Haus Wertheym steht zum Verkauf
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Haus Wertheym steht zum Verkauf

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Es ist das einzige Fachwerkhaus der Altstadt, das den Bombenhagel 1944 überstand. Doch an ihm hat der Zahn der Zeit genagt, 1964 wurde es letztmalig grundlegend saniert, jetzt soll es veräußert werden.

Das Gerüst ist abgebaut, das Schieferdach des prominent am Fahrtor gelegenen Fachwerkhauses „Haus Wertheym“ ist erneuert. Nun soll das unter Denkmalschutz stehende Haus verkauft werden. Die Exklusivität des dreigeschossigen Renaissance-Bauwerks macht vor allem sein Alleinstellungsmerkmal als einziges Fachwerkhaus in der Altstadt aus, das den Bombenangriff im März 1944 unversehrt überstanden hatte. 1963 wurde es deshalb unter Denkmalschutz gestellt. 1964 erfuhr es die letzte größere Sanierung. Nun nagt der Zahn der Zeit an dem Gebäude: Fenster, Fachwerk, Fassade zeigen deutliche Verfallserscheinungen. Das ganze Ausmaß habe sich offenbart, als man jüngst vom Baugerüst die Substanz sehr genau habe in Augenschein nehmen können, sagt Marco Popp, Konservator am städtischen Denkmalamt. Vor allem die Nordfassade weise deutliche Schäden auf.

Vieles bröckelt vor sich hin

Tom Baumgärtner vom Architekturbüro Kaffenberger in Darmstadt, der das Haus ebenfalls bestens kennt und als Bauleiter die unlängst abgeschlossene Dachsanierung verantwortet hat, spricht von einer notwendigen Kernsanierung des historischen Hauses. Denn auch im Innern, in den alten Wohnräumen, bröckele vieles vor sich hin.

Beide Experten lassen keinen Zweifel daran, dass der Käufer und zukünftige Eigentümer des Hauses Wertheym aus ihrer Sicht jemand sein sollte, der Kennerschaft und eine gewisse Passion für die historische Immobilie, vor allem aber eine gewisse finanzielle Beinfreiheit mitbringen sollte. „Mit dem Aufbringen des Kaufpreises allein wird es nicht getan sein“, betont Popp. „Es braucht einen Eigentümer, der bereit und in der Lage ist, umfassend zu investieren.“

Dass es nicht allein um finanzielles Durchhaltevermögen geht, sondern auch der Faktor Zeit eine Rolle spielt, macht Tom Baumgärtner deutlich. „Es braucht einen langen Atem und viel Prozessarbeit.“

Derzeit ist das Haus im Besitz einer Erbengemeinschaft: zwei Schwestern, denen der Vater die einzigartige Immobilie hinterlassen hat. Sie haben deren Vermarktung in die Hände eines Maklers aus Dreieich gelegt, der es nun als „Rarität“ auf dem Massenportal Immoscout offeriert, Preis auf Anfrage.

Kaufinteressenten gibt es mehrere

Über den Kaufpreis gibt es aktuell keine konkreten Angaben. Die FAZ berichtete unlängst von einem „hohen einstelligen Millionenbetrag“.

Kaufinteressenten hätten sich bereits einige beim Denkmalamt gemeldet, so Marco Popp. „Man hatte Beratungsbedarf.“ Einfluss auf die Verkaufsentscheidung habe die Behörde freilich nicht. „Wir erklären lediglich historische Zusammenhänge und denkmalschützerische Erfordernisse.“

Einer dieser Interessenten ist eigenem Bekunden zufolge Jens Schönfelder. Er betreibt gemeinsam mit Jesco Mann seit 2015 die Konditorei ConditCouture im Erdgeschoss des Hauses Wertheym, als Nachfolger der Traditionskonditorei Hollhorst. „Wir haben einen sehr attraktiven Pachtvertrag, der bis 2050 läuft und uns zudem ein Vorkaufsrecht an dem Haus einräumt“, sagt er auf Anfrage. Die beiden jungen Geschäftsleute sind „sehr geneigt“, dieses Vorkaufsrecht auszuüben. „Wir prüfen das gerade“, berichtet Schönfelder. Dass er sich im Falle einer Millionen-Investition ins Haus Wertheym ein „gewisses Entgegenkommen seitens der Stadt“ erhofft, lässt Schönfelder nicht unerwähnt. Zufahrtsbeschränkungen zu seinem Betrieb im Rahmen von großräumigen Absperrungen der Innenstadt bei Großveranstaltungen empfinde er als ärgerlich, vermeidbar und geschäftsverhindernd.

Großartiges Beispiel für Frankfurter Baustil

Anders als für die Konditorei läuft der Pachtvertrag für das Restaurant Haus Wertheym absehbar aus. Eine gastronomische Nutzung auch nach der Sanierung hält Konservator Marco Popp für historisch stimmig. Ob allerdings, wie derzeit, Lagerräume für Lebensmittel und die Küche im ersten Geschoss optimal untergebracht seien, müsse man gut überlegen. Die derzeit unbewohnten Wohnräume in den darüberliegenden beiden Etagen seien ebenfalls rundum sanierungsbedürftig.

Das Haus Wertheym mit seinen drei Stockwerken, den sieben markanten Arkaden aus Mainsandstein, den reich profilierten Konsolen sowie dem augenfälligen Kragstein mit Wappen und Weinstock ist aus denkmalschützerischer Sicht ein großartiges Beispiel für den Frankfurter Baustil der Spätrenaissance und vor diesem Hintergrund eine beträchtliche Herausforderung für den neuen Eigentümer.

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