Sängerin France Gall: „Tod meiner Tochter hat mein Leben verändert” | Aachener Zeitung
Logo az

Paris

Sängerin France Gall: „Tod meiner Tochter hat mein Leben verändert”

Ihre Stimme ist noch so grell und zart wie vor knapp zwanzig Jahren, als sich France Gall mit „Ella elle la” in die deutschen Charts sang. Doch seit dem Tod ihrer 19-jährigen Tochter Pauline, die 1997 an der Stoffwechselerkrankung Mukoviszidose starb, ist es still um die französische Sängerin geworden.

Ihr letztes Album von 2004, „Evidemment”, enthält meist unbekannte ihrer Chansons. „Der Tod meiner Tochter hat mein Leben verändert. Ich bin nicht mehr dieselbe”, sagte die Sängerin, die am Dienstag ihren 60. Geburtstag feiert, in einem ihrer letzten Interviews.

Gall hat sich im Laufe ihrer Karriere von der Interpretin seichter Schlager hin zur Sängerin von rockigen Popchansons mit anspruchsvollen Texten entwickelt. Schon ihre erste Platte - sie war gerade 16 - war auf Anhieb ein Erfolg. Zu Beginn schrieb ihr Vater noch die Texte, bevor das „enfant terrible” der damaligen Chansonszene, Serge Gainsbourg, für sie arbeitete.

Er schrieb für die Gall, die für ihn das Bild der Lolita verkörperte, Lieder mit erotischen Anspielungen wie „Die Lutscher” und „Das war eine schöne Party”. Vor allem „Die Lutscher” sorgte für einen Skandal und beendet zunächst die gemeinsame Zusammenarbeit.

In den 60er Jahren war die blonde und zierliche Sängerin in Frankreich und Deutschland ein Teenageridol. Als sich Anfang der 70er Jahre der Musikstil änderte, ließ der Erfolg nach. Erst die Begegnung mit dem Texter und Sänger Michel Berger brachte eine Wende: Er mixte angelsächsische Folk- und Rockeinflüsse mit modernen Chansontexten und sorgte für einen ganz eigenen Stil, in dem stets neue musikalische Trends mitklangen. „Als ich Michael traf, dachte ich o.k., ich kann in diesem Beruf weitermachen, sonst hätte ich aufgehört”, sagte einst die noch immer sehr attraktive Sängerin.

Mit Berger, den sie am 22. Juni 1976 heiratete, feierte sie einige ihrer größten Erfolge wie „Aime-la”, „Résiste”, „Tout pour la musique” und „Ella elle la”, ein Ohrwurm der im Sommer 1988 auf Platz 1 der deutschen Verkaufshitparade stand. Im selben Jahr wurde sie in Frankreich für dieses Lied als „Sängerin des Jahres” ausgezeichnet.

In ihrem Privatleben allerdings ereilte sie in den 90er Jahren ein Schicksalsschlag nach dem anderen. Am 2. August 1992 erlag ihr Ehemann mit 43 Jahren während des Urlaubs in St. Tropez einem Herzversagen. Nur wenige Monate später musste Gall wegen einer Brustkrebs-Diagnose ihre Tournee abbrechen.

„Ich mag zerbrechlich erscheinen, doch steckt in mir auch eine energische und mutige Frau”, erklärte Gall. Und so stand die ewig junge Französin drei Jahre später wieder erfolgreich auf der Bühne. Diesmal jedoch mit Hits, die durch Rap- und Hiphop-Elemente angereichert wurden. „France” zählte 1996 zu den meist verkauften Alben Frankreichs.

Als ein Jahr später ihre Tochter Pauline starb, beendet sie ihre musikalische Karriere. Seitdem pendelt sie zwischen Paris und dem Senegal hin und her, wo sie Frauen in Not hilft. Die Trauer um ihre Tochter hat sie auf ihre Weise überwunden: „Ich konnte es nicht fassen, dass ich das erleben musste, wovon jeder sagt, es sei unmöglich, so etwas zu überwinden. So beschloss ich, eine Mutter zu werden, der es gelingt mit dem Gedanken, ein Kind verloren zu haben, zu leben. Ich lebe mit dem Gedanken, dass ich dankbar dafür bin, 19 Jahre mit ihr verbracht zu haben.”