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Wahrhaft würdige Tochter eines genialen Vaters

Natalia Wörner spielt an den Kammerspielen David Auburns "Proof/Der Beweis"

Sie ist eine Frau der Gegensätze, kann sehr zart wirken mit viel Energie dahinter. Oder auch sehr stark und dabei überaus verletzlich. Im Augenblick wirkt Natalia Wörner nur erschöpft, presst kurz beide Hände an die Stirn: „Entschuldigung, ich bin noch ganz im meiner Rolle...“

Die Rolle einer Mathematiker-Tochter in David Auburns Stück „Der Beweis“: Die hat an der Seite des schon todkranken, ebenso genialen wie geistig verwirrten Vaters ausgeharrt, eine Art Antigone von heute, die dem blinden Ödipus in die Verbannung gefolgt ist - und hier nun wird sie sich, da der Vater tot ist, als seine wahrhaft würdige Tochter erweisen, als ebenso genial, ebenso chaotisch wie er, mit einem mathematischen „Beweis“ in der Schublade ...

Dass gerade sie ein mathematisches Genie spielt, amüsiert Natalia Wörner denn doch: „Wie ich mein Mathe-Abi hingehauen habe, verstehe ich bis heute nicht.“ Aber die Rolle selbst, das ganze Stück, „anarchisch und doch ganz präzise, mit einem knackigen, griffigen Dialog“, faszinieren sie. Zumal sie an dessen deutschsprachige Erstaufführung an den Kammerspielen nicht ganz unschuldig ist.

Natalie Wörner: „Ich wusste sofort, das will ich spielen“

Im letzten Dezember war das gewesen. In Boston hatte sie gerade mit der Regisseurin Sherry Hormann an einem gemeinsamen Kino-Drehbuch gearbeitet, „und dann hatte die Sherry eine Pause einlegen, an ihrem neuesten ,Bella Block‘-Film schnibbeln müssen“.

Da war Wörner dann für eine Woche nach New York geflogen, hatte jeden Abend ein anderes Theaterstück gesehen, darunter eben auch das vom Off-Broadway an den Broadway übernommene Auburn-Play, und „ich wusste sofort, das will ich spielen“.

Inzwischen ist über Autor Auburn ein kleiner Preis-Regen niedergegangen, Pulitzer inklusive. Das freut Natalia Wörner. Und nur ganz leise seufzt sie über den Probenstress, mit kleinem Lachen dabei: „Knochenarbeit, klar. Ich muss wohl ein bisschen masochistisch sein, um das auch noch zu genießen.“ Und gewaltig wallt, auch jetzt hier in der beschaulichen Nachmittagsstille eines italienischen Restaurants, das Lampenfieber in ihr hoch.

An Angeboten fehlt es ihr nicht

Aber hat sie das nötig? Sie, die viel Gefragte beim Fernsehen, die einst in New York ihren Schauspielunterricht mit Model-Arbeit verdiente und heute zu den verlässlichen Konstanten im deutschen Bildschirm-Gewerbe gehört?

Am nächsten Montag läuft im ZDF ihr Film „Verbotene Küsse“, die Wörner spielt dort eine Hure, die Polizistin wird, um den Mörder ihrer besten Freundin zu stellen. Und noch während der Kammerspiel-Wochen wird sie wieder vor der Kamera stehen.

Nein, an Angeboten fehlt es nicht, da hätte sie Theaterarbeit zu vergleichsweise niedriger Gage wohl wirklich nicht nötig. Aber das Haus in der Hartungstraße, wo sie zuletzt mit dem früheren Lebensgefährten Herbert Knaup in der „Blue room“-Variante von Schnitzlers „Reigen“ in gleich fünf Rollen auf der Bühne stand, ist nun mal „so wunderschön intim, das liebe ich einfach“.

Hat Natalie eine Traumrolle, die sie noch unbedingt spielen will?

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Natalia Wörner, gescheit, ehrgeizig, ambitioniert, genügt nicht der rasche Bildschirm-Ruhm: „Man ist ja viel zu schnell abgestempelt, läuft immer Gefahr, stets das Gleiche angeboten zu bekommen.“ Und bevor sie gar in einer Serie mitspielt, „würde ich wohl eher in einer Hotelküche Teller spülen“.

Aber auch zum Theater zieht es die junge Frau mit dem hellgrünen, stets etwas fragendem Blick nicht um des Theaters willen. Auch hier muss erst mal die Rolle stimmen.

Und die totale Traumrolle, die sie noch ganz unbedingt spielen will, hat sie eigentlich nicht - oder vielleicht doch: „Weil wir vorhin davon gesprochen haben, von der Antigone, der richtigen, der von Sophokles - die also würde ich schon ganz gern mal spielen...“

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