Viel hat sich im Laufe der Zeit verändert
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Viel hat sich im Laufe der Zeit verändert

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Carmen Magnus berichtet aus der Sonntagsschule. © Roger Schmidt

Pohlheim (rge). Mit persönlichen Erlebnisberichten, unterlegt mit zahlreichen historischen Fotos und Musik zum Mitsingen richtete die Freie Evangelische Gemeinde Pohlheim aus Anlass der Feierlichkeiten zu ihrem 100-jährigen Bestehen den Blick auf ihre ereignisreiche Geschichte. »Weis froier wohr« lautete der Titel der Veranstaltung, zu der sie am Samstagabend in das Gemeindehaus in Watzenborn-Steinberg eingeladen hatten.

Irmtraud Preisig und Ulrich Steinmüller begrüßten dazu passend die Gäste gut gelaunt mit »Watzenborner Geschwätz« in Mundart.

Seit der Gemeinde-Gründung 1924, damals noch als »Christliche Versammlung«, hat sich in der freikirchlichen Gemeinde viel verändert, erläuterte Steinmüller anschließend in Wort und Bild. Schon vor dieser offiziellen Gründung waren um 1870 aufgrund der missionarischen Arbeit in der benachbarten Wetterau durch die St. Chrischona-Bewegung aus der Schweiz einige Männer, die sich später »Freie Brüder« nannten, im damals noch überschaubaren Watzenborn im kleinen Kreis zum Beten zusammengekommen.

Frauen hatten es einst nicht einfach

Vor 100 Jahren trafen sie sich zunächst in der Ludwigstraße, ein Jahr nach der offiziellen Gründung 1925 in der Torstube des Hauses von Balthasar und Christine Happel in der damaligen Hindenburgstraße (heute Hubertusstraße). 35 Mitglieder wurden damals gezählt, heute ist die Gemeinde auf über 100 Frauen und Männer angewachsen.

Besonders die historischen Bilder vom Bau des eigenen Gemeindehauses am heutigen Standort in der Steinstraße aus den 50er Jahren und dem Anbau aus jüngerer Zeit zeigten, wieviel sich verändert hat und welche Leistung die Gemeinde dabei in Eigenleistung erbrachte.

Dass zu alldem Menschen gehören, wurde bei den Erlebnisberichten noch einmal deutlich, etwa im Interview mit der 90-jährigen Hella Happel, das Johanna und Samuel Steinmüller führten. Die Seniorin, die mit der Kinder-Landverschickung nach der Bombardierung aus Frankfurt-Oberrad 1944 nach Watzenborn kam, lernte dort Helmut kennen und lieben. Der war in der Freien Evangelischen Gemeinde aktiv. »Es waren nach dem Krieg keine einfachen Zeiten«, berichtete sie den jungen Leuten, denn sie wurde zunächst in der Gemeinde als »Fremdkörper« behandelt, weil sie der Landeskirche angehörte und die Stadtmission besuchte.

Aber ihr Helmut habe immer zu ihr gestanden und so wurde sie in der Gemeinde aufgenommen und anerkannt. So erlebte sie bis heute schöne Zeiten, berichtete sie.

Ihre Tochter Carmen Magnus, die später die Sonntagsschule selbst leitete, konnte sich noch an ihre eigenen Anfänge als Kind in den 70ern erinnern. »Mucksmäuschenstill« mussten damals die Kinder unter dem früheren Leiter »Onkel Fritz« (Enners) sein und den biblischen Geschichten in der Sonntagsschule lauschen.

Erstmals sah sie auf einer Landkarte das »Heilige Land«. Sonst gab es nichts. Das änderte sich ab der nächsten Generation und es wurde gebastelt, gemalt, Ausflüge unternommen und die Bibelgeschichte in Wort und Bild erlebt. »Aus der Vergangenheit lernen, aber nicht in der Vergangenheit leben«, zog sie ihr Fazit.

Gerade die Frauen hatten es nicht einfach im Gemeindeleben. Doch die Zeiten von »Putzen, Backen, Beten« seien vorbei, unterstrich Linda Karbe, die mit ihrem Mann ab 1980 in der Gemeinde wirkte. Sie war die erste Frau, die in der Gemeinde predigte. Seit damals habe sich viel verändert und heute sehe man, wie wichtig Frauen im Gemeindeleben seien, unterstrich die engagierte Christin, die unter anderem als Initiatorin des Pohlheimer Frauenfrühstücks über die Gemeindegrenzen hinaus bekannt wurde. »Der Mensch denkt, Gott lenkt« sagte Ulrich Steinmüller im Blick auf die guten, aber auch schwierigen Zeiten, die zum lebendigen Gemeindeleben über das Jahrhundert gehören.

All die Berichte wurden umrahmt von christlicher Musik von früher und heute von Pastor Mario Schlachter, Ralf Bredemeyer und Uli Steinmüllersowie wechselnder gesanglicher Besetzung mit allen Gästen. Im Anschluss war noch Zeit zum gemütlichen Verweilen bei Erfrischungen.

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