Bärbel Ulbricht: Die gute Seele und Mutter der Rotenburger Klinik
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Die gute Seele und Mutter der Klinik

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Während andere mit 62 Jahren in Rente gehen, will „Schwester Bärbel“ Ulbricht in Rotenburg auch in ihrem achten Lebensjahrzehnt noch arbeiten.
Während andere mit 62 Jahren in Rente gehen, will „Schwester Bärbel“ Ulbricht in Rotenburg auch in ihrem achten Lebensjahrzehnt noch arbeiten. © Michael Schwekendiek

Im Dienst der Gesundheit: Krankenschwester feiert 70. Geburtstag im OP-Saal.

Rotenburg – Laut dem Nachrichtenmagazin Spiegel wollen „mehr als die Hälfte der Deutschen mit 62 Jahren oder früher“ in Rente gehen. Und das Internet ist voll von Ratschlägen, wie man das hinkriegt, anstatt bis zur Regelaltersgrenze zu warten, die bei 67 Jahren liegt. Da erscheint eine Frau wie Bärbel Ulbricht, OP-Schwester im Rotenburger Diakonieklinikum, schon besonders: Sie wird an diesem Donnerstag 70 Jahre alt, geht aber nach wie vor regelmäßig in die Klinik für Mund-, Kiefer- und Plastische Gesichtschirurgie (MKG) am Rotenburger Diako ihrer Tätigkeit nach. Und sie will noch weitermachen! Warum bloß?

Man hört es noch an ihrem Dialekt: Bärbel Ulbricht stammt aus Bayern. Genauer gesagt „aus Oberaudorf, da wo der Bastian Schweinsteiger zu Hause ist.“ Eine Gemeinde nahe der österreichischen Grenze, wo „halt noch jeder jeden kennt“. Dort hat sie eine Ausbildung bei der Deutschen Bahn gemacht, das, so ihr Großvater seinerzeit, „sei was Solides. Bahnbeamtin“.

Stelle für Ärzte waren rar

Bald aber bemerkt sie, dass das nicht ihr Lebensziel sein könne. Am liebsten wollte sie „irgendwo in die Entwicklungshilfe. Menschen helfen.“ Bei Rücksprache mit einigen entsprechend tätigen Institutionen macht man ihr schnell deutlich, dass Bahnbeamte in den sogenannten Entwicklungsländern nicht unbedingt benötigt würden, wohl aber Ärzte oder Krankenpflegepersonal. Ulbricht überlegt nicht lange und fängt eine Krankenpflegeausbildung an, die sie in Wasserburg am Inn abschließt.

In einer Frauenklinik in Oberaudorf lernt sie ihren späteren Ehemann kennen, der dort seine Facharztausbildung als Gynäkologe absolviert. Die beiden heiraten, bevor es sie dann in den Norden nach Munster verschlägt. Dort kann ihr Mann eine Frauenarztpraxis übernehmen. Zur damaligen Zeit war das nicht ganz einfach. Es gab nämlich, kaum vorstellbar heute, eine Ärzteschwemme. Stellen waren rar. Zwei Kinder werden dem Ehepaar geboren, allerdings geht die Ehe auseinander.

1994 am Diako beworben

1994 bewirbt sich Ulbricht, die in Munster in einer chirurgischen Privatklinik gearbeitet hat, am Rotenburger Diako. „Einfach mal so“, ohne wirklich damit zu rechnen, dort eine Anstellung zu finden. Denn auch Krankenpflegepersonal gab es zu jener Zeit reichlich. Im Diakoniekrankenhaus entwickeln sich zu der Zeit gerade zwei neue operative Abteilungen: die Hals-Nasen-Ohren-Klinik und die für Mund-Kiefer- und Plastische Gesichts-Chirurgie. Da ist eine erfahrene OP-Kraft willkommen.

„Schwester Bärbel“, wie sie von Anfang an und bis heute überall genannt wird, findet dort ein „echtes Zuhause“. Sehr bald übernimmt sie die Teamleitung im OP und wird, wie ihr Chef, Professor Christian Schippers sagt, „die gute Seele der Klinik“. Wichtig, denn Termine beim Arzt für Mund-Kiefer- und Gesichtschirurgie gehören nicht unbedingt zu denen, die der gewöhnliche Patient herbeisehnt. Schwester Bärbel strahle die nötige Professionalität, Gelassenheit und Freundlichkeit aus.

Weiter vom Job begeistert

An ihrem 65. Geburtstag, also vor fünf Jahren, ist für sie selbst und fast alle anderen in der Abteilung klar, dass sie weitermachen wird. Nun steht der 70. an. Sie sprüht nach wie vor vor Tatendrang und Begeisterung für ihren Job, die Klinik, ihre Kollegen und den Chef. Mit dem konnte sie sich auch ihren eigentlichen Traum erfüllen: Mehrfach hatte sie mit Professor Schippers Einsätze in Indien, Tansania oder Ghana. Unentgeltlich wurden da vor allem Kiefer-Gaumenspalten bei Kindern und Jugendlichen operiert, die danach ein besseres Leben führen konnten. Für sie ein Höhepunkt ihres beruflichen Lebens.

An drei Tagen in der Woche also kommt Schwester Bärbel nach wie vor frühmorgens ins Diako, bereitet die Operationen vor, arbeitet zu und leitet an. „Finanziell ist das ja blöd“, befindet sie trocken. Da hole sich das meiste sowieso das Finanzamt. „Ich mach das, weil es mir Freude macht“, betont sie.

Ihre Urlaube genießt sie trotzdem. Seit einigen Jahren am liebsten auf einem Kreuzfahrtdampfer. Davon kann sie fast genau so schwärmen wie von „ihrer“ Klinik, wo die Kolleginnen im Alter ihrer Kinder und Enkel sind und sie insofern fast wie die Mutter von allen und allem ist.

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