Heimatgeschichte im Burgenlandkreis: Das Rätsel im Tiergarten: Erinnern an einen Leichenfund in Zeitz
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Heimatgeschichte im Burgenlandkreis Das Rätsel im Tiergarten: Erinnern an einen Leichenfund in Zeitz

„Wer kennt den Toten?“ So wurden die Zeitzerinnen und Zeitzer vor 90 Jahren gefragt, als in ihrem Stadtwald ein Selbstmörder Hand an sich gelegt hatte. Was bekannt ist.

Von Petrik Wittwika 17.05.2024, 19:00
 Eine Aufnahme, die im Februar 1935 entstanden ist, zeigt den Urgroßvater von Petrik Wittwika mit seinen  zwei Kindern Ilse und Hermann. Gemacht hat das Bild mit Sicherheit die Mutter,  also seine Uroma. Familie Wittwika ist viel in der näheren und weiteren Umgebung gewandert.
Eine Aufnahme, die im Februar 1935 entstanden ist, zeigt den Urgroßvater von Petrik Wittwika mit seinen zwei Kindern Ilse und Hermann. Gemacht hat das Bild mit Sicherheit die Mutter, also seine Uroma. Familie Wittwika ist viel in der näheren und weiteren Umgebung gewandert. Foto: Archiv Petrik Wittwika

Zeitz/MZ. - Eine Geschichte vom Tiergarten, die eine Zeitreise von genau 90 Jahren bedeutet, sollte noch erzählt werden. Es ist die Geschichte eines Leichenfundes, der zuerst einmal Rätsel aufgab.

Was ihn ausgerechnet in den Tiergarten getrieben hat, wo er seine schreckliche Tat ausführte, sollte auf ewig ein Geheimnis bleiben. Da der zunächst unbekannte Tote, der am Nachmittag des 4. Oktober 1934 erhängt im Tiergarten-Wald aufgefunden worden war, keine Ausweispapiere bei sich trug, wurde die Öffentlichkeit über die Lokalpresse der Zeitzer Neuesten Nachrichten am Folgetag über den gruseligen Leichenfund informiert und von der Kriminalpolizei Zeitz unter der Frage „Wer kennt den Toten?“ um Mithilfe bei der Klärung der Identität gebeten.

Die Leiche des Mannes war zunächst in die Leichenhalle ins Dorf Aue verbracht worden. Entscheidender Hinweis über die Herkunft dürfte der braune Hut mit der innen angebrachten Firmeninschrift „Julius Müller, Leipzig“ gewesen sein. Aber bei dem 1,70 Meter großen Mann mit Stirnglatze, grauen Haaren und kurz gestutztem Schnurrbart, der einen grauen, dünn gestreiften Anzug und hohe schwarze Schnürschuhe zum Zeitpunkt seines Ablebens trug, handelte es sich nicht wie zunächst angenommen um jemanden aus dem „Arbeiterstande“, wenngleich „das Nagelglied des rechten Daumens verkrüppelt“ war, was diese Vermutung zunächst plausibel erscheinen ließ. Vier Tage darauf stand vielmehr fest, dass es der 53 Jahre alte Schweiffabrikant Friedrich Adolf Jährling aus dem Leipziger Stadtteil Lindenau war.

Auf der Rückseite des Familienfotos ist noch genau vermerkt, wann und wo die Aufnahme entstanden ist.
Auf der Rückseite des Familienfotos ist noch genau vermerkt, wann und wo die Aufnahme entstanden ist.
Foto: Archiv Petrik Wittwika

Jährling war Mitinhaber der auch noch nach dem Zweiten Weltkrieg bestehenden Firma „Jährling und Golla, Fuchs- und Fehschweif-Fabrik“ in Leipzig. Vermutlich irrte er von Leipzig aus zu Fuß durch die Elsteraue, bis er schließlich im Tiergarten ankam, wo er sein Leben durch Suizid beendet hat. In seiner „hufeisenförmigen Geldbörse“ war nämlich keine Bahnfahrkarte, sondern nur etwa zehn Mark gefunden worden.

Zu den Erinnerungen an den Tiergarten gehört ein Foto, gefunden im Kinderalbum meines Großvaters Hermann Wittwika, das im Februar 1935 entstanden ist. Demnach war der Tiergarten auch im Winter ein beliebtes Wanderziel für die Zeitzer. Das Foto zeigt meinen Urgroßvater mit seinen zwei Kindern Ilse und Hermann. Gemacht hat das Bild mit Sicherheit die Mutter, also meine Uroma. Familie Wittwika ist viel in der näheren und weiteren Umgebung gewandert.