Was man über Eisen wissen sollte
Ein Ausschnitt aus einem Periodensystem: Fe, Iron, Eisen. Das Periodensystem selbst ist auch aus Metall.© HT Ganzo / iStock / Getty Images Plus
Eisen ist unser wichtigstes Spurenelement. Trotzdem gilt: Nicht einfach drauf los supplementieren!

Blutbildung

WAS MAN ÜBER EISEN WISSEN SOLLTE

Eisen ist das bedeutsamste Spurenelement unseres Körpers. In rund 100 Enzymen kommt es vor, ist für die Blutbildung, den Sauerstofftransport und das Gleichgewicht unserer Neurotransmitter unerlässlich.

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In den sozialen Medien, im Fernsehen und unzähligen Anzeigen bewerben Hersteller ihre Eisenpräparate.
Säften für Kinder wird das Spurenelement zugesetzt. Doch ist das wirklich eine gute Idee?

Neue Erkenntnisse weisen darauf hin, dass zu viel Eisen durchaus unerwünschte Effekte haben kann. Andererseits warnen Ernährungsexperten auch vor Mangelerkrankungen.
Was sollte man für die Beratung wissen?
Wie sehen die Richtwerte aus und wie erreicht man sie? Hier kommt ein Überblick. 

Komplexe Eisen-Aufnahme

Eisen ist ein zentraler Baustein unseres Körpers. Er enthält zwischen 2,3 und 4,4 Gramm reines Eisen. Über 70 Prozent sind als Hämoglobin in unseren Erythrozyten gebunden.
Speicher befinden sich im Knochenmark, der Leber und der Milz, außerdem auch als Myoglobin in der Muskulatur. Freies Eisen hat toxische Eigenschaften, weil es freie Radikale bildet. Deshalb hat unser Körper ein ausgeklügeltes System für den Eisentransport und die Speicherung.

Die Resorption von Eisen erfolgt ausschließlich in einem begrenzten Teil des Dünndarms. Liegt das verzehrte Eisen als Häm-Eisen vor, stammt also aus rotem Fleisch oder Innereien, nimmt unser Körper es aktiv in die Zellen des Darmepithels auf. Diese heißen Enterozyten.
Das Eisen in Fleisch ist zweifach positiv geladen, Eisen aus pflanzlichen Lebensmitteln dagegen dreifach positiv. Es bildet im Darm schwer lösliches Eisen (III)-Hydroxid, daher ist die Aufnahme schwieriger.

Doch auch dafür hat unser Körper eine Lösung: ein in der Enterozytenmembran befindliches Enzym namens Ferrireduktase wandelt das dreiwertige Eisen in zweiwertiges um, welches dann problemlos aufgenommen wird.
Organische Säuren wie Zitronensäure oder Reduktionsmittel wie Ascorbinsäure verhindern von vorneherein die Bildung von Eisen(III)-Hydroxid und helfen so bei der Resorption.

Regelkreis schützt vor zu viel Eisen

Sind die Eisenspeicher des Körpers gefüllt, schüttet die Leber Hepcidin aus. Dieses „Eisenhormon“ sorgt dafür, dass kein Eisen den Enterozyten mehr Richtung Blutkreislauf verlassen kann. Der Enterozyt bildet daraus dann die Speicherform des Eisens, Ferritin. Da Enterozyten ständig abgeschilfert werden, wird das in ihnen gebundene Ferritin mit ausgeschieden.

Hepcidin wird übrigens auch ausgeschüttet, wenn akute oder chronische Entzündungen im Körper vorliegen.
Seine Bildung reduziert sich bei Umständen, die eine erhöhte Eisenaufnahme erfordern, wie ein Sauerstoffmangel oder für neue Blutzellen. Der Körper kann über diese Rückkopplung regeln, wieviel Eisen aus unserer Nahrung (oder der Nahrungsergänzung) aufgenommen wird.

Das aufgenommene Eisen bindet im Blut an Transferrin. Diese Transportform bringt es an die Stellen des Bedarfs wie Knochenmark und Leber. Der Transferrin-Rezeptor sorgt hier für eine Aufnahme in die Zelle.
Im Cytoplasma kann das Eisen nun für die Hämoglobinsynthese verwendet werden oder für verschiedenste Enzyme, zum Beispiel Cytochrome. Überschüsse wandelt die Zelle in die Speicherform Ferritin um.

Eisenmangel

Zu wenig Eisen kann uns stark beeinträchtigen. Die Symptome sind meist unspezifisch und reichen von

  • Müdigkeit und Konzentrationsstörungen
  • über Kurzatmigkeit, Muskelschwäche, Kopfschmerzen und Appetitlosigkeit
  • bis zu Einschränkungen bei der Regulierung der Körpertemperatur und des Immunsystems.

Wird der Mangel nicht beseitigt, hat das mitunter schwere Folgen. So steigen Krankheitsrisiko und Sterblichkeit bei Müttern und Kindern während der Schwangerschaft, die geistige und körperliche Entwicklung von Kindern leidet, Erwachsene weisen eine verminderte körperliche Leistungsfähigkeit auf. Ältere Menschen können geistig stark abbauen.

Auch die Symptomatik eines Restless-Legs-Syndroms kann durch Eisenmangel verstärkt werden, weil die Synthese von Dopamin beeinträchtigt wird.

Eisenmangelerscheinungen sind im Blut mittels unterschiedlicher Parameter nachweisbar. Zunächst leert der Körper die Eisenspeicher (Speichereisenmangel), was mittels des Serumferritins sichtbar wird.
Die Transferritinsättigung gibt Hinweise auf Beeinträchtigungen des Eisentransportes, ebenso wie das Serumeisen. Als letztes schränkt der Körper die Hämoglobinbildung ein, was im Hämoglobinwert (Hb) sichtbar wird und dann Eisenmangelanämie heißt.

Normwerte im Blut
Für Männer liegt der Hb idealerweise zwischen 14 und 17,5 g/dL, bei Frauen sind es 12,3 bis 15,3 g/dL.
Ferritin sollte bei Frauen 15-150 µg/L, bei Männern 30-400 µg/L betragen.
Transferrin-Normwerte befinden sich zwischen 200 und 400 mg/dL, die Transferrinsättigung mit Eisen sollte zwischen 16 und 45 Prozent liegen. Alle Laborparameter unterliegen tages- und tageszeitlichen Schwankungen und sollten für eine umfassende Diagnostik eines Eisenmangels stets kombiniert betrachtet werden.
Achtung: Ferritin ist auch ein sogenanntes Akut-Phase-Protein, seine Konzentration steigt bei Krebs, Entzündungen und Lebererkrankungen. 

Eisenmangel kann in zwei Formen vorliegen:

  • absolut (durch erhöhten Verlust über Menstruation, Operationen, Blutspenden und chronisch entzündliche Darmerkrankungen, oder ungenügende Zufuhr) oder
  • funktionell (durch Störungen der Eisenmobilisation trotz gefüllter Speicher).

Funktioneller Eisenmangel tritt auf bei chronischen Entzündungen (die zur erhöhten Freisetzung von Hepcidin führen, wie wir wissen).
Diese finden sich unter anderem bei Nieren-, Darm- und Lungenerkrankungen, bei Adipositas, Krebs und Infektionen. Schwangere leiden überproportional oft unter Eisenmangel, ebenso wie Leistungssportler. Das hängt mit der zusätzlich nötigen Blutbildung zusammen.

Neue Referenzwerte festgelegt

2023 gab die Deutsche Gesellschaft für Ernährung neue Empfehlungen für die tägliche Aufnahme an Eisen heraus. Sie waren nötig geworden, weil neue Studiendaten sowie neue Messmethoden Neuerungen ergeben hatten. Die wichtigsten Werte sehen wie folgt aus:

  • Säuglinge unter vier Monaten benötigen etwa 0,3 Milligramm (mg) Eisen pro Tag.
  • Ab dem fünften Monat bis zum ersten Geburtstag sind 11 mg nötig.
  • Ein Kind unter 13 Jahren braucht je nach Alter zwischen 7 und 14 mg.
  • Bei menstruierenden Frauen sind etwa 16 mg pro Tag nötig.
  • Postmenopausale Frauen brauchen etwa 14 mg pro Tag, da bei ihnen die Bioverfügbarkeit gedrosselt ist. Auch Frauen, die wegen der Anwendung von hormonellen Verhütungsmitteln nicht menstruieren, decken mit 14 mg pro Tag ihren Bedarf.
  • Männliche Jugendliche und Männer kommen mit rund 11 mg täglich aus.
  • Schwangere haben den mit Abstand höchsten Tagesbedarf, er liegt bei ganzen 27 mg.
  • Nach der Geburt (unabhängig davon, ob gestillt wird oder nicht) reichen wieder 16 mg.

Vor allem Mädchen und Frauen erreichen laut den Daten der Deutschen Gesellschaft für Ernährung die Referenzwerte nicht. Ein dauerhaftes Defizit bedeutet nicht unbedingt einen Mangel, erhöht aber über die Zeit das Risiko dafür.

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Eisen supplementieren: ja oder nein?

Wurde ein Eisenmangel diagnostiziert, sollte der Arzt eine gegebenenfalls notwendige Supplementierung begleiten. Keinesfalls sollte eine Do-It-Yourself-Supplementierung auf Verdacht betrieben werden.  

Das Bundesinstitut für Risikobewertung legt sich auf eine Obergrenze von 6 mg pro Tag in Form von Supplementen oder angereicherten Lebensmitteln fest, die nicht überschritten werden sollte. Das hat gute Gründe: Zu viel Eisen kann sogar giftig sein. 

Wie wir wissen, ist es ein starker Radikalbildner, der Zellen schädigen kann. Eisenpräparate müssen aus diesem Grund unbedingt vor Kindern gesichert aufbewahrt werden, denn schon zwei Gramm Eisen können ein Kleinkind töten!  

Gesunde Menschen mit einer intakten Darmfunktion tragen normalerweise kaum ein Risiko für eine Eisenüberladung durch Lebensmittel.
Das verdanken wir unserem komplexen Regulationssystem, welches die Bioverfügbarkeit aufgenommenen Eisens auf fünf bis zwanzig Prozent drosselt. Das gilt auch für Nahrungsergänzungsmittel.

Risikogruppen für eine Eisenüberladung

Das ist aber kein Grund, unkritisch Eisenpräparate zu sich zu nehmen.
Menschen mit einer sogenannten Eisenspeicherkrankheit, einer hämolytischen Anämie (z.B. Thaslassämien) oder Alkoholiker können überschüssiges Eisen nicht ausscheiden.
Es lagert sich in Geweben und Organen ab. Leberzirrhosen, Leberzellkarzinome, Diabetes und Herzmuskelschäden können die Folgen sein. 

Da nicht komplett ausgeschlossen werden kann, dass eine chronische Überversorgung mit Eisen generell zu einem erhöhten Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Krebs und Typ-II-Diabetes führt, sollten auch gesunde Menschen einen Überkonsum besonders des leichter verfügbaren Häm-Eisens vermeiden.

Eisen und das Darmmikrobiom 
Neueren Studien zufolge könnten überschüssige Eisenionen im Darmlumen Auswirkungen auf das Darm-Mikrobiom haben und so möglicherweise zu den gefürchteten Nebenwirkungen von Eisenpräparaten wie Verstopfung, Bauchschmerzen und Blähungen beitragen.
Der Grund: potenziell schädliche eisenabhängige Darmbakterien können Eisen aus Eisen(III)-Hydroxid gezielt heraustrennen und sich so einen Vorteil gegenüber den nützlichen Lactobazillen und Bifidobakterien verschaffen. Das führt zu einer Zunahme methanbildender Bakterien im Darm; Methan als Motilitätshemmstoff kann zu Verstopfung und schmerzhaften Blähungen führen.

Eisenmangel bei pflanzlicher Ernährung

Auch Vegetarier und Veganer können ohne Eisensupplementierung auskommen. Wichtig sind die sorgfältige Auswahl der Lebensmittel und kluge Kombination. Vitamin C-reiche Lebensmittel wie Paprika, schwarze Johannisbeeren, Brokkoli, Kohl und Zitrusfrüchte fördern die Aufnahme von pflanzlichem Eisen. 

Vollkornprodukte und Hülsenfrüchte dagegen enthalten Phytate, die Eisen binden, und sollten daher eingeweicht, gekocht oder fermentiert (Sauerteig) werden. 

Welche Präparate eignen sich?

Am wirksamsten und sichersten ist eine orale Therapie von Eisenmangel. Hier kommen lösliche Eisen(II)-Verbindungen zum Einsatz, maximal 100 Milligramm am Tag und mindestens eine halbe Stunde vor dem Essen.
Aus 100 mg werden nur 10 bis 20 mg resorbiert, und das auch nur bei vorliegendem Eisenmangel. Ein Problem der im Internet beworbenen pflanzlichen Nahrungsergänzungen: Die Bioverfügbarkeit ist geringer, Nebenwirkungen auf die Darmflora können die Folge sein. 

Die häufigsten Nebenwirkungen sind Verstopfung, Bauchschmerzen und Übelkeit. Dann kann man versuchen, das Eisen mit den Mahlzeiten einzunehmen.
Das senkt zwar die Bioverfügbarkeit, kann aber die Verträglichkeit verbessern, so dass langsam, aber stetig eine Therapie des Eisenmangels möglich ist. Auch die Einnahme abends vor dem Schlafengehen kann helfen. 

Beratungstipps

Bei der Beratung sollte auf die zahlreichen Wechselwirkungen des Eisens hingewiesen werden.  

  • Antacida, Protonenpumpenhemmer und H2-Antagonisten wie Ranitidin wechselwirken mit Eisen, 
  • aber auch Chinolon-Antibiotika, Bisphosphonate, Levodopa und L-Thyroxin. Letztere bilden feste Komplexe mit Eisen. 
  • Das tun übrigens auch ASS und andere Salicylate (auch aus Phytopharmaka) und Paracetamol. 
  • Kaffee, Schwarztee und Rotwein enthalten Polyphenole, die Eisen ebenfalls binden.  

Klappt die orale Therapie nicht, weil sie nicht wirkt (zum Beispiel bei Zottenatrophien aufgrund einer Zöliakie) oder nicht vertragen wird, kann Eisen auch infundiert werden. Das muss auch erfolgen, wenn trotz Eisenmangel die Resorption nicht hochgeregelt ist, wie bei renalen Anämien. Infusionen sollten immer niedrig dosiert und langsam gegeben werden, denn als Nebenwirkungen können auch anaphylaktische Reaktionen auftreten.  

Blutwerte kontrollieren! 

Generell gilt: die Therapie eines Eisenmangels gehört in fachkundige Hände. Die Kontrolle der Blutwerte ist dabei unerlässlich. Von der unkritischen Anwendung von Eisenpräparaten rät man besser ab, denn sie kann durchaus schaden. In der Apotheke können Sie nach einer ärztlichen Untersuchung ein verträgliches, zum Alltag der Betroffenen passendes Eisenpräparat empfehlen. 


Quellen: 
https://www.dge.de/gesunde-ernaehrung/faq/eisen/  
Aktories, Flockerzi et al.: Allgemeine und spezielle Pharmakologie und Toxikologie, Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft, 13.Auflage 2022  
Uwe Gröber: Arbeitsbuch Mikronährstoffberatung, Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft, 2018  
https://www.doccheck.com/de/detail/articles/45793-eisen-praeparate-stiften-chaos-im-darm  
https://www.pharmazeutische-zeitung.de/wichtige-akteure-des-eisenstoffwechsels-146666/  

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