Schweden: Malmö ist bereit für den Eurovision Song Contest - Kultur Regional - Rhein-Neckar-Zeitung
Schweden

Malmö ist bereit für den Eurovision Song Contest

Malmö ist die drittgrößte Stadt des Landes. Pop ist hier ein Exportschlager.

11.05.2024 UPDATE: 10.05.2024 16:33 Uhr 3 Minuten, 49 Sekunden
Wie in Malmö alt auf neu trifft, zeigt der Blick auf die Skyline der drittgrößten Stadt Schwedens. Foto: Werner Nystrand

Von Jesper Klein 

Malmö. Schon die Anreise ist ein Erlebnis: Nur knapp eine halbe Stunde braucht die Bahn vom Kopenhagener Flughafen über die Öresundbrücke, die Dänemark und Schweden verbindet. Auf der anderen Seite empfängt uns Malmö, die drittgrößte Stadt des Landes. Bereits zum dritten Mal nach 1992 und 2023 findet hier am heutigen Samstag der Eurovision Song Contest statt. Genau 50 Jahre ist es her, dass ABBA mit "Waterloo" beim Wettbewerb in Brighton triumphierte – und damit eine internationale Karriere begann.

Hintergrund

Infos:

Anreise: Flüge von Frankfurt nach Kopenhagen, dann geht es direkt vom Flughafen mit der Bahn über die Öresundbrücke (dauert circa 30 Minuten).

Unterkunft: Fußläufig zum Hauptbahnhof und zum historischen Zentrum ist das 25-stöckige

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Infos:

Anreise: Flüge von Frankfurt nach Kopenhagen, dann geht es direkt vom Flughafen mit der Bahn über die Öresundbrücke (dauert circa 30 Minuten).

Unterkunft: Fußläufig zum Hauptbahnhof und zum historischen Zentrum ist das 25-stöckige Clarion Hotel Malmö Live kaum zu übersehen. Aus den oberen Stockwerken genießt man einen tollen Blick über Stadt und Hafen. Doppelzimmer gibt es ab 100 Euro pro Nacht. Freunde des Zweirades kommen im Fahrradhotel Ohboy unter (ab 85 Euro). Klapprad inklusive!

Essen & Trinken: Falafel, Fleischbällchen, Fisch, frischgepresste Fruchtsäfte – auf dem Foodmarkt "Malmö Saluhall" finden Schlemmerfreunde alles, was der Gaumen begehrt. Hier ist immer etwas los. Wo es die besten Falafel der Stadt gibt? Darüber streitet man in Malmö Jahr für Jahr – vielleicht beim Imbiss "Jalla Jalla". Der Beweis, das Hummus mehr als eine Beilage ist, wird im sympathisch-süßen Restaurant "Two Forks" erbracht. Auch an gehobeneren Lokalen mangelt es in der Stadt nicht.

Aktivitäten: Bei schönem Wetter lohnt sich der Schlossgarten ebenso wie ein Ausflug zum Sandstrand und Kaltbadehaus Ribersborg (mit Blick auf die Öresundbrücke). Bei schlechtem Wetter trauen sich Hartgesottene ins Disgusting Food Museum. Ekelfaktor? Definitiv vorhanden!

Weitere Infos: visitsweden.de    

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Viele Pendler kennen den Weg über die Öresundbrücke allzu gut. Sie wohnen in Schweden, wo es günstiger ist, und arbeiten in Dänemark. Doch das überschaubare Malmö ist mit seinen gut 350.000 Einwohnern mehr als nur die kleine Schwester der pulsierenden dänischen Hauptstadt – und trotzt allen Witzeleien à la: "Was macht man am besten in Malmö? Nach Kopenhagen fahren!"

Das liegt auch an der im Jahr 2000 eröffneten Öresundbrücke: ein Wirtschaftsfaktor. Überhaupt befindet sich Malmö im Aufschwung. Die frühere Industriestadt transformiert sich in ein modernes und nachhaltiges Zentrum im Süden des Landes. Fast die Hälfte der Bevölkerung ist unter 35 Jahre alt. Mehr als 24.000 Studierende sind an der noch recht jungen Universität eingeschrieben.

Von der Brücke aus ist das zweite Wahrzeichen der Stadt kaum zu übersehen: Der Turning Torso, gebaut vom spanischen Star-Architekten Santiago Calatrava, überragt Malmö mit seinen 190 Metern. Hier zu wohnen ist ein teures, im Vergleich zu den Großstadtmieten in Deutschland allerdings auch nicht unbezahlbares Vergnügen.

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Seinen um 90 Grad gedrehten Körper wendet der Turning Torso Kopenhagen zu oder ab – je nachdem, wen man fragt. Um ihn herum ist auf dem ehemaligen Industrie- und Hafengelände der neue Stadtteil "Västra Hamnen" entstanden. Mit vielen begrünten Dächern und Fassaden, einem riesigen Skatepark und einem Fahrradhotel. Denn in Malmö ist alles mit dem Rad gut zu erreichen.

Das gilt auch für das für traditionell schwedische Kaltbadehaus in Ribersborg (wer clever ist, mietet sich bei stürmischem Wetter ein E-Bike!). Echte Schweden baden, saunieren und tratschen bei jedem Wetter, natürlich auch im Winter. Kleidung ist hier allerdings eher unerwünscht. Wem das suspekt ist, der kann die Zeit auch einfach auf der windgeschützten Terrasse des kleinen Cafés verbringen. Überhaupt: Kaffee trinken, das können die Schweden!

Fika nennen sie die landestypischen Koffeinschübe, mit denen der Arbeitstag aufgepeppt wird. Dazu gibt es Gebäck. Zimtschnecken zum Beispiel, auf Schwedisch: Kanelbullar. Ebenfalls sehr empfehlenswert, um die Seele baumeln lassen, ist das süße Café im Garten des Renaissanceschlosses, das auf den ersten Blick nicht wirklich wie eines aussieht.

Das frühere Wahrzeichen, ein 140 Meter hoher Hafenkran, steht mittlerweile in Südkorea. "Tränen von Malmö" nennen sie ihn dort, nachdem viele Schweden beim Abtransport sentimental wurden. Ja, Malmö verändert sich. Gaming und Entertainment spielen zunehmend eine Rolle, die Busse fahren mit Biogas und natürlich kann man überall nur noch mit Karte zahlen. Malmö ist multikulturell und jung, aber (noch) nicht so teuer wie Stockholm. Das macht die Stadt so interessant. Menschen aus 180 Nationen leben hier – und das merkt man auch, etwa beim Blick auf die Speisekarten.

Denn nicht Fleischbällchen oder sonst etwas vermeintlich typisch Schwedisches gelten hier als Nationalgericht, sondern: Falafel! Wo es die besten gibt, darüber streitet man Jahr für Jahr. Das und vieles mehr erfährt man bei der kulinarischen Stadtführung "Matkaravan", die auch Touren auf Englisch im Angebot hat. Sicher ist: An gutem (auch veganem) Essen, das auf regionale Zutaten setzt, fehlt es in Malmö nicht. Die Mutigsten der Mutigen probieren sich durch das Disgusting Food Museum. Hier gibt es streng duftenden fermentierten Fisch, Salzlakritz und noch so einiges Ekliges mehr.

Wie in Malmö alt auf neu trifft, sieht man im architektonisch reizvollen Zentrum der Stadt. Futuristische Bauten schmiegen sich hier wie selbstverständlich an historische Backsteingebäude. Ein beliebtes Fotomotiv ist das moderne Veranstaltungszentrum Malmö live. Es beherbergt ein Hotel und einen modernen Konzertsaal mit exzellenter Akustik nach Wiener Vorbild, auf den alle Heidelberger nur neidisch sein können. Hier spielt auch während des Eurovision Song Contests die Musik – der Wettbewerb selbst wird allerdings etwas außerhalb in der Malmö Arena ausgetragen.

Schon 2013 fand dort der Eurovision Song Contest statt. Jetzt wiederholt sich die Geschichte, denn wieder war es die Sängerin Loreen, die mit ihrem Song "Tattoo" den Wettbewerb nach Schweden geholt hat. Doch seit ihrem ersten Sieg mit "Euphoria" hat sich einiges verändert, das gilt sowohl für die Stadt als auch für den Wettbewerb, der noch größer, bunter und schriller geworden ist. Und so ist Malmö zehn Jahre nach der letzten Austragung bereit, eine riesige Party zu feiern. Die Hotelzimmer der Stadt sind jedenfalls restlos ausgebucht.

Viele Fans übernachten in Kopenhagen. Inmitten der Stadt hat das Eurovision Village seine Zelte aufgeschlagen, in Folkets Park, einem der ältesten öffentlichen Parks des Landes, den man über die Eurovision Street erreicht. Wo sonst Einheimische und Touristen die Zeit im Grünen verbringen, locken während des Song Contests zahlreiche Bühnen mit Livemusik – es gibt sogar eine Rollschuhdisko.

Auch ABBA und die Beatles sollen hier schon gespielt haben. Überhaupt: Schweden und Popmusik? Das passt! Ob 2000er-Hit-Schreiber Max Martin, Mando Diao oder die ESC-Doppelsiegerin Loreen: Pop aus Schweden ist ein Exportschlager. Das merkt man Jahr für Jahr am Melodifestivalen, dem spektakulären, über mehrere Runden ausgetragenen schwedischen Vorentscheid.

Umso überraschender ist es, dass Schweden in diesem Jahr ausgerechnet zwei Norweger ins ESC-Rennen schickt. Die Gen-Z-Zwillingsbrüder Marcus & Martinus wollen mit ihrem Dancepop-Song "Unforgettable" bei Publikum und Jurys punkten – auch wenn sie die Chancen einer Titelverteidigung nicht sehr hoch einschätzen. Besonders aufgeregt sind die früheren Kinderstars, die seit zehn Jahren zusammen auf der Bühne stehen, nicht. "Die Bühne ist unsere zweite Heimat", sagen die sympathischen Boys der RNZ.

Und: "Der Eurovision Song Contest ist eine Party, die die Menschen zusammenbringt." Danach geht es mit dem neuen Album auf Tour, im kommenden Jahr sind Marcus & Martinus dann auch in Frankfurt und Stuttgart zu erleben. Ihr persönlicher Favorit heißt Joost Klein, kommt aus den Niederlanden und hatte diesen Sommer mit "Friesenjung" (zusammen mit Ski Aggu und Otto Waalkes) einen Hit in Deutschland. Ob der Internethype für Platz eins reicht? Das wissen wir schon heute Nacht.

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