Reine Rezension: (Das Video bzw. der Podcast auf youtube beinhaltet zusätzliche Informationen meinerseits zum Thema "Missbrauchsgeschichte veröffentlichen", die im Buch nicht vorkommen.)
Jacqueline Padberg hat bereits ein Buch veröffentlicht über den Missbrauch in ihrer Kindheit, dann ein Buch über die Gewalt in ihrer ersten Ehe, und nun schreibt sie darüber, was alles Schlechtes passiert, wenn man eine Autobiographie veröffentlicht. Ist das wirklich nötig, oder soll sie endlich aufhören, zu jammern?
„Du dummes Missbrauchsopfer - Hör endlich auf zu jammern“ ist ein Ratgeber für Betroffene. Die Zielgruppe ist also eindeutig: Ehemalige Opfer, die mit ihrer Geschichte an die Öffentlichkeit gehen wollen. Ist diese Zielgruppe groß? Definitiv. Häusliche Gewalt ist nichts Besonderes – leider. Eltern haben auch heute noch quasi Narrenfreiheit innerhalb der eigenen vier Wände. Missbrauch innerhalb von Beziehungen mit z.B. Narzissten ist aktuell ein großes Thema. Und an die Öffentlichkeit zu gehen ist heutzutage leicht. Aber sollte man das auch tun, und was ist dabei zu beachten?
Es tut gut, über das zu sprechen, was Schlimmes passiert ist. Wir müssen uns mit unseren Wunden konfrontieren, ohne dabei in Hilflosigkeit zu verfallen. Und Schreiben ist eine mögliche Art von Therapie, denn Kreativität kommt aus dem Unterbewusstsein. „Wir können nur schreiben, was uns auf den Nägeln brennt, was uns aufs Heftigste angeht; was unser Herz wirklich erfüllt“, schrieb Klaus Mann 1934 für eine Umfrage des Pariser Tageblatts „Mission des Dichters“. Und vielleicht denkst du, die Veröffentlichung deiner Geschichte ist, was dich vollständig heilt. Vorsicht! J. Padberg beschreibt in ihrem Buch „Du dummes Missbrauchsopfer - Hör endlich auf zu jammern“, wie dich das Erzählen deiner Geschichte in neue Schwierigkeiten bringt.
Wenn wir über die Beispiele in ihrem Buch sprechen, dann möchte ich an dieser Stelle anmerken, dass J. Padberg in jedem Kapitel ein neues „Du“ erfindet, in das der Leser hineinschlüpfen muss. Ich habe das erst gemerkt, als das „Du“ in einem Kapitel auf einmal männlich war. Ich empfand das als anstrengend. Immerhin konnte ich mich, nachdem ich das Prinzip einmal kapiert hatte, in den folgenden Kapiteln gleich zu Beginn darauf einstellen. Ehrlich gesagt weiß ich auch nicht wirklich, wie man es besser hätte machen können. Wenn man dem „Du“ in jedem Kapitel einen neuen, fiktiven Vornamen zuweist, wirkt das Ganze wahrscheinlich auch nicht gradliniger. Man könnte sich auf eine einzige Person mit einem einzigen, bestimmten Suchtverhalten als Beispiel für das ganze Buch festlegen, aber dann könnte man logischerweise nicht so viele verschiedene Copingstrategien darstellen. Weniger Menschen würden sich angesprochen fühlen.
J. Padbergs Buch hat mir einige neue Perspektiven eröffnet, und mir geholfen, die menschliche Psyche noch besser zu verstehen. Mir war vorher nicht bewusst: Wer neidisch ist, versucht, mir nahezukommen, um zu zerstören, was ich habe. Eine Traumatherapie zu machen, ist sehr schwer. Es ist in Ordnung, jemanden, der eine Therapie abbricht, nicht zu verurteilen. Mobber haben kein schlechtes Gewissen. Ein Täter wird nie aufgeben, dich dazu bringen zu wollen, einzusehen, dass alles deine Schuld war.
J. Padberg sagt dir klipp und klar, welche vier Säulen du unbedingt in deinem Leben errichtet haben musst, bevor du dich als Missbrauchsopfer mit deiner Geschichte an die Öffentlichkeit wagst
Ich hätte ein Inhaltsverzeichnis gut gefunden, damit man diese vier Säulen leicht nachschlagen kann. Das Buch hat auch ein bisschen was von einer Erzählung, und insofern verstehe ich es, dass man ein Inhaltsverzeichnis für unangebracht befunden hat.
Wenn du darüber nachdenkst, deine schlimme Vergangenheit publik zu machen, sei auf Gegenwind aus allen möglichen Richtungen vorbereitet – Das Buch „Du dummes Missbrauchsopfer - Hör endlich auf zu jammern“ kann dir dabei helfen.
Jacqueline Padbergs Erfahrungsbericht ist sehr ausführlich, aufschlussreich und interessant – ich kenne nichts Vergleichbares.
Würde ich das Buch empfehlen? Ja! Wenn du darüber nachdenkst, etwas über deine schwierige Vergangenheit zu veröffentlichen, dann ja, unbedingt, lies dieses Buch!