Befangenheitsantrag gegen Richter im Prozess um Schüsse von Nürnberg

Spiel auf Zeit?

Nach fünf Stunden zähem Ringen: Urteil zu tödlichen Südstadtschüssen verschoben - so geht es weiter

Georgios Tsakiridis

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14.5.2024, 20:19 Uhr
Der Angeklagte schaut zu seinem Verteidiger Serkan Alkan auf.

© Daniel Löb/dpa Der Angeklagte schaut zu seinem Verteidiger Serkan Alkan auf.

Im Prozess um die tödlichen Schüsse des 29 Jahre alten Mert A. in Nürnberg lehnt die Verteidigung nach mehr als fünfmonatiger Verhandlung die Mitglieder der 5. Großen Strafkammer des Landgerichts Nürnberg-Fürth als befangen ab. Der Antrag kam am Dienstag vonseiten der Verteidigung, als eigentlich schon die Urteilsverkündung in dem Prozess geplant war.

Um 13.30 Uhr wollte das Landgericht Nürnberg Fürth im Raum E06 das Urteil gegen den 29-Jährigen verkünden - eigentlich: denn was folgte, waren Anträge der Verteidigung, mehrere Unterbrechungen und am Ende kein Urteil. Stattdessen vertagt der Richter nach gut fünf Stunden die Verkündung, weil die Verteidigung mit einem Befangenheitsantrag gegen die Mitglieder der Strafkammer einen Aufschub erzwingt.

Zunächst war der Beginn der Urteilsverkündung nach hinten verschoben worden, weil ein Antrag der Verteidigung am Montagabend fristgerecht gegen 22.30 Uhr eingegangen war. Dieser musste noch geprüft werden. Enthalten: der Antrag zur Neuaufnahme des Beweisverfahrens aufgrund eines neuen angeblichen Zeugen der Verteidigung. Diesen hatte die Kammer abgelehnt.

Viele Unterbrechungen - Urteil vertagt

Es folgte die nächste lange Unterbrechung, die die Verteidigung nutzte, um einen Befangenheitsantrag gegen Richter und Schöffen zu stellen. Unter anderem, weil sie die Aufnahme des besagten Beweisverfahrens abgelehnt und dem Angeklagten Tötungsabsicht beim Abfeuern seiner insgesamt vier Kugeln auf die beiden Opfer unterstellt hätten.

Die Staatsanwaltschaft beantragte, den Befangenheitsantrag als unbegründet zurückzuweisen, weil er lediglich der Verschleppung des Verfahrens diene. Über den Befangenheitsantrag müssen nun weitere Richter entscheiden, die nicht dem Spruchkörper im eigentlichen Verfahren angehören. Das ursprünglich geplante Urteil wird damit erst zu einem späteren Zeitpunkt möglich sein. Die Verhandlung soll am kommenden Donnerstag um 9 Uhr an gleicher Stelle fortgesetzt werden.

Der 29-jährige Mert A. steht seit Dezember 2023 in Nürnberg wegen Mordes und versuchten Mordes vor Gericht. Er hatte im Oktober 2022 nach einem Streit auf zwei seiner Bekannten geschossen. Er selbst sah dies als Notwehr an, weil er von den Männern bedroht und beleidigt worden sei. Er will nur auf die Beine der Opfer gezielt haben. Die Staatsanwaltschaft sieht jedoch gezielte Schüsse mit Tötungsabsicht und beantragte auch, die besondere Schwere der Schuld des Mannes festzustellen.