Uni-Theater Karlsruhe spielt „Die zwölf Geschworenen“  Skip to main content

Heftiger Streit in schwüler Hitze 

Uni-Theater Karlsruhe spielt „Die zwölf Geschworenen“ 

Vordergründig ein Gerichtsdrama, birgt der US-amerikanische Klassiker treffende Psychogramme von Menschen, deren tiefste Ängste und Vorurteile nach und nach zutage treten. Regisseure und Ensemble machten bei den Proben spannende Entdeckungen. 

Der schroff aufbrausende Geschworene Nr. 3 (Moritz Pistohl) geht auf die zweifelnde Geschworene Nr. 8 (Marina Koka) los.
Der schroff aufbrausende Geschworene Nr. 3 (Moritz Pistohl) geht auf die zweifelnde Geschworene Nr. 8 (Marina Koka) los. Foto: Simon Klug/Uni-Theater Karlsruhe

Der Geschworene Nr. 10 ist wütend. Und wie. Während er von einer „Gefahr für uns alle“ brüllt, stürmt er die Treppe herunter in den Saal. Er stürzt auf zwei Männer zu, die entsetzt zurückweichen. Wo sie denn hin wollten, schreit er ihnen hinterher. Im Studentenhaus am Campus Süd des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) geht es heiß her.

Das Uni-Theater probt den Klassiker „Die zwölf Geschworenen“, der im US-amerikanischen Original nicht umsonst „Twelve Angry Men“ heißt. In der Karlsruher Inszenierung wirken selbstverständlich auch Frauen mit. Die Regisseure Alexander Schober und Henrik Czymek lassen sich bei der Generalprobe mit in das Geschehen hineinziehen und setzen sich der Wut des Geschworenen Nr. 10 aus, den Jannis Grüning spielt. Am Samstag, 4. Mai, ist Premiere.

„Die zwölf Geschworenen“ von Reginald Rose, in der deutschen Bühnenfassung von Horst Budjuhn, ist vordergründig ein Gerichtsdrama: Nach sechs Verhandlungstagen in einem Mordprozess soll eine Jury über das Schicksal eines 19-Jährigen entscheiden – schuldig oder nicht schuldig? Die Beweise scheinen erdrückend, und alle stimmen für „schuldig“, nur die Geschworene Nr. 8, in Karlsruhe dargestellt von Marina Koka, äußert Zweifel. So beginnt eine Auseinandersetzung unter den Laienrichtern, deren Heftigkeit sich in dem engen Raum bei schwüler Hitze immer weiter steigert.

In der Schwüle ändern die Geschworenen ihre Meinung

Dahinter stehen Psychogramme von Menschen mit verschiedenen Vorgeschichten und Hintergründen, deren tiefste Ängste und Vorurteile nach und nach zutage treten. Der schroff aufbrausende Geschworene Nr. 3, verkörpert von Moritz Pistohl, projiziert gar einen Konflikt mit seinem eigenen Sohn auf den Fall und hält fast bis zuletzt erbittert an seinem Urteil fest. Der Moment, in dem er zusammensackt und das Foto seines Sohns zerreißt, gehört zu den stärksten der Aufführung.

„Bei der Erarbeitung des Stücks haben die Spielerinnen und Spieler entdeckt, dass ihre Rollen tiefgründiger sind als anfangs angenommen“, berichtet Henrik Czymek. „Die zwölf Menschen auf der Bühne spiegeln die Gesellschaft“, erklärt Alexander Schober. Das Geschehen zeige, wie Eigen- und Fremdwahrnehmung auseinanderklaffen können und wie sich die Sicht auf eine Sache verschieben kann, wenn neue Erkenntnisse hinzukommen, sagen beide Regisseure.

Kostüme symbolisieren die Aktualität des Stoffes

„Dabei ist auch das Publikum einbezogen und gefordert“, betont Schober. Die Handlung des in den 1950er Jahren als Fernsehspiel konzipierten Stücks, das vielen vor allem durch den von Sidney Lumet inszenierten Kinofilm aus dem Jahr 1957 bekannt sein dürfte, ist heute so aktuell wie damals. Visuell umgesetzt ist dies am Uni-Theater durch die Kostüme, die auf Zeitreise durch die Jahrzehnte gehen.

Service

Premiere der Inszenierung ist am Samstag, 4. Mai, im Festsaal im Studentenhaus, Adenauerring 7 in Karlsruhe, weitere Vorstellungen folgen am 6., 8. und 10. Mai; Beginn ist jeweils um 20 Uhr. Tickets sind unter www.unitheater.de erhältlich.