Die Cholezystektomie ist eine der am häufigsten durchgeführten viszeralchirurgischen Eingriffe. Mit Ausbruch der COVID-19-Pandemie fokussierte sich die medizinische Versorgung auf die Bewältigung des Infektionsgeschehens. Elektive Interventionen wurden abgesagt, und allgemein wurde geraten, das häusliche Umfeld nicht zu verlassen. Welche Auswirkungen dies auf Behandlungsabläufe und Outcome des Gallensteinleidens und der Gallenblasenentzündung hatte, ist Gegenstand dieser Arbeit.

Allein in Deutschland werden pro Jahr ca. 190.000 Patienten elektiv oder als Notfall cholezystektomiert [24]. Dabei ist die akute Cholezystitis ein in der Regel auf dem Boden einer Cholezystolithiasis entstehendes Krankheitsbild, welches der operativen Sanierung bedarf und im frühen Stadium meist mit einer Entlassung nach wenigen Tagen einhergeht. Durch die Tokyo Guidelines [23] sowie die World Emergency Surgery Association (WSES) Guidelines [1] hat sich als weltweit anerkannter Goldstandard zur Therapie der akuten Cholezystitis die frühe laparoskopische Operation etabliert.

Der weltweite Ausbruch der als Coronavirus-Krankheit-2019 (COVID-19) bekannten infektiösen Atemwegserkrankung führte Mitte März 2020 aufgrund der zunehmenden Ausbreitung auch in Deutschland zur Einführung erheblicher Einschränkungen des öffentlichen Lebens in Form eines Lockdowns [25]. Je nach Infektionslage folgten Phasen der Lockerung sowie des erneuten Lockdowns. Aufgrund des Pandemiegeschehens sowie dieser Einschränkungen veränderte sich der Alltag im Krankenhaus maßgeblich. Phasenweise wurden Sprechstunden, elektive Maßnahmen und Operationen abgesagt, um der Pandemieausbreitung entgegenzuwirken sowie um notwendige Ressourcen zu sparen [12].

Als Begleiterscheinung der Pandemie ließ sich unter anderem eine Abnahme der notfallmäßigen Vorstellungen beobachten, was als Versuch von Patientenseite gewertet wurde, eine Vorstellung in der Notaufnahme möglichst aufzuschieben. [3, 9, 13, 22]. Zum anderen zeigte sich eine proportionale Zunahme sowohl der akuten abdominellen Pathologien, aber auch deren Schweregrad und Notwendigkeit einer operativen Therapie [13].

In den akuten 12 Wochen der COVID-19-Pandemie sind weltweit schätzungsweise 28 Mio. elektive Operationen abgesagt worden. Dies entspricht ca. 72 % aller in dieser Zeit durchgeführten elektiven Eingriffe [4]. Ob und was die Auswirkungen dieser Verzögerung sind, ist noch nicht abschließend untersucht.

Material und Methoden

Daten und Patientenkohorte

Untersucht wurden Patienten, die sich zur elektiven sowie dringlichen Cholezystektomie in der Klinik für Allgemein- und Viszeralchirurgie des St. Franziskus-Hospital Münster im Zeitraum vom 01.03.2020 bis zum 28.02.2021 (Pandemiekohorte) vorstellten. Die Daten wurden als retrospektive Kohortenanalyse mit den Daten von Patienten des Jahres zuvor, 1. März 2019 bis 28. Februar 2020 (Präpandemiekohorte) verglichen. Als primärer Endpunkt wurde die OP-Frequenz (d. h. Anzahl der operierten Patienten) festgelegt. Des Weiteren wurden ASA-Score (Klassifizierung der American Society of Anaesthesiologists), Symptomdauer bis zur Vorstellung und OP, Zeitraum zwischen Vorstellung und OP, präoperative Entzündungsparameter (Leukozyten und CRP), präoperative Bildgebung, Vorliegen eines positiven Murphy-Zeichens, Operationsart und -dauer, intraoperative Drainageneinlage, intraoperativer sowie histologischer Schweregrad mittels sowohl American Association for the Surgery of Trauma(AAST)-Klassifikation [14] als auch nach Siada et al. [15], Notwendigkeit und Dauer einer postoperativen antibiotischen Therapie sowie einer postoperativen Versorgung auf einer IMC- bzw. ITS-Station, Krankenhausverweildauer und das Auftreten postoperativer Komplikationen anhand der Clavien-Dindo-Klassifikation [5] erfasst. Die Indikation zur dringlichen Cholezystektomie wurde anhand der Tokyo Guidelines 2018 gestellt [23].

Statistische Analyse

Die Datenerhebung erfolgte retrospektiv anhand der elektronischen Patientenakte und in pseudonymisierter Form. Alle Variablen wurden deskriptiv ausgewertet. Binäre Variablen wurden mittels χ2-Homogenitätstests zum zweiseitigen Signifikanzniveau α = 5 % verglichen. Metrisch skalierte normalverteilte Variablen wurden mittels t‑Test, nicht-normalverteilte und ordinal skalierte Variablen wurden mittels Mann-Whitney-U-Test ausgewertet. Als „statistisch signifikant“ wurde ein p-Wert ≤ 0,05 gewertet. Ergebnisse mit einem p-Wert ≤ 0,01 wurden als statistisch hoch signifikant beurteilt. Die statistische Auswertung erfolgte mittels SPSS 29.0 (IBM Statistics for Windows, Version 29.0.2.0, IBM Corp., Armonk, NY).

Ergebnisse

Demografische Aspekte und primärer Endpunkt

Das Kollektiv umfasste 270 Patienten mit dringlicher Indikation zur Cholezystektomie sowie 384 Patienten, welche elektiv operiert wurden. Davon wurden 134 Patienten im Zeitraum der Corona-Pandemie dringlich operiert sowie 172 elektiv. Diese wurden mit 136 dringlichen bzw. 212 elektiven Patienten aus dem Vorjahreszeitraum verglichen. In beiden Gruppen, dringlich und elektiv, zeigte sich ein prozentualer Anstieg der männlichen Patienten in der Pandemiekohorte (respektive 7,5 % bzw. 5,1 %). Eine Übersicht der Ergebnisse zeigt Tab. 1.

Tab. 1 Übersicht relevanter Ergebnisse dringlicher und elektiver Cholezystektomie vor und während der COVID-19-Pandemiea

In der Pandemiekohorte zeigte sich ein Rückgang der operierten Patienten von 42 Fällen im Vergleich zum Vorjahr sowie ein prozentualer Rückgang elektiv durchgeführter Operationen (60,9 % vs. 56,2 %). Patienten waren im Mittel 60,7 Jahre alt und zu 53 % Frauen. Im Jahr zuvor Betrug das mittlere Alter 58,2 Jahre, und der Frauenanteil lag mit 58,1 % etwas höher.

Präoperative Risiken und Untersuchungen

Während der COVID-Pandemie hatten Patienten ein höheres präoperatives Risiko (ASA-Score) im Vergleich zum Jahr zuvor (p = 0,03, Abb. 1). Da ein Vorstellungsaufschub von Patienten mit akuten Beschwerden aus Angst vor einer möglichen COVID-Ansteckung vermutet wurde, wurde auch die Dauer zwischen Erstauftreten von Cholezystitis-typischen Symptomen (rechtsseitige Oberbauchschmerzen, postprandiale Übelkeit und/oder Erbrechen) und der Vorstellung im Krankenhaus bzw. der Operation untersucht. Hierzu wurden 3 Zeitfenster erstellt: Vorstellung < 24 h, 24–48 h sowie >  48 h. Wider Erwarten zeigte sich hier kein Unterschied, Mittelwerte und Mediane waren nahezu identisch. Während der Pandemie vergingen im Mittel 13,7 h zwischen Vorstellung und Operation, im Jahr zuvor waren es 14,1 h. Um den Schweregrad der Entzündung präoperativ zu erfassen, wurden Leukozytenzahl, CRP-Wert, Vorliegen eines positiven Murphy-Zeichens sowie die Bildgebung der Gallenblase untersucht. Im Hinblick auf die Entzündungsparameter zeigte sich zwar ein Anstieg der Patienten mit Leukozytose in der Pandemiekohorte (37,8 % vs. 48,5 %). Die Auswertung des CRP-Wertes zeigte einen leichten Anstieg des Mittelwertes (4,1 vs. 4,3 mmol/l) sowie des Medians (0,8 vs. 1,4 mmol/l) während der COVID-Pandemie. Während bei 82,7 % der Patienten der Pandemiekohorte ein positives Murphy-Zeichen vorlag, war dies im Jahr zuvor lediglich bei 73,1 % der Patienten der Fall. Eine präoperative Bildgebung der Gallenblase erfolgte mittels Ultraschall, in Einzelfällen wurde eine Computertomographie veranlasst. Eingeteilt wurden die Befunde in: 1) keine Pathologie der Gallenblase, 2) Cholezystolithiasis, 3) chronische, 4) (sub)akute sowie 5) komplikative Cholezystitis. Die Auswertung zeigte gleichbleibende Befunde.

Abb. 1
figure 1

Vergleich des präoperativen OP-Risikos anhand des ASA-Klassifikation

Intraoperative Befunde und Verfahren

Intraoperativ zeigten sich hoch signifikante Ergebnisse im Hinblick auf OP-Dauer sowie Vorliegen einer Peritonitis. Im Zeitraum der COVID-Pandemie dauerten dringlich durchgeführte Cholezystektomien etwa 10 min länger im Vergleich zum Vorjahr (p = 0,001, Abb. 2). Eine Peritonitis zeigte sich häufiger in der Pandemiekohorte (15,4 vs. 29,1 %); p = 0,007, OR 2,248, 95 %-KI 1,239–4,080, Abb. 3). Auch mussten während der COVID-Pandemie intraoperativ häufiger Drainagen gelegt werden (51,5 vs. 41,2 %, Abb. 4). Die Auswertung der intraoperativen sowie histologischen Klassifizierung des Cholezystitisschweregrades nach AAST [14] zeigte einen Anstieg des Schweregrades der Entzündung. Ähnliche Ergebnisse erbrachte die Auswertung der intraoperativen Befunde anhand der Klassifizierung nach Siada et al. [15] mit einer Verschiebung der Schweregrade der intraoperativen Entzündung der Gallenblase im Pandemiezeitraum. Im Pandemiezeitraum stiegen sowohl Konversionsrate (8,1 vs. 10,4 %, operateurabhängige Range (0–20,6 %) als die Zahl der primär offen durchgeführten Cholezystektomien (4,4 vs. 5,2 %) leicht an.

Abb. 2
figure 2

Boxplots zum Vergleich der Operationsdauer (in Minuten) notfallmäßiger Cholezystektomien in der Prä-COVID- vs. COVID-Kohorte

Abb. 3
figure 3

Kreisdiagramme zum intraoperativen Befund einer Peritonitis bei dringlichen Cholezystektomien für die Prä-COVID- und COVID-Kohorte

Abb. 4
figure 4

Kreisdiagramme zur Darstellung intraoperativer Drainageneinlagen bei notfälligen Cholezystektomien in der Prä-COVID- vs. COVID-Kohorte

Postoperative Therapie, Verweildauer, Komplikationsrate

Die Dauer der antibiotischen Therapie war in der Pandemiekohorte verlängert (Mittelwert 2,48 vs. 3,26 Tage), des Weiteren zeigte sich hier eine Verschiebung des Medians von 0 auf 3 Tage. Die Notwendigkeit einer postoperativen Behandlung auf der chirurgischen Intensivstation blieb unverändert. Eine postoperative intensivmedizinische Versorgung auf IMC mit Verlegung am Folgetag zeigte im Pandemiezeitraum einen Anstieg von 5,9 % auf 11,2 %. Lediglich 2 Patienten aus der Pandemiekohorte mussten länger auf der IMC-Station behandelt werden, im Jahr zuvor waren es noch keine. Auch die Analyse der mittleren Verweildauer auf der allgemeinchirurgischen Station (4,4 vs. 5,2 Tage) bzw. insgesamt im Krankenhaus (6,6 vs. 7,2 Tage) zeigte keinen statistischen Unterschied. Insgesamt zeigte sich während der Pandemie ein Anstieg der Fälle, bei denen Komplikationen aufgetreten sind (18,5 % vs. 24,6 %). Eingeteilt nach der Clavien-Dindo-Klassifikation zeigte sich ein Trend in Richtung schwerwiegendere Komplikationen während der Pandemie. Beide Ergebnisse waren statistisch nicht signifikant.

Vergleich elektiver Cholezystektomien

Während bei elektiven Patienten Altersverteilung und ASA nahezu unverändert blieben, zeigte sich auch in dieser Gruppe ein Rückgang des Frauenanteils während der Pandemie (70,3 % vs. 62,8 %). Art des Eingriffes sowie Operationsdauer blieben während des Pandemiezeitraumes gleich. Die postoperative Betreuung auf IMC war lediglich bei einem Patienten aus der Pandemiekohorte über Nacht notwendig. Die Notwendigkeit einer Cholezystitis-bedingten Antibiosegabe sowie die Verweildauer blieben unverändert. Die Komplikationsrate zeigte einen leichten Anstieg um 5 Fälle (4,7 vs. 8,7 %) bei minimal verminderter Konversionsrate (4,7 % vs. 4,2 %, operateurabhängige Range 0–8,8 %).

Diskussion

Unsere Studie untersuchte die Auswirkungen der COVID-19-Pandemie im Hinblick auf elektiv sowie dringlich durchgeführte Cholezystektomien. Die wichtigsten Ergebnisse zeigen, dass Patienten mit einer akuten Cholezystitis während der COVID-19-Pandemie kränker waren, häufiger eine begleitende Peritonitis hatten und insgesamt länger operiert werden mussten. Auch war häufiger eine Drainageanlage nötig. Der prozentuale Rückgang der elektiven Operationen zugunsten dringlicher Cholezystektomien ist jedoch nicht statistisch signifikant. Auch die Gesamtzahl der in unserem Hause durchgeführten Cholezystektomien ist fast unverändert geblieben (348 vs. 306). Dies steht im Wiederspruch mit anderen bisher in Deutschland durchgeführten Studien zu diesem Thema. Steffani et al. beispielsweise untersuchten an einem Universitätsklinikum sowie einem Krankenhaus der Grund- und Regelversorgung elektive Cholezystektomien im Zeitraum des ersten COVID-19-Lockdowns vom 15.03.2020 bis 15.05.2020 und verglichen die Fälle mit demselben Zeitraum der Jahre 2018 und 2019. Die Zahl der elektiven Cholezystektomien sank hier um 57 % für das Universitätsklinikum sowie um 30 % für das Krankenhaus der Grund- und Regelversorgung. Grund hierfür könnte zum einen der lediglich um die Lockdownphase gewählte Zeitraum sein, alternativ aber auch die geringere Fallzahl von jeweils 13 bzw. 33 Patienten [20]. Ähnliche Ergebnisse zeigten aber auch Koch et al. anhand 4035 Patienten mit der Diagnose Cholezystolithiasis, die sich an 68 Zentren zwischen 19.03.2020 und 22.09.2020 zur Cholezystektomie vorstellten. Verglichen wurden diese mit 4526 Patienten des Vorjahres. Auch hier zeigte sich ein deutlicher Rückgang der durchgeführten Operationen während des ersten Lockdowns (51,1 %). Im anschließenden Zeitraum (Ende April bis Ende September) zeigte sich jedoch ein übermäßiger Anstieg der durchgeführten Operationen [10]. Ähnliche Ergebnisse liefern Osterman et al. in der Untersuchung von 1634 schwedischen Patienten mit Cholezystitis [6]. Dieser ausgleichende Effekt kann durchaus die in unseren Ergebnissen augenscheinlich fehlende Auswirkung des Lockdowns auf durchgeführte Cholezystektomien erklären.

Im Hinblick auf demografische Charakteristika der Patienten erwies sich der prozentuale Anstieg männlicher Patienten in der Pandemiekohorte als statistisch nicht signifikant. In der groß angelegten CHOLECOVID-Studie zeigte sich jedoch ebenso eine Zunahme männlicher Patienten mit statistisch hoher Signifikanz (p = 0,01), die Studiengröße könnte eine Erklärung hierfür liefern [17]. Patienten während der Corona-Pandemie waren präoperativ kränker, was sich anhand der Verschiebung in Richtung höheren ASA-Score (p = 0,03) beobachten lässt. Diesen Trend beobachteten neben Osterman et al. auch Tebala et al. bei der Untersuchung von 6263 Patienten, die sich einer dringlichen Operation während der Pandemie bzw. im Jahr zuvor unterzogen [6, 21]. Die Angst vor einer SARS-CoV-2-Infektion sowie die Ermahnung, insbesondere während der ersten COVID-Wellen 2020 möglichst das häusliche Umfeld nicht zu verlassen, könnten dazu beigetragen haben, dass sich 1. von vornherein kränkere Patienten und/oder 2. Patienten erst mit fortgeschrittener Erkrankung im Krankenhaus vorstellten. Dies würde auch den höheren Anteil an Patienten mit Leukozytose und positivem Murphy-Zeichen während der Pandemie erklären, wobei beide Ergebnisse statistisch nicht signifikant sind. Der zweiten These wiederspricht jedoch die in unserer Untersuchung sowie anderen internationalen Studien nicht verlängerte Symptomdauer [6, 7].

Die meisten Patienten wurden in beiden Kohorten laparoskopisch operiert mit einer minimal erhöhten Konversionsrate in der Pandemiekohorte, was auf insgesamt ähnliche operative Schwierigkeitsgrade schließen lässt. Allerdings deuten eine hoch signifikante verlängerte Operationsdauer, die hoch signifikant höhere Wahrscheinlichkeit für eine begleitende Peritonitis sowie die erhöhte Drainageneinlage auf einen schwereren Grad der Gallenblasenentzündung im Laufe des Pandemiegeschehens. Ähnliche Ergebnisse liefern sowohl deutsche als auch internationale Untersuchungen [8, 16, 20]. Ebenso zeigen die intraoperativen und histopathologischen Klassifizierungen sowie der Anstieg der Antibiosegabe auf insgesamt fortgeschrittene Cholezystitiden in der Pandemiekohorte. Dass diese Ergebnisse statistisch keine Signifikanz haben, könnte an der geringen Fallzahl der Untersuchung liegen. Eine Auswirkung auf die Verweildauer sowie auf die Notwendigkeit einer intensivmedizinischen Behandlung scheinen die fortgeschrittenen Entzündungen jedoch nicht zu haben. Die recht hohe Konversionsrate von 6,4 % für das Gesamtkollektiv wurde zum einen als Ausdruck des großen Einzugsgebiets mit insgesamt kränkerem Patientenkollektiv gewertet. Zum anderen war mit 2,75 % der Anteil primär offener Cholezystektomien im Vergleich zum Bundesdurchschnitt deutlich niedriger [11].

In der Pandemiekohorte trat bei 24,6 % der Patienten eine postoperative Komplikation auf und somit einen Anstieg von 6,2 % im Vergleich zum Vorjahreszeitraum.

Während der SARS-CoV-2-Pandemie hielten einige internationale Fachgesellschaften dazu an, der pandemiebedingten Kapazitäten- und Ressourcenknappheit in Krankenhäusern durch konservative Therapieansätze entgegenzuwirken. Hierzu gehören die European Association for Endoscopic Surgery (EAES), die British Intercollegiate General Surgery Guidance (BIGSG) und die Society of American Gastrointestinal and Endoscopic Surgeons (SAGES) [18, 26, 27]. Andere hingegen wie die World Society for Emergency Surgery (WSES) sowie die italienischen Fachgesellschaften warnten vor einer übermäßigen Abkehr vom operativen Standard [2]. Dies erschwert die Vergleichbarkeit internationaler Beobachtungen während des Pandemiezeitraumes. So zeigt beispielsweise das systemische Review von Stavridis et al. eine Tendenz zu konservativen Therapieansätzen der akuten Cholezystitis während der COVID-19-Pandemie entweder in der Form der antibiotischen Therapie oder der perkutanen Cholezystostomie [19].

Schlussfolgerung

Schlussfolgerung dieser Studie ist, dass die COVID-19-Pandemie auch spürbare Effekte auf dringliche (und elektive) Cholezystektomien hatte. Insbesondere die hoch signifikant verlängerte OP-Dauer sowie die höhere Wahrscheinlichkeit für das Vorliegen einer Peritonitis in der Pandemiekohorte sprechen für einen schwereren Grad der Entzündung der Gallenblase während des Pandemiegeschehens. Im klinischen Alltag entstand insbesondere in den ersten Monaten der Pandemie der Eindruck, dass viele Patienten mit akuten Beschwerden das Aufsuchen eines Krankenhauses mieden aus Sorge vor einer Ansteckung mit dem noch unbekannten und beängstigenden SARS-CoV-2-Virus. Zwar zeigt sich in den Daten keine Verzögerung zwischen Symptombeginn und Vorstellung im Krankenhaus bzw. Operation, Patienten waren jedoch während der COVID-19-Pandemie kränker, hatten häufiger ein positives Murphy-Zeichen, erhielten intraoperativ häufiger eine Drainage.

Fazit für die Praxis

  • Folgen des Vorstellungsaufschubes bei Cholezystitis-typischen Beschwerden während der Pandemie waren:

    1. höheres präoperatives Risiko,

    2. ausgeprägtere Entzündungen,

    3. längere Operationsdauer,

    4. häufigere Drainageneinlage,

    5. verlängerte postoperative Antibiose.

  • Bei zukünftigen Geschehen ähnlichen Ausmaßes darf die medizinische Versorgung akut auftretender Beschwerden nicht an Priorität verlieren.

  • Verhaltenspsychologische Aspekte der Meldung von gesundheitspolitischen Ausnahmesituationen sollten beachtet werden.