Ein Schauspieler, der Fernseh-Geschichte geschrieben hat! Ein Mann, der vor seinem SOKO-Debüt sechs Wochen im Koma liegt! Und ein Publikumsliebling, der nach 25 Jahren aus der Krimi-Erfolgsserie einfach aussteigt! Hier erfahren Sie sein Lebens-Rezept!

Ein Vierteljahrhundert SOKO-Kommissar! So ein Dienst-Jubiläum schafft nicht jeder im Polizei-Alltag. Und im Fernsehen noch weniger. Michel Guillaume (53) hat’s getan – und damit TV-Geschichte geschrieben.

Rekordmeister der Bildschirm-Fahnder

Von 1993 bis 2017 hat er in dem ZDF-Dauerbrenner SOKO München (bis 2015: SOKO 5113) den Ermittler Theo Renner gespielt. 469 Folgen lang. Damit ist er der Rekordmeister unter den Bildschirm-Fahndern. Abgehoben ist er dennoch nicht. Der Münchner mit dem französischen Namen ist keiner, der auf den Putz haut oder sich in den Vordergrund drängt. „Ich bin dankbar, was ich machen durfte und hoffentlich noch machen werde.“ Das, so betont er, hänge auch sehr stark von Corona ab. (Siehe Interview)

Eine Serie wie SOKO gilt in der Branche wie ein Sechser im Lotto. Dennoch ist er nach 25 Jahren ausgestiegen. „Irgendwann hat sich alles auserzählt“, sagt er. „Ich wollte nicht eines Tages am Schreibtisch verenden und hatte Lust auf neue Herausforderungen.“

Ein Ziel vor Augen

Weit mehr als eine Herausforderung ist sein SOKO-Start. Eine Woche nach der Vertragsunterzeichnung hat er einen schweren Unfall, stürzt beim Berg-Training für einen TV-Film ab. Die Alptraum-Diagnose: Milz verloren, eine Niere weg, linkes Bein abgetrennt! Er gilt als klinisch tot, liegt sechs Wochen im Koma. Als er wieder aufgewacht ist, besucht ihn der SOKO-Produzent: „Am 9. Oktober ist der erste Drehtag. Schaffst du das?“ Michel Guillaume nickt. „Das“, so erinnert er sich, „war meine Rettung. Ich hatte ein Ziel vor Augen und habe wie ein Löwe darum gekämpft.“

Stillstand ist noch heute ein Fremdwort für ihn. Er möchte sich immer weiter entwickeln und engagieren – als Schauspieler, Regisseur, Produzent und Autor. Sowie privat als Ehemann seiner Frau Georgia, einer österreichischen Journalistin, als Vater (aus zwei früheren Ehen hat er eine Tochter und einen Sohn) sowie als Kümmerer für seine demenzkranke Mutter (85). Sein Lebensrezept: „Statt sein eigenes Ding zu machen, muss man immer wieder auf den Anderen zugehen und sich einlassen – auch, wenn’s mal wehtut.“

Der Rekordmeister unter den TV-Fahndern…

… ist ein Schauspieler und Mann für viele Fälle und Rollen. Erst Klassenclown, dann Film-Debüt mit 14. Weitere Angebote folgen. Auf Wunsch der Mutter macht er erst eine Lehre, wird Handwerker – Zimmermann. Wie Michel Guillaume danach seine Karriere (und auch sein Haus) gezimmert hat – lesen Sie hier:

QUANTUM: Wie kommt ein Münchner Bub wie Sie zu einem nicht gerade bayerischen Vor- und Zunamen?

M. Guillaume: Dank meinem belgischen Vater, einem Wallonen, der leider früh gestorben ist. Ich bin da erst 12 gewesen. Er ist mit meiner Mutter, einer Italienerin aus Mailand, nach München gezogen. Ich bin im Schwabinger Krankenhaus zur Welt gekommen und seitdem hier daheim.

QUANTUM: Ihr Schauspiel-Debüt haben Sie bereits 1981 mit 14 gegeben – in dem ZDF-Film „Leutersbronner Geschichten“.

M. Guillaume: Ich war schon früh der Klassenclown und habe mich mit Mamas Erlaubnis damals beim Casting beworben. Danach gab’s weitere Angebote und ich wäre am liebsten sofort auf eine Schauspielschule gegangen.

QUANTUM: Einspruch von Ihrer Mutter?

M. Guillaume: Richtig. Ich habe erst eine Lehre als Zimmermann gemacht und bin danach auf die Schauspielschule.

QUANTUM: Zimmern Sie mitunter noch privat?

M. Guillaume: Klar. Das ganze Mobiliar bei uns daheim stammt von mir. Küche, Bad, Terrasse, das alles habe ich selbst gebaut.

QUANTUM: Und zusätzlich am laufenden Band gedreht. Was haben Sie sich von Ihrer ersten SOKO-Gage gekauft?

M. Guillaume: Einen gebrauchten Porsche, einen schwarzen Carrera. Das war damals mein Traumauto.

QUANTUM: Sind Sie ein Motorsport-Fan?

M. Guillaume: Jaaa! Ich verpasse kein Formel-1-Rennen, war oft bei Kart Rennen am Start. Privat bin ich – schon vor Corona – aufs E-Bike umgestiegen. Für Notfälle hat meine Frau ein Auto.

QUANTUM: Wie sind Sie als Beifahrer?

M. Guillaume: Ganz, ganz schlecht. Georgia fährt super. Aber trotzdem weiß ich immer alles besser, bremse und kupple mit.

QUANTUM: Nervt das Ihre Frau nicht?

M. Guillaume: Ganz sicher. Aber sie übergeht es mit einem Lächeln.

QUANTUM: Sie sind oft auf Theater-Tourneen. Die finden derzeit wegen Corona nicht statt. Wie kommen Sie mit der Pandemie klar?

M. Guillaume: Einerseits gut, andererseits…

QUANTUM: Dann bitte erstmal einerseits.

M. Guillaume: Die Luftqualität hat sich verbessert, der Planet Erde und die Natur haben eine kleine Pause. Im Mittelmeer gibt’s wieder Wale zu sehen, in unserem Garten sind die Vögel zutraulicher. Politiker müssen nicht mehr tausende Kilometer weit fliegen, um sich gegenseitig die Hände zu schütteln. Auf einmal geht es auch mit weltweiten Telefonkonferenzen und Home Office. Das sollte man beibehalten.

QUANTUM: Und andererseits?

M. Guillaume: Wir wissen ja alle nicht, wie es weiter geht. Aber während die städtischen und staatlichen Theater oder Orchester durch feste Budgets gesichert sind, gibt es für die freien Künstler, Veranstalter und Agenturen keine Planungssicherheit, keine Überbrückungsfonds. An die denkt niemand. An Gastronomie und Hotellerie dagegen schon. Das ist natürlich kein Vorwurf gegen die Wirte. Ich gehe auch gern essen. Aber, dass die Kultur, das Sprachrohr der Demokratie, gerade an die Wand gefahren wird – das macht mich ärgerlich und traurig.

Text & Interview: Renate Schramm

Bildbeschreibungen
  • Das Strahle-Paar Georgia und Michel Guillaume entspannt im Grünen.
  • SOKO München-Kommissare unter sich: Joscha Kiefer (l., 10 Jahre dabei) und Michel Guillaume (25 Jahre dabei). Der letzte Fall der bayerischen Ermittler (ohne M. G.) – nach 40 Jahren – ist im Februrar gesendet worden.
  • Schwungvoll übers Parkett: Michel Guillaume und seine Georgia tanzen gern, haben sich 2007 beim Münchner Filmball kennengelernt.
  • Ciao! Das Münchner SOKO-Team nimmt 2017 Abschied von seinem Kommissar Theo Renner alias Michel Guillaume.