Juncker: „Mir hat Deutschland in der Flüchtlingskrise imponiert“
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Jean-Claude Juncker: „Mir hat die deutsche Haltung in der Flüchtlingskrise imponiert“

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Der frühere EU-Kommissionschef verteidigt Merkels Migrationspolitik. Was Deutschland in der Krise getan habe, hält er für „moralisch gerechtfertigt“.

Berlin – Angela Merkel hat sich seit dem Ende ihrer Kanzlerschaft von der CDU entfernt – und die CDU sich von Angela Merkel. Die Union grenzt sich vor allem von der Migrationspolitik der früheren Kanzlerin ab. In ihrem Grundsatzprogramm gehen die Christdemokraten weit über das hinaus, was sie bislang an Asylrechtsverschärfungen vorgebracht haben. Der Vorschlag der CDU, das Individualrecht auf Asyl in Europa in seiner jetzigen Form abzuschaffen und eine Kontingentlösung einzuführen, ordnete die SPD gar auf „AfD-Niveau“ ein.

Christdemokrat Juncker verteidigt die „Willkommenskultur“

Der ehemalige EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker, ebenfalls Christdemokrat, hat die „Willkommenskultur“ der Merkeljahre nun vehement verteidigt. „Mir hat die deutsche Haltung in dieser Zeit imponiert“, sagte Juncker in einem Gespräch mit IPPEN.MEDIA. „In der EU-Kommission wurde die Willkommenskultur und Angela Merkels Satz ‚Wir schaffen das‘ ausnahmslos geteilt.“

Jean-Claude Juncker während eines EU-Gipfels mit dem zyprischen Präsidenten Nicos Anastasiades (l.) und Bundeskanzlerin Angela Merkel.
Jean-Claude Juncker während eines EU-Gipfels mit dem zyprischen Präsidenten Nicos Anastasiades (l.) und Bundeskanzlerin Angela Merkel. © picture alliance/dpa | Francisco Seco

Jean-Claude Juncker regierte fast zwanzig Jahre lang als Premierminister in Luxemburg, bevor er 2014 an die Spitze der EU-Kommission rückte. Seine Zeit in Brüssel war vor allem von den Folgen der Finanzkrise, der Flüchtlingskrise und des Brexit geprägt. In der Flüchtlingskrise hatte er zu einigen Regierungen ein schwieriges Verhältnis, weil sich weigerten, geflüchtete Menschen aufzunehmen.

Juncker habe „die deutsche Haltung bewundert“

Nach seiner Meinung, war es die EU-Kommission, die versucht hat, Ordnung in die europäische Flüchtlingspolitik zu bringen. „Unsere Beschlüsse wurden von einigen Mitgliedstaaten aber nicht umgesetzt“, sagte Juncker im Gespräch. „Die Staats- und Regierungschefs haben in der Migrationskrise große Fehler gemacht.“ Dazu zählt Juncker die Mitgliedstaaten, die zu solidarischem Handeln nicht bereit gewesen seien. „Der grundsätzliche Fehler lag in der falschen Analyse, die Migrationsproblematik beträfe nur einige Länder und nicht die gesamte Europäische Union.“

Das von Merkel regierte Deutschland nahm Juncker dagegen in Schutz. „In der Migrationskrise kann ich keine gravierenden Fehler erkennen“, sagte er. „Was die Deutschen 2015 und 2016 für sich entschieden haben, halte ich nach wie vor für zielorientiert und moralisch gerechtfertigt. Ich habe die deutsche Haltung bewundert.“

Zugleich warnt der frühere Politiker: „Das schaffen wir nicht“

Juncker lobte vor allem den Pragmatismus jener Tage. „Ich werde nie vergessen, wie die deutsche Zivilgesellschaft angesichts der zunehmenden Flüchtlingsbewegungen solidarisch gehandelt hat.“ Dass inzwischen häufig pauschal gewarnt wird, Deutschland und Europa könnten „nicht allen helfen“, findet er trotzdem richtig. „Der Vorstellung, dass Europa alles Leid der Welt humanitär regeln könnte, kann ich nicht anhängen“, so Juncker. Es gebe gute Gründe, sein Glück woanders zu suchen. „Wir können aber nicht alle Wirtschaftsflüchtlinge in Europa aufnehmen. Das schaffen wir nicht.“

Gleichzeitig erinnerte Juncker an die humanitären Werte, auf die sich die Europäische Union geeinigt hat. „Europa darf keine Festung werden“, bertonte der ehemalige EU-Spitzenpolitiker. „Europa muss ein Zufluchtsort für politisch Verfolgte bleiben.“

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