„Celebrating Sarah Vaughn“ war ein Programm, das ganz auf eine der größten Jazz-Ikonen des 20. Jahrhunderts ausgerichtet war. Vaughn hat neben Ella Fitzgerald, Billie Holiday und Carmen McRae maßgeblich den Jazz-Gesang geprägt. Die Begleitung mit Symphonieorchester sowie elektronischen Einlagen stammte auch diesmal von Gast Waltzing und Jean-Jacques Maillet. Was sich als ein Glücksfall erwies, denn die gemeinsame Arbeit der beiden Künstler traf auf der einen Seite genau den Geist und die Stimmung von Vaughns Liedern und auf der anderen hauchte es ihrer Musik eine gewisse Frische ein.
Wobei gerade die gut dosierte Elektronik sich bestens bewährte und Maillets elektronisch verstärktes Geigenspiel ein deutliches Plus war. Auch Drummer Niels Engel wusste diese Lieder rhythmisch zu beleben, sodass das Luxembourg Philharmonic unter der engagierten Leitung von Gast Waltzing (und mit zwei hervorragenden Solisten aus den eigenen Reihen) in völligem Einklang mit Maillet und Engel, vor allem aber mit dem wunderbaren und warmen Gesang von Zara McFarlane stand.
Rundum gelungen
McFarlane besitzt eine ganz andere Stimme als Sarah Vaughn, singt und interpretiert viel kontrollierter, was aber einen ganz neuen, frischen Blick auf Vaughns Lieder warf. Das ist nicht selbstverständlich; ich kenne etliche (amerikanische) Arrangements mit Orchester oder Streichern, die die Lieder leider sehr verkitschen. Das war hier nicht der Fall. Der soulige Gesang von Zara McFarlane, gepaart mit dem wohl dosierten Klang des Symphonieorchesters, besaß demnach seinen eigenen Charme und die perfekte Wiedergabe der insgesamt zwölf Lieder – das Konzert selbst wurde mit Delta, einem orchestralen Auftragswerk des Kulturministeriums für Gast Waltzing, eingeleitet – erinnerte an den immer perfekten Gesang der großen Sarah Vaughn, den diese über 40 lang beibehielt und damit selbst einfache Pop-Lieder veredelte. Zara McFarlane aber ist auf dem besten Weg, sich zu einer erstklassigen Jazz-Interpretin zu mausern und so in die Fußstapfen einer Dee Dee Bridgewater oder Diana Krall zu treten.
Klatschen oder nicht klatschen?
Frischen Wind gab es auch im letzten Konzert der Solistes Européeens Luxembourg. Zwischen Dvoráks Slawischen Tänzen Nr. 1, 4 & 7 op. 46 und der 4. Symphonie von Johannes Brahms stand ein kaum bekanntes und somit nur selten gespieltes Klavierkonzert auf dem Programm: Ottorino Respighis „Concerto in modo misolidio per pianoforte e orchestra“ konnte nur bei seiner Uraufführung 1925 in Amerika überzeugen; in Europa hatte dieses Konzert keinen Erfolg und verschwand schnell von den Spielplänen. Was eigentlich erstaunt, denn Respighis Klavierkonzert, das sich auf den Gregorianischen Gesang beruft, ist ein starkes Werk mit romantischem Einschlag und einem herausfordernden Klavierpart. Den hatte an diesem Abend Olli Mustonen übernommen.
Von seiner atemberaubenden und sehr intensiven Interpretation kann man nur schwärmen, denn Mustonen spielte das üppig orchestrierte Werk einerseits mit einer wunderbaren Klarheit, anderseits zögerte er auch nicht, sich der Virtuosität hinzugeben. Die verhaltenen, intimen Passagen wurden dabei ebenso berücksichtigt wie die ausladenden Gesten, zu denen die Musik immer wieder verführt. Großes Lob an die SEL und Christoph König, die hier so richtig in die Vollen gingen und Olli Mustonen in allen Hinsichten ein adäquater Partner waren.
Das Konzert wurde mit drei Slawischen Tänzen eröffnet; hier überraschte das sehr räumliche Spiel des Orchesters, bei dem jede Instrumentengruppe voll zur Geltung kam. Christoph König schuf hier eine sehr schöne Balance zwischen allen Instrumenten, die sich dynamisch quasi austoben konnten. Nach der Pause stand dann Johannes Brahms’ 4. Symphonie auf dem Programm.
Wenn auch hier die Liebe zum letzten Detail etwas fehlte und König das Werk nicht bis in die Extreme auslotete (da wäre in den beiden Ecksätzen noch Luft nach oben gewesen), so konnte das zahlreich erschienene Publikum doch an einer schönen und innerlich sehr ausgewogenen Darbietung teilhaben. König arbeitete den romantischen Charakter und somit das fließende, runde Spiel sehr deutlich heraus, was dem Werk eine überzeugende innere Geschlossenheit gab.
Die SEL reagierten präzise und beeindruckten mit einem sehr vollen und warmen Klang, der exzellent zu Brahms passte. Ehe die Musiker nach stürmischem Applaus nun in die Sommerpause gehen, gab es zum Schluss ausnahmsweise noch einen weiteren Slawischen Tanz als Zugabe. Leider wurde auch dieses Konzert wie so oft durch Zwischenapplaus nach jedem Satz gestört.
Künstler und Organisatoren „dürfen“ sich ja nicht kritisch dazu äußern, aber trotzdem würde der Rest des Publikums es den Sponsoren, deren Wichtigkeit hier auf keinen Fall infrage gestellt wird, im Gegenteil, sicherlich danken, wenn sie ihre Gäste im Vorfeld einfach mit den „Regeln“ eines Konzerts vertraut machen würden. So, wie man es wohl mit den eingeladenen Studenten macht, die seit Jahren zu den SEL-Konzerten kommen und die genau wissen, wie sie sich bei einem klassischen Konzert zu verhalten haben.
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