Shakespeare-Klassiker als Musical neu gedacht: Das erwartet uns bei „& Julia“ in Hamburg
„& Julia“ in Hamburg (Foto: Dominik Lapp)
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Shakespeare-Klassiker als Musical neu gedacht: Das erwartet uns bei „& Julia“ in Hamburg

Es ist eine der angesagtesten Shows, die derzeit am New Yorker Broadway und im Londoner West End zu sehen ist und im Oktober 2024 Premiere in Hamburg feiert: In dem Musical „& Julia“ wird der Shakespeare-Klassiker „Romeo und Julia“ völlig neu gedacht. Im Zentrum steht die Frage: Was würde passieren, wenn sich Julia nach Romeos Tod für das Leben entscheidet? Die Antwort darauf gibt es künftig achtmal pro Woche im traditionsreichen Operettenhaus auf der Reeperbahn, wohin die Show perfekt passt – wo aber auch schon andere exzellente Musicals wie „Kinky Boots“ und „Hamilton“ gescheitert sind.

Mit einem Mix aus einer einzigartigen und innovativen Herangehensweise an ein bekanntes Werk und der Kraft mitreißender Musik, starken Charakteren und einer energiegeladenen Inszenierung, könnte die Show auch in Hamburg ein Erfolg werden. Julias neue Geschichte wird getragen von weltbekannten Pop-Hits, doch das Stück ist keinesfalls nur eine weitere platte Jukebox-Show. Denn obwohl Songs von Kelly Clarkson, Celine Dion, den Backstreet Boys, Katy Perry und Britney Spears zu hören sind, wurden diese nicht wahllos zusammengestellt, sondern stammen alle aus der Feder desselben Komponisten.

Musik von renommiertem Songwriter

Der musikalische Kopf hinter dem Stück ist Max Martin, ein renommierter schwedischer Songwriter und Produzent, der mehr Nummer-eins-Hits produziert hat als jeder andere Künstler. Wer nun befürchtet, die weltbekannten Pop-Hymnen in „& Julia“ auf Deutsch oder als unausgegorenes Deutsch-Englisch-Gemisch wie bei „Moulin Rouge“ präsentiert zu bekommen, kann beruhigt sein. Zwar wird die Show in Hamburg erstmals in eine andere Sprache übersetzt – das gilt aber nur für die Dialoge. „Die Songs bleiben alle im englischen Original“, kündigt Denise Obedekah als Künstlerische Leiterin der Produktion an.

„& Julia“ in Hamburg (Foto: Dominik Lapp)

Für Raphael Groß, der die Rolle des Romeo spielt, sind die Songs definitiv die größte Herausforderung, wie er im Gespräch mit unserer Redaktion verrät. „Die Lieder kennt man aus dem Radio, deshalb muss man die richtig gut singen – und die sind nicht einfach zu singen“, sagt er. „Es ist eine anspruchsvolle Partie, und ich habe Respekt vor solchen krassen Songs.“ Er freue sich aber auf die ikonischen Musiknummern und die Show, die wie eine große Party sei.

William Shakespeare als Popstar seiner Zeit

Seine Kollegin Chiara Fuhrmann ist gerade erst von einer Promotion-Reise aus New York zurückgekehrt, wo sie am legendären Broadway der Öffentlichkeit als Hauptdarstellerin präsentiert wurde. Auch sie ist sich bewusst, dass ihr die Rolle der Julia viel abverlangen wird. „Für mich ist wichtig, in der Probenzeit eine Routine zu entwickeln, damit ich später gut durch eine Sechs-Show-Woche komme. Natürlich lernt man während der Proben das Material, aber man lernt auch, mit den eigenen Kräften zu haushalten. Dann weiß man genau, wo man richtig Gas geben muss und wo man sich etwas ausruhen kann, damit man am Ende einen Bogen schafft, um die Geschichte gut zu erzählen, aber nicht völlig platt zu sein.“

„& Julia“ in Hamburg (Foto: Dominik Lapp)

Zwei weitere tragende Rollen in „& Julia“ sind die des Autoren William Shakespeare und seiner Frau, Anne Hathaway. In Hamburg werden sie gespielt von Andreas Bongard und Willemijn Verkaik, die sich auch schon sehr auf die Show und ihre neuen Figuren freuen. „Ich freue mich auf die Mischung aus einer alten Geschichte, die wir aus einem neuen Blickwinkel erzählen, und der grandiosen Musik von Max Martin, die mich als Millennial und eine ganze Generation geprägt hat“, sagt Bongard. „William Shakespeare ist in unserer Show sehr leidenschaftlich, charismatisch und ein Popstar seiner Zeit. Aber er hat auch ein kleines Ego, und ich bin jetzt schon sehr gespannt darauf, wie wir das herausarbeiten.“

Willemijn Verkaik bleibt Hamburg erhalten

Willemijn Verkaik wird mit ihrem neuen Engagement der Hansestadt Hamburg noch etwas länger erhalten bleiben. Aktuell steht sie im Theater an der Elbe noch als Elsa in „Die Eiskönigin“ auf der Bühne, bis sie an die Reeperbahn ins Operettenhaus wechselt, um dort Shakespeares Ehefrau zu spielen, die dafür verantwortlich ist, dass ihr Mann das alternative Ende für „Romeo und Julia“ schreibt. In einer weiteren Produktion in Hamburg zu spielen, bedeutet für die Niederländerin allerdings auch, noch länger von ihrem Ehemann in der niederländischen Heimat getrennt zu sein. Doch wie Willemijn Verkaik in einem Interview mit unserer Redaktion verraten hat, macht sie das gern für den Job, den sie so sehr liebt. „Ich bin für die Arbeit hier und habe Spaß dabei“, sagt die international erfolgreiche Künstlerin. „Hamburg ist glücklicherweise nicht so weit, deshalb habe ich öfter die Chance, nach Hause zu fahren.“

„& Julia“ in Hamburg (Foto: Dominik Lapp)

Als herausfordernd betrachtet auch Willemijn Verkaik ihre neue Rolle. „Über Anne Hathaway ist nicht so wahnsinnig viel bekannt. Deshalb wird es interessant, einerseits dieser historischen Persönlichkeit gerecht zu werden und andererseits etwas von meiner Persönlichkeit in diese Rollen hineinzugeben“, erklärt sie. „Dass ich in der Rolle von Shakespeares Frau den Anstoß geben darf, Julias Geschichte neu zu schreiben, so dass sie ihr Leben selbst bestimmen kann, ist wirklich besonders und wird spaßig.“

Feminismus, Female Empowerment und queere Community

„Ich finde es sehr wichtig, die Geschichte neu zu erzählen“, sagt Julia-Darstellerin Chiara Fuhrmann. „Es ist eine alte Geschichte. Dort diesen modernen Twist mit Feminismus, Female Empowerment und queerer Community einzubauen, ist total relevant und verspricht ein gutes Gesamtpaket.“ Ihr Kollege Andreas Bongard findet es darüber hinaus „ganz toll, Teil von einer sehr diversen Cast zu sein, in der wir viele Dinge hinterfragen, zum Beispiel die Rolle der Frau.“ Er habe das Gefühl, dass das kommerzielle Musical mit „& Julia“ endlich an einem Punkt angekommen sei, an dem diese Themen angesprochen und bearbeitet werden. „Ich finde das gut, weil es auf eine ganz unterhaltsame Weise passiert, ohne mit dem Finger auf Fehler zu zeigen. Es erreicht viele Menschen und sorgt gleichzeitig für Partystimmung. Das ist das Lebensgefühl von 2024.“

Doch nicht nur musikalisch trifft in dem Stück mit dem Buch von David West Read das 16. Jahrhundert auf Popkultur. Auch das Bühnenbild und die Kostüme versprechen eine Mischung aus beiden Welten. In Verbindung mit dem stimmigen Lichtdesign, der energiegeladenen Inszenierung von Luke Sheppard und der rasanten Choreografie von Jennifer Weber schickt sich „& Julia“ an, nach den Produktionen in England sowie den USA, in Kanada, Australien und Singapur auch in Deutschland ein Hit zu werden und ein neues Publikum anzusprechen. Bleibt zu hoffen, dass das Stück im Operettenhaus nicht so ein frühzeitiges Aus ereilt wie „Kinky Boots“ und „Hamilton“.

Text: Dominik Lapp

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Dominik Lapp ist ausgebildeter Journalist und schreibt nicht nur für kulturfeder.de, sondern auch für andere Medien wie Lokalzeitungen und Magazine. Er führte Regie bei den Pop-Oratorien "Die 10 Gebote" und "Luther" sowie bei einer Workshop-Produktion des Musicals "Schimmelreiter". Darüber hinaus schuf er die Musical-Talk-Konzertreihe "Auf ein Wort" und Streaming-Konzerte wie "In Love with Musical", "Musical meets Christmas" und "Musical Songbook".