Hospiz Bernstorf
Mitten im Sterben entsteht in MV ein Film über den Tod
Grevesmühlen / Lesedauer: 3 min
Leise geht Jennifer Sabel den Flur entlang - fast unter dem Dach von Schloss Bernstorf. Nadines Zimmer haben sie dort eingerichtet. Das Sofa - dekoriert mit den Lieblingskissen von zu Hause. Die Urkunde an einem der Holzbalken, die sie als Gewinnerin eines Nageldesignwettbewerbs auszeichnet. Die Bilder an der Wand - darauf der kleine Sohn, die erste große Liebe.
Jennifer Sabel hat Nadines Weg in das Hospiz nachgezeichnet. Hat gemeinsam mit ihrem Mann Benjamin Kramme das Drehbuch geschrieben in den vergangenen fünf Jahren für „Ich sterbe, kommst Du?“ Eigentlich, sagt Jennifer Sabel, wolle so was niemand sehen. „Wir finden es trotzdem richtig, den Film zu machen.“ Jennifer Sabel spielt die Nadine.
Unten im Foyer baut die Crew Kameras und Licht auf für die nächste Szene. Nadines Mutter kommt zu Besuch, an der Hand ihren Enkel, Nadines Sohn. „Ich bin als Mutter im Funktionsmodus, gönne mir keinerlei Sentimentalitäten“, sagt Schauspieler Barbara Philipp über ihre Rolle in dem Debütfilm.
Die Wut, die ihr von ihrer Tochter entgegenschlägt ob der letzten Wochen, Tage, Stunden Leben - mit Wucht sei das erzählt, sagt Philipp. „Ich finde es gut, dass die Figur ihre Wut rauslassen kann.“
Als Mutter aber trete sie dieser Wut mit dem Unvermögen entgegen, auf die emotionalen Bedürfnisse ihrer Tochter einzugehen, geschweige denn zu erkennen. „Ist doch so. Da ist einer sterbenskrank, und das Umfeld wendet sich ab aus Angst davor, mit dem Kranken keinen Umgang mehr finden zu können.“
Dass das Drehbuch so klar, so stark und in sich schlüssig ist, wie Philipp lobt, hat es vor allem einem Tagebuch zu verdanken. Geschrieben von Benjamin Kramme. Denn Kramme hat im Rahmen seines Sozialpädagogikstudiums bereits in Hospizen gearbeitet - erst in Schwerin, dann in Bernstorf.
Er hat dort erlebt, wie familiäre Konflikte sich nicht darum scheren, dass nur noch wenig gemeinsame Zeit bleibt. Dass Dinge aufbrechen, längst vergessen geglaubte. Dass es den richtigen Weg zu leben nicht gibt.
Ein Dreh inmitten der Realität
„Einfach jeden Tag so leben, dass du glücklich bist“, sagt Jennifer Sabel. Ein paar der Frauen und Männer, die in Bernstorf ihren letzten Weg gehen, sind als Komparsen dabei. Wann sie den Film sehen könne, habe eine Frau gefragt. „Dass es noch lange dauert, bis der fertig ist, habe ich geantwortet“, sagt Sabel. Zu lange für diesen Menschen.
Es ist ein kleines Filmset, das dort mitten im Sterben dreht. Fünfzehn Leute nur, die leise Dinge räumen von A nach B, gedämpft nur sprechen. „Dass wir in einem Hospiz drehen dürfen, die obere Etage mit den Zimmern nutzen, das wäre aus dem Kalten nicht gegangen“, sagt Kramme. Es war sein Einsatz dort fast ein Jahr lang, der ihm das möglich machte.
Noch im Sommer soll es in den Schnitt gehen, im Herbst die Nachproduktion beginnen. Ende kommenden Jahres könnte „Ich sterbe, kommst Du?“ auf den ersten Festivals laufen, bevor der Film 2026 im RBB ausgestrahlt wird. Wer will, kann sich befassen dann mit dem Tod.