Rosenheim: Tod von Franz Steegmüller - er prägte über sechs Jahrzehnte die Geschicke der Flötzinger-Brauerei
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Tod von Franz Steegmüller: So prägte er über sechs Jahrzehnte die Geschicke der Flötzinger-Brauerei

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Franz Steegmüller, Seniorchef der Flötzinger-Brauerei in Rosenheim, ist im Alter von 87 Jahren verstorben.
Franz Steegmüller, Seniorchef der Flötzinger-Brauerei in Rosenheim, ist im Alter von 87 Jahren verstorben. Das Foto rechts zeigt ihn mit seiner vor ihm verstorbenen Ehefrau Martha in der Ehrenkutsche der Brauerei beim Herbstfesteinzug. © Flötzinger-Brauerei

Er war ein Unternehmer, für den der Handschlag im Tagesgeschäft der Bedeutung eines vielseitigen Vertragswerks in nichts nachstand. In der Nacht zum Sonntag ist Franz Steegmüller, Seniorchef der Flötzinger-Brauerei in Rosenheim, im Alter von 87 Jahren friedlich im Kreise seiner Familie eingeschlafen. So nachhaltig hat er den Betrieb in den mehr als sechs Jahrzehnten seines Wirkens geprägt.

Rosenheim - Bodenständig, ruhig, zielorientiert, als großzügiger Sponsor, absolut verlässlicher Partner und Chef mit viel Herz - so wird Franz Steegmüller den Menschen in der Region in Erinnerung bleiben. Die Trauer um ihn ist groß, da der tief in seiner bayerischen Heimat verwurzelte Verstorbene nicht nur als erfolgreicher Unternehmer, sondern auch als ein äußerst beliebter Mitmensch galt.

Nur drei Tage nach dem Abschluss seines Studiums des Brauwesens in Weihenstephan musste er die Verantwortung für den mittelständischen Betrieb in Rosenheim übernehmen, da sein Vater schwer krank war und ihn die Kräfte zunehmend verließen. Fortan widmete er seine ganze Schaffenskraft bis ins hohe Alter dem Unternehmen.

Liebe zur Familie als festes Fundament

Die Liebe zur Familie bildete dabei ein festes Fundament, das wesentlich zum geschäftlichen Erfolg beitrug. Der frühe Tod seines Sohnes Franz und der Abschied von seiner geliebten Frau Martha, die kurz vor Beginn des Herbstfestes im Jahr 2022 starb, waren schwere Schicksalsschläge, die den Lebensweg des Verstorbenen pflasterten.

Auch als er sich bereits aus dem operativen Geschäft zurückgezogen hatte und die Geschicke der Brauerei in die Hände seiner Tochter Marisa als geschäftsführende Gesellschafterin und von Geschäftsführer Lorenz Stiglauer gelegt hatte, war es für Franz Steegmüller noch lange Zeit eine Selbstverständlichkeit, täglich an seinem Schreibtisch zu sitzen und einen Rundgang durch die Braustätte zu machen.

Dieser Rundgang stellte für ihn weit mehr als ein pflichtgemäßes Ritual dar. Er gewährte ihm vor allem auch die Möglichkeit, sich als Chef die Sorgen und Nöte der rund 100 Mitarbeiter ungefiltert anhören zu können und daraus nicht selten Schlussfolgerungen zu ziehen, die mit ein Garant des betrieblichen Erfolges waren.

Gemeinsame Präsenz auf dem Rosenheimer Herbstfest

Solange die Kräfte reichten, war dem Ehepaar Steegmüller auch die gemeinsame Präsenz in der Brauereibox auf dem Herbstfest wichtig. Wie innig die beiden miteinander verbunden waren, zeigte sich unter anderem daran, dass sie das Festzelt stets Händchen haltend verließen, wenn sie sich zu späterer Stunde auf den Nachhauseweg machten.

Der Wiesnaufzug war für sie alle Jahre etwas Besonderes: Martha Steegmüller und ihr Ehemann Franz in der Festkutsche.
Die Wiesn war ein wesentlicher Teil ihres Lebens: Franz Steegmüller und seine vor ihm verstorbene Ehefrau Martha in der Ehrenkutsche der Brauerei beim Herbstfesteinzug. © Schlecker

Trotz des kontinuierlichen wirtschaftlichen Aufschwungs der Brauerei blieb der Verstorbene stets ein bescheidener und zurückhaltender Mensch, dem große Worte und ein zu starkes Aufheben um seine Person zutiefst zuwider waren. Nicht zuletzt, weil Franz Steegmüller schon früh die Notwendigkeit kontinuierlicher Investitionen erkannt hatte, darf er für sich in Anspruch nehmen, ein zukunftsfähiges Unternehmen geschaffen zu haben, das den Wettbewerb nicht scheuen muss.

1966 installierte er eine Flaschenabfüllerei, 1974 folgte ein neues Sudhaus, 1978 die große Lagerhalle. 1983 wurde die Abfüll-Großanlage fertig, die knapp 30.000 Flaschen pro Stunde bewältigt. 1984 wurde eine Laugenreinigungsanlage erstellt, 1992 ging die neue Logistikhalle in Betrieb, 1994 das computergesteuerte Sudhaus und im Jahr 2000 schließlich die neue Kühlanlage. Voller Stolz wohnte der Seniorchef im Juni des Vorjahres dem ersten Spatenstich für die neue Betriebsstätte in der Gemeinde Schechen bei.

Beim ersten Spatenstich für das neue Betriebsgebäude in Schechen war Franz Steegmüller (Achter von rechts, neben ihm Tochter Marisa) voller Freude mit von der Partie.
Beim ersten Spatenstich für das neue Betriebsgebäude in Schechen war Franz Steegmüller (Achter von rechts, neben ihm Tochter Marisa) voller Freude mit von der Partie. © Schlecker

Weil der Platz für die Brauerei auf dem rund 10.000 Quadratmeter großen Areal in der Rosenheimer Innenstadt begrenzt ist, entschied sich die Geschäftsführung - von Franz Steegmüller tatkräftig zu diesem Schritt ermuntert - vor einigen Jahren für die Errichtung eines zweiten Gebäudekomplexes auf einem rund 30.000 Quadratmeter großen Areal in der Nachbargemeinde, wohin die Lagertanks und die Logistik ausgelagert werden sollen. Ein Projekt, das die Zukunft der Brauerei langfristig sichern soll, wie Marisa Steegmüller bei dem Festakt bekräftigte.

Ein passionierter Waidmann und Fischer

Wenn er Abstand zum Berufsleben brauchte, um neue Kräfte zu tanken, suchte er diesen vorwiegend in der heimischen Natur. Franz Steegmüller war ein passionierter Waidmann und Fischer. Hobbys, die für ihn ein idealer Ausgleich zum Tagesgeschäft waren und ihm gleichzeitig die Möglichkeit boten, einen Beitrag zum Erhalt des ökologischen Gleichgewichts zu leisten.

Nur wenige Tage vor seinem Tod erbrachte ihm die Jagdgenossenschaft Marienberg einen besonderen Vertrauensbeweis. Obwohl noch nicht alle Vertragsdetails geregelt waren, stimmte sie bei ihrer Jahreshauptversammlung mit großer Mehrheit zu, den Pachtvertrag für die Marienberger Jagd vorzeitig um weitere neun Jahre zu verlängern.

Seit rund 90 Jahren betreibt die Familie Steegmüller diese Jagd. Tief berührt von diesem Vertrauensvorschuss, ergriff der Verstorbene das Wort und versprach, er wolle auch in Zukunft alles dafür tun, um die Verbissschäden durch das Wild so gering wie möglich zu halten. Zweifel, dass der „Bräu“ sein Wort brechen könnte, kamen erst gar nicht auf. Sein Ruf als verlässlicher Partner trug schließlich sein ganzes Leben lang nicht einen Kratzer davon.

Mit Franz Steegmüllers Tod ist die Region um eine große Persönlichkeit ärmer geworden. Das Erbe, das er hinterlässt, erstreckt sich beileibe nicht nur auf die wirtschaftlichen Erfolge. Es umfasst auch die Werte, die er verkörperte.

„Franz Steegmüller hinterlässt eine unvergessliche Spur in der Geschichte und Gemeinschaft von Rosenheim“, schrieb die Brauerei in einer Pressemitteilung anlässlich seines Todes. Eine Spur, die die große Trauer und Bestürzung über den Verlust eines beliebten Mitbürgers auf jeden Fall überdauern wird.

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