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Tipps und Infos zur medizinischen Promotion

Das akademische i-T�pfelchen

Sadia Rehmann

 

Gegen Ende des fünften Semesters fangen viele Medizinstudenten an, sich nach einem Thema für ihre Doktorarbeit umzuschauen. In den Seminarund Vorlesungspausen bilden sich kleine oder größere Grüppchen, die den jungen Neudoktoranden lauschen, wenn sie über ihre Arbeit erzählen. Das ist gut, denn auf diese Weise kriegt man Mut, sich selbst auch auf die Suche nach der geeigneten Doktorarbeit zu begeben. Promotionsstelle auf Anhieb Eine Doktorarbeit zu finden, erwies sich an unserer Uni als einfach.

Es wurden Dissertationen am Schwarzen Brett ausgeschrieben, oder sie standen direkt auf den einzelnen Klinikumsseiten. Auch die Fachschaft unterhält meist eine ganze Liste. Schon zu Beginn der Klinik ermutigten uns die Professoren in den Vorlesungen, eine Doktorarbeit zu beginnen. Sie präsentierten uns ihre eigenen Forschungsprojekte und boten offene Doktorandenplätze an.

Theoretisch ist es aber auch möglich, jeden beliebigen Professor oder Privatdozenten zu fragen, ob er eine Promotionsstelle zu vergeben hat. Tipp: am besten gleich die Professoren ansprechen, für deren Fachrichtung man sich am meisten interessiert! Doktorarbeit ist nicht gleich Doktorarbeit. Es gibt verschiedene Typen: die experimentelle Arbeit, die klinische Arbeit, die statistische Arbeit oder die theoretische Arbeit (häufig in der Medizin-Ethik angesiedelt). Ich selbst habe eine experimentelle Arbeit angenommen. Sie lässt in der Regel auf eine bessere Note hoffen. Wer eine Karriere als „großer Forscher“ anstrebt, dem empfehle ich diese Art der Doktorarbeit. Mit ihr haltet ihr euch den Weg für eine wissenschaftliche Karriere offen. Wer weiß, vielleicht wollt ihr später doch noch euren „Prof.“ vor dem „Dr.“ stehen haben? Im Idealfall ist es dann sogar ein Thema, das ihr später zur Weiterforschung anstrebt. Doch Vorsicht: Nicht jeder ist dafür geschaffen, stundenlang im Labor zu stehen oder mit Labortieren zu arbeiten. In der Regel muss man für die „Experimentelle“ insgesamt mehr Nerven mitbringen. Ist beispielsweise eine hart erarbeitete Zellkultur nach zwei Tagen plötzlich mit einem Pilz befallen, kann man alles verwerfen und muss noch mal von vorne anfangen.

Die Qual der Wahl

Das Angebot an Doktorarbeiten ist groß und die Kunst besteht darin, die richtige für sich auszusuchen. Man sollte sich im Vorfeld überlegen, wie anspruchsvoll und zeitaufwendig die persönliche Arbeit sein darf. Bevor ihr euch also auf die Suche macht, solltet ihr euch selbst folgende Fragen stellen: Wie viel Zeit will ich investieren? Bin ich bereit ein Semester auszusetzen? Will ich in einer Gruppe mit anderen Doktoranden arbeiten oder lieber allein? Welche grobe Fachrichtung strebe ich an? Und: Soll es lieber eine experimentelle, klinische oder doch lieber eine statistische Arbeit sein? Wenn es euch nur um den Titel an sich geht, empfehle ich eine „schnellere“ Arbeit als die experimentelle Dissertation, eine statistische Arbeit tut es dann auch.

Habt keine Angst davor, euch viele verschiedene potentielle Arbeitsplätze anzuschauen. Wägt die Vorund Nachteile der euch angebotenen Arbeiten ab, und sucht euch die eurer Meinung nach am besten passende aus. Für mich war es zum Beispiel sehr wichtig, dass ich für meine Arbeit kein Semester aussetzen musste. Endlose Nachmittage im Labor nach einem langen Unitag sind okay, aber ein Aussetzen kam für mich nicht in Frage! In so einem Fall ist es wichtig darauf zu achten, dass das Labor möglichst nah an den Unterrichtseinrichtungen liegt. Damit man in den Freistunden mal eben „rüberhuschen“ kann!

Doktorvater kennen lernen

Das erste Gespräch mit eurem Doktorvater / eurer Doktormutter ist auch gleich das wichtigste: Hier findet ihr heraus, was für ein Typ er oder sie ist. Ihr sucht jemanden, der euch hilft. Jemand, der nicht allzu unkommunikativ ist und schon mit seinem eigenen Arbeitsberg nicht zurande kommt. Ihr braucht jemanden, der euch schnell und richtig zu einem Titel führt. Auch ein allzu „lieber“ Doktorvater, der euch nicht zur Eile drängt, ist nicht optimal, denn ihr solltet möglichst zügig fertig werden! Im PJ nämlich kann man der Dissertation nur noch den letzten Schliff geben, und wenn man einmal als Assistenzarzt eine Stelle angenommen hat, findet man kaum noch Zeit zum Schreiben. Auch wichtig: In diesem ersten Gespräch solltet ihr klären, ob der Doktorvater in der nächsten Zeit an der Uni bleiben wird. Eine sehr wichtige Frage! Er wird euch nicht hinterherlaufen, sondern ihr ihm! Ich habe mitbekommen, wie einige Doktoranden alles hingeschmissen haben, als ihr Doktorvater in eine weit entfernte Uni umzog. Und: Gibt es zusätzlich einen Betreuer?

Ist alles vorhanden?

Weitere Dinge, die zu klären sind: Sind alle Gerätschaften da, die ihr benötigt? Wenn nicht, sollte die Anschaffung in sehr naher Zukunft in Aussicht stehen. Sonst geht wertvolle Zeit verloren! Wo genau werdet ihr arbeiten und wie viel Zeit wird der praktische Teil in Anspruch nehmen? Schließlich gilt die goldene Regel: Man muss dreimal so viel Zeit veranschlagen wie ursprünglich angedacht.

Die Fragestellung eurer Dissertation muss konkret sein. Sprich: ihr solltet sie verstehen. Das hört sich simpel an, erweist sich aber immer wieder als großes Problem! Wie sieht es mit der Publikation aus – wird die Promotion als Artikel in einem Journal veröffentlicht? Oder wird ein Poster erstellt? Für eine eventuelle Genehmigung der Ethikkommission ist in der Regel der Doktorvater zuständig. Ihr solltet das zu Beginn aber geklärt haben. Dokumentation ist alles: Legt euch einen Ordner nur für die Doktorarbeit an. Macht euch ein Verlaufsprotokoll. Notiert jedes noch so kleine Treffen mit eurem Doktorvater und welche Erkenntnisse es gebracht hat. Besprecht in regelmäßigen Abständen mit ihm, wie ihr vorankommt. Versucht Veranstaltungen und Kongresse zu besuchen. Wenn man sieht, wie andere Doktoranden vor der „high society“ der Wissenschaftler ihr Poster vorstellen, ist das unglaublich ermutigend!

Vom Kreuzen zum Schreiben

Nach dem praktischen Teil (sofern Inhalt eurer Arbeit) geht es ans Eingemachte: Der schriftliche Abschnitt ist für uns Mediziner schon eine Herausforderung für sich. Schließlich haben wir in den letzten Jahren „nur“ Kreuze setzen müssen! Besorgt euch als erstes die Promotionsordnung und das Merkblatt zur Abfassung der Dissertation eurer Uni. Darin steht, wie eure Doktorarbeit formal auszusehen hat und was ihr drumherum noch zu beachten habt. Die Fakultätsbibliotheken der einzelnen Unis verfügen über eine ganze Sammlung an Doktorarbeiten, die bisher an der Fakultät eingereicht worden sind. Leiht euch ein paar als Beispiel aus. Es schadet nicht, sich ein wenig an diesen Arbeiten zu orientieren! Beim Schreiben gilt: am besten immer „am Stück schreiben“. Wer immer wieder größere Pausen macht, ist schnell wieder raus und kommt sehr langsam voran. Das kann sehr frustrierend sein und setzt den Teufelskreis – kein Fortschritt – keine Lust usw. in Gang. Im Endeffekt kommt man dann gar nicht mehr vom Fleck! Klar gibt es zwischenzeitlich immer wieder „Tiefs“. Insbesondere die Diskussion kann einem den letzten Nerv rauben, bis hin zur völligen Verzweiflung. Dann ist es Zeit für eine Pause.

Sie kann einen Tag dauern oder sogar einen Monat, damit man mit frischem Mut wieder Vollgas geben kann. Steckt ihr beim Schreiben irgendwo fest, solltet hier Zwischentermine mit eurem Betreuer / Doktorvater vereinbaren, sonst verliert ihr unnötig Zeit und Nerven. Nichts ist demotivierender, als viel Arbeit in ein paar Seiten zu investieren, um dann zu erfahren, dass man „im Kreis geschrieben“ hat. Solltet ihr einmal gar nicht mehr weiter kommen, kann es hilfreich sein, mit anderen über eure Arbeit zu reden. Ihr könnt sie zum Beispiel mit euren Freunden besprechen, die den Sachverhalt aus einer anderen Perspektive sehen.


Alles auf Englisch

Stellt euch schon mal auf richtig viel Literaturrecherche in englischer Sprache ein! Auch das ist Typsache: Nun ist mein Englisch nicht gerade schlecht, doch wissenschaftliche Literatur auf Englisch, das war ein paar Nummern zu groß für mich! Ich konnte ja noch nicht mal einen deutschen Artikel über die neuesten Interleukine lesen, ohne dass ich schon nach der Einleitung die Lust verlor und spätestens nach der Hälfte vor Desinteresse darüber einschlief! Um die ganzen Quellen im Überblick zu halten, die ihr verwendet, ist es ratsam, ein Literaturverwaltungsprogramm zu benutzen. Die meisten Unis bieten hierzu Veranstaltungen an.

Nicht unmöglich

Es grenzt schon an ein Wunder, während des Studiums mit der Doktorarbeit fertig zu werden. Doch unmöglich macht es das noch lange nicht. Setzt man wirklich alles daran, dann gehört man zu den wenigen Glücklichen, die es schaffen und als frischgebackener Assistenzarzt auch schon gleich die zwei akademischen Buchstaben auf dem Namensschild tragen. Noch etwas zum Thema Doktorarbeit in der Vorklinik: Eigentlich wollte ich bereits zu diesem Zeitpunkt mit der Dissertation anfangen. Zusammen mit meiner Schwester (seinerzeit im höheren Kliniksemester) hatten wir uns an einigen Instituten der Uni beworben. Sie wäre genommen worden, doch zu mir sagten die Professoren, ich sollte erst das Physikum bestehen und dann wiederkommen. Es ist nicht unmöglich, bereits in der Vorklinik zu beginnen, doch solche Fälle sind absolute Raritäten.

Ohne Titel: kein richtiger Arzt?

Ob die zwei Buchstaben „Dr.“ nun vor dem Namen stehen oder nicht: Es sagt nichts darüber aus, wie gut ein Arzt tatsächlich ist. Es besagt lediglich, dass er sich der unglaublichen Mühe und dem Nerven zerreißenden Aufwand einer Doktorarbeit ausgesetzt und diese auch bis zum Ende durchgezogen hat. Doch nach wie vor denken viele Laien: Ein Arzt ohne Doktortitel ist kein richtiger Arzt. Auch dessen sollte man sich bewusst sein. Ich kann jeden nur ermutigen, eine Doktorarbeit zu schreiben. Ansonsten könnte man es später bereuen. Wer später nicht in einer Uniklinik arbeitet, der kommt möglicherweise nie mehr zu „seinem“ Titel.