Höchste Zeit die Gesundheitsversorgung wieder fit zu machen

Ein Kommentar Höchste Zeit die Gesundheitsversorgung wieder fit zu machen

Höchste Zeit die Gesundheitsversorgung wieder fit zu machen
Das Waldseer Krankenhaus ist das jüngste Opfer der Klinikschließungen in der Region. Stellt sich die Frage, wie es mit den noch verbleibenden Häusern und der ambulanten Versorgung weitergeht. (Bild: L. Sieber)

Wenn es um die Gesundheitsversorgung geht, sind die Bürger sehr empfindlich, geht es doch um ihr persönliches Wohlergehen. Dies bekommen insbesondere die Kommunalpolitiker zu spüren, wenn sie einen Schließungsbeschluss für ein Krankenhaus fällen.

Doch wie der Volksmund es so treffend bezeichnet, der Fisch beginnt immer vom Kopf her zu stinken. Was derzeit in der Gesundheitspolitik los ist, kann man nur als Grusel bezeichnen. Hausärzte und Apotheker streiken, die Krankenhausgesellschaft warnt vor Insolvenzen, Patienten finden keine Haus- und Zahnärzte mehr, monatelange Wartezeiten bei Fachärzten. Es scheint, dass da etwas komplett aus dem Ruder gelaufen ist. Spätestens wenn die Krankenhausgesellschaft Baden-Württemberg mit einem Verlust von 900 Millionen Euro bei den Kliniken im Ländle (Baden-Württemberg) rechnet, zeigt dies deutlich, dass dringender Handlungsbedarf besteht.

Der Bundestagsabgeordnete Martin Gerster (SPD) verweist auf Fehler der Vergangenheit. Dies ist sich richtig, er verschweigt aber, dass seine SPD ab dem Jahre 1998 insgesamt 22 Jahre mit in der Regierungsverantwortung war. Der Fingerzeig rückwärts trifft also auch die eigene Partei, zumal die heute von allen Seiten gegeißelte Fallpauschale im Jahre 2003 von der damaligen Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) eingeführt wurde.

Heute erst hat Bundes-Gesundheitsminister Prof. Karl Lauterbach den angekündigten „großen Wurf“ bei der Krankenhaus-Finanzierung ins Kabinett eingebracht. Die in Aussicht gestellte „Revolution bei der Abkehr von den Fallpauschalen“ stößt aber auf heftige Kritik in den Bundesländern und bei den Krankenkassen. Schwer wiegt der Vorwurf der Länder, dass keine der Forderungen der 16 Bundesländer im Gesetzentwurf berücksichtigt wurde und in deren Planungshoheit eingegriffen werde. Auch die Krankenkassen sind sauer. Sie befürchten massive Mehrausgaben und Beitragssteigerungen. Besonderen Widerstand darf von ihnen erwartet werden, wenn der Bund zur Finanzierung des Transformationsfonds von 50 Milliarden Euro seinen Anteil aus dem Gesundheitsfonds der Krankenkassen finanzieren möchte. Die Kassen weisen darauf hin, dass die Organisation der Gesundheitsversorgung eine staatliche Pflichtaufgabe und Sache der Steuerzahler sei und nicht die der Beitragszahler. Zu allem Überfluss sorgen die ständigen Auseinandersetzungen mit Ärzteverbänden und Apothekern für ratlose Bürger.

Es ist nicht falsch, wenn der CDU-Bundestagsabgeordnete Josef Rief (CDU) Lauterbach auffordert, endlich zu liefern. Doch halt, auch er hat etwas übersehen: Von 2013 bis 2021 führten mit Hermann Gröhe und Jens Spahn, zwei CDU-Parteifreunde das Amt als Bundesgesundheitsminister aus. Ganz sicher wurden auch in diesem Zeitraum die Zeichen der Zeit übersehen und alle Stoppsignale überfahren.

Es wäre höchste Zeit, wenn sich die Abgeordneten mal ein Bild vor Ort von den Problemen machen würden. Im Raum Riedlingen sind die Zahnärzte seit einem Jahr zu einem Aufnahmestopp gezwungen. Was das für potenzielle Neu-Patienten bedeutet, kann man sich leicht ausmalen. In kurzer Zeit gehen zudem zwei Zahnärzte der Raumschaft in den verdienten Ruhestand. Und dann? Für Schlagzeilen sorgte die Aussage der Verbraucherzentrale, dass für Patienten eine Anfahrt zum Facharzt von 50 Kilometern keine Seltenheit seien. Was macht das mit den Menschen, vor allem mit denjenigen, die nicht mehr so mobil sind? Die medizinische Grundversorgung in der Fläche muss gewährleistet bleiben, dies sowohl im ambulanten als auch im stationären Bereich. Wenn es medizinische Überkapazitäten gibt, dann in den Ballungszentren! 

Es wäre also höchste Zeit für die Abgeordneten, sich des Themas wirklich anzunehmen, mit dem parteipolitischen Kleinkrieg aufzuhören und endlich wieder für geordnete Verhältnisse in der medizinischen Versorgung der Bürger zu sorgen. Es mag sein, dass sich jede Partei besonders hervorheben will, aber in diesem Fall geschieht diese Sucht zur Profilierung auf dem Rücken der Patienten. Die aber sind auch Wähler und haben es spätestens im nächsten Jahr in der Hand, an der Urne ihre Quittungen auszustellen.                  

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