139).

1.4 Gesetz über den Schutz von Marken und sonstigen Kennzeichen (Markengesetz)

Im Unterschied zum UrhG, das die Rechte des Schöpfers eines geistigen Leistung als rechtlich schützenswert definiert, schützt das „Gesetz über den Schutz von Marken und sonstigen Kennzeichen (Markengesetz)“ Unternehmen bzw. Organisationen als Inhaber von Marken als multisensuelle Kennzeichen von Produkten und Dienstleistungen sowie von geschäftlichen Bezeichnungen als Unternehmensnamen und regelt rechtlich die Verwendung geographischer Herkunftsangaben (BMJ, 2023d, § 1). Ziel des Markengesetzes und der ergänzenden „Verordnung zur Ausführung des Markengesetzes (MarkenV)“ ist es, Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens von Marken anderer Unternehmen unterscheidbar zu halten, um Unternehmen im Wettbewerb zu schützen und um Konsumenten die Identifikation von Produkten und Dienstleistungen sowie herstellenden oder handelnden Unternehmen zu ermöglichen (BMJ, 2023d, 2023e). Ausschlaggebend für einen Schutz ist die Unterscheidungskraft der Marke gegenüber anderen Marken (DPMA, 2020, S. 37).

Als geschützte Marken versteht das Markengesetz „alle Zeichen, insbesondere Wörter einschließlich Personennamen, Abbildungen, Buchstaben, Zahlen, Klänge, dreidimensionale Gestaltungen einschließlich der Form einer Ware oder ihrer Verpackung sowie sonstige Aufmachungen einschließlich Farben und Farbzusammenstellungen“ (BMJ, 2023d, § 3, Abs. 1). Rechtlich wirksamer Markenschutz entsteht:

  1. 1.

    durch die kostenpflichtige Eintragung eines Zeichens als Marke in das vom Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) geführte Register,

  2. 2.

    durch die Benutzung eines Zeichens im geschäftlichen Verkehr, soweit das Zeichen innerhalb beteiligter Verkehrskreise als Marke Verkehrsgeltung und damit eine gewisse Bekanntheit erworben hat und

  3. 3.

    durch die notorische Bekanntheit einer Marke aufgrund dauerhafter und öffentlicher Nutzung in der Kommunikation und entsprechender Identifikation durch die adressierten Konsumenten (BMJ, 2023d, § 4 und 10).

Markenzeichen können in unterschiedlichen multisensuellen Formen und Darstellungen beim DPMA geschützt werden als (DPMA, 2020, S. 17):

  • Wortmarken als nicht grafisch ausgestaltete und nicht farbige Buchstabenfolge (z. B. „Nivea“, „Tempo“, „Siemens“) und Slogans (z. B. RITTER Sport: „Quadratisch. Praktisch. Gut.“; Henkel: „Persil bleibt Persil“; Nestlé: „Have a Break, have a Kit Kat“) (BMJ, 2023d, § 7; DPMA, 2020, S. 18).

  • Bildmarken als zweidimensionale Zeichen mit räumlicher Begrenzung, die aus Grafik-, Bild- bzw. Farbelementen ohne Wortmarkenelemente wie Piktogramme, Symbole und Abbildungen von Gegenständen bestehen und keine reinen Wortmarken sind (z. B. Mercedes-Benz-Stern, Shell-Muschel, Puma-Raubkatze) (BMJ, 2023d, § 8; DPMA, 2020, S. 18).

  • Wort-Bild-Marken als Kombination, die Wortelemente und eine grafische, bildliche bzw. farbige Ausgestaltung enthalten sowie Worte mit Konkretisierung auf eine spezifische Schrifttype bzw. sonstige typografische Ausgestaltung jenseits der bloßen Zeichenfolge (z. B. Bayer-Kreuz aus sich senkrecht und waagerecht kreuzenden Schriftzügen BAYER, die sich im „Y“ des Wortes treffen; adidas-Logo aus Kombination des Wortes „adidas“ mit dem grafischen Element aus drei Streifen; NIKE-Logo aus Kombination des Wortes „NIKE“ mit dem grafischen Element des „Swoosh“-Flügels) (BMJ, 2023d, § 8; DPMA, 2020, S. 18).

  • Dreidimensionale Marken als dreidimensionale Formen und Gestaltungen jeder Art, fotografisch genau oder abstrakt, schwarz-weiß oder farbig, die erheblich von den branchenüblichen Grundformen abweichen (z. B. Blütenform des „Saint Albray“-Käses; quadratische Form der RITTER-Sport-Schokolade; Kontur der Coca Cola-Flasche) (BMJ, 2023d, § 10; DPMA, 2020, S. 19).

  • Farbmarken und Farbkombinationen von konkreten Darstellungen und figürlichen Begrenzungen losgelöste Farben und Farbzusammenstellungen (z. B. Telekom: „Magenta“; British Petroleum: grün und gelb zur Kennzeichnung von Tankstellen; Kraft Foods: Milka-„lila“) (BMJ, 2023d, § 10; DPMA, 2020, S. 20).

  • Klangmarken als akustisch wahrnehmbare Musikklänge, gesprochenes bzw. gesungenes Wort sowie rein geräuschhafte Klangbilder (z. B. Telekom-Sound-Logo „DaDaDaDiDa“; Lidl-Slogan „Lidl lohnt sich“; Hörpartner-Audio-Logo) (BMJ, 2023d, § 11; DPMA, 2020, S. 21).

  • Positionsmarken als Worte, Bilder, dreidimensionale oder sonstige Elemente, die an stets gleichbleibender Stelle in gleicher Form und Größe bzw. jedenfalls Größenrelation auf einem Produkt oder Produktteil angebracht sind (z. B. rotes Fähnchen an Levi‘s-Jeans; roter Kunststoffstreifen in Sohlen von Lloyds-Schuhen; Knopf im Ohr bei Steiff-Tieren) (BMJ, 2023d, § 12; DPMA, 2020, S. 21).

  • Kennfadenmarken als herkunftskennzeichnende Markierungen entlang der Länge von Waren, die nach Längeneinheiten verkauft und dazu regelmäßig abgeschnitten werden (z. B. farbige Webkantenflächen, Farbstreifen auf Schläuchen, Glasstäben/-röhren oder Kabeln (BMJ, 2023d, § 12; DPMA, 2020, S. 21).

  • Mustermarken als zweidimensionale Gestaltungen, die sich wiederholt flächig in alle Richtungen fortsetzen. Das abgebildete Stück bildet regelmäßig einen Teil eines sich gleichförmig in alle Richtungen ausbreitenden Musters (z. B. Muster von Louis Vuitton, Stern von Mercedes-Benz) (BMJ, 2023d, § 12; DPMA, 2020, S. 22).

  • Bewegungsmarken, die einen Bewegungsablauf natürlicher oder artifizieller Natur als Abfolge zwei- oder dreidimensionaler Bilder darstellen (z. B. Vodafone „The future is exciting. Ready?“; Frosch: Festkrallen der Fleckenzwerge und späteres Verschwinden eines gewaschenen T-Shirts; Ecover-Bewegungslogo) (BMJ, 2023d, § 12; DPMA, 2020, S. 22).

  • Hologrammmarken als dreidimensionale Abbildungen von Objekten auf einer zweidimensionalen Oberfläche mit Tiefenanmutung, die regelmäßig eine silbrige, regenbogenfarben schimmernde Oberfläche aufweisen (BMJ, 2023e, § 12; DPMA, 2020, S. 23),

  • Tastmarken als mit dem menschlichen Tastsinn über die Rezeptoren der Haut durch Erfühlen wahrnehmbare Aspekte eines Produkts (BMJ, 2023d, § 12a; DPMA, 2020, S. 24).

  • Geruchsmarken als Düfte jeder Art, mit denen ein Produkt nach seiner Herkunft aus einem Unternehmen zu identifizieren ist (BMJ, 2023d, § 12a; DPMA, 2020, S. 24).

Als geschäftliche Bezeichnungen schützt das Markengesetz des Weiteren zum einen „Unternehmenskennzeichen“, die im Geschäftsverkehr als Name, als Firma oder als besondere Bezeichnung eines Geschäftsbetriebs oder eines Unternehmens zur Kennzeichnung und Identifikation benutzt werden, und zum anderen „Werktitel“ als Namen oder besondere Bezeichnungen von Druckschriften, Filmwerken, Tonwerken, Bühnenwerken oder sonstigen vergleichbaren Werken (BMJ, 2023d, § 5).

Geschützte geographische Herkunftsangaben im Sinne des Markengesetzes sind Namen von Orten, Gegenden, Gebieten oder Ländern (z. B. „Rheinisches Apfelkraut“, „Lübecker Marzipan“, „Hallertauer Hopfen“) sowie sonstige Angaben oder Zeichen (z. B. „g.U.“ für geschützte Ursprungsbezeichnung; „g.g.A.“ für geschützte geografische Angabe; „g.t.S.“ für garantiert traditionelle Spezialität), die im geschäftlichen Verkehr zur Kennzeichnung der geographischen Herkunft von Waren (z. B. Fleisch, Käse, Teigwaren) oder Dienstleistungen und deren besondere Eigenschaften oder besondere Qualität benutzt werden und die nicht Gattungsbezeichnungen einer Produktgruppe sind (BMEL, 2023a; BMJ, 2023d, § 126).

Beispiele Lebensmittel mit geschützter geographischer Herkunft

Allgäuer Bergkäse: Zur Herstellung des „Allgäuer Bergkäses“ darf nur Milch aus dem Allgäu verwendet werden, da nur dieser Käse die Güte des Rohstoffs Milch und Merkmale aufweist, die ausschließlich mit den geologischen und klimatischen Verhältnissen des Allgäu und der langjährigen Expertise der Käseerzeuger in der Herstellungsregion zusammenhängen.

Schwäbische Spätzle: „Schwäbische Spätzle“ müssen in Schwaben nach den in der Produktspezifikation vorgeschriebenen Bedingungen hergestellt werden, um eine gleichbleibend hohe Qualität sicherzustellen. Nicht in Schwaben produzierte Spätzle oder Nudelprodukte dürfen nicht die Bezeichnung „Schwäbische Spätzle“ tragen.

Nürnberger Lebkuchen: Herstellungsort des „Nürnberger Lebkuchens“ muss Nürnberg sein, da der Lebkuchen aus Nürnberg seit dem Mittelalter weltweit ein hohes Ansehen genießt und aufgrund seiner Merkmale den Charakter einer Marke hat. Die zur Herstellung verwendeten Zutaten dürfen jedoch auch von außerhalb Nürnbergs stammen.

Rechtliche Inhaber einer Marke können sowohl Individuen als auch natürliche Personen sein sowie Unternehmen oder Organisationen und juristische Personen bzw. Personengesellschaften, sofern sie mit der Fähigkeit ausgestattet sind, Rechte zu erwerben und Verbindlichkeiten einzugehen (BMJ 203d, § 7). Jede Markeneintragung muss einer oder mehreren Waren- und Dienstleistungsgruppen bei der Anmeldung zugeordnet werden („Klassifikation von Nizza“), um in diesem Produkt- bzw. Dienstleistungsbereich geschützt zu werden (DPMA, 2020, S. 25). Grundsätzlich gilt, dass die Marke Priorität im Schutz genießt, die zuerst beim DPMA angemeldet worden ist (BMJ, 2023d, § 6). Der Schutz der Marke gilt nur für einen Zeitraum von zehn Jahren, der Markenschutz muss dementsprechend um weitere zehn Jahre verlängert werden, da andernfalls die Marke gelöscht wird und nicht mehr wirksam ist (BMJ, 2023d, § 47). Ebenso muss eine Marke vom Inhaber innerhalb eines Zeitraumes von fünf Jahren ab Zeitpunkt der Anmeldung bzw. Eintragung („Benutzungspflicht“) aktiv durch Produktion, Angebot im Markt oder Bewerbung bzw. Kommunikation genutzt werden, da ansonsten ein Rechtsschutz gegenüber einem potenziellen Markenverletzer nicht besteht (BMJ, 2023d, § 24). Markenrechte können für einen Teil von Produkten oder für alle Waren auf andere übertragen werden oder auf diese übergehen (z. B. beim Verkauf der Rechte an einem Produkt von einem an ein anderes Unternehmen). Geographisch kann Markenschutz für Deutschland, ausgewählte Länder, die Europäische Union oder weltweit beantragt werden. Beim „Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO)“ in Alicante, Spanien, kann die Eintragung einer Unionsmarke beantragt werden, die dann im gesamten Gebiet der Europäischen Gemeinschaft wirksam und geschützt ist. Wenn der Markenschutz weltweit geschützt werden soll, muss die nationale Marke bei der „Weltorganisation für geistiges Eigentum (WIPO)“ in Genf, Schweiz, international registriert werden (BMJ, 2023d, § 107 – 118; DPMA, 2020, S. 25).

1.5 Gesetz über den rechtlichen Schutz von Design (Designgesetz)

Das „Gesetz über den rechtlichen Schutz von Design (Designgesetz)“ – früher „Geschmacksmustergesetz“ – ergänzt das Gesetz über Urheberrecht und das Markengesetz zum Schutz geistigen Eigentums und dessen wirtschaftlicher Verwertung durch den kreativen Schöpfer, Entwickler oder Designer. Designs können von Unternehmen als juristische Person und einzelnen oder mehreren Privatpersonen angemeldet werden. Im rechtlichen Sinne wird als Design die zwei- oder dreidimensionale Erscheinungsform eines ganzen Erzeugnisses oder eines Teils davon verstanden, die sich insbesondere aus den Merkmalen der Linien, Konturen, Farben, Gestalt, Oberflächenstruktur oder Werkstoffe des Erzeugnisses (z. B. Produkt, Ware) selbst oder seiner Verzierung ergibt. Ein „Erzeugnis“ ist jeder industriell oder handwerklich hergestellte Gegenstand, einschließlich Verpackung, Ausstattung, grafischer Symbole und typografischer Schriftzeichen sowie von Einzelteilen, die zu einem komplexen Erzeugnis zusammengesetzt sind. Ein „komplexes Erzeugnis“ ist ein Gegenstand, Objekt oder Produkt aus mehreren Bauelementen, die sich ersetzen lassen, so dass das Erzeugnis auseinander- und wieder zusammengebaut werden kann (BMJ, 2023f, § 1).

Rechtlich schützenswert ist Design, wenn der gestalterische Entwurf „neu ist und Eigenart hat“ (BMJ, 2023f, § 2). Als neues Design definiert das Designgesetz eine Gestaltung und Formgebung, wenn vor dem Anmeldetag kein identisches Design, das sich in seinen Merkmalen nur in unwesentlichen Einzelheiten unterscheidet, offenbart – im Sinne von bekannt gemacht, ausgestellt, im Verkehr verwendet oder auf sonstige Weise der Öffentlichkeit zugänglich gemacht – worden ist (BMJ, 2023f, § 5). Ein Design hat Eigenart, wenn sich der Gesamteindruck, den es beim Konsumenten als „informierten Benutzer“ hervorruft, von dem Gesamteindruck unterscheidet, den ein anderes Design bei diesem Benutzer erzeugt. Bei der Beurteilung der Eigenart wird der Grad der Gestaltungsfreiheit des Entwerfers bei der Entwicklung des Designs berücksichtigt (BMJ, 2023f, § 2).

Analog zum Schutz von Marken bedarf es einer Anmeldung und Eintragung eines Designs in das Register beim „Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA)“ (BMJ, 2023f, § 11). Die Schutzdauer des eingetragenen Designs beträgt 25 Jahre ab dem Anmeldetag und bedarf zur Aufrechterhaltung des Schutzes regelmäßiger Zahlungen an das DPMA (BMJ, 2023f, § 28). Ähnlich wie bei Marken kann das Recht an einem eingetragenen Design auf andere Personen oder Unternehmen übertragen werden oder übergehen. Das eingetragene Design sichert dem Urheber das exklusive Recht zu, das geschützte Design zu benutzen („Recht mit absoluter Sperrwirkung“); dieser kann somit juristisch gegen jedes andere Design vorgehen, das bei Konsumenten den gleichen Gesamteindruck wie das eingetragene Design hervorruft. Bei einem möglichen Streitfall um den Schutzumfang wird der Grad der Gestaltungsfreiheit des Gestalters bei der Entwicklung des Designs berücksichtigt (DPMA, 2017; S. 10). Der Schutz der Form und Gestaltung umfasst, das eingetragene Design zu benutzen, insbesondere herzustellen, anzubieten, in Verkehr zu bringen, einzuführen, auszuführen, zu gebrauchen oder zu besitzen.

Schutzfähige physische und digitale Designs sind nach dem Designgesetz:

  • Objektformen als dreidimensionale Gestaltung von Produkten

    (z. B. Möbel, Uhren, Besteck, Kugelschreiber),

  • grafische Muster als Gestaltung einer zweidimensionalen Fläche,

  • Farbmuster als mehrfarbige Gestaltung,

  • typografische Schriftzeichen (BMJ, 2023f, § 61),

  • Etiketten, die auf Produkten oder Verpackungen angebracht sind sowie

  • dreidimensionale Gestaltungen neben dem Produkt (z. B. Verpackungen).

Wort- und Textelemente, Grafiken und Klänge lassen sich nicht rechtlich als Design, sondern nur als Marke durch Registrierung beim DPMA schützen. Das DPMA prüft bei Antragstellung, ob die Formalvorschriften für die Anmeldung als Voraussetzung der Eintragung erfüllt sind, das Design gegen die öffentliche Ordnung oder gegen die guten Sitten verstößt und das Design eine missbräuchliche Verwendung von zum Schutz des gewerblichen Eigentums aufgeführten Zeichen oder von sonstigen Abzeichen, Emblemen und Wappen von öffentlichem Interesse darstellt. Nicht geprüft wird, ob das angemeldete Design tatsächlich die Schutzvoraussetzungen von Neuheit und Eigenart erfüllt, die im Streitfalle somit ordentliche Gerichte überprüfen und über deren Schutzwürdigkeit entscheiden müssen.

1.6 Preisangabenverordnung (PAngV)

Die „Preisangabenverordnung (PAngV)“ regelt die Angabe von Preisen für Produkte oder Leistungen von Unternehmern gegenüber Konsumenten im geschäftlichen Verkehr und damit insbesondere in der Werbekommunikation. Generell müssen Preise dem allgemeinen Verständnis der Verbraucher von Preisen und den Grundsätzen von Preisklarheit und Preiswahrheit entsprechen. Preise müssen daher in der Bewerbung von Waren und Dienstleistungen dem Angebot eindeutig zuzuordnen sowie leicht erkennbar und deutlich lesbar oder sonst gut wahrnehmbar vom werbungtreibenden Unternehmen bzw. deren Werbeagentur gestaltet sein (BMJ, 2023g, § 1 und 3). Bei Werbung mit der Nennung von Verkaufspreisen gegenüber Endverbrauchern muss grundsätzlich der dargestellte Preis den Gesamtpreis mit der aktuell geltenden Umsatzsteuer („Mehrwertsteuer“, „MwSt.“, „Bruttopreis“) und sonstiger Preisbestandteile beinhalten (BMJ, 2023g, § 3); eine Darstellung in Form des „Nettopreises zuzüglich geltender Umsatzsteuer“ ist gegenüber Konsumenten nicht korrekt.

Bewerbung von Produkten mit Preisangaben im stationären Handel

Bei Produkten oder Waren, die in Fertigpackungen, offenen Packungen oder als Verkaufseinheiten ohne Verpackung nach Gewicht, Volumen, Länge oder Fläche angeboten und mit der Darstellung von Preisen beworben werden, muss bis auf bestimmte Ausnahmen neben dem Gesamtpreis auch der Grundpreis unmissverständlich, klar erkennbar und gut lesbar dargestellt werden. Bei loser Ware, die nach Gewicht, Volumen, Länge oder Fläche verkauft und angeboten wird (z. B. Obst, Gemüse, Nägel), muss lediglich der Grundpreis ausgewiesen werden (BMJ, 2023g, § 4). Beim Grundpreis ist die jeweilige Mengeneinheit (z. B. ein Kilogramm, Liter, Meter), die als Basis der Preisberechnung dem Grundpreis zugrunde liegt, zu kommunizieren (BMJ, 2023g, § 5, Abs. 1).

Die Pflicht zur Angabe eines neuen Gesamtpreises oder Grundpreises gilt nicht bei individuellen Preisermäßigungen, zeitlich begrenzten und durch Werbung oder in sonstiger Weise bekannt gemachten generellen Preisermäßigungen sowie schnell verderblichen Produkten oder Waren mit kurzer Haltbarkeit, wenn der geforderte Gesamtpreis wegen einer drohenden Gefahr des Verderbs oder eines drohenden Ablaufs der Haltbarkeit herabgesetzt wird und dies für die Verbraucher in geeigneter Weise kenntlich gemacht wird (z. B. Joghurt, Milch, Tiefkühlware kurz vor Ablauf des Mindesthaltbarkeitsdatums) (BMJ, 2023g, § 9, Abs. 1).

Produkte, die innerhalb oder außerhalb von Geschäftsräumen (z. B. in Schaufenstern, -regalen, -kästen, -ständern) ausgestellt und beworben werden, müssen mit Schildern, die die dazu passenden Preise darstellen, gekennzeichnet werden. Bei im Internethandel und in Webshops angebotenen Waren ist der Verkaufspreis durch optisch-räumlich unmittelbare Angabe bei den Abbildungen oder Beschreibungen der Waren darzustellen (BMJ, 2023g, § 10, Abs. 1 und 4).

Bewerbung von Produkten mit Preisangaben im Online- und Fernhandel

Bei der Bewerbung von Produkten oder Leistungen auf Basis eines Fernabsatzvertrages (z. B. im Onlinehandel) muss zusätzlich kommuniziert werden, dass die für Waren oder Leistungen geforderten Preise die Umsatzsteuer und sonstige Preisbestandteile enthalten und ob zusätzlich Fracht-, Liefer- oder Versandkosten oder sonstige Kosten anfallen; fallen diese an, so ist deren Höhe anzugeben, soweit diese Kosten vernünftigerweise im Voraus berechnet werden können (BMJ, 2023g, § 6).

Bewerbung von stationären und Online-Dienstleistungen

Bei der Bewerbung von Dienstleistungen ist in Geschäftsräumen oder Schaufenstern ein Preisverzeichnis über die Preise einschließlich der anteiligen Umsatzsteuer für die wesentlichen Leistungen oder die Verrechnungssätze (z. B. Stunden-, Kilometersätze) aufzustellen; wird der Service online angeboten und beworben, muss eine gesonderte Anzeige über den Preis der fortlaufenden Nutzung unentgeltlich vom werbungtreibenden Unternehmen angeboten werden (BMJ, 2023g, § 12, Abs. 1 und 3). In Restaurants und ähnlichen Gastronomiebetrieben müssen die Preise von Speisen oder Getränken in einem Preisverzeichnis („Speise- und Getränkekarte“) angegeben werden. Bei Speisen und Getränken zur direkten Mitnahme bzw. zur unmittelbaren Entnahme müssen diese in der Warenpräsentation durch Preisschilder oder Beschriftung wie eine Ware ausgezeichnet werden (BMJ, 2023g, § 1 3, Abs. 1). Die Bewerbung und Preisdarstellung von Finanzdienstleistungen unterliegt spezifischen Regelungen (BMJ, 2023g, § 16 – § 19). Fahrlässige oder vorsätzliche Verstöße von Unternehmen gegen die Regelungen der PAngV werden als Ordnungswidrigkeiten geahndet (BMJ, 2023g, § 20).

Preisbindung für Presseerzeugnisse und Bücher

Bücher, Zeitungen und Zeitschriften unterliegen als gesellschaftlich gewünschte und geförderte Kulturgüter einer gesetzlichen Preisbindung in Deutschland. Das Gesetz über die Preisbindung für physische wie digitale Bücher, Musiknoten und kartographische Produkte („Buchpreisbindungsgesetz (BuchPrG)“) dient mit der Festsetzung verbindlicher Preise beim Verkauf an Endverbraucher dem Schutz des Kulturgutes Buch und sorgt durch Förderung einer großen Zahl von Verkaufsstellen für den Erhalt eines vielfältigen Buchangebots für eine breite Öffentlichkeit (BMJ, 2023h, § 1). So müssen Buchverleger und -importeure für neue Bücher beim Verkauf an Konsumenten einen festgesetzten Preis einschließlich Umsatzsteuer als Endpreis festlegen; dieser gilt nicht für den Verkauf gebrauchter Bücher (BMJ, 2023h, § 3 und § 5). Preisrabatte dürfen nur bei beschädigten oder fehlerhaften und entsprechend gekennzeichneten Büchern („Mängelexemplaren“) gegeben werden; die Preisbindung für ein Buch kann aufgehoben werden, wenn eine aktualisierte bzw. Neuauflage nach 18 Monaten publiziert und verkauft wird (BMJ, 2023h, § 8).

Die Preisbindung von Zeitungen und Zeitschriften ist im „Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB)“ geregelt, in dem das generelle Verbot wettbewerbsbeschränkender Vereinbarungen oder aufeinander abgestimmter Verhaltensweisen, die eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs bezwecken oder bewirken, zwischen Teilnehmern im Pressemarkt (z. B. Zeitschriftenverlag, – grosso, -einzelhändler) explizit aufgehoben ist (BMJ, 2023i, § 30). Presseprodukte müssen daher bundesweit den gleichen Gesamtpreis für den Endverbraucher aufweisen.

2 Werberechtlich relevante Mediengesetze und -verordnungen

Physische und digitale Medien unterliegen aufgrund ihrer gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Bedeutung – insbesondere auch als multisensuelle Werbeträger – besonderen werberechtlich relevanten gesetzlichen Regelungen. Ein Portfolio von Mediengesetzen und -verordnungen spezifiziert und konkretisiert auf Ebene der deutschen Bundesländer, der Bundesrepublik Deutschland und der Europäischen Union ergänzend die grundlegenden Gesetze für den Medienbereich. Die gesetzlichen Regelungen für Presse, Rundfunk und digitale Medien betreffen zum einen werbungtreibende Unternehmen wie werbungtragende Medien in der Definition der Möglichkeit und Gestaltung von Werbung für Produkte und Dienstleistungen, zum anderen den Schutz von Mediennutzern und Konsumenten als Adressaten von Werbung. Dabei stehen Gesetzgeber und Gesetze vor der permanenten Herausforderung, die aktuellen und rasanten Entwicklungen in physischer und insbesondere digitaler Kommunikation, die über die nationalen Landesgrenzen hinausgehen, zeitnah zu erfassen, ganzheitlich zu umfassen und rechtlich zu definieren.

Grundsätzlich können werberechtlich relevante Mediengesetze und -verordnungen unterschieden werden in:

  • regionale Regelungen der deutschen Bundesländer,

  • nationale Gesetze der Bundesrepublik Deutschland sowie

  • europäische Verordnungen der Europäischen Union.

Mediengesetzliche Regelungen lassen sich des Weiteren differenzieren in Gesetze, die

  • die Presse zum einen als generelles Synonym für journalistische Medien, zum anderen als konkrete Form von Printmedien und Werbeträger wie Zeitungen und Zeitschriften,

  • den Rundfunk in Form von Hörfunk bzw. Radio und das Fernsehen bzw. TV als lineare audiovisuelle Medien und Werbeträger,

  • die Telemedien in Form von Audio- und TV-Streaming-Angeboten sowie

  • die Digitalmedien und Werbeträger in Form von Websites, Onlineangeboten, Social Media und E-Mail betreffen.

Grundsätzliche Trennung von Werbung und redaktionellen Inhalten

Grundlegend werberechtlich relevant ist das medienübergreifende Gebot der Trennung von redaktionellen und werblichen Inhalten zur Sicherung des freien, individuellen und öffentlichen Meinungsbildungsprozesses von Individuen, das historisch im Presserecht von 1874 verwurzelt und in den jeweiligen Pressegesetzen der Bundesländer sowie bundesweit für Fernsehen und Hörfunk sowie Telemedien im Medienstaatsvertrag (§ 8) fixiert ist (Dörr et al., 2023, S. 64; Fechner, 2023, S. 287; Hager, 2023, S. 8; Kachabia, 2015).

Beispiele Trennung von Werbung und Redaktion

Fernseh-Werbung (Zweites Deutsches Fernsehen): Seit dem 2. April 1963 dienen die sechs Trickfiguren namens Anton, Berti, Conni, Det, Edi und Fritzchen, die als „Mainzelmännchen“ in drei Sekunden langen Clips auflockernde Abenteuer auf dem TV-Bildschirm erleben, als audiovisueller, unterhaltsamer und neutraler Trenner zwischen dem Programm und den Werbeblocks im ZDF an jedem Werktag von 16 bis 20 Uhr. Als einziger TV-Sender im deutschsprachigen Raum werden im ZDF auch die einzelnen Werbespots durch die Mainzelmännchen-Inserts voneinander getrennt (ZDF, 2023a).

Display-Advertising (t-online): Das Online-Newsportal t-online.de kennzeichnet deutlich Banner und trennt optisch Werbung erkennbar vom redaktionellen Content im oberen und rechten Bereich der Website mit dem Wort „Anzeige“. Im unteren Seitenbereich mit den redaktionellen Rubriken u. a. zu Mobilität, Heim & Garten, Mehr aus der Redaktion werden Anzeigen, die als „Native Ads“ eingebunden sind, mit dem Namen des Werbungtreibenden und dem Wort „ANZEIGE“ gekennzeichnet.

Print (Sport BILD): Auf der Seite mit dem redaktionellen Ergebnisteil der deutschen Fußball-Bundesliga in der Sport BILD-Ausgabe 42/2023 wirbt der Sportwettenanbieter tipico mit einer Anzeige für sein Angebot mit einem Bonus von 100 € für Neukunden. Die Anzeige ist optisch als Anzeige durch ihre andersartige Farbgestaltung erkennbar und mit dem Wort „Anzeige“ im oberen rechten Teil als solche gekennzeichnet.

Zuständigkeit der Bundesländer für Medien

Aufgrund der im Grundgesetz verankerten Kultur- und Bildungshoheit der Länder ergibt sich die Zuständigkeit der Bundesländer in der Regelung von Medien im Allgemeinen und von Werbung im Besonderen als Kulturangelegenheit (BMJ, 2023a, Art. 30 sowie 70, Abs. 1).

2.1 Landespressegesetze (LPG)

Die rechtliche Regulierung der Presse bzw. Printmedien in Deutschland fällt in den Aufgabenbereich der 16 Bundesländer als Kulturverantwortliche, die mit jeweiligen Landespressegesetzen Rechten und Pflichten von Presse bundeslandindividuell, jedoch im Grundtenor einheitlich explizit oder indirekt definieren. Inhaltlich übereinstimmend legen die länderspezifischen Pressegesetze die Trennung von Werbung und Redaktion als Grundsatz fest (Baden-Württemberg: § 10; Bayern: Artikel 9; Berlin: § 9; Brandenburg: § 11; Bremen: § 10; Hamburg: § 10; Hessen: § 8; Mecklenburg-Vorpommern: § 9; Niedersachsen: § 10; Nordrhein-Westfalen: § 10; Rheinland-Pfalz: § 7; Saarland: § 6; Sachsen: § 9; Sachsen-Anhalt: § 9; Schleswig-Holstein: § 9; Thüringen: § 10) (Weberling, 2023a, b). Wenn ein Presseverlag als Unternehmen oder ein für ein Presseerzeugnis Verantwortlicher für eine Veröffentlichung ein Entgelt erhält, dieses gefordert oder sich hat versprechen lassen, muss diese Veröffentlichung – soweit sie nicht schon durch die Gestaltung als Anzeige zu erkennen ist – deutlich mit dem Wort „Anzeige“ gekennzeichnet werden. Als Veröffentlichung, für die ein Presseverlag ein „Entgelt“ erhält, sind anzusehen: Werbeanzeigen, -beilagen,-beihefter, -aufkleber, „Promotionartikel“ und „Advertorials“ in Zeitungen, Zeitschriften und sonstigen Druckwerken bzw. Presseerzeugnissen (Kachabia, 2015, S. 17; Löffler, 2023, S. 1193; Sedelmeier & Buck, 2023; Weberling & Thomale, 2021).

2.2 Medienstaatsvertrag (MStV)

Werbung und werbeähnliche Formen in Rundfunk und Telemedien werden im „Medienstaatsvertrag (MStV)“ bundeseinheitlich seit 7. November 2020 geregelt. Der MStV ist ein Vertrag, der zwischen allen 16 Bundesländern abgeschlossen wurde, um das Angebot, die Verbreitung und die Zugänglichmachung von privatem und öffentlich-rechtlichem Rundfunk als Hörfunk und Fernsehen sowie von Telemedien über alle Bundesländer hinweg konsistent für die Bundesrepublik Deutschland zu regeln. (Hager, 2023, S. 5, § 1, Abs. 1). Als Rundfunk wird ein linearer Informations- und Kommunikationsdienst zur Veranstaltung und Verbreitung von Angeboten in Bewegtbild oder Ton entlang eines Sendeplans unter Benutzung elektromagnetischer Schwingungen verstanden, der für die Allgemeinheit und zum zeitgleichen Empfang bestimmt ist. Inbegriffen sind Angebote, die verschlüsselt verbreitet werden oder gegen besonderes Entgelt empfangbar sind. In Abgrenzung dazu werden Telemedien (z. B. in Streamingtechnik verbreitetes Internetradio und -fernsehen) in einer Negativabgrenzung verstanden als alle elektronischen Informations- und Kommunikationsdienste, die nicht Telekommunikationsdienste (z. B. technische Telefon-, Internet-, Hör-, Fernsehrundfunk- sowie Kabelfernsehnetze) oder Rundfunk im eigentlichen Sinne sind (Hager, 2023, S. 6, § 2, Abs. 1).

Die seit 1961 zwölf Rundfunkurteile des Bundesverfassungsgerichts und der seit 1987 insgesamt 22 mal mehrfach novellierte und geänderte Rundfunkstaatsvertrag (RStV) zwischen den 16 deutschen Bundesländern stellten bis 2019 die Rechtsgrundlage für das duale Rundfunksystem aus privaten und öffentlich-rechtlichen Radio- und TV-Sendern dar, in denen Zulassungsvoraussetzungen, Konzentrationsregelungen und Programmgrundsätze, die konkrete Auftragsdefinition des öffentlich-rechtlichen Rundfunks sowie die Dauer und Form von Werbung in Fernsehen und Hörfunk definiert waren (Dörr et al., 2023, S. 75). Seit 2020 bildet der MStV den übergeordneten juristischen Rahmen für den Rundfunkmarkt für die gesamte Bundesrepublik Deutschland und die Verbindung zwischen den Länder- und Bundesgesetzen und umschreibt insbesondere auch die grundsätzliche Handhabung von persuasiver und kommerzieller Kommunikation im Rundfunk. Konkret definiert der MStV in mehreren Paragrafen und Absätzen für Werbung, Sponsoring und Teleshopping zulässige geographische Ausstrahlungsareale, Rundfunksender- und sendungsorte, Tage, Zeiträume, Dauer sowie Arten von Fernseh- und Hörfunkprogrammen in Rundfunk und Telemedien.

Allgemeine Werbegrundsätze und Kennzeichnungspflichten im Rundfunk

Werbung im Rundfunk muss ethischen Grundsätzen folgen, die sicherstellen, dass die Menschenwürde nicht verletzt, Menschen nicht (z. B. wegen Geschlecht, Rasse, Alter) diskriminiert, Konsumenten nicht irregeführt oder Verbraucher in Gesundheit und Sicherheit nicht gefährdet werden (§ 8, Abs. 1). Der MStV definiert Werbung im Rundfunk als Programm, das das übrige inhaltliche und redaktionelle Programm nicht – auch nicht unterschwellig – beeinflussen darf (§ 8, Abs. 2). Werbung in Radio und TV muss daher als solche leicht erkennbar und unterscheidbar vom redaktionellen Inhalt sein (§ 8, Abs. 3). Eine Teilbelegung des ausgestrahlten Fernsehbildes („Splitscreen“) ist zulässig, wenn eine Kennzeichnung die optische Trennung der Werbung vom redaktionellen Programm sicherstellt (§ 8, Abs. 4). Fernsehsendungen mit dauerhafter Werbung als wesentlicher Sendungsbestandteil („Dauerwerbesendungen“) sind zulässig, wenn diese zu Sendebeginn angekündigt und permanent während der Ausstrahlung erkennbar gekennzeichnet sind (§ 8, Abs. 5). Virtuell eingefügte Werbung in Sendungen ist zulässig, wenn auf diese am Beginn und zum Ende der Ausstrahlung hingewiesen wird und eine am Übertragungsort bestehende Werbung ersetzt wird (§ 8, Abs. 6). Grundsätzlich sind Schleichwerbung und Themenplatzierung durch Werbungtreibende unzulässig; Produktplatzierungen sind unter bestimmten Voraussetzungen (z. B. mit Hinweis am Anfang bzw. Ende der Sendung) und mit Ausnahmen bestimmter Formate (z. B. Nachrichten, Verbraucherinformationen, politische Sendungen, Kindersendungen) gestattet (§ 8, Abs. 7). Bestimmte Personen (z. B. Nachrichtensprecher, Moderatoren politischer Sendungen) dürfen nicht als Protagonisten in Fernsehwerbung und TV-Teleshopping auftreten (§ 8, Abs. 8). Politische, weltanschauliche und religiöse Werbung ist unzulässig; Spendenaufrufe zu wohltätigen Zwecken gelten nicht als Werbung (§ 8, Abs. 9). Alkoholwerbung darf den übermäßigen Genuss nicht fördern (§ 8, Abs. 10). Nichtbundesweite, also nur in einem Bundesland oder mehreren Ländern ausgestrahlte Rundfunkwerbung eines jedoch bundesweit ausgerichteten und zugelassen Radio- oder TV-Programms, ist nur zulässig, wenn das jeweilige Bundesland dies gestattet (§ 8, Abs. 10). Für Teleshoppingsender gelten die gleichen Regeln wie in den Absätzen 1 bis 10 dargestellt (§ 8, Abs. 11) (Fechner, 2023, S. 339; Hager, 2023, S. 8).

Werbung politischer, weltanschaulicher oder religiöser Art (z. B. von Parteien, Kirchen, Sekten) ist unzulässig; Ausnahmen stellen die Zeiträume vor Wahlen zum Deutschen Bundestag und zum Europäischen Parlament dar, in denen bundesweit zugelassene Rundfunkveranstalter verpflichtet sind, den Parteien angemessene Sendezeiten einzuräumen (Hager, 2023, S. 9, § 8, Abs. 9 und S. 27, § 68, Abs. 2). Nach der bisherigen Rechtsprechung erhält die größte bzw. stärkste Partei höchstens das Vier- bis Fünffache an Werbevolumen und -zeit (Anzahl Spots, Länge der Spots, Sendezeit) der kleinsten bzw. schwächsten Partei, weil anderenfalls die Werbung der kleinsten Partei optisch in der Menge der Werbung der großen Parteien untergeht (die medienanstalten, 2021, S. 4).

Unentgeltliche Beiträge und Werbung im Dienst der Öffentlichkeit einschließlich Spendenaufrufe zu Wohlfahrtszwecken, die pro bono ausgestrahlt werden, gelten nicht als Werbung (Hager, 2023, S. 9, § 8, Abs. 9).

Einfügung von Rundfunkwerbung in Sendungen und Teleshopping

Sendungen für Kinder und Übertragungen von Gottesdiensten dürfen nicht durch Werbung oder Teleshopping unterbrochen werden (§ 9, Abs. 1); Werbung, die zwischen in sich abgeschlossenen Kindersendungen erfolgen, sind demnach erlaubt. Bis auf Sportübertragungen dürfen einzeln ausgestrahlte TV-Werbe- und Teleshopping-Spots nur Ausnahmen sein. Die Einfügungen dürfen den Zusammenhang der Sendungen nicht beeinträchtigen (§ 9, Abs. 2). Bis auf Serien, Reihen und Dokumentarfilme dürfen Filme, Kinofilme und Nachrichtensendungen für einen Programmzeitraum von mindestens 30 min einmal für TV-Werbung oder Teleshopping unterbrochen werden (Fechner, 2023, S. 339; Hager, 2023, S. 9, § 9, Abs. 3).

Sponsoring

Bei Sendungen, die teilweise oder ganz gesponsert werden, muss eindeutig auf den finanzierenden Sponsor zu Beginn und zum Ende der Sendung in vertretbarer Kürze und in angemessener Form – auch durch Einblendung des Firmenlogos oder von Bewegtbild – („Sponsorhinweis“) hingewiesen werden, um den Zuschauer über die Finanzierung zu informieren (§ 10, Abs. 1). Als Sponsoring definiert der MStV jeden Beitrag einer natürlichen oder juristischen Person, die nicht Rundfunkveranstalter – also Fernseh- oder Hörfunksender – bzw. Anbieter rundfunkähnlicher Telemedien oder Video-Sharing-Dienste ist, und ein Rundfunkprogramm, rundfunkähnliche Telemedien, Video-Sharing-Dienste, nutzergenerierte Videos oder eine Sendung finanziert, um den Namen, die Marke, das Erscheinungsbild der Person oder Personenvereinigung, ihre Tätigkeit oder ihre Leistungen zu fördern (Hager, 2023, S6, § 2, Abs. 2, Nr. 10). Sponsoren dürfen den Inhalt eines von ihnen gesponserten Rundfunkprogrammes, einer Sendung oder eines Programmplatzes nicht so beeinflussen, dass die Verantwortung und Unabhängigkeit der Redaktion beeinträchtigt wird (§ 10, Abs. 2). Gesponserte Sendungen dürfen nicht zum Verkauf, zum Kauf oder zur Miete oder Pacht von Angeboten des finanzierenden Sponsors oder eines Dritten anregen (§ 10, Abs. 3). Sendungen mit Nachrichten und politischen Informationen dürfen nicht gesponsert, in Kindersendungen und Sendungen mit religiösem Inhalt keine Sponsorenlogos gezeigt werden (§ 10, Abs. 4). Die Absätze 1 bis 4 gelten auch für Teleshopping (Fechner, 2023, S. 342; Hager, 2023, S. 9, § 10).

Programmsponsoring kann auch nach 20 Uhr bzw. an Sonn- und Feiertagen explizit ausgestrahlt werden bei Übertragungen von (Sport-)Großereignissen wie:

  • Olympische Spiele (alle Übertragungen),

  • Fußball-EM und -WM (Spiele mit deutscher Beteiligung sowie uneingeschränkt das Eröffnungsspiel, die Halbfinals und das Finale (mit u. ohne dt. Beteiligung),

  • DFB-Vereinspokal (Halbfinals, Finale) und

  • alle Spiele der deutschen Fußball-Nationalmannschaft (Heim- u. Auswärtsspiele)

  • Finale bei deutscher Beteiligung in den europäischen Fußball-Vereinswettbewerben (Champions League, Europa League) (Hager, 2023, S. 10, § 3, Abs. 2).

Beispiel Sponsoring

Zweites Deutsches Fernsehen (ZDF): Im Umfeld des „ZDF-Morgenmagazins“ zwischen 5.30 und 9.00 Uhr montags bis freitags bietet das ZDF nach dem Nachrichtenblock als Sponsoringformat die Präsentation des Wetters durch einen Werbungtreibenden an und kennzeichnet dies mit Hinweisen vor und nach dem Wetterblock (z. B. „Das Wetter wird Ihnen präsentiert von der Ferienhaus-App homeToGo“, „Das Wetter wurde Ihnen präsentiert von der Ferienhaus-App homeToGo“). Die werktägliche Kochshow „Die Küchenschlacht“ lässt das ZDF durch einen Sponsor präsentieren und kennzeichnet den Sponsoringspot akustisch vor und nach dem Programmcontent (z. B. „Genussvolle Unterhaltung bei der Küchenschlacht wünscht Leerdammer.“; im Abspann „Was für ein überzeugender Kandidat. Die Küchenschlacht wurde präsentiert von Leerdammer.“). Die Vorabendkrimiserie „Die Rosenheim-Cops“ wird mit einem Sponsorhinweis angekündigt (z. B. „Viel Spaß mit: Die Rosenheim-Cops. Präsentiert von Musterring.“) bzw. nach der Unterbrechung durch einen Werbeblock weitergeführt („Jetzt geht‘s weiter mit: Die Rosenheim-Cops. Präsentiert von Musterring.“) (ZDF, 2023b).

ARD-Media (ARD): Im Vorfeld der täglichen ARD-Nachrichtensendung „TAGESSCHAU“ um 20.15 Uhr montags bis freitags bietet die ARD die Möglichkeit des Sponsorings von „Wirtschaft vor Acht“. Zwischen 19.55 und 19.57 Uhr präsentiert das Team um Markus Gürne und Anja Kohl Ereignisse aus der Wirtschaftswelt und Aktuelles von der Frankfurter Börse und erklärt Nachrichten der Wirtschaft, neue Trends sowie komplexe Zusammenhänge. Werbungtreibende können „Wirtschaft vor acht“ mit zwei Sponsoringtrailern je sieben Sekunden vor und nach dem Programmformat präsentieren. Die ARD-Quizformate ab 18.00 Uhr von Montag bis Freitag (z. B. „Wer weiß denn sowas?“) können von Werbungtreibenden mit drei Sponsoringtrailern je sieben Sekunden um 18.00 Uhr, 18.39 Uhr und 18.42 Uhr präsentiert werden (ARD MEDIA GmbH, 2023).

SevenOne Entertainment Group (Kabel 1): Beim Do-it-yourself-TV-Format „Asbach Deutschlands bester Partykeller“ von Kabel 1 am Samstagabend übernahm der Spirituosenhersteller Asbach das Titelsponsoring mit der Weinbrandmarke „Asbach Uralt“. Der Markenname war Bestandteil des Titels der Sendungen, das Produkt war mit Platzierungen in der Sendung präsent: Den Siegern werden am Ende jeder Folge ein Leuchtschild-Pokal für den Partykeller und eine Getränkeauswahl des Sponsors Asbach überreicht (SevenOne, 2023a).

Dauer von Rundfunkwerbung und Sponsoring im öffentlich-rechtlichen Fernsehen und Hörfunk

Fernsehwerbung darf nur im bundesweiten, ersten TV-Programm von ARD und ZDF („ARD“) ausgestrahlt werden, jedoch nicht an Sonn- und bundeseinheitlichen Feiertagen sowie nicht nach 20.00 Uhr. Im Jahresdurchschnitt darf an Werktagen die Gesamtdauer von Fernsehwerbung in ARD und ZDF jeweils maximal 20 min betragen; Sponsorings und Produktplatzierungen werden darauf nicht angerechnet (§ 39, Abs. 1). Fernsehwerbung in den Dritten Fernsehprogrammen der ARD (z. B. Bayerisches Fernsehen, RBB Fernsehen, SWR/SR Fernsehen) sowie in weiteren TV-Programmen von ARD und ZDF (z. B. 3sat, Phoenix, ARD-ALPHA) ist nicht gestattet (§ 39, Abs. 2). Die Dauer von TV-Werbung in ARD und ZDF ist pro Stunde auf 20 % – also auf zwölf Minuten – begrenzt (§ 39, Abs. 3). Redaktionelle Hinweise, Spendenaufrufe, gesetzliche Pflichthinweise sowie Trennbilder zwischen redaktionellem Programm und Werbung sowie zwischen TV-Spots gelten nicht als Werbung (§ 39, Abs. 4). Hörfunkwerbung in den ARD-Radiosendern darf nur an Werktagen – nicht an Sonn- und Feiertagen – grundsätzlich im Jahresdurchschnitt bis zu 90 min ausgestrahlt werden (§ 39, Abs. 5). Ab 20.00 Uhr an Werktagen sowie grundsätzlich an Sonn- und bundesweiten Feiertagen ist Sponsoring bis auf sportliche Großereignisse nicht zulässig (Hager, 2023, S. 20, § 39, Absatz 6).

Dauer von Werbung im privaten Fernsehen

Der Anteil an TV-Werbe- und Teleshoppingspots bei privaten Fernsehsendern ist im Zeitraum von 6.00 Uhr bis 24.00 Uhr auf 20 % limitiert; Produktplatzierungen und Sponsorhinweise sind davon ausgenommen (§ 70, Abs. 1). Redaktionelle Hinweise, Spendenaufrufe, gesetzliche Pflichthinweise sowie Trennbilder zwischen redaktionellem Programm und Werbung sowie zwischen TV-Spots gelten nicht als Werbung (§ 70, Abs. 2). Reine Werbekanäle sind von den Regelungen der Absätze 1 und 2 ausgenommen (Hager, 2023, S. 27, § 70, Abs. 3).

Teleshopping-Fenster und Eigenwerbekanäle

Teleshopping-Fenster, die in einem Fernsehprogramm gesendet werden, das nicht ausschließlich für Teleshopping bestimmt ist, müssen eine Mindestdauer von 15 min ohne Unterbrechung haben und optisch und akustisch klar als Teleshopping-Fenster gekennzeichnet sein (Hager, 2023, S. 28, § 71, Abs. 1).

Produkt Placement und Schleichwerbung

Als Produktplatzierung („Product Placement“) versteht der MStV jede Form von Werbung, die gegen Entgelt oder eine ähnliche Gegenleistung (z. B. durch kostenlose Bereitstellung von Waren oder Dienstleistung von bedeutendem Wert) ein Produkt, eine Dienstleistung oder die entsprechende Marke eines Unternehmens in redaktionell-programmliche Inhalte einbezieht oder darauf Bezug nimmt, sodass diese innerhalb einer Sendung oder eines nutzergenerierten Videos erscheint (Hager, 2023, S. 6, § 2, Abs. 1, Nr. 12). Produktplatzierung in Kinofilmen, Filmen und Serien, Sportsendungen und Sendungen der leichten Unterhaltung ist nur dann zulässig, wenn diese von Dritten – also nicht vom Veranstalter selbst, von einem mit dem Veranstalter verbundenen Unternehmen produziert oder in Auftrag gegeben wurde – oder wenn kein Entgelt geleistet wird, sondern lediglich bestimmte Waren (z. B. Fahrzeuge für Kommissare in Krimis) oder Dienstleistungen (z. B. Produktionshilfen, Preise) für eine Sendung kostenlos bereitgestellt und dabei in diese einbezogen werden (Hager, 2023, S. 20, § 38). Bei Nichtkennzeichnung gilt diese Produktpräsentation in programmlichen Inhalten als verbotene „Schleichwerbung“ (Hager, 2023, S. 6, § 2, Nr. 9).

Beispiele Product Placement

Zweites Deutsches Fernsehen (ZDF): Das fünfköpfige Team der ZDF-Fernsehserie „SOKO Leipzig“ klärt in wechselnder Besetzung seit 2001 Kriminalfälle in der sächsischen Metropole Leipzig. Das 2023er-Team aus Kriminalhauptkommissarin Ina Zimmermann, Kriminaloberkommissar Jan Maybach und den Kriminalkommissaren Kim Nowak und Moritz Brenner fährt im Einsatz Fahrzeuge der BMW AG. Die aktuellen BMW-Modelle werden dabei natürlich in das Spielgeschehen eingebunden und fallen je nach Szene (z. B. Verfolgungsszenen mit dem Auto, Gespräche der Protagonisten im Auto, Fahrzeug-Ein- oder Ausstieg) und Kameraeinstellung aufgrund ihrer nativen Platzierung entsprechend prominent auf. Im Abspann jeder 45minütigen Folge blendet das ZDF den Hinweis ein: „Zu dieser Sendung wurde Produktionshilfe geleistet durch: BMW AG“.

SevenOne Entertainment Group (ProSieben): Produktplatzierungen als ein Teil der Sendung bzw. natives Element der Handlung stellen seit Start 2006 bei „Germany’s Next Top Model (GNTM)“ ein integrales und festes Element der von Heidi Klum moderierten Castingshow auf ProSieben dar. In den mehrfachen, sogenannten „Challenges“ in jeder Staffelepisode lösen die Models unterschiedliche Aufgaben rund um Modeln, Beauty und Fashion. Die Integration von entsprechend dazu passenden Produkten als authentische Requisiten fügt sich nativ in die Sendung ein. Die Platzierung erfolgt dabei als „On-Set“ (z. B. als Geschenk für die GNTM-Models in die Top 10), als „In-Use“ (z. B. Make-up-Artists schminken die GNTM-Models mit Produkten von MAC Cosmetics für einen Catwalk) oder in vorproduzierten Clips, die in die Sendung eingespielt werden (z. B. als GNTM-Siegerpreis). Im Vorspann sowie nach Unterbrechungen des Programms blendet ProSieben einen Hinweis („enthält Produktplatzierungen“) ein; im Abspann jeder Sendung werden die als Produkte platzierten Marken aufgeführt. In der 18. GNTM-Staffel 2023 waren als Product-Placement-Marken präsent u. a. der Kosmetikproduzent MAC Cosmetics, der Wäschespezialist Intimissimi, der Gesichtsmaskenanbieter YEAUTY, der Stylinggerätehersteller ghd, die Fashionzeitschrift HARPER‘s BAZAR, der Modeschmuckanbieter Svarovski, der Handschuhfabrikant Roeckl und die Handtaschenmarke ZOÉ LU (SevenOne, 2023b).

AdAlliance (RTL): Von Mitte September 2023 bis Mai 2024 war der Discounter PENNY ein fester Bestandteil des Sets der täglichen RTL-Serie „Unter uns“. Die Bewohner der Schillerallee in der Serie wurden für neun Monate mit Produkten des täglichen Bedarfs über den PENNY-Markt versorgt, die natürliche Integration in Spielszenen war dem Design und dem gewohnten Erscheinungsbild der PENNY-Märkte, wie sie im realen Stadtbild bekannt sind, angepasst (AdAllianceDE, 2023).

Gewinnspiele

Gewinnspielsendungen und Gewinnspiele sind zulässig, wenn sie die Konsumenten nicht irreführen und den Interessen der Teilnehmer nicht schaden. Sie unterliegen dem besonderen Gebot der Transparenz und des Teilnehmerschutzes. Im Programm ist über die Kosten der Teilnahme, die Teilnahmeberechtigung, die Spielgestaltung sowie über die Auflösung der gestellten Aufgabe zu informieren. Dabei sind die Belange des Jugendschutzes zu wahren; für die Teilnahme am Gewinnspiel darf nur ein Entgelt bis zu 0,50 € verlangt werden (Hager, 2023, S. 2, § 11).

Beispiele Product Placement

SevenOne Entertainment Group (ProSieben): Programmnah platziert finden auf ProSieben trailerbasierte und redaktionelle Gewinnspiele statt. Der Trailer besteht aus rein informativen Elementen des Senders und des Gewinnspielpartners, die das Gewinnspiel beschreiben. Er wird programmnah als eigenständiges Format ausgestrahlt (z. B. „GreenSeven und Renault Z.E-Modelle präsentieren das Farmerama-Gewinnspiel. Gewinnen Sie mit etwas Glück einen von zwei Renault Twizy und laden Sie Ihren Fahrspaß mit dem 100 % elektrischen CityFlitzer für zwei Personen auf.“ (SevenOne, 2023c).

2.3 Landesmediengesetze (LMG)

Die Veranstaltung und Sendung von privaten Rundfunk- und Telemedien regeln regional für jedes der 16 deutschen Bundesländer im Rahmen des MStV insgesamt 14 Landesmediengesetze; für Berlin und Brandenburg sowie Hamburg und Schleswig-Holstein als Zusammenschluss jeweils zweier Länder zwei Landesmediengesetze. Die darin verankerte operative Umsetzung erfolgt entsprechend regional über 14 Landesmedienanstalten als zuständige Aufsichtsbehörden der Bundesländer (z. B. MASH – Medienanstalt Hamburg/Schleswig-Holstein; Landesanstalt für Medien Nordrhein-Westfalen; BLM – Bayerische Landeszentrale für neue Medien). Für die Koordination und Organisation der Arbeit aller gemeinsamen Gremien und Kommissionen der regionalen Landesmedienanstalten ist zentral die gemeinsame Geschäftsstelle der „Arbeitsgemeinschaft der Landesmedienanstalten (ALM)“ mit Sitz in Berlin zuständig.

Zu den Aufgaben der 14 Landesmedienanstalten gehören:

  • die Zulassung und Aufsicht über private Rundfunk- und Telemedienveranstalter für die 16 deutschen Bundesländer,

  • die Einhaltung der Vorschriften des Jugendmedienstaatsvertrags (JMStV),

  • die Zuweisung von Übertragungskapazitäten für die technischen Übertragungswege

    (z. B. UKW, DAB+, DVB-T 2),

  • die Forschung zu medienbezogenen Entwicklungen und

  • die Überprüfung der Einhaltung der Werbebestimmungen entsprechend des MStV, die regelmäßig stichprobenartig oder aufgrund von Beschwerden von Konsumenten erfolgt (die medienanstalten, 2023).

Verstoßen Fernseh- oder Hörfunkveranstalter gegen die Werberegelungen des MStV, kann die für den Veranstalter regional zuständige Landesmedienanstalt gegen den von ihr zugelassenen Veranstalter Sanktionen verhängen; bei bundesweiten Veranstaltern geschieht dies durch die „Kommission für Zulassung und Aufsicht (ZAK)“, die zentral über Zulassungsanträge privater TV- und Radioveranstalter, die ihr Programm bundesweit über alle Bundesländer ausstrahlen möchten, entscheidet. Das Verhängen von Sanktionen (z. B. förmliche Beanstandung eines Verstoßes gegen die Werbebestimmungen, Festsetzung eines Bußgelds bei Ordnungswidrigkeit nach MStV) hängt von der Schwere und Häufigkeit der Verstöße ab. Die Landesmedienanstalten arbeiten dazu mit anderen Institutionen (z. B. Verbraucherverbänden) und auch Ermittlungsbehörden zusammen, werten kontinuierlich Beschwerden von Konsumenten und TV-, Hörfunk- und Telemediennutzern aus, führen Programmanalysen durch und nehmen bei Internetangeboten stichprobenartige Inhaltsanalysen vor (Abb. 11.1).

Abb. 11.1
figure 1

„Deutsches Haus des Medienrechts“ (Quelle: Eigene Darstellung)

2.4 Telemediengesetz (TMG)

Das deutsche „Telemediengesetz (TMG)“ regelt rechtlich grundsätzlich die Aktivitäten von elektronischen und audiovisuellen Informations- und Kommunikationsdiensten, die in einer Negativabgrenzung nicht Telekommunikationsdienste (z. B. Network-Provider) bzw. Rundfunk (z. B. private Radiosender, öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten) darstellen und mit denen sich das „Telekommunikationsgesetz (TKG)“ bzw. der „Medienstaatsvertrag (MStV)“ auseinandersetzt (BMJ, 2023j, § 1). Konkret umfasst das TMG damit Internet-, Online-, Video-Sharing-Plattformen und Social-Media-Angebote, Webshops, Online-Auktionshäuser, Suchmaschinen, Webmail-Dienste, Podcasts, Chatrooms und Dating-Communitys; Webradio, das über Streaming verbreitet wird, fällt aufgrund seiner Ähnlichkeit zum Rundfunk unter den Medienstaatsvertrag (MStV) (Hager, 2023, S. 7, Abs. 2, Nr. 13 bis 16). Aufgrund des von der Europäischen Union vorgegebenen „Herkunftslandprinzips“, nachdem jeder EU-Mitgliedstaat für die Rechtsentsprechung von Internetangeboten entsprechend seiner national geltenden Rechtsvorschriften verantwortlich ist, unterliegen in Deutschland niedergelassene Telemedienanbieter dem deutschen Recht (BMJ, 2023j, § 2a, Abs. 1).

Werbung als „kommerzielle Kommunikation“ ist dem TMG nach grundsätzlich jede Form der Kommunikation, die der unmittelbaren oder mittelbaren Förderung des Absatzes von Waren, Dienstleistungen oder des Erscheinungsbilds eines Unternehmens, einer sonstigen Organisation oder einer natürlichen Person dient, die eine Tätigkeit in Handel, Gewerbe oder Handwerk oder einen freien Beruf ausübt und die mit einer finanziellen Gegenleistung verbunden ist (BMJ, 2023j, § 2, Abs. 5). Konkret bezogen auf mediale Online- und Internetangebote stellt audiovisuelle kommerzielle Kommunikation jede Form der Kommunikation mit Bildern mit oder ohne Ton dar, die einer Sendung oder einem nutzergenerierten Video gegen Entgelt oder gegen eine ähnliche Gegenleistung oder als Eigenwerbung beigefügt oder darin enthalten ist und die der unmittelbaren oder mittelbaren Förderung des Absatzes von Waren und Dienstleistungen oder der Förderung des Erscheinungsbilds natürlicher Personen oder Unternehmen einschließlich Sponsoring und Produktplatzierung dient (BMJ, 2023j, § 2, Abs. 5). Entsprechend des allgemein gültigen und werberechtlich relevanten Grundsatzes der erkennbaren Trennung von redaktionellen und werblichen Inhalten („Transparenzgebot“) gilt auch im TMG konkretisiert für Onlinemedien, dass kommerzielle Kommunikation als solche erkennbar und die Auftraggeber von bezahlter Werbung klar identifizierbar sein müssen (BMJ, 2023j, § 6, Abs. 1, Nr. 1 und 2). Angebote zur Verkaufsförderung (z. B. Preisnachlässe, Zugaben, Geschenke) sowie Preisausschreiben oder Gewinnspiele mit Werbecharakter müssen klar als solche erkennbar sein und die Bedingungen für ihre Inanspruchnahme müssen leicht zugänglich sein sowie klar und unzweideutig angegeben werden (BMJ, 2023j, § 6, Abs. 1, Nr. 3 und 4). Für Werbung über E-Mail und Newsletter („elektronische Post“) darf in der Kopf- und Betreffzeile weder der Absender noch der kommerzielle Charakter der Nachricht verschleiert oder verheimlicht werden, indem diese absichtlich so gestaltet ist, dass der Empfänger vor Öffnen der E-Mail und ihrer Rezeption keine oder irreführende Informationen über die tatsächliche Identität des Absenderunternehmens oder den kommerziellen, werblichen oder persuasiven Charakters der Mail erhält (BMJ, 2023j, § 6, Abs. 2). Videosharingplattform-Anbieter (z. B. YouTube, Vimeo) müssen eine Funktion bereitstellen, mit der Nutzer, die von ihnen generierte Videos („User Generated Content (UGC)“) hochladen, erklären können, ob diese Videos audiovisuelle Werbung enthalten, und sind verpflichtet, von Nutzern auf die Plattform hochgeladene und vom Plattformprovider erkannte werblich gestaltete Spots als Werbung zu kennzeichnen (BMJ, 2023j, § 6, Abs. 4).

2.5 Telekommunikationsgesetz (TKG)

Das „Telekommunikationsgesetz (TKG)“ regelt rechtlich den technischen Vorgang der Übertragung von Signalen mit Hilfe von Telekommunikationsanlagen und -netzen, bei denen Daten zwischen maschinellen und menschlichen Kommunikationsteilnehmern übermittelt werden. Im TKG stehen keine Inhalte von Kommunikation oder Print-, Video- oder Audiomedien im Mittelpunkt, sondern technische Transportdienstleistungen, konkret für Telefonie, Internet, Hör- und Fernsehrundfunk sowie Kabelfernsehen (BMJ, 2023k, § 3, Nr. 63 bis 65). Die operativ zuständige Regulierungsbehörde ist die „Bundesnetzagentur (BNetzA)“ mit Sitz in Bonn, die mit dem Bundeskartellamt und den Landesmedienanstalten zusammenarbeitet (BMJ, 2023k, § 197, Abs. 6). Die grundsätzliche Aufgabe der BNetzA ist die Sicherung einer flächendeckend angemessenen und ausreichenden Technikinfrastruktur für Telekommunikation („Grundversorgung“) und konkrete Regelung und Kontrolle der Wettbewerbsordnung mit u. a. Zuweisung von Frequenzen, Gewährleistung des Telekommunikationsgeheimnisses, Rechtmäßigkeit der Speicherung von Bestands- und Verkehrsdaten und Auskunftserteilung („Vorratsdatenspeicherung“) sowie Regelung von Laufzeiten und Änderung von Telekommunikationsverträgen, Telefonanbieterwechseln und Rufnummernmitnahme.

Regelungen für Inbound-Telefonmarketing

Werberechtliche Bedeutung hat das TKG für das Telefonmarketing im Markt der Direktwerbeträger im Umgang mit „Servicetelefonnummern“ insbesondere mit den für Endverbraucher kostenpflichtigen „Premium-Diensten“ („0900er“-Rufummern), bei denen über die Telekommunikationsdienstleistung hinaus ein weitere Leistung als Service erbracht wird, die gegenüber dem Anrufer gemeinsam mit der Telekommunikationsdienstleistung abgerechnet wird (BMJ, 2023k, § 3 Nr. 47). Anrufe bei 0800er-Rufnummern müssen für den Anrufer unentgeltlich sein (BMJ, 2023k, § 121). So müssen Unternehmen, die unter einer „0900er“-Telefonnummer Premium-, Auskunfts-, Massenverkehrs-, Service-, Kurzwahldienste oder Dienste über nationale Teilnehmerrufnummern anbieten und bewerben gegenüber Endnutzern den für die Nutzung des Telekommunikationsdienstes zu zahlenden Höchstpreis zeitabhängig je Minute oder zeitunabhängig je Inanspruchnahme einschließlich der Umsatzsteuer und sonstiger Preisbestandteile angeben oder darstellen (BMJ, 2023k, § 112 Abs. 1 bis 5 oder 6). Der Preis ist nach Möglichkeit barrierefrei sowie gut lesbar, deutlich sichtbar und in unmittelbarem Zusammenhang mit der Rufnummer anzugeben. Bei Anzeige der Rufnummer darf die Preisangabe nicht zeitlich kürzer als die Rufnummer angezeigt werden. Auf den Abschluss eines dauerhaften Vertrages ist hinzuweisen; grundsätzlich ist bei zeitabhängig abgerechneten Diensten nach 60 min die Verbindung zu trennen (BMJ, 2023k, § 113 Abs. 1). Die Preisansage für sprachgestützte Premium-Dienste ist spätestens drei Sekunden vor Beginn der Entgeltpflichtigkeit unter Hinweis auf den Zeitpunkt des Beginns derselben zu beenden; ändert sich dieser Preis während der Nutzung des 0900er-Dienstes, muss vor Beginn des neuen Tarifabschnitts der nach der Änderung zu zahlende Preis angesagt werden (BMJ, 2023k, § 110, Abs. 2).

Das TKG legt zudem Preishöchstgrenzen für die Berechnung an Endverbraucher fest:

  • Preise für zeitabhängige Premium-Dienste, Kurzwahldienste und Auskunftsdienste dürfen nur erhoben werden, wenn sie insgesamt höchstens drei Euro pro Minute betragen; die Abrechnung darf höchstens im 60-Sekunden-Takt erfolgen.

  • Preise für zeitunabhängig über Rufnummern für Premium-Dienste, Kurzwahldienste und Auskunftsdienste abgerechnete Verbindungen und Dienstleistungen dürfen höchstens 30 € pro Verbindung betragen.

  • Preise für Anrufe bei Service-Diensten dürfen nur erhoben werden, wenn sie höchstens 0,14 € pro Minute oder 0,20 € pro Anruf betragen; auch hier darf die Abrechnung höchstens im 60-Sekunden-Takt erfolgen (BMJ, 2023k, § 112, Abs. 1, 2 und 4).

Alle von der Bundesnetzagentur zugeteilten (0)900er-Rufnummern werden in einer Datenbank bei der Bundesnetzagentur erfasst und mit dem Namen und der ladungsfähigen Anschrift des Diensteanbieters im Internet veröffentlicht. Über die Bundesnetzagentur kann von Konsumenten schriftlich oder elektronisch Auskunft über die in der Datenbank gespeicherten Daten verlangt werden (BMJ, 2023k, § 118).

2.6 Europäische Datenschutzgrundverordnung (DSGVO)

Die „EU-Datenschutzgrundverordnung (DSGVO)“/„General Data Protection Regulation (GDPR)“ definiert harmonisierend europaweit den Umgang von werbungtreibenden Unternehmen mit Daten von Konsumenten. Die DSGVO regelt dabei für den Wirtschaftsraum der Europäischen Union (EU) konkret und verbindlich die grenzüberschreitenden und nationalen Datenschutzanforderungen, die organisatorische und materielle Datenverarbeitung, die Rechte der betroffenen Personen, die Rolle der Aufsichtsbehörden sowie die Rechtsdurchsetzungs- und Sanktionsmöglichkeiten bei Nichtbeachtung (Voigt & Bussche, 2018) Die DSGVO hat praktische Rechtsrelevanz für werbliches Direktmarketing mit Printmailings, E-Mail-Marketing, Telefonmarketing und Onlinewerbung insbesondere in der zentralen Thematik, ob und wie personenbezogene Daten von betroffenen Konsumenten zu Werbezwecken von Unternehmen verarbeitet werden dürfen. Das europäische Datenschutzrecht gilt auch für Unternehmen oder Organisationen, die ihren Unternehmenssitz außerhalb der EU haben, wenn sie Produkte oder Services innerhalb des europäischen Marktes (z. B. über Social Media, Website, E-Mail) anbieten. Die DSGVO findet somit nicht nur räumliche Anwendung, wenn die Datenverarbeitung im Gebiet der EU oder durch einen im EU-Gebiet ansässigen Anbieter stattfindet, sondern auch, wenn die Verarbeitung von persönlichen Daten mit einem Angebot zusammenhängt, das sich an Konsumenten in der EU richtet. Grundsätzlich beruht die europäische Datenschutzgrundverordnung auf der „Achtung des Privat- und Familienlebens, der Wohnung und der Kommunikation, des Schutzes personenbezogener Daten, der Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit, Freiheit der Meinungsäußerung und Informationsfreiheit, unternehmerischen Freiheit, dem Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf und ein faires Verfahren und der Vielfalt der Kulturen, Religionen und Sprachen“ (EU, 2023, Präambel).

Recht auf informationelle Selbstbestimmung

Grundsätzlich basiert die praktische Anwendbarkeit der DSGVO in Deutschland auf dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung, das sich indirekt aus den Artikeln 1 und 2 des deutschen Grundgesetzes ableitet (BMJ, 2023a, Art 1 und 2). Danach hat jeder Einzelne das grundsätzliche Recht, selbst über die Preisgabe und jegliche Verwendung seiner personenbezogenen Daten zu bestimmen und ein Anrecht auf Schutz dieser Daten.

Schutz personenbezogener Daten

Als zu schützende Daten betrachtet die DSGVO alle Informationen, die sich auf eine identifizierte oder identifizierbare natürliche Person beziehen. Auch pseudonymisierte personenbezogene Daten, die mit zusätzlichen Informationen einer natürlichen Person zugeordnet werden können, fallen darunter. Die Grundsätze des Datenschutzes gelten nicht für anonyme Informationen, die sich nicht auf eine identifizierte oder identifizierbare natürliche Person beziehen oder diese damit identifiziert werden kann. So definiert die DSGVO konkret:

  • „Personenbezogene Daten“ sind alle Informationen, die sich auf eine identifizierte oder identifizierbare natürliche Person beziehen. Als identifizierbar wird eine natürliche Person angesehen, die direkt oder indirekt, insbesondere mit Hilfe einer Zuordnung zu einem Namen, einer Kennnummer, Standortdaten, Online-Kennung oder einem oder mehreren besonderen Merkmalen, die Ausdruck der physischen, physiologischen, genetischen, psychischen, wirtschaftlichen, kulturellen oder sozialen Identität dieser natürlichen Person sind, identifiziert werden kann (EU, 2023, Art 4, Abs. 1).

  • „Profiling“ stellt jede Art der automatisierten Verarbeitung personenbezogener Daten dar, die darin besteht, dass diese personenbezogenen Daten verwendet werden, um bestimmte persönliche Aspekte, die sich auf eine natürliche Person beziehen, zu bewerten, insbesondere um Aspekte bezüglich Arbeitsleistung, wirtschaftlicher Lage, Gesundheit, persönlichen Vorlieben, Interessen, Zuverlässigkeit, Verhalten, Aufenthaltsort oder Ortswechsel dieser natürlichen Person zu analysieren oder vorherzusagen (EU, 2023, Art 4, Abs. 4).

  • „Pseudonymisierung“ beschreibt die Verarbeitung personenbezogener Daten in einer Weise, dass die personenbezogenen Daten ohne Hinzuziehung zusätzlicher Informationen nicht mehr einer spezifischen betroffenen Person zugeordnet werden können, sofern diese zusätzlichen Informationen gesondert aufbewahrt werden und technischen und organisatorischen Maßnahmen unterliegen, die gewährleisten, dass die personenbezogenen Daten nicht einer identifizierten oder identifizierbaren natürlichen Person zugewiesen werden (EU, 2023, Art 4, Abs. 5).

  • „Genetische Daten“ sind personenbezogene Daten zu den ererbten oder erworbenen genetischen Eigenschaften einer natürlichen Person, die eindeutige Informationen über die Physiologie oder die Gesundheit dieser natürlichen Person liefern und insbesondere aus der Analyse einer biologischen Probe der betreffenden natürlichen Person gewonnen wurden (EU, 2023, Art 4, Abs. 13).

  • „Biometrische Daten“ stellen mit speziellen technischen Verfahren gewonnene personenbezogene Daten dar zu den physischen, physiologischen oder verhaltenstypischen Merkmalen einer natürlichen Person, die die eindeutige Identifizierung dieser natürlichen Person ermöglichen oder bestätigen, wie Gesichtsbilder oder daktyloskopische Daten (EU, 2023, Art 4, Abs. 14).

  • „Gesundheitsdaten“ umschreiben personenbezogene Daten, die sich auf die körperliche oder geistige Gesundheit einer natürlichen Person, einschließlich der Erbringung von Gesundheitsdienstleistungen, beziehen und aus denen Informationen über deren Gesundheitszustand hervorgehen (EU, 2023, Art 4, Abs. 14).

Verarbeitung personenbezogener Daten

Personenbezogene Daten von Konsumenten müssen laut DSGVO nach bestimmten Grundsätzen und rechtmäßigen Bedingungen von Unternehmen oder ihren Dienstleistern verarbeitet werden. Personenbezogene Daten müssen dementsprechend:

  • auf rechtmäßige Weise, nach Treu und Glauben und in einer für die betroffene Person nachvollziehbaren transparenten Weise verarbeitet werden,

  • für festgelegte, eindeutige und legitime Zwecke („Zweckbindung“) erhoben werden und dürfen nicht in einer mit diesen Zwecken nicht zu vereinbarenden Weise weiterverarbeitet werden,

  • dem Zweck angemessen und auf das für die Zwecke der Verarbeitung notwendige Maß beschränkt sein („Datenminimierung“),

  • sachlich richtig und erforderlichenfalls auf dem neuesten Stand sein („Richtigkeit“),

  • in einer Form gespeichert werden, die die Identifizierung der betroffenen Personen nur so lange ermöglicht, wie es für die Zwecke, für die sie verarbeitet werden, erforderlich ist („Speicherbegrenzung“),

  • in einer Weise verarbeitet werden, die eine angemessene Sicherheit der personenbezogenen Daten gewährleistet, einschließlich Schutz vor unbefugter oder unrechtmäßiger Verarbeitung und vor unbeabsichtigtem Verlust, unbeabsichtigter Zerstörung oder unbeabsichtigter Schädigung durch geeignete technische und organisatorische Maßnahmen („Integrität und Vertraulichkeit“) (EU, 2023, Art 5, Abs. 1).

Die rechtmäßige Datenverarbeitung ist nur möglich, wenn mindestens eine der Bedingungen erfüllt ist:

  • Die betroffene Person hat ihre Einwilligung zu der Verarbeitung der sie betreffenden personenbezogenen Daten für einen oder mehrere bestimmte Zwecke gegeben (z. B. bei Anmeldung zu einem Newsletter; bei Kauf eines Produktes in einem Online-Shop; bei Hinterlegung einer E-Mail-Adresse zur Information über die Lieferfähigkeit eines Produktes).

  • Die Verarbeitung ist für die Erfüllung eines Vertrags, dessen Vertragspartei die betroffene Person ist, oder zur Durchführung vorvertraglicher Maßnahmen erforderlich, die auf Anfrage der betroffenen Person erfolgen (z. B. bei Bestellung einer Ware in einem Webshop).

  • Die Verarbeitung ist zur Erfüllung einer rechtlichen Verpflichtung erforderlich, der der Verantwortliche unterliegt.

  • Die Verarbeitung ist erforderlich, um lebenswichtige Interessen der betroffenen Person oder einer anderen natürlichen Person zu schützen.

  • Die Verarbeitung ist für die Wahrnehmung einer Aufgabe erforderlich, die im öffentlichen Interesse liegt oder in Ausübung öffentlicher Gewalt erfolgt, die dem Verantwortlichen übertragen wurde.

  • Die Verarbeitung ist zur Wahrung der berechtigten Interessen des Verantwortlichen oder eines Dritten erforderlich, sofern nicht die Interessen oder Grundrechte und Grundfreiheiten der betroffenen Person, die den Schutz personenbezogener Daten erfordern, überwiegen, insbesondere dann, wenn es sich bei der betroffenen Person um ein Kind handelt. Dies gilt nicht für die von Behörden in Erfüllung ihrer Aufgaben vorgenommene Verarbeitung (EU, 2023, Art 6, Abs. 1).

Einwilligung zur Verarbeitung personenbezogener Daten

Grundsätzlich müssen Unternehmen von der Erhebung, Verarbeitung und Nutzung betroffener Konsumenten eine Einwilligung („Opt-in“-Prinzip) erhalten. Dazu zählt als Bedingung, dass:

  • der Verantwortliche des Unternehmens nachweisen muss, dass die betroffene Person in die Verarbeitung ihrer personenbezogenen Daten eingewilligt hat,

  • bei einer schriftlichen Erklärung, die noch andere Sachverhalte betrifft, das Ersuchen um Einwilligung in verständlicher und leicht zugänglicher Form in einer klaren und einfachen Sprache so erfolgen muss, dass es von den anderen Sachverhalten klar zu unterscheiden ist und

  • die betroffene Person ihre Einwilligung freiwillig, jederzeit und einfach widerrufen kann (EU, 2023, Art 7).

Rechte betroffener Personen

Von der Datenerhebung, -nutzung und -verarbeitung betroffene Konsumenten haben neben dem Einwilligungsrecht laut DSGVO weitere Rechte wie transparente Information, Kommunikation und Modalitäten der Datennutzung (EU, 2023, Art 12), Informationspflicht des Unternehmens bei Erhebung von personenbezogenen Daten über deren Art, Zweck und Dauer (EU, 2023, Art 13), Auskunft über die Verarbeitung von personenbezogenen Daten der betroffenen Person (EU, 2023, Art 15), Berichtigung und Löschung der Daten („Opt-out“-Prinzip) (EU, 2023, Art 16), Vergessenwerden (EU, 2023, Art 17), Einschränkung der Verarbeitung (EU, 2023, Art 18), Datenübertragbarkeit (EU, 2023, Art 20) und Recht auf Widerspruch (EU, 2023, Art 21).

Verantwortung des auftraggebenden oder verarbeitenden Unternehmens

Unternehmen, die Daten als werbungtreibende Unternehmen („Auftraggeber“) oder als Dienstleister (z. B. E-Mail-Agentur) erheben oder verarbeiten, haben laut DSGVO Pflichten wie Umsetzung technischer und organisatorischer Maßnahmen (z. B. Information, Pseudonymisierung), die sicherstellen und nachweisen, dass die Verarbeitung gemäß der DSGVO erfolgt (EU, 2023, Art 24): Sicherstellung, dass grundsätzlich nur personenbezogene Daten, deren Verarbeitung für den jeweiligen bestimmten Verarbeitungszweck erforderlich ist, verarbeitet werden (EU, 2023, Art 25); Sicherstellung, dass Auftragsverarbeiter als dienstleistende Dritte ebenfalls entsprechende technische und organisatorische Maßnahmen zum Datenschutz umsetzen (EU, 2023, Art 28); Führen eines Verzeichnisses von Verarbeitungstätigkeiten (z. B. Zwecke der Verarbeitung, Beschreibung der betroffenen Personen und personenbezogenen Daten, vorgesehene Fristen für die Löschung der Daten) (EU, 2023, Art 30); Gewährleistung der Sicherheit der Verarbeitung (z. B. Pseudonymisierung und Verschlüsselung personenbezogener Daten, Vertraulichkeit, Integrität, Verfügbarkeit und Belastbarkeit der Systeme und Dienste) (EU, 2023, Art 32); Meldung von Verletzungen des Schutzes personenbezogener Daten an die Aufsichtsbehörde (EU, 2023, Art 33); Benachrichtigung der von einer Verletzung des Schutzes personenbezogener Daten betroffenen Person (EU, 2023, Art 34) und Benennung eines Datenschutzbeauftragten (EU, 2023, Art 37-39).

Unabhängige Aufsichtsbehörden zum Datenschutz

Jeder Mitgliedstaat der EU installiert und betreibt eine oder mehrere unabhängige Behörden für Anwendung, Untersuchung und Kontrolle der Anwendung der DSGVO, Sensibilisierung, Information und Beratung von Öffentlichkeit, betroffenen Personen und Unternehmen sowie Warnung, Beschränkung, Verhängung von Verboten und Bestrafung durch Verhängung von Geldbußen („Aufsichtsbehörde“) (EU, 2023, Art 51-62, 83).

Rechtsbehelfe, Haftung und Sanktionen bei Datenschutzvergehen

Jeder von Datenschutzverletzungen betroffene Konsument hat das Recht auf Beschwerde bei einer Aufsichtsbehörde im Land seines Wohnsitzes oder in jedem anderen EU-Mitgliedsstaat (EU, 2023, Art 77), auf wirksamen gerichtlichen Rechtsbehelf gegen eine Aufsichtsbehörde (EU, 2023, Art 78), auf wirksamen gerichtlichen Rechtsbehelf gegen Verantwortliche eines Unternehmens oder Auftragsverarbeiter von personenbezogenen Daten (EU, 2023, Art 79) und auf Haftung und Recht auf Schadenersatz bei materiellem oder immateriellem Schaden, der ihm durch das verantwortliche Unternehmen oder dessen Auftragsverarbeiter entstanden ist (EU, 2023, Art 82).

2.7 Geschäfte im elektronischen Geschäftsverkehr auf Online-Marktplätzen (BGB)

Werberechtlich relevant definiert das „Bürgerliche Gesetzbuch (BGB)“ Pflichten von Unternehmen im Handel und der Werbung im Online-Handel („Elektronischer Geschäftsverkehr“, „Fernabsatzverträge“) gegenüber Endverbrauchern. Werden online über Telemedien Produkte verkauft oder Dienstleistungen erbracht, müssen Unternehmen im Bestellvorgang vor Abgabe einer Bestellung Kunden die angemessene, wirksame und zugängliche technische Möglichkeit geben, Eingabefehler zu erkennen, um diese vor vertraglich wirksamer Bestellung und daraus zu erfolgender Zahlung zu berichtigen (BMJ, 2023l, § 312i, Abs. 1, Nr. 1). Die für eine Bestellung relevanten Informationen müssen dem Konsumenten rechtzeitig vor Absenden der Bestellung klar und verständlich mitgeteilt werden (BMJ, 2023l, § 312i, Abs. 1, Nr. 2). Der Eingang der Bestellung muss unverzüglich über E-Mail bestätigt und dem Kunden die Möglichkeit gegeben werden, die Vertragsbestimmungen einschließlich der Allgemeinen Geschäftsbedingungen bei Vertragsschluss abzurufen und in wiedergabefähiger Form zu speichern (BMJ, 2023l, § 312i, Abs. 1, Nr. 3 und 4). Auf Webseiten mit Shopfunktion für Produkte oder Buchung von kostenpflichtigen Dienstleistungen hat das anbietende Unternehmen zusätzlich spätestens bei Beginn des Bestellvorgangs klar und deutlich anzugeben, ob Lieferbeschränkungen bestehen und welche Zahlungsmittel akzeptiert werden (BMJ, 2023l, § 312j, Abs. 1). Der Bestellvorgang ist optisch und inhaltlich so zu gestalten, dass der Konsument mit seiner Bestellung ausdrücklich bestätigt, dass er sich zu einer Zahlung verpflichtet. Erfolgt die Bestellung über eine Schaltfläche, ist die Pflicht des Unternehmens nur erfüllt, wenn diese Schaltfläche gut lesbar, mit nichts anderem als den Wörtern „zahlungspflichtig bestellen“ oder mit einer entsprechenden eindeutigen Formulierung beschriftet ist (BMJ, 2023l, § 312j, Abs. 3). Sollten diese Anforderungen nicht umgesetzt sein, gilt die Bestellung als nicht rechtswirksam. Ausnahmen stellen Bestellungen über ausschließlich individuelle Kommunikation (z. B. nur über E-Mail-Verkehr) dar sowie für Webseiten, die Finanzdienstleistungen betreffen bzw. Verträge über Finanzdienstleistungen (BMJ, 2023l, § 312j, Abs. 3).

Kommt zwischen einem Unternehmen und einem Endverbraucher ein entsprechend rechtswirksamer Vertrag mit der dauerhaft kostenpflichtigen Bestellung eines Produktes oder einer Dienstleistung („Abonnement“) zustande, muss der Konsument über die Webseite des Unternehmens informiert und es ihm ermöglicht werden, diese ordentlich oder außerordentlich zu kündigen. Dazu muss eine gut lesbare, mit nichts anderem als den Wörtern „Verträge hier kündigen“ oder mit einer entsprechenden eindeutigen Formulierung beschriftete Kündigungsschaltfläche vorhanden sein, die den Verbraucher unmittelbar zu einer Bestätigungsseite führt, die ihn auffordert und ihm ermöglicht, Angaben zu machen zur Art der Kündigung sowie im Falle der außerordentlichen Kündigung zum Kündigungsgrund, zu seiner eindeutigen Identifizierbarkeit, zur eindeutigen Bezeichnung des Vertrags, zum Zeitpunkt, zu dem die Kündigung das Vertragsverhältnis beenden soll und zur schnellen elektronischen Übermittlung der Kündigungsbestätigung an ihn. Diese Webseite muss eine Bestätigungsschaltfläche enthalten, über deren Betätigung der Verbraucher die Kündigungserklärung abgeben kann und die gut lesbar, mit nichts anderem als den Wörtern „jetzt kündigen“ oder mit einer entsprechenden eindeutigen Formulierung beschriftet ist. Die Schaltflächen und die Bestätigungsseite müssen ständig verfügbar sowie unmittelbar und leicht zugänglich sein (BMJ, 2023l, § 312k, Abs. 2). Der Kündiger muss die abgegebene Kündigungserklärung mit dem Datum und der Uhrzeit der Abgabe auf einem dauerhaften Datenträger so speichern können, dass erkennbar ist, dass die Kündigungserklärung durch das Betätigen der Bestätigungsschaltfläche abgegeben wurde. Das Unternehmen hat dem Konsumenten den Inhalt sowie Datum und Uhrzeit des Zugangs der Kündigungserklärung sowie den Zeitpunkt, zu dem das Vertragsverhältnis durch die Kündigung beendet werden soll, sofort über E-Mail zu bestätigen (BMJ, 2023l, § 312k, Abs. 3 und Abs. 4). Sollten die Schaltflächen und die Bestätigungsseite nicht zur Verfügung stehen, kann der Endverbraucher jederzeit und ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist kündigen (BMJ, 2023l, § 312k, Abs. 6).

2.8 Jugendschutzgesetz (JuSchg)

Das „Jugendschutzgesetz (JuSchg)“ dient grundsätzlich dem rechtlichen Schutz von Kindern und Jugendlichen als minderjährige Mitglieder der Gesellschaft und sensible Zielgruppe im Bereich der Öffentlichkeit und der Medien. Im Sinne des JuSchg sind Kinder Personen, die noch nicht 14 Jahre alt sind, und Jugendliche Personen, die 14 Jahre oder älter, aber noch nicht 18 Jahre alt sind (BMJ, 2023m, § 1). So regelt das JuSchg den Verkauf, die Abgabe und den Konsum von Tabak und Alkohol, die Freigabe von Filmen und Computerspielen und legt die Aufenthalte verschiedener Altersgruppen in Gaststätten und bei Tanzveranstaltungen fest. Das Gesetz richtet sich gezielt an Verantwortliche im Einzelhandel, in der Gastronomie, in Diskotheken oder bei öffentlichen Veranstaltungen, die Minderjährige betreffen. Im Bereich der Medien regelt das JuSchg den Umgang mit Trägermedien (z. B. Bücher, DVDs, CDs) als Text-, Ton- oder fotografische Inhalte, die haptisch greifbar sind und weitergereicht werden können. Der Schutz von Kindern und Jugendlichen vor problematischen Medieninhalten im Rundfunk (Fernsehen, Radio) und in den Telemedien (Internet, Social Media) wird ergänzend mit dem „Jugendmedienschutz-Staatsvertrag der Bundesländer (JMStV)“ geregelt (Hager, 2023, S. 75).

Jugendschutz in der Öffentlichkeit

Konkret schützt das JuSchg Kinder und Jugendliche

  • an öffentlichen Orten (z. B. Orten mit Prostitutionsangebot, Drogenhandel, Kriminalität) und in öffentlich zugänglichen Räumlichkeiten (z. B. Gaststätten, Spielhallen, Kinos, Diskotheken) (BMJ, 2023m, § 4 bis 8),

  • bei öffentlichen Veranstaltungen (z. B. Tanzveranstaltungen, Filmvorführungen) und

  • deren Kauf- und Konsumverhalten in der Öffentlichkeit (z. B. Verkauf und Konsum von alkoholischen Getränken, Tabakwaren in Form von Zigaretten, Zigarren oder Tabak im Geschäft oder im Wege des Versandhandels sowie nikotinhaltigen und -freien E-Zigaretten und E-Shishas, Filmen, Glücksspielen, Computer-/Videospielen) (BMJ, 2023m, § 9 und 10).

Jugendschutz im Bereich der Medien

Das JuSchg differenziert im Medienbereich zwischen Medieninhalten, die die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen oder ihre Erziehung zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit beeinträchtigen, und Medien, die ihre Entwicklung gefährden können (BMJ, 2023m, § 10a). Konkret definiert das JuSchg Regelungen für Kinofilme, Videos sowie Computer- und Videospiele auf Trägermedien (z. B. auf CD, DVD, Blu-Ray-Disc). Für den Bereich der Telemedien (Internet), des Rundfunks (Radio und Fernsehen) und der mobilen Kommunikation (Smartphone) regeln der „Jugendmedienschutz-Staatsvertrag (JMStV)“ und der RStV den Schutz von Minderjährigen im Umgang mit Medien. Filme und Spielprogramme entsprechend des JuSchg dürfen nicht für Kinder und Jugendliche freigegeben werden, wenn sie für Kinder und Jugendliche in der jeweiligen Altersstufe entwicklungsbeeinträchtigend sind. Die Altersstufen, die das Gesetz definiert, sind:

  • „Freigegeben ohne Altersbeschränkung“ (FSK 0),

  • „Freigegeben ab sechs Jahren“ (FSK 6),

  • „Freigegeben ab zwölf Jahren“ (FSK 12),

  • „Freigegeben ab 16 Jahren“ (FSK 16) und

  • „keine Jugendfreigabe“ (FSK 18) (BMJ, 2023m, § 14, Abs. 2).

Zuständig für die entsprechende Altersfreigabe von Kinofilmen und Filmen auf DVD, CD und Blu-Ray-Disc ist die „Freiwillige Selbstkontrolle der Filmwirtschaft (FSK)“, für die Altersfreigabe von Computerspielen die „Unterhaltungssoftware Selbstkontrolle (USK)“ (FSK, 2023, USK, 2023). Die „Freiwillige Selbstkontrolle Fernsehen e. V. (FSF)“ führt eine Programmprüfung im privaten Fernsehen durch und legt die Sendezeit für Fernsehsendungen bzw. die entsprechende Altersfreigabe für Kinder und Jugendliche fest (FSF, 2023). Die Altersbeschränkungen für Telemedien entsprechend des „Jugendmedienstaatsvertrages (JMStV)“ der Länder regeln als Institutionen der Selbstkontrolle die FSK, die USK sowie die „Freiwillige Selbstkontrolle Multimedia-Diensteanbieter (FSM)“ (FSM, 2023). Bei neu eingestuften Computerspielen und Filmen sind neben den Altersfreigaben seit 2023 zusätzliche Informationen zu den Gründen für die Alterskennzeichen (z. B. Hinweise zu Funktionen im Spiel, gewalthaltige Inhalte in Filmen, Schimpfworte) sowie Hinweise auf mögliche Gefahren, die sich aus der Nutzung ergeben, als „Interaktionsrisiken“ (z. B. Cybergrooming, Cybermobbing) anzugeben.

Jugendschutz bei Filmen und Werbung im Kino

Das JuSchg spezifiziert werberechtlich relevant die Handhabung von Filmen und Kinowerbung im Werbeblock vor dem Hauptfilm (z. B. Werbespots, animierte Werbefilme, Werbeeinblendungen von „Dia auf Film (DaF)“ als Standbilder) (BMJ, 2023m, § 11). Grundsätzlich dürfen nur Kinder und Jugendliche eine Filmveranstaltung besuchen, wenn diese ihrem Alter entsprechend den FSK-Vorschriften zur Vorführung freigegeben wurde. Kinder ab sechs Jahren dürfen auch Filmvorführungen besuchen, die für Kinder und Jugendliche ab zwölf Jahren freigegeben und gekennzeichnet sind, wenn sie in Begleitung einer personensorgeberechtigten oder erziehungsbeauftragten Person sind (BMJ, 2023m, § 11, Abs. 2). Die notwendige Altersfreigabe betrifft dabei nicht nur den Hauptfilm, sondern auch die im Vorspann gezeigte Werbung, die einer dementsprechenden Altersfreigabe von der FSK bedarf. Grundsätzlich dürfen Kinder unter sechs Jahren, Kinder ab sechs Jahren, wenn die Vorführung nach 20 Uhr beendet ist, Jugendliche unter 16 Jahren, wenn die Vorführung nach 22 Uhr beendet ist und Jugendliche ab 16 Jahren, wenn die Vorführung nach 24 Uhr beendet ist, nur in Begleitung einer personensorgeberechtigten oder erziehungsbeauftragten Person Kinos bzw. öffentliche Filmvorstellungen besuchen (BMJ, 2023m, § 11, Abs. 3). Werbefilme oder Werbeprogramme, die für alkoholische Getränke werben, dürfen grundsätzlich nur nach 18 Uhr im Kino bzw. bei öffentlichen Filmvorführungen gezeigt werden (BMJ, 2023m, § 11, Abs. 5). Werbespots, die für Tabakerzeugnisse, elektronische Zigaretten oder Nachfüllbehälter entsprechend des „Tabakerzeugnisgesetzes (TabakerzG)“ werben, dürfen nur im Zusammenhang mit Filmen vorgeführt werden, die mit „Keine Jugendfreigabe“ oder nicht nach den Vorschriften dieses Gesetzes gekennzeichnet sind (BMJ, 2023m, § 11, Abs. 6).

Jugendschutz bei Filmen und Games auf CDs und DVDs

Bildträger mit Filmen oder Spielen (z. B. CD, Videokassetten, DVD) dürfen Kindern und jugendlichen Personen in der Öffentlichkeit nur dann zugänglich gemacht und verkauft werden, wenn der Bildträger entsprechend geprüft, für eine Altersstufe freigegeben und entsprechend auf der Frontseite der Hülle links unten auf einer Fläche von mindestens 1200 Quadratmillimetern und beim Bildträger auf einer Fläche von mindestens 250 Quadratmillimetern gekennzeichnet worden ist; der Handel darf entsprechend nur Bildträger der jeweiligen Altersfreigabe minderjährigen Konsumenten anbieten. Ist der Bildträger für eine Altersstufe freigegeben worden, darf der Händler den Bildträger nur Personen dieser Altersstufe zugänglich machen. Anbieter von Telemedien, die Filme und Spielprogramme verbreiten, müssen auf eine vorhandene Kennzeichnung in ihrem Angebot deutlich hinweisen (BMJ, 2023m, § 1 bis 4).

Jugendschutz bei Games auf Spielautomaten

Das Spielen an öffentlich aufgestellten und für Minderjährige zugänglichen Spielautomaten („elektronische Bildschirmspielgeräte“) ohne Gewinnmöglichkeit darf Kindern und Jugendlichen ohne Begleitung einer personensorgeberechtigten oder erziehungsbeauftragten Person nur gestattet werden, wenn die Programme für ihre Altersstufe freigegeben und entsprechend gekennzeichnet sind oder es sich um Informations-, Instruktions- oder Lehrprogramme handelt, die vom Anbieter mit „Infoprogramm“ oder „Lehrprogramm“ bezeichnet wurden (BMJ, 2023m, § 13, Abs. 1). Auf für Kinder oder Jugendliche zugänglichen öffentlichen Verkehrsflächen, außerhalb von gewerblich oder in sonstiger Weise beruflich oder geschäftlich genutzten Räumen oder in deren unbeaufsichtigten Zugängen, Vorräumen oder Fluren dürfen nur Spielautomaten betrieben werden, die Programme für Kinder ab sechs Jahren anbieten und entsprechend freigegeben und gekennzeichnet oder mit „Infoprogramm“ oder „Lehrprogramm“ beschriftet sind (BMJ, 2023m, § 13, Abs. 2).

Jugendschutz bei Filmen und Games auf Download- und Spieleplattformen

Deutsche und ausländische Film- und Spielplattformen (z. B. Netflix.com, Steam.com, Origin.com) müssen ihre Angebote mit deutlich wahrnehmbaren Alterskennzeichen für die jeweilige Altersklasse versehen, um Kindern und Jugendlichen einen besseren Schutz vor potenziell entwicklungsbeeinträchtigten Inhalten zu gewährleisten (BMJ, 2023m, § 14a).

Die Bundesländer können im Bereich der Telemedien über das JuSchg hinausgehende Regelungen zum Jugendschutz treffen; die an die Inhalte von Telemedien zu richtenden besonderen Anforderungen ergeben sich aus dem Jugendmedienschutz-Staatsvertrag (BMJ, 2023m, § 16).

Neben den Brancheninstitutionen der freiwilligen Selbstkontrolle FSK, FSF, USK ist die „Bundeszentrale für Kinder- und Jugendmedienschutz (BZKJ)“ für die Kontrolle, die Indizierung von jugendgefährdenden Medien und das Verbot jugendgefährdender Medieninhalte praktisch zuständig (BMJ, 2023m, § 17 bis 24b; BZKJ, 2023).

2.9 Jugendmedienschutz-Staatsvertrag (JMStV)

Analog zum MStV gilt der „Jugendmedien-Schutzstaatsvertrag (JMStV)“ für öffentlich-rechtliches Fernsehen und Hörfunk sowie für Telemedien mit konkretem Fokus auf Kinder unter 14 Jahren und Jugendliche zwischen 14 und unter 18 Jahren als besonders sensible Werbezielgruppen (Hager, 2023, S. 75). Der JMStV regelt als Ergänzung zum JuSchg insbesondere die Sicherstellung von Jugendschutz in der audiovisuellen Werbung sowie im Teleshopping. Grundsätzlich darf Werbung Kinder und Jugendliche weder körperlich noch seelisch beeinträchtigen (Hager, 2023, S. 75, § 6, Abs. 2). Zudem darf Werbung im Rundfunk keine direkten Aufrufe zum Kaufen oder Mieten von Waren oder Dienstleistungen an Kinder oder Jugendliche enthalten, indem sie deren Unerfahrenheit und Leichtgläubigkeit ausnutzt, Kinder oder Jugendliche nicht unmittelbar auffordern, ihre Eltern oder Dritte zum Kauf der beworbenen Waren oder Dienstleistungen zu bewegen, das besondere Vertrauen ausnutzen, dass Kinder oder Jugendliche zu Eltern, Lehrern und anderen Personen haben, oder Kinder oder Jugendliche ohne berechtigten Grund in gefährlichen Situationen zeigen (§ 6, Abs. 2).

Werbung, deren Inhalt geeignet ist, die Entwicklung von Kindern oder Jugendlichen zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit zu beeinträchtigen, muss getrennt von Produkt- oder Dienstleistungsangeboten erfolgen, die sich an Kinder oder Jugendliche richten (§ 6, Abs. 4). Werbung, die sich auch an Kinder oder Jugendliche richtet oder bei der Kinder oder Jugendliche als Darsteller eingesetzt werden, darf nicht den Interessen von Kindern oder Jugendlichen schaden oder deren Unerfahrenheit ausnutzen (§ 6, Abs. 5). Werbung für alkoholische Getränke darf sich weder an Kinder oder Jugendliche richten noch durch die Art der Darstellung Kinder und Jugendliche besonders ansprechen oder diese beim Alkoholgenuss darstellen (§ 6, Abs. 6). Teleshopping darf darüber hinaus Kinder oder Jugendliche nicht dazu motivieren, Kauf- oder Miet- bzw. Pachtverträge für Produkte oder Dienstleistungen zu schließen (§ 6, Abs. 7). Werbungtreibende müssen die Einwirkung von Werbung im Umfeld von Kindersendungen wirkungsvoll verringern, die Lebensmittel und deren übermäßige und nicht empfohlene Aufnahme im Rahmen der Gesamternährung bewirbt, die Nährstoffe und Substanzen mit ernährungsbezogener oder physiologischer Wirkung enthalten wie Fett, Transfettsäuren, Salz, Natrium und Zucker (§ 6, Abs. 7).

Veranstalter von bundesländerübergreifendem, zulassungspflichtigem Fernsehen müssen einen Jugendschutzbeauftragten bestellen und benennen, der Ansprechpartner für die Nutzer ist und die Anbieter in Fragen des Schutzes von Kindern und Jugendlichen berät (§ 7, Abs. 1 und 3).

Fernsehsender und Kinobetreiber haben dafür zu sorgen, dass die Ausstrahlung von Filmen inklusive im Umfeld geschalteter Werbung, die die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen negativ beeinträchtigen können, technisch (z. B. durch Altersverifikation) oder zeitlich (z. B. Sendezeiten zwischen 23.00 und 6.00 Uhr, unter 16 Jahren zwischen 22.00 und 6 Uhr) entsprechend der festgelegten Altersklassen eingeschränkt ist (Hager, 2023, S. 77, § 5).

3 Werberechtlich relevante Gesetze zu spezifischen Themen und Berufen

Neben Gesetzen, die für Unternehmen wie für Individuen werberechtlich grundlegend relevant sind, regeln weitere Nebengesetze juristisch branchenspezifische Werbekommunikation für bestimmte Produkte wie Pharma, Glücksspiel, Lebensmittel, Tabak oder Alkohol, die zielgruppenspezifische Werbung (z. B. für Kinder, Aktienanleger) sowie die Werbekommunikation von freiberuflich tätigen Berufsgruppen wie Ärzte/Veterinäre, Apotheker, Rechtsanwälte, Steuerberater und Architekten. Besonderen Fokus legt der Gesetzgeber auf den Schutz schwacher Konsumentengruppen (z. B. Kinder) und die Prävention von abhängig machendem Konsum (z. B. Glücksspiel, Alkohol- und Drogenkonsum).

3.1 Heilmittelwerbegesetz (HWG)

Das „Gesetz über die Werbung auf dem Gebiet des Heilwesens (Heilmittelwerbegesetz, HWG)“ regelt rechtlich in Deutschland explizit und fokussiert die Bewerbung von Pharmazeutika, Heilmitteln, Medizinprodukten und Heilverfahren für Menschen und Tiere (BMJ, 2023n). Das HWG ergänzt und bezieht sich auf § 2 des „Arzneimittelgesetzes (AMG)“ und auf das „Gesetz zur Durchführung unionsrechtlicher Vorschriften betreffend Medizinprodukte (MPDG)“ sowie auf weitere europäische Verordnungen (BMJ, 2023n, 2023o, 2023p). Konkret spezifiziert das HWG die Regeln für Werbezielgruppen (z. B. Fachkreise, Endverbraucher), Werbeobjekte (z. B. Medikamente, kosmetische Mittel, Gegenstände zur Köperpflege, Verfahren und Behandlungen für Menschen bzw. Tiere) sowie die dabei zulässigen Werbeaussagen. Analog zum UWG verbietet das HWG konkretisiert auf den Heilmittelbereich bezogen irreführende Werbung mit falschen oder täuschenden Aussagen zu therapeutisch positiven Wirkungen von Heilmitteln oder deren negativen Nebenwirkungen sowie über die Zusammensetzung der Arzneimittel und die Erfolge des Herstellers oder seiner Repräsentanten (BMJ, 2023n, § 3). Teleshopping mit Pharmazeutika oder Medizinprodukten ist grundsätzlich verboten (BMJ, 2023n, § 8). Jede Werbung für Arzneimittel muss den Namen oder die Firma und den Sitz des pharmazeutischen Unternehmens, die Bezeichnung, die Zusammensetzung, die Anwendungsgebiete, die Gegenanzeigen und die Nebenwirkungen des Arzneimittels sowie Warnhinweise, soweit sie für die Kennzeichnung der Verpackung vorgeschrieben sind, und bei Arzneimitteln, die der Verschreibungspflicht des AMG unterliegen, den Hinweis „verschreibungspflichtig“ angeben. Werbung für traditionelle pflanzliche Arzneimittel, die nach dem AMG registriert sind, muss den Hinweis „Traditionelles pflanzliches Arzneimittel zur Anwendung bei … (spezifiziertes Anwendungsgebiet/spezifizierte Anwendungsgebiete) ausschließlich aufgrund langjähriger Anwendung“ enthalten (BMJ, 2023n, § 4, Abs. 1). In Packungsbeilagen von Pharmazeutika ist es verboten, für andere Arzneimittel oder andere Heilmittel zu werben (BMJ, 2023n, § 4a). Werbung für die Entnahme oder sonstige Beschaffung von Blut-, Plasma- oder Gewebespenden zur Herstellung von Blut- und Gewebeprodukten und anderen Produkten zur Anwendung bei Menschen mit der Zahlung einer finanziellen Zuwendung oder Aufwandsentschädigung ist verboten (BMJ, 2023n, § 7, Abs. 3). Grundsätzlich unterscheidet das HWG zwischen Fachwerbung, die sich an Fachkreise wie Ärzte, Zahnärzte, Tierärzte, Apotheker und Personen, die mit diesen Arzneimitteln erlaubterweise Handel treiben, richtet („RX-Werbung“, „prescription“), und Publikumswerbung für nicht rezeptpflichtige in Apotheken oder Drogerien erhältliche Heilmittel, die an Endverbraucher adressiert ist („OTC-Werbung“).

Fachwerbung für Arzneimittel („RX-Werbung“, „B2B-Werbung“)

Medikamente, die der Verschreibungspflicht durch Ärzte unterliegen, dürfen ausschließlich in medizinischen oder pharmazeutischen Fachkreisen und nicht gegenüber Konsumenten beworben werden (BMJ, 2023n, § 10). Im RX-Marketing gegenüber Fachkreisen darf nur mit Waren, Leistungen oder Zuwendungen geworben oder diese gewährt werden, wenn sie von geringem Wert sind („geringwertige Kleinigkeit“, „Zugabe“), aus handelsüblichem Zubehör zum Produkt oder in einer handelsüblichen Nebenleistung (z. B. Erstattung bzw. Übernahme von Fahrtkosten des ÖPNV) sowie aus der Erteilung von Auskünften oder Ratschlägen (z. B. Beratung eines Arztes oder Apothekers durch einen Pharmavertreter) bestehen oder es sich um über die Titelseite erkennbar kostenloser Kundenzeitschriften für Konsumenten handelt (z. B. „Apotheken Magazin“, „MyLife“, „Apotheken Umschau ELTERN“). Die Zahlung von finanziellen Provisionen oder die Gewährung eines Naturalrabattes als Teil von Werbemaßnahmen von Pharma- oder Medizinprodukteherstellern ist unzulässig. Werbegaben sind nur dann zulässig, wenn diese zu Verwendung in der ärztlichen oder pharmazeutischen Praxis (z. B. als Probe, Muster, Testprodukt) eingesetzt werden (BMJ, 2023n, § 7, Abs. 1).

Endverbraucherwerbung für Pharmazeutika („OTC-Werbung“, „B2C-Werbung“)

Besondere Regeln gelten für die Werbung gegenüber Endverbrauchern von Arzneimitteln, die ohne ärztliche Verschreibung apothekenpflichtig in der Apotheke oder nicht apothekenpflichtig in Drogerien over the counter für Konsumenten frei verkäuflich sind („Over the Counter-Produkte“, „OTC-Produkte“). OTC-Produkte (z. B. „Kytta-Salbe“, „OmniBiotec“, „Kijimea – Reizdarm PRO“) müssen in der Werbung mit dem Pflichttext „Zu Risiken und Nebenwirkungen lesen Sie die Packungsbeilage und fragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker“ getrennt nach der eigentlichen Werbebotschaft versehen werden.

Beispiel OTC-Pharmazeutikawerbung

Der Pharmahersteller STADA, Bad Vilbel, wirbt auf den Vorder- und Rückseiten von Papiertüten von Apotheken für seine Produkte Pantoprazol STADA protect gegen Sodbrennen, Loperamid STADA akut gegen Durchfall, Reisetabletten STADA gegen Reiseübelkeit und Naratriptan Migräne STADA zur Behandlung von Migräne in jeweils blauer Verpackung mit der Headline „Ich steh auf Blau“ und dem Text „Weil ich auf Reisen keine Zeit für Sodbrennen und Durchfall habe.“ bzw. „Weil ich meinen Urlaub ohne Reiseübelkeit und Migräne genießen möchte.“. Auf den Seiten der Tüten sind Angaben zu den Wirkstoffen sowie zur Behandlung und der Satz „Zu Risiken und Nebenwirkungen lesen Sie die Packungsbeilage und fragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker“ optisch getrennt von der Produktdarstellung abgedruckt.

Bei TV-Werbespots muss dieser Abbinder eine Dauer von vier Sekunden aufweisen und hörbar sein. Der Informationstext muss unabhängig von den Bildern gesondert präsentiert, kurz und prägnant sein und immer in der gleichen Form bei jeder Werbung wiederholt werden (BMJ, 2023n, § 4, Abs. 3). Gegenüber endverbrauchenden Konsumenten darf generell nicht für Arzneimittel zur Beseitigung von Schlaflosigkeit, von psychischen Störungen oder zur Beeinflussung der Stimmungslage geworben werden (BMJ, 2023n, § 10, Abs. 2). Ebenso sind Werbebotschaften in der Publikumswerbung für Arzneimittel, Verfahren, Behandlungen, Gegenstände oder andere Mittel verboten:

  • mit Angaben oder Darstellungen, die sich auf eine Empfehlung von Wissenschaftlern, von im Gesundheitswesen tätigen Personen, von im Bereich der Tiergesundheit tätigen Personen oder anderen Personen, die aufgrund ihrer Bekanntheit zum Arzneimittelverbrauch anregen können, beziehen,

  • mit der Wiedergabe von Krankengeschichten sowie mit Hinweisen darauf, wenn diese in missbräuchlicher, abstoßender oder irreführender Weise erfolgt oder durch eine ausführliche Beschreibung oder Darstellung zu einer falschen Selbstdiagnose der Adressaten verleiten kann,

  • mit einer bildlichen Darstellung, die in missbräuchlicher, abstoßender oder irreführender Weise Veränderungen des menschlichen Körpers aufgrund von Krankheiten oder Schädigungen oder die Wirkung eines Arzneimittels im menschlichen Körper oder in Körperteilen verwendet,

  • mit Werbeaussagen, die nahelegen, dass die Gesundheit des Konsumenten durch die Nichtverwendung des Arzneimittels beeinträchtigt oder durch die Verwendung verbessert werden könnte,

  • durch Werbung, mit denen ein Feilbieten oder eine Entgegennahme von Anschriften verbunden ist,

  • mit Veröffentlichungen, deren Werbezweck missverständlich oder nicht deutlich erkennbar ist,

  • mit Äußerungen Dritter, insbesondere mit Dank-, Anerkennungs- oder Empfehlungsschreiben, oder mit Hinweisen auf solche Äußerungen, wenn diese in missbräuchlicher, abstoßender oder irreführender Weise erfolgen,

  • mit Werbemaßnahmen, die sich ausschließlich oder überwiegend an Kinder unter 14 Jahren als Zielgruppe richten,

  • mit Preisausschreiben, Verlosungen oder anderen Verfahren, deren Ergebnisse vom Zufall abhängig sind, sofern diese Maßnahmen oder Verfahren eine unzweckmäßige oder übermäßige Verwendung von Arzneimitteln stimulieren,

  • durch die von Konsumenten nicht verlangte Abgabe von Arzneimitteln, von Mustern oder Proben von Pharmazeutika oder Gutscheinen für Heilmittel sowie

  • bei Werbung für operative plastisch-chirurgische Eingriffe und deren Wirkung durch vergleichende Darstellung des Körperzustandes oder des Aussehens vor und nach dem Eingriff oder mit Werbemaßnahmen, die sich ausschließlich oder überwiegend an Kinder und Jugendliche richten (BMJ, 2023n, § 11).

Gegenüber Endverbrauchern darf Pharmawerbung im Gegensatz zu grundsätzlich zulässiger vergleichender Werbung nicht den Eindruck erwecken, dass die Wirkung des beworbenen Arzneimittels einem anderen Arzneimittel oder einer anderen Behandlung entspricht oder überlegen ist (BMJ, 2023n, § 11, Abs. 2). Des Weiteren darf außerhalb von Fachkreisen nicht für Arzneimittel, andere Mittel, medizinische oder pharmazeutische Verfahren, Behandlungen oder Gegenstände mit Angaben geworben werden, die sich:

  • bei Menschen auf die Erkennung, Verhütung, Beseitigung oder Linderung von meldepflichtigen Krankheiten oder durch meldepflichtige Krankheitserreger verursachte Infektionen, bösartige Neubildungen, Suchtkrankheiten (ausgenommen Nikotinabhängigkeit), krankhafte Komplikationen der Schwangerschaft, der Entbindung und des Wochenbetts und

  • bei Tieren auf anzeigepflichtige Tierseuchen und meldepflichtige Tierkrankheiten, bösartige Neubildungen, bakterielle Eutererkrankungen bei Kühen, Ziegen und Schafen sowie Koliken bei Pferden und Rindern beziehen (BMJ, 2023n, § 12, Abs. 1).

Werbung für Verfahren oder Behandlungen zur Durchführung von Schwangerschaftsabbrüchen durch Ärzte sowie in Heilbädern, Kurorten und Kuranstalten sind zulässig (BMJ, 2023n, Abs. 2).

3.2 Health-Claims-Verordnung (HCVO)

Ähnlich wie bei Pharmazeutika, deren Herstellung, Zulassung und Kennzeichnung für den Markt durch das AMG geregelt werden, wird das nationale Lebensmittelrecht in Deutschland mithilfe des „Lebensmittel-, Bedarfsgegenstände- und Futtermittelgesetzbuches (LFGB)“ entsprechend grundlegend geregelt (BMJ, 2023q). Das LFGB schützt dabei grundsätzlich Konsumenten umfassend durch vorbeugende Maßnahmen und Verordnungen im Bereich der Herstellung und des Vertriebs von Lebensmitteln, Futtermitteln, Mitteln zum Tätowieren, kosmetischen Mitteln und Bedarfsgegenständen vor Gesundheitsgefahren durch Kauf, Konsum oder Anwendung (BMJ, 2023q, § 1, Abs. 1, Nr. 1). Werberechtlich relevant legt die EU-Verordnung 1924/2006 („Health-Claims-Verordnung (HCVO)“) die europaweit einheitlichen Anforderungen an Lebensmittelwerbung insbesondere bei der Verwendung von nährwert- und gesundheitsbezogenen Informationen zu Lebensmitteln (z. B. „fettarm“, „zuckerfrei“, „Ballaststoffe tragen zu einer normalen Darmfunktion bei“) durch Werbungtreibende fest (BMEL, 2023b). Die HCVO umfasst entsprechende Angaben, die von Herstellern und vom Handel von Lebensmitteln in der Werbung für verpackte und unverpackte Lebensmittel- und Getränkeprodukte als Handelsmarken, Markennamen und Fantasiebezeichnungen gegenüber Endverbrauchern verpflichtend gemacht werden müssen (BMEL, 2023b, Art. 1, Abs. 2 und 3). Ziel der Verordnung ist es, Konsumenten als normal informierte, aufmerksame und verständige Durchschnittsverbraucher unter Berücksichtigung des sozialen, kulturellen und sprachlichen Kontextes die notwendigen Informationen für eine sachkundige Entscheidung zu liefern und gleiche Wettbewerbsbedingungen für die Lebensmittelindustrie in Europa zu schaffen (BMEL, 2023b, Grund 8 und 15).

Kennzeichnung von Lebensmitteln mit nährwert- und gesundheitsbezogenen Angaben

Die HCVO differenziert zwischen nährwertbezogenen und gesundheitsbezogenen Angaben. Nährwertbezogene Angaben beziehen sich auf den faktischen, wahren, zutreffenden und nachweisbaren Nährwert eines Lebensmittels, das dieses liefert, in vermindertem oder erhöhtem Maße oder nicht liefert (z. B. zum Energiegehalt, den Gehalt an Nährstoffen oder an anderen Stoffen) (BMEL, 2023b, Art. 2, Abs. 2, Nr. 4; BVL, 2023). Gesundheitsbezogene Angaben sind werbliche Aussagen, die einen Zusammenhang zwischen dem Lebensmittelprodukt, seinen Bestandteilen bzw. seinen Nährwerten einerseits und der Gesundheit andererseits herstellen (z. B. „Calcium wird für die Erhaltung normaler Knochen benötigt“, „Ballaststoffe tragen zu einer normalen Darmfunktion bei“) (BMEL, 2023b, Art 2., Abs. 2, Nr. 5). Grundsätzlich dürfen nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben nicht falsch, mehrdeutig oder irreführend sein, keine Zweifel über die Sicherheit und/oder die ernährungsphysiologische Eignung anderer Lebensmittel wecken, nicht zum übermäßigen Verzehr eines Lebensmittels ermutigen oder diesen wohlwollend darstellen sowie nicht erklären, suggerieren oder auch nur mittelbar zum Ausdruck bringen, dass eine ausgewogene und abwechslungsreiche Ernährung generell nicht die erforderlichen Mengen an Nährstoffen liefern kann (BMEL, 2023b, Art. 3).

Basis der nährwert- bzw. gesundheitsbezogenen Angaben stellen wissenschaftlich erarbeitete und gesicherte sogenannte Nährwertprofile mit den Mengen bestimmter Nährstoffe und anderer Substanzen (z. B. Zucker, Salz/Natrium, Fette) und deren Rolle und Bedeutung für die Ernährung bezogen auf die gesamte Nähwertzusammensetzung des Lebensmittelproduktes dar (BMEL, 2023b, Art. 4, Abs. 1). Getränke mit einem Alkoholgehalt von mehr als 1,2 Volumenprozent dürfen keine gesundheitsbezogenen Angaben sowie keine nährwertbezogenen Angaben mit Ausnahme von Informationen, die sich auf eine Reduzierung des Alkoholgehalts oder des Brennwerts beziehen, tragen (BMEL, 2023b, Art 4. Abs. 3). Die Verwendung nährwert- und gesundheitsbezogener Angaben ist nur zulässig, wenn sie sich auf verzehrfertige Lebensmittel beziehen, das Vorhandensein, das Fehlen oder der verringerte Gehalt des Nährstoffs oder einer anderen Substanz in einer signifikanten Menge eine positive ernährungsbezogene Wirkung oder physiologische Wirkung hat und der Nährstoff oder die andere Substanz für den Körper verfügbar ist (BMEL, 2023b, Art. 5). Die inhaltliche und optische Information über die Nährwerte hat auf der Verpackung bzw. auf Etiketten der Produkte mit einer sogenannten Nährwertkennzeichnung zu erfolgen, die Konsumenten über Brennwert und Gehalt an Fett, gesättigten Fettsäuren, Kohlenhydraten, Zucker, Eiweiß und Salz informiert (BMEL, 2023b, Art. 7).

Verpflichtende nährwertbezogene Abgaben

Nährwertbezogene Angaben auf Lebensmitteln, Verpackungen von Lebensmitteln oder in Werbung für Lebensmittel zu Gehalt von Energie, Fett, Zucker, Natrium, Kochsalz, Ballaststoff, Protein, Vitamin und Nährstoff müssen den Bedingungen der HCVO entsprechen, die im Anhang der EU-Verordnung 1924/2006 aufgeführt sind (BMEL, 2023b, Art. 8)

Beispiele nährwertbezogener Angaben und Bedingungen für ihre Verwendung laut HCVO

natriumarm/kochsalzarm

Die Angabe, ein Lebensmittel sei natrium-/kochsalzarm, sowie jegliche Angabe, die für den Verbraucher voraussichtlich dieselbe Bedeutung hat, ist nur zulässig, wenn das Produkt nicht mehr als 0,12 g Natrium oder den gleichwertigen Gehalt an Salz pro 100 g bzw. 100 ml enthält. Bei anderen Wässern als natürlichen Mineralwässern, die in den Geltungsbereich der Richtlinie 80/777/EWG fallen, darf dieser Wert 2 mg Natrium pro 100 ml nicht übersteigen.

sehr natriumarm/kochsalzarm

Die Angabe, ein Lebensmittel sei sehr natrium-/salzarm, sowie jegliche Angabe, die für den Verbraucher voraussichtlich dieselbe Bedeutung hat, ist nur zulässig, wenn das Produkt nicht mehr als 0,04 g Natrium oder den entsprechenden Gehalt an Salz pro 100 g bzw. 100 ml enthält. Für natürliche Mineralwässer und andere Wässer darf diese Angabe nicht verwendet werden.

natriumfrei oder kochsalzfrei

Die Angabe, ein Lebensmittel sei natriumfrei oder kochsalzfrei, sowie jegliche Angabe, die für den Verbraucher voraussichtlich dieselbe Bedeutung hat, ist nur zulässig, wenn das Produkt nicht mehr als 0,005 g Natrium oder den gleichwertigen Gehalt an Salz pro 100 g enthält. (BMEL, 2023b, Anhang).

Zulässige gesundheitsbezogene Angaben

Gesundheitsbezogene Angaben müssen auf Basis der Nährwerte beruhen und dürfen nur in der Werbung verwendet werden, wenn sie ein Zulassungsverfahren bei der „Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA)“ erfolgreich durchlaufen haben bzw. in einer Positivliste der Europäischen Kommission aufgenommen worden sind (BMEL, 2023b, Art. 10, Abs. 1). Zudem müssen sie einen Hinweis auf die Bedeutung einer abwechslungsreichen und ausgewogenen Ernährung und einer gesunden Lebensweise enthalten, Informationen zur Menge des Lebensmittels und zum Verzehrmuster, die erforderlich sind, um die behauptete positive Wirkung zu erzielen, gegebenenfalls einen Hinweis an Personen, die es vermeiden sollten, dieses Lebensmittel zu verzehren, und einen geeigneten Warnhinweis bei Produkten, die bei übermäßigem Verzehr eine Gesundheitsgefahr darstellen könnten (BMEL, 2023b, Art. 10, Abs. 2). Verboten sind Angaben, die den Eindruck erwecken, durch Verzicht auf das Lebensmittel könnte die Gesundheit beeinträchtigt werden, Angaben über Dauer und Ausmaß der Gewichtsabnahme sowie Angaben, die auf Empfehlungen von einzelnen Ärzten oder Vertretern medizinischer Berufe und von Vereinigungen, die nicht in Artikel 11 der HCVO genannt werden, verweisen (BMEL, 2023b, Art. 12).

Freiwillige Lebensmittelkennzeichnung Nutri-Score

Seit 2020 gibt es die Lebensmittelkennzeichnung Nutri-Score in Deutschland bzw. Europa, die von unabhängigen Wissenschaftlern als Kennzeichen entworfen wurde, um den Nährwert eines Lebensmittels im Vergleich mit anderen Angeboten in derselben Produktkategorie auf einen Blick leichter erkennen zu können. Inhaberin der beim „Europäischen Amt für Geistiges Eigentum (EUIPO)“ registrierten Marke „Nutri-Score“ ist die „Santé publique France“, eine nachgeordnete Behörde des französischen Gesundheitsministeriums. Die „Nutri-Score“-Grafik besteht aus einer Kombination von fünf Farben (grün, hellgrün, gelb, orange, rot) und fünf Buchstaben (A, B, C, D, E): Das dunkelgrüne A steht für eine eher günstige, das rote E für eine ungünstigere Nährstoffzusammensetzung. Je mehr Grünanteil, desto besser ist das Lebensmittel mit Blick auf seinen Nährwert zu bewerten; je größer der Rotanteil, desto ungünstiger ist der Nährwert im Vergleich zu einem anderen Produkt derselben Kategorie. Unternehmen der Lebensmittelbranche können mit dem Nutri-Score zusätzlich zu der verpflichtenden Nährwertkennzeichnung freiwillig Lebensmittel bzw. Getränke mit Ausnahme von Nahrungsergänzungsmitteln und Getränken mit einem Alkoholgehalt von mehr als 1,2 Volumenprozent zur verkaufsunterstützenden Entscheidungserleichterung für Konsumenten markieren (BMEL, 2023c).

Kinder-Lebensmittel-Werbegesetz (KLWG)

Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) plant seit Februar 2023 ein „Gesetz zum Schutz von Kindern vor Werbung für Lebensmittel mit hohem Zucker-, Fett- oder Salzgehalt“, auch bekannt als „Kinder-Lebensmittel-Werbegesetz“ (KLWG). Der Entwurf des KLWG beinhaltet ein Werbeverbot von Lebensmitteln, die zu viel Zucker, Fett oder Salz auf Basis von Nährwertprofilen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) beinhalten. Demnach würde Werbung für ungesunde Lebensmittel (z. B. fetthaltige Schokoriegel, süße Bonbons, gesüßtes Müsli), die sich an Kinder unter 14 Jahren richtet, in allen „für Kinder relevanten Medien“ (z. B. Fernsehen, Social Media) und insbesondere im Umfeld von 100 m von Schulen und Kitas als Out-of-Home-Werbung wochentags von 17 bis 22 Uhr, samstags von 8 bis 11 Uhr und sonntags von 8 bis 22 Uhr verboten werden. Darüber hinaus soll es auch für Werbung für Chips, Fertiggerichte oder Limonaden, die sich nicht inhaltlich speziell an Kinder richtet, Einschränkungen geben. Der Gesetzentwurf wird zwischen Ministerium, Parteien, Wirtschaftsverbänden der Lebensmittelindustrie und Wissenschaft kontrovers diskutiert (BMEL, 2023d; WD, 2023).

3.3 Gesetz über Tabakerzeugnisse und verwandte Erzeugnisse (TabakerzG)

Die Werbung für Zigaretten, Zigarren, Dreh- und Pfeifentabak sowie verwandte Tabakprodukte (z. B. elektronische Zigaretten, Nachfüllbehälter, pflanzliche Erzeugnisse) ist in Deutschland und insbesondere außerhalb Deutschlands in Ländern der Europäischen Union rechtlich stark eingeschränkt. Die Regeln des „Gesetzes über Tabakerzeugnisse und verwandte Erzeugnisse (TabakerzG)“ umfassen einerseits Werbeträger, andererseits notwendige Warnhinweise, die bei Werbebotschaften für Tabakerzeugnisse verpflichtend sind (BMJ, 2023r). Bereits seit 1975 ist Werbung von Tabakprodukten in Hörfunk und Fernsehen, seit Anfang 2007 auch in Zeitungen, Zeitschriften, Magazinen und im Internet sowie als Medien- und Eventsponsoring grundsätzlich verboten (BMJ, 2023r, § 19 und § 20). Seit 2021 gilt ein Verbot von Tabakwerbung in Kinos, wenn der Hauptfilm für Kinder und/oder Jugendliche freigegeben ist. Außerhalb von Tabakfachgeschäften dürfen bei Promotionaktionen oder als Verkaufsförderung keine Gratisproben mehr verteilt werden (BMJ, 2023r, § 20b). Seit 2022 gilt das Verbot der Out-of-Home-Bewerbung von herkömmlichen Tabakprodukten (Ausnahme: elektronische Zigaretten) (BMJ, 2023r, § 20a). Seit 2023 gilt dies auch für Werbung für Tabakerhitzer, ab 2024 darf auf Außenwerbeflächen nicht mehr für E-Zigaretten geworben werden (beck aktuell, 2023).

Auch die inhaltliche und optische Kommunikation auf den Verpackungen von Tabakerzeugnissen ist präzise reglementiert. Das TabakerzG verbietet, Tabakerzeugnisse unter Verwendung irreführender werblicher Informationen auf Packungen, Außenverpackungen oder auf dem Tabakerzeugnis selbst in den Verkehr zu bringen (BMJ, 2023r, § 18, Abs. 2). Als Irreführung versteht der Gesetzgeber, wenn:

  • „Tabakerzeugnissen gesundheitliche oder stimulierende Wirkungen zugeschrieben werden, die ihnen nach den Erkenntnissen der Wissenschaft nicht zukommen oder die wissenschaftlich nicht hinreichend gesichert sind,

  • der Eindruck erweckt wird, dass ein Tabakerzeugnis weniger schädlich als andere sei oder auf die Reduzierung schädlicher Bestandteile des Rauchs abziele,

  • sich die werblichen Informationen auf Geschmack, Geruch, Aromastoffe oder sonstige Zusatzstoffe oder auf deren Fehlen beziehen,

  • Tabakerzeugnissen der Anschein eines Arzneimittels, Lebensmittels oder kosmetischen Mittels gegeben wird sowie

  • zur Täuschung geeignete werbliche Informationen über die Herkunft der Tabakerzeugnisse, über ihre Menge, ihr Gewicht, über den Zeitpunkt der Herstellung oder Abpackung, über ihre Haltbarkeit, über sonstige, insbesondere natürliche oder ökologische Eigenschaften oder über Umstände, die für ihre Bewertung mitbestimmend sind, verwendet werden“ (BMJ, 2023r, § 18, Abs. 2, Nr. 1- 5).

Zudem verbietet das TabakerzG, herkömmliche Tabakerzeugnisse in den Verkehr zu bringen, wenn die Packung, die Außenverpackung oder werbliche Informationen Angaben über den Gehalt des Tabakerzeugnisses an Nikotin, Teer oder Kohlenmonoxid enthalten oder die Packung oder die Außenverpackung den Eindruck erweckt, Verbraucherinnen oder Verbraucher könnten einen wirtschaftlichen Vorteil erlangen. Für elektronische Zigaretten und Nachfüllbehälter gelten die Verbote mit Ausnahme der Informationen über die Aromastoffe und den Nikotingehalt entsprechend (BMJ, 2023r, § 18, Abs. 3).

Kennzeichnungspflicht mit Warnhinweisen auf Verpackung

Die inhaltliche Bewerbung von Tabakprodukten in Art, Umfang und Gestaltung der Werbemittel, an bestimmten Orten oder zu bestimmten Zeiten wird über das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) sowie die „Verordnung über Tabakerzeugnisse und verwandte Erzeugnisse (TabakerzV)“ konkret und werblich operativ umsetzbar geregelt (BMJ, 2023r, § 21, Abs. 2). Die TabakerzV verpflichtet Tabakhersteller, auf den Verpackungen gesundheitsbezogene Warnhinweise zu platzieren und definiert die optisch-grafische Gestaltung und Inhalte dieser Kennzeichnung (BMJ, 2023r, § 10 – 18). So sind Hinweise in deutscher Sprache zu verfassen und müssen bei Zigaretten, Tabak zum Selbstdrehen und Wasserpfeifentabak in schwarzer, fetter Helvetica-Schrift auf weißem Hintergrund in Kombination mit einem abschreckenden Foto aufgedruckt und mit einem schwarzen Balken umrandet sein; des Weiteren dürfen sie inhaltlich keine zusätzlichen Kommentare, Umschreibungen oder Bezugnahmen enthalten. Die Warnhinweise dürfen weder verwischbar noch ablösbar sein; bei anderen Tabakerzeugnissen dürfen die gesundheitsbezogenen Warnhinweise nicht mit nicht ablösbaren Aufklebern aufgebracht werden. Zum Zeitpunkt des Inverkehrbringens und Angebotes zum Verkauf dürfen die Hinweise nicht teilweise oder vollständig verdeckt oder getrennt werden; bei Packungen mit Klappdeckel, bei denen die Warnhinweise beim Öffnen der Packung getrennt werden, muss die grafische Integrität und die Lesbarkeit der Warnhinweise gewährleistet sein. Steuerzeichen, Preisschilder, individuelle Erkennungsmerkmale sowie Sicherheitsmerkmale dürfen nicht durch die Warnhinweise verdeckt oder getrennt werden (BMJ, 2023r, § 11, § 13).

Auf der Vorderseite der Zigarettenpackungen muss auf mindestens 30 % der Außenfläche abwechselnd als allgemeiner Warnhinweis „Rauchen kann tödlich sein.“, „Rauchen ist tödlich.“ oder „Rauchen fügt Ihnen und den Menschen in Ihrer Umgebung erheblichen Schaden zu.“ aufgebracht sein. Auf der Rückseite der Zigarettenpackungen muss auf mindestens 40 % der Außenfläche abwechselnd einer der folgenden besonderen Warnhinweise aufgebracht werden:

  • „Raucher sterben früher.“

  • „Rauchen führt zur Verstopfung der Arterien und verursacht Herzinfarkte und Schlaganfälle.“

  • „Rauchen verursacht tödlichen Lungenkrebs.“

  • „Rauchen in der Schwangerschaft schadet Ihrem Kind.“

  • „Schützen Sie Kinder – lassen Sie sie nicht Ihren Tabakrauch einatmen!“

  • „Ihr Arzt oder Apotheker kann Ihnen dabei helfen, das Rauchen aufzugeben.“

  • „Rauchen macht sehr schnell abhängig: Fangen Sie erst gar nicht an.“

  • „Wer das Rauchen aufgibt, verringert das Risiko tödlicher Herz- und Lungenerkrankungen.“

  • „Rauchen kann zu einem langsamen und schmerzhaften Tod führen.“

  • „Hier finden Sie Hilfe, wenn Sie das Rauchen aufgeben möchten: Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) Tel.: 01805-313131, www.rauchfrei-info.de.“

  • „Rauchen kann zu Durchblutungsstörungen führen und verursacht Impotenz.“

  • „Rauchen lässt Ihre Haut altern.“

  • „Rauchen kann die Spermatozoen schädigen und schränkt die Fruchtbarkeit ein.“

  • „Rauch enthält Benzol, Nitrosamine, Formaldehyd und Blausäure.“ (DZV, 2023).

3.4 Glücksspielstaatsvertrag (GlüStV)

Aufgrund der sozialen und gesundheitlichen Problematik von Glücksspielen (z. B. Suchtgefahr, Betrug, Geldwäsche) wird das Angebot und der Konsum von Glücksspielen staatlich detailliert geregelt. Den bundeseinheitlich zentralen gesetzlichen Rahmen für die Veranstaltung von Glücksspielen in Deutschland stellt der „Glücksspielstaatsvertrag (GlüStV)“ dar, der seit 2021 zwischen den 16 Bundesländern geschlossen wurde und durch länderspezifische Regelungen und Ausführungsgesetze konkretisiert wird. Grundsätzlich wird im rechtlichen Sinne als Glücksspiel verstanden, wenn im Rahmen eines Spiels für den Erwerb einer Gewinnchance ein Entgelt verlangt wird und die Entscheidung über den Gewinn ganz oder überwiegend vom Zufall abhängt. Auch Wetten gegen Entgelt auf den Eintritt oder Ausgang eines zukünftigen Ereignisses (z. B. eines Pferderennens oder Fußballspiels) gelten als genehmigungspflichtige Glücksspiele (GGL, 2023a, § 3, Abs. 1). Die staatliche Aufsicht und Kontrolle länderübergreifender Glücksspielangebote im Internet und deren Werbung haben die Bundesländer der „Gemeinsamen Glücksspielbehörde der Länder (GGL)“ als Anstalt des öffentlichen Rechts übertragen (GGL, 2023a, § 27a). Als Erlaubnis- und Aufsichtsbehörde ist die GGL im Auftrag der Länder für die Erlaubniserteilung („Glücksspiellizenz“) und Überwachung von Online-Poker/virtuellen Automatenspielen, Sportwetten und Pferdewetten im Internet, bundesweiten Soziallotterien, gewerblichen Spielvermittlungen in mehreren Ländern und Klassenlotterien zuständig. Die ausschließlichen Zuständigkeiten für Spielhallen, kleine und große Lotterien, Spielbanken, terrestrische Vermittlung von Sportwetten und terrestrische Veranstaltung von Pferdewetten, Geld- oder Warenspielgeräte mit Gewinnmöglichkeit (Spielautomaten)und Online-Casinospiel verbleiben in den Ländern und deren zuständigen Glücksspielaufsichtsbehörden. Der GlüStV definiert und regelt zentral die erlaubte Veranstaltung, die Durchführung und die Vermittlung von öffentlichen Glücksspielen durch Spielbanken (z. B. Casino Bad Oeynhausen, Spielbank Bad Wiessee, Casino Baden-Baden), Spielhallen (z. B. Merkur-Spielotheken; Löwen Play, Magic Casino), Gaststätten, Wettannahmestellen für Sport- und Pferdewetten (z. B. Tipico, Wetten Sieberts; Lotto24), Online-Poker und Casinospiele (z. B. Bet-at-Home.com, bwin.com, tipwin.com) sowie Klassenlotterien (z. B. Nordwestdeutsche Klassenlotterie (NKL), Süddeutsche Klassenlotterie (SKL), LOTTO 6aus49) und Soziallotterien (z. B. Deutsche Fernsehlotterie, Aktion Mensch, Deutsche Postcode Lotterie). Grundsätzlich dürfen öffentliche Glücksspiele in Deutschland nur mit Erlaubnis der zuständigen deutschen Behörde veranstaltet oder vermittelt werden (GGL, 2023a, § 4, Abs. 1). Das Veranstalten und das Vermitteln von öffentlichen Glücksspielen darf dem Jugendschutz nicht zuwiderlaufen; so ist die Teilnahme von Minderjährigen unzulässig und Veranstalter oder Vermittler haben sicherzustellen, dass Minderjährige von der Teilnahme ausgeschlossen sind (GGL, 2023a, § 4, Abs. 3).

Werbung für Glücksspiele

Nur Glücksspielanbieter mit einer deutschen Lizenz dürfen Werbung und Sponsoring für Glücksspiele betreiben oder Dritte (z. B. Werbeagenturen) mit der Durchführung von Werbung beauftragen (GGL, 2023a, § 5, Abs. 1 und 7). Neben dem § 5 des GlüStV regeln die „Erläuterungen zum Glücksspielvertrag“ zusätzlich detailliert die Ausgestaltung von Werbung für Glücksspiel (GGL, 2023b). Grundsätzlich darf Glücksspielwerbung nicht den Zielen des GlüStV widersprechen, indem sie einen übermäßigen Spielanreiz schafft; besondere Angebotsmerkmale eines Glücksspiels dürfen jedoch werblich herausgehoben werden (GGL, 2023b, S. 45). Es ist verboten, in Werbebotschaften die Ergebnisse von Glücksspielen als nicht zufällig, sondern durch den Spieler hervorgerufen, oder Glücksspiele als Lösung finanzieller Probleme darzustellen (GGL, 2023a, § 5, Abs. 2). Im Sinne des JuSchg sind Minderjährige nicht mit Glücksspielwerbung anzusprechen; Werbebotschaften für Glücksspiel dürfen keine kindlichen oder jugendlichen Vorbilder enthalten, direkt Minderjährige darstellen oder suggerieren, dass Kinder oder Jugendliche an einem Glücksspiel teilnehmen, und keine Bestandteile aus Kinder- oder Jugendsendungen enthalten. Auch sind entsprechend des UWG falsche, widersprüchliche oder irreführende Werbung mit unzutreffenden Aussagen über Gewinnchancen, Art und Höhe des Gewinns verboten (GGL, 2023a, § 5, Abs. 2). Die Trennung von Werbung und redaktionellen Inhalten sowie deren unterschiedliche Gestaltung und Kennzeichnung ist zu beachten (GGL203b, S. 46).

Glücksspielwerbung in Fernsehen und Hörfunk

Insbesondere bei Werbung für Glücksspiel in Fernsehen, Hörfunk und Internet sind zahlreiche Einschränkungen für Werbungtreibende zu beachten: Zeitlich wird Glücksspielwerbung eingeschränkt durch ein striktes Werbeverbot zwischen 6 und 21 Uhr (GGL, 2023a, § 5, Abs. 3). Als Werbeformate im Fernsehen sind Dauerwerbesendungen für Glücksspiel ebenso verboten wie Werbung im Rahmen von Teleshopping. Glücksspielwerbung in TV-Spots muss Pflichthinweise enthalten, die über Suchtrisiken, Teilnahmeverbot für Minderjährige und anbieterübergreifende Hilfsangebote informieren, und deutlich, in gut wahrnehmbarer Form und Größe in den Werbespot integriert sein (z. B. LOTTO: „Spielteilnahme ab 18 Jahren. Glücksspiel kann süchtig machen. Infos unter www.lotto.de“; LOTTO Niedersachsen: „Chance 1:450 Mio. Spielteilnahme ab 18 Jahren. Glücksspiel kann süchtig machen. Infos unter www.lotto-niedersachsen.de“; FABER Lotto: „Teilnahme ab 18 Jahren – Glücksspiel kann süchtig machen – Hilfe unter www.buwei.de. Als lizensierter Anbieter gelistet. Alle Angaben ohne Gewähr.“). „Hierbei muss die Einblendung in mindestens einer Sequenz des Spots einen angemessenen Raum einnehmen. Das nachgeschaltete Einblenden der Hinweise ist jedoch nicht gestattet, da der Bezug zum beworbenen Produkt gewahrt werden muss. Sofern in einem Spot über Höchstgewinne informiert wird, muss im selben Zug auch über die Wahrscheinlichkeit von Gewinn und Verlust aufgeklärt werden (DGGS, 2023)“. Im Umfeld von Live-Sportübertragungen darf vor oder in Pausen keine Werbung für Sportwetten betrieben werden, die sich auf dieses Sportereignis bezieht; Werbung mit aktiven Sportlern oder Sportfunktionären („Testimonials“) ist unzulässig (GGL, 2023a, § 5 Abs. 3).

Glücksspielwerbung in Sportstätten

In Sportstätten ist Werbung für Glücksspiele nur in Form von „Dachmarkenwerbung“ (Werbung für Glücksspielanbieter als übergeordnete Unternehmensmarke) auf Trikots und Banden (z. B. auf Videobanden) sowie ähnlichen Werbemitteln (z. B. auf Werbeflächen auf oder unter dem Spielfeld, dem Rasen oder Hallenboden, auf der Ausrüstung von Sportlern, auf Sportgeräten), jedoch nicht in Form einer direkten Ansprache von Zuschauern (z. B. Verteilen von Flyern, Promotionsartikeln, Give-aways) erlaubt. Als Sportstätten gelten nicht nur Stadien und Hallen, sondern auch temporär wettkampfsportlich genutzte Lauf- oder Rennstrecken im öffentlichen Raum (GGL, 2023a, § 5, Abs. 4, 2023b, S. 48).

Glücksspielwerbung mit Direktwerbeträgern

Werbung für Glücksspiele per Printmailing oder E-Mail-Marketing ist zulässig, wenn die entsprechenden datenschutzrechtlichen Bestimmungen (z. B. Einwilligung des Adressaten zur Nutzung der E-Mail-Adresse) eingehalten sind und die Werbebotschaft sich nicht an einen gesperrten Spieler richtet (GGL, 2023a, § 5, Abs. 5, 2023b, S. 48). Glücksspielwerbung über Telefonmarketing ist grundsätzlich verboten (GGL, 2023a, § 5, Abs. 1).

Glücksspielwerbung im Internet

Die Bewerbung von Glücksspielen mit variabler Vergütung als umsatz-, einzahlungs- oder einsatzabhängiges „Performance-Marketing“ (z. B. als Affiliate-Marketing) ist verboten. Die Verbindung der Anzeige von Live-Zwischenständen von Sportereignissen (z. B. über „Live-Ticker“) im Internet mit der Werbung für Sportwetten auf dieses Sportereignis ist wegen der Vergleichbarkeit der Anzeige von Live-Zwischenständen mit der Live-Übertragung nicht zulässig; Dachmarkenwerbung für Sportwettenveranstalter und die Werbung für Sportwetten auf andere Sportereignisse ist jedoch erlaubt (GGL, 2023a, § 5, Abs. 6, 2023b, S. 49).

3.5 Rechtliche Verordnungen freier Berufe

Neben der Bewerbung von Produkten und Dienstleistungen von Unternehmen ist auch die Werbung von Dienstleistungen „höherer Art“ im Bereich der Gesundheit, Rechtsprechung und Kultur rechtlich geregelt, die von freien Berufen oder Berufsgruppen („Selbständigen“, „Freischaffenden“) persönlich, eigenverantwortlich und fachlich unabhängig im Interesse der Auftraggeber und der Allgemeinheit angeboten und erbracht werden. Die Zuordnung einer Tätigkeit als freier Beruf erfolgt über das „Einkommensteuergesetz (EStG)“ und das „Partnerschaftsgesellschaftsgesetz (PartGG)“ (BMJ, 2023s, § 18, Abs. 1, 2023t, § 1, Abs. 2). Zu freien Berufen mit selbständigen Tätigkeiten zählen:

  • Heilberufe (Ärzte, Zahnärzte, Tierärzte, Heilpraktiker, Dentisten, Apotheker, Krankengymnasten, Physiotherapeuten),

  • Rechts-, steuer- und wirtschaftsberatende Berufe (Rechts- und Patentanwälte, Notare, Wirtschaftsprüfer, Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, beratende Volks- und Betriebswirte, vereidigte Buchprüfer & Buchrevisoren),

  • Naturwissenschaftliche und technische Berufe (Vermessungsingenieure, Ingenieure, Handelschemiker, Architekten, Lotsen, Biologen, Chemiker, Informatiker, Umweltgutachter, vereidigte Sachverständige),

  • Kulturberufe/Sprach- und Informationsvermittelnde Berufe (Journalisten, Bildberichterstatter/Fotografen/Videofilmer, Dolmetscher, Übersetzer, Designer, Diplompädagogen, Yogalehrer, Schriftsteller)

  • sowie Diplom-Psychologen, Heilmasseure, Hebammen, hauptberufliche Sachverständige

  • und alle Ausübungen in schriftstellerischer, künstlerischer, unterrichtender, erzieherischer oder wissenschaftlicher Form (Lexware, 2023).

Für die Werbung in freien Berufen oder für Dienstleistungen von Freiberuflern gelten grundsätzlich die allgemeinen gesetzlichen und wettbewerbsrechtlichen Vorgaben insbesondere des „Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG)“ sowie etwaige berufsrechtliche Gesetzesvorgaben. Grundsätzlich gilt über alle freien Berufe – mit wenigen Ausnahmen (z. B. Notare) – hinweg, die Regel, dass Eigenwerbung aufgrund des Grundrechts der Berufsfreiheit in allen Werbeträgern erlaubt ist (BMJ, 2023a, Art. 12, Abs. 1). Der Rahmen der Werbung orientiert sich dabei in hohem Maße an der Tätigkeit der Dienstleister für das gesellschaftliche Gemeinwohl; Werbung sollte daher immer sachlich zutreffend und objektiv nachprüfbar sein. „So besteht der Zweck der Werbungsregelungen im medizinischen Bereich im Schutz der Gesundheit bzw. der Sicherstellung flächendeckender medizinischer Versorgung. Im rechts- und wirtschaftsberatenden Bereich tritt der Schutz der Rechtspflege in den Vordergrund. Das Vertrauen des Patienten, des Mandanten, Klienten etc. in die allein beruflichen Notwendigkeiten folgende Tätigkeit des Freiberuflers soll geschützt werden, um einer Ausrichtung auf rein kommerzielle (Eigen-)Zwecke vorzubeugen. Nach den mittlerweile geltenden Maßstäben ist zwar der werbende Charakter bei Selbstdarstellungen grundsätzlich zulässig, zugleich muss aber deutlich sein, dass die eigene Tätigkeit nicht vordergründig rein kommerziell ausgerichtet ist (BFB, 2017, S. 1)“. Je nach Berufsgruppe werden an Werbung im Internet (z. B. über die eigene Homepage, Social Media), Out-of-Home-Werbeträger oder mit Printanzeigen unterschiedliche detaillierte Anforderungen, z. T. auch von Bundesland zu Bundesland verschieden, gestellt und sind i. d. R. in den Berufsordnungen der nationalen Berufsverbände oder -kammern (z. B. Architekten-, Ärzte-, Rechtsanwaltskammern) definiert (Abb. 11.2 ).

Abb. 11.2
figure 2

Synopsis Werberecht

Beispiele berufsständischer Werbeverordnungen

Werbung für Rechtsanwaltskanzlei: Werbung für Anwälte wird in der „Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO)“ und der „Berufsordnung für Rechtsanwälte (BORA)“ geregelt. So definiert die BRAO, dass die Werbung von Rechtsanwälten oder Rechtsanwaltskanzleien berufsbezogen sowie sachlich in Form und Inhalt sein muss und nicht auf die Erteilung eines Auftrages im Einzelfall gerichtet sein darf (BMJ, 2023u, § 43b); die BORA legt fest, in welcher Form der Kommunikation ein Rechtsanwalt dem potenziellen Mandanten über eigene Person (z. B. „Kompetenz seit mehr als 50 Jahren“), Leistungsangebot (z. B. „Erbvertrag, Testament, Vollmacht“), Erfolgs- und Umsatzzahlen informieren darf und welche Themen – neben einer Qualifikation als Fachanwalt (z. B. „Fachanwalt für Erbrecht, Arbeitsrecht, Steuerrecht“) – für die Berufsausübung benannt werden dürfen (BRAK, 2022, § 6 bis 11).

Werbung für Arztpraxis: Die Werbung von Ärzten für ihre medizinischen Leistungen wird neben dem UWG und dem HWG durch die Bundesärztekammer in der „(Muster-)Berufsordnung für die in Deutschland tätigen Ärztinnen und Ärzte“ geregelt. Ärztinnen und Ärzten sind sachliche berufsbezogene Informationen gestattet; verboten und berufswidrig ist insbesondere eine anpreisende, irreführende oder vergleichende Werbung. Ärzte können nach der Weiterbildungsordnung erworbene Bezeichnungen, nach sonstigen öffentlich-rechtlichen Vorschriften erworbene Qualifikationen, als solche gekennzeichnete Tätigkeitsschwerpunkte und organisatorische Hinweise ankündigen (BRAK, 2022, § 2 bis 4).

Werbung für Architekturbüro: Die bundeslandspezifischen Berufsordnungen der Architektenkammern konkretisieren und regeln die Werbung von Architekten. So ist in Baden-Württemberg eine sachliche, berufsbezogene Information, die keinen Irrtum erregt, in allen Werbeträgern zulässig. Unzulässig sind unzutreffende und/oder übertriebene Selbstanpreisung, Qualitätswerbung aufgrund eigener, nicht nachprüfbarer Einschätzung sowie der Vergleich eigener beruflicher Dienstleistungen mit denjenigen eines anderen Mitglieds und individuelle Selbstdarstellung in fremdfinanzierten Verlagsbroschüren u. ä., sofern durch die Finanzierung Dritter die Unabhängigkeit des Mitglieds beeinträchtigt werden könnte sowie die Werbung des Mitglieds für Bauprodukte in allen Werbeträgern (Architektenkammer Baden-Württemberg, 2007, S. 3).

4 Summary & Wissenscheck

Fazit

Die Bewerbung von Produkten, Produktgruppen oder Dienstleistungen wird ebenso wie die Nutzung spezifischer Werbeträger, die werbliche Ansprache von sensiblen Zielgruppen sowie die Arten, Zeiten, Orte und die Gestaltung von Werbung aufgrund der Diffusion und Relevanz von Werbung in den unterschiedlichsten Bereichen von Gesellschaft, Medien und Wirtschaft über insgesamt 19 Gesetze in Deutschland geregelt. Elementare Ziele und Inhalte werberechtlicher Regelungen sind die Sicherung der grundlegenden Kommunikations- und Informationsfreiheit von Individuen, Organisationen und Unternehmen (Jeder darf werben. Jeder darf Werbung rezipieren.), der Schutz von Unternehmen im Wettbewerb (Schutz und Verwertung geistigen Eigentums, Markenschutz) sowie die Gewährleistung der Sicherheit von Konsumenten vor Täuschung (Trennung von Werbung und Redaktion), Übervorteilung (missverständliche Preis- und Produktangaben, aggressive Werbung) und Produkten mit Suchtpotential (Alkohol, Glücksspiel, Tabak). Für besonders sensible und schützenswerte Individuen und Konsumenten limitieren und spezifizieren Gesetze über alle Mediengattungen hinweg Werbung für Produkte, die indirekt oder explizit Kinder und Jugendliche als Zielgruppe adressiert. Werbungtreibende und dienstleistende Media- und Kreativagenturen müssen daher in der Planung, Kreation und Publikation von Werbebotschaften neben werbeethischen Grundsätzen produkt-, werbeträger- und zielgruppenabhängig auch werberechtliche Regelungen entsprechend kennen und präzise anwenden.

Wissenscheck

  • Welchen ethischen Grundsätzen folgt die für alle Medien geltende Grundregel der Trennung von Werbung und Redaktion?

  • Welche Gesetze regeln die Werbung in Telemedien?

  • Worauf ist bei Pharmawerbung im Fernsehen zu achten?

  • Welche Regeln gelten für Glücksspielwerbung?

  • Welche Bereiche und Werbeträger regeln das JuSchG und der JMStV?