KULTUR
Franz Kafka (1883�1924): Ein Opfer der Tuberkulose
�Manchmal scheint es mir, Gehirn und Lunge h�tten sich ohne mein Wissen verst�ndigt. ,So geht es nicht weiter�, hat das Gehirn gesagt, und nach f�nf Jahren hat sich die Lunge bereiterkl�rt, zu helfen.�*
Seine eigentliche Berufung sah der zu einem soliden Beruf gezwungene Franz Kafka bereits zu Studienzeiten im Schreiben. Sein schriftstellerisches Selbstverst�ndnis ist jedoch gepr�gt von einer permanenten Spannung zwischen radikalster Entschlossenheit f�r die Literatur und gr��ten Zweifeln an der eigenen F�higkeit hierf�r. Selbstzweifel und Lebensunf�higkeit, die er wiederum schreibend zu bew�ltigen versuchte, sind f�r den Schriftsteller generell kennzeichnend. Der von Kindheit an mit Minderwertigkeitskomplexen und Schuldgef�hlen beladene Kafka f�hlte sich Zeit seines Lebens bedroht von der Notwendigkeit der Aus�bung eines existenzsichernden Berufes und der Dominanz seines Vaters. Sein Verh�ltnis gegen�ber Frauen war gepr�gt von einem Wechsel zwischen Bindungsbegehren und -�ngsten, die sich in seinen wiederholten Verlobungen und Trennungen �u�erten. Die seelischen Konflikte f�hrten rasch zu k�rperlichen Beschwerden: Schlaflosigkeit, Kopfschmerzen, Herzbeschwerden, Gewichtsabnahme. Kafkas permanente Beobachtung des eigenen K�rpers war begleitet von der st�ndigen Angst vor einer Krankheit, die ihn niederwerfen w�rde. Nach einem n�chtlichen Blutsturz im August 1917 diagnostizierten die �rzte Tuberkulose. Als Gegner der Schulmedizin stand Kafka einem �rztlich empfohlenen Sanatoriumsaufenthalt zun�chst ablehnend gegen�ber, bevorzugte private Erholungsurlaube. Ein Kuraufenthalt in der ungarischen Hohen Tatra 1920 erwies sich dann auch als kontraproduktiv. Hier wurde Kafka zum ersten Mal die Bedeutung seiner Krankheit bewusst; bereits im Mai 1921 war er von der Unm�glichkeit einer Heilung �berzeugt.
F�r Kafka selbst stellte seine Krankheit vor allem eine Art Regression, ein Zur�ckweichen vor den Forderungen des b�rgerlichen Erwachsenenlebens und Abnahme von Verantwortung dar. Wiederholte mehrmonatige Freistellungen befreiten ihn von dem ungeliebten Beruf. Der Ausbruch der Krankheit l�ste die unertr�gliche Unentschiedenheit hinsichtlich seiner Beziehung zu seiner Verlobten. Die im Oktober 1920 diagnostizierte Infiltration beider Lungenfl�gel bot ihm erneut einen Trennungsvorwand. In Wahrheit war es jedoch, wie die Journalistin Milena Jesensk� gegen�ber Max Brod kundtat, Kafkas �Angst� vor �nacktem Fleisch�.
War die Phase seit Ausbruch der Krankheit und ersten Erholungsurlauben bereits von einer zunehmenden Abstinenz vom Schreiben gekennzeichnet, artikulierten sich 1921 in seiner testamentarischen Anordnung, s�mtliche Werke zu vernichten, immer gr��ere Zweifel an seinem schriftstellerischen K�nnen. Erst zwei Jahre vor seinem Tod konnte Kafka die lange Phase des Schreibstillstandes �berwinden. Zur permanenten Bettl�gerigkeit gezwungen, vertauschte er den Schreibtisch mit seinem Nachtlager. Brennen im Hals und zunehmender Stimmverlust waren die ersten Symptome f�r die 1922 einsetzende sekund�re Kehlkopftuberkulose als Folgeerkrankung der Lungentuberkulose. Als w�rde sein Leben von der Literatur eingeholt werden, muten daher die vor seinem Tod am 3. Juni 1924 ver�ffentlichten Erz�hlungen Ein Hungerk�nstler und Josefine, die S�ngerin oder das Volk der M�use an, in denen der Prozess des fortschreitenden Verhungerns und Verstummens literarisch vorweggenommen wird.
Sandra Kr�mer M.A.
Sandra.Kraemer@studium.uni-hamburg.de
*an Max Brod am 14. September 1917
Kafka � Biografisches
Nach dem Jurastudium in Prag arbeitete Kafka von 1908 bis zur Fr�hpensionierung 1922 bei der Arbeiter-Unfall-Versicherungsanstalt f�r das K�nigreich B�hmen. 1904 verfasste er die Erz�hlung Beschreibung eines Kampfes, 1907 die Novelle Hochzeitsvorbereitungen auf dem Lande; seit 1908 Ver�ffentlichung von Prosast�cken und nichtfiktionalen Artikeln in der Zeitschrift Hyperion, in der Tageszeitung �Bohemia� und im Sammelband Betrachtung. Der literarische Durchbruch gelang ihm 1912 mit der Erz�hlung Das Urteil. Es folgten Texte wie Die Verwandlung, Der Heizer, In der Strafkolonie, Eine kaiserliche Botschaft und die drei Romane Der Verschollene, Der Prozess und Das Schloss.