Tote und sterbende Tiere im Staffelsee: Renkenbestand übersteht kritische Phase
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Tote und sterbende Tiere im Staffelsee: Renkenbestand übersteht kritische Phase

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Gelebte Tradition: Fischer auf dem Staffelsee (Archivbild).
Gelebte Tradition: Fischer auf dem Staffelsee (Archivbild). © Andreas Mayr

Staffelsee-Fischer meldeten 2023, dass vermehrt tote und sterbende Renken an der Wasseroberfläche auftauchten. Nun zeigt sich: Ein Großteil des Bestands hat diesen schwierigen Zeitraum wohl gemeistert.

Seehausen – Seehausen ist seiner Jahrhunderte bestehenden Tradition als Fischerdorf treu geblieben. Bewirtschaftet wird der wegen seiner angenehmen Wassertemperaturen von Badegästen geschätzte See von der Fischereigenossenschaft Staffelsee, einem Zusammenschluss von Berufsfischern. Diese schrecken im Herbst 2023 mit einer Hiobsbotschaft auf: Sie meldeten der Fachberatung für Fischerei des Bezirks Oberbayern das vermehrte Auffinden toter und sterbender Renken an der Wasseroberfläche..

Renkensterben: Tiere finden zu wenig Sauerstoff

Alarmiert durch dieses Szenario wird sofort eine Messreihe mittels einer Sauerstoff- und Temperatursonde vorgenommen, zur Verfügung gestellt vom Lehrstuhl für Aquatische Systembiologie der Limnologischen Station in Iffeldorf. Der Verdacht einer Erkrankung beziehungsweise Parasitose wird nach ausführlicher Untersuchung der Renken schnell ausgeschlossen, die Fische wirken gesund, weisen eine verhältnismäßig gute Kondition auf.

Die Vermutung, das Verenden der Tiere sei hauptsächlich durch das Zusammenwirken ungünstiger Sauerstoff- und Temperaturverhältnisse verursacht, bestätigt sich hingegen durch die Messreihe. Die Sauerstoffkonzentration des Staffelsees liegt ab einer Tiefe von achteinhalb Metern bei null Prozent, der Tiefensauerstoff wurde über die warmen Sommermonate aufgebraucht.

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Hohe Temperaturen noch im Oktober: gut für Badegäste, schlecht für Fische

Doch warum weichen die Renken in diesem Fall nicht in obere Wasserschichten aus, wie es der Laie vielleicht annehmen würde? Noch im Oktober 2023 weist die Wassersäule bis achteinhalb Meter Tiefe durchweg eine Temperatur von über 17 Grad auf, unmittelbar an der Wasseroberfläche sind es sogar noch über 20 Grad Celsius. Gut für Badegäste, schlecht für Fische.

Zwar könnten Renken kurzzeitig mit Temperaturen in diesem Bereich zurechtkommen. Doch habe die ungewöhnlich lange Warmperiode von Mitte August bis Anfang Oktober höchstwahrscheinlich eine derart umfangreiche Fischbiomasse aus der Tiefe an die Oberflächenschicht gedrückt, dass es zu einem Sauerstoffdefizit überwiegend bei betroffenen Adultfischen, also ausgewachsenen Tieren, gekommen sei, die einen größeren Sauerstoffbedarf als Jungfische haben.

Experte über Befund nach Echolotfahrt: „kritische Phase unbeschadet überstanden“

„Zusätzlich konnte zeitgleich eine große Anzahl an raubenden Kormoranen im Staffelsee beobachtet werden. Weitere Stressoren können in einer solchen Notsituation das Zünglein an der Waage sein“ – so ist es im Jahresbericht 2023 der Fachberatung für Fischerei nachzulesen. Um den Bestand beurteilen zu können, nehme man mit dem Institut für Fischerei zweimal jährlich am Staffelsee und an den anderen großen Seen Versuchsfischereien auf Renken vor.

Das Institut habe Ende Oktober 2023 zudem noch eine Echolotfahrt zur Abschätzung des Fisch- und speziell des Renkenbestands im Freiwasser absolviert, erklärt Dr. Bernhard Gum, Leiter der Fachberatung für Fischerei des Bezirks Oberbayern, auf Anfrage. Sein positives Fazit: „So, wie es aussieht, hat der Großteil des Renkenbestands am Staffelsee die kritische Phase im letzten Herbst erfreulicherweise unbeschadet überstanden.“ Noch für Mai wurde die nächste Versuchsfischerei angesetzt.

Fischer am Staffelsee warten gespannt auf die weitere Entwicklung

Die Staffelsee-Fischer bestätigen die Informationen der Fachberatung, mit der sie in enger Zusammenarbeit das Thema nachhaltig abstimmen. „Alles in allem hat der Großteil des Renkenbestands die kritische Phase wieder heil überstanden“, erklärt Torsten Grundwald, Vorsitzender der Genossenschaft. „So konnten wir im Zuge der Renken-Laichfischerei im Dezember noch genügend laichreife Renken fangen, streifen und die Eier erbrüten – in jedem Fall sind wir gespannt, wie dieses und die kommenden Jahre verlaufen werden.“

Auch das Landratsamt verweist auf die Folgen des Klimawandels. Bei fortgesetzter Erwärmung „werden sich auch die durchschnittlichen Wassertemperaturen erhöhen mit weniger Eistagen im Winter und höheren Sommerwerten“, heißt es auf Anfrage. Tier- und Pflanzenarten, die kühles, sauerstoffreiches Wasser bevorzugten, darunter Renke oder Seeforelle, „werden die Veränderungen weniger gut vertragen wie etwa Brachsen, Rotaugen oder Hechte, die hier eine größere Toleranz aufweisen“.

Da es auch in wesentlich wärmeren Klimazonen und Gewässern Europas Fischleben gebe, sei nicht mit einem völligen Fischsterben zu rechnen, „jedoch mit einer deutlichen Umstellung und auch mit Folgen, die uns Menschen mal mehr und mal weniger gefallen werden. Die belebte Natur wird sich an veränderte Verhältnisse anpassen“. Barbara Jungwirth

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