Good Bye, Lenin! Kritik - Autor: ProfessorX | Moviejones
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Good Bye, Lenin!

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Good Bye, Lenin! Kritik

Good Bye, Lenin! Kritik

Good Bye, Lenin! Kritik
0 Kommentare - 14.01.2024 von ProfessorX
In dieser Userkritik verrät euch ProfessorX, wie gut "Good Bye, Lenin!" ist.

Bewertung: 4.5 / 5

Kurz vor Ende der DDR fällt die staatstreue Sozialistin Christine Kerner (Kathrin Sass) ins Koma. Grund dafür war, daß ihr Sohn Alexander (Daniel Brühl) bei einer Anti-DDR-Demonstration festgenommen wird. Als sie nach dem Fall der Mauer wieder erwachst, soll sie sich schonen. Um sie nicht aufzuregen, versuchen ihr Sohn Alexander und ihre Tochter Ariane (Maria Simon), den nicht mehr existierenden Staat in ihrer Wohnung zu simulieren. Das Unterfangen stellt sich jedoch als schwierig heraus, da typische DDR-Produkte nach der Wende nicht mehr benötigt werden. Also setzt Alexander alles daran, Produkte aufzutreiben, dreht eigene Berichte des DDR-Fernsehens und tut weiteres, um seiner Mutter den Eindruck zu vermitteln, der Staat existiere noch.

Deutschland produziert Filme über die eigene, deutsche Geschichte und mittelprächtige Komödien in Form von relativ belanglosen Fernsehfilmen. Das ist der Stempel, den sich das deutsche Kino aufdrücken lassen muss und sich auch immer wieder selbst aufdrückt, indem es Geld in Werke steckt, die eigentlich keinerlei Form von kritischer Kunst aufweisen. Nicht umsonst dauert es Jahre, bis etwa ein Ballon (2018) oder Berlin Alexanderplatz (2020) produziert werden konnte. Deutschland ist nicht Hollywood und war es in dieser Form wahrscheinlich auch nie. Deutschland hat begrenzte Möglichkeiten. Deutschland versteht das Medium Film anders und Bildsprache und das Spielen mit Gerätschaften, wie etwa einer Kamera, funktioniert selten gut. So werden etwa auch in diesem Werk Szenen einfach abgefilmt und die Kamera beobachtet, fungiert hier sozusagen als das Auge des Zuschauers. Richtig große Filme hingegen spielen mit dem Medium und den Möglichkeiten der Technik. Vielleicht nicht alle, vielleicht auch nicht sehr viele in Hollywood. Wahrscheinlich ist man da einfach verwöhnt. Doch irgendwie fragt man sich schon, warum man doch im Verhältnis so schlecht dasteht, wenn es darum geht, dem Werk eben mehr als nur eine TV-Optik zu verpassen. Zugegeben, bei einem Film wie Good Bye, Lenin! fällt das vielleicht auch kaum weiter auf. Schließlich ist er in einer Zeit angesiedelt, die vorsichtig ausgedrückt, auch mehr ein Schein war, als ein tatsächliches Sein ermöglichte.

Allerdings tut sich hier auch gleichsam die Komplexität auf, derer sich Good Bye, Lenin! widmet. Man kann hier sogar so weit gehen und Komplexität als das Grundthema des Films betrachten. Das mag für einen Film tatsächlich schwierig sein, weil Filme die Aufgabe haben komplexe Strukturen und Vorgänge im Dasein zu Versimpeln. Doch das will bei einem Werk wie diesem nicht gelingen und daher dürfte ein solcher Film, der auch qualitativ einiges zu bieten hat, eigentlich gar nicht existieren. Er ist witzig, er ist traurig, er ist romantisch, er ernst, er ist konform, er ist nonkonformistisch, er stellt große Fragen, die aus dem alten Leben begründet werden. Er erinnert dabei auch ein wenig an Lieber Thomas (2021), der das ähnlich behandelte. Gleiche Zeit, anderes Konzept. Während dieses Werk sich vor allem damit beschäftigte, eine komplexe Persönlichkeit in den Vordergrund zu rücken, offenbart Good Bye, Lenin! Die Komplexität des Menschseins, im Angesicht eines Systems. Die Freiheit bedeutet nicht gleichsam auch immer die Freiheit. Und somit ist dieses Werk auch ein erschreckend modernes, weil es im Kern mit der Frage hadert, wie ein Individuum zu seinem Staat steht. Gerade heute werden ja besonders Menschen schlichteren Gemüts und solche, deren finanzielle, sprich Lebenssituation nicht gerade gut stehen, in das rechte Lager abgeschoben. Zurecht, zu Teilen. Es ist eigentlich Meta, ohne es zu wissen. Denn Good Bye, Lenin! Ist ein Sehnsuchtsfilm, ohne nostalgische Verklärung.

Ich würde behaupten, daß man diesen Film nicht verstehen kann, wenn man keinen zynischen Humor oder eben ein Verständnis für Ironie hätte. Ebenso, wie diese Hauptfigur Alexander Kerner dem Zuschauer immer wieder das Zeitgeschehen berichtet, konfrontiert der Film einen mit Bildern. Es ist eine groteske Komödie, die sich da auftut, weil die Umstände und die reine Geschichte so absurd sind, daß einem das Lachen im Halse stecken bleibt. Gerade weil eben die Handlung so gestrickt ist, daß Kerner versucht, seiner Mutter eine nicht mehr existierende Welt vorzugaukeln, scheint dieses Werk von vielen nach wie vor missverstanden worden zu sein. Schließlich gibt es nie die offenkundige, ironische Brechung und es ist schon bezeichnend, daß sich auch Kerner in eine sowjetische Krankenschwester verliebt. Ebenso fühlt es sich ganz schön heimelig an, wenn die Charaktere, für das ein oder andere Produkt schwärmen und dabei eben auch den Kapitalismus in Form der Coca-Cola aufgedrückt bekommen. Vielleicht ist Good Bye, Lenin! somit einer der komplexesten Filme, die je gedreht worden sind. Daher verwundert es auch nicht, daß er gerade heutzutage doch eher aneckt, weil er sich nicht offenkundig für eine Seite starkmacht. So eine Form der Filmkunst ist, war und wird immer äußerst selten sein, weswegen dieses Werk sich vielleicht sogar ein wenig klassischen Wertungsmaßstäben entzieht.

Ein seinen stärksten Momenten erinnert der Film dabei an klassische Dystopien, oder eben einfache, negative Zukunftsvorstellungen wie Welt am Draht (1973) zu Teilen auch Die totale Erinnerung – Total Recall (1990), Die Truman Show (1998) oder Matrix (1999). Doch der Unterschied ist natürlich, daß Good Bye, Lenin! Dem Zuschauer immer mit voller Ironie begegnet. Klar, gerade das Peter Weir-Werk könnte man auch in diese Kategorie stecken. Allerdings wirkt dieser Film hier noch eine Spur zynischer, direkter und ironischer, weil es diese heile Welt, die die Hauptfigur versucht vorzutäuschen auch in der reinen Wahrnehmung, also als Fassade nie gegeben hat. Das östliche Leben war nie frei oder fortschrittlich, erfolgsorientiert, wenn man auf etwaige Vehikel jahrelang warten muss, oder auch nicht jeder immer Arbeit gefunden hat. Natürlich könnte man dem Werk auch vorwerfen, daß sich zwischen den Figuren nie ein richtiger Konflikt entfaltet. Doch damit fokussiert sich der Film insgesamt auch eher auf die wirklich wichtigen Dinge. So etwa, die Beziehung zwischen Mensch und Staat. Gleichsam stellt der Film ferner eine bittere Erkenntnis in den Raum, indem er die Mutter zum Ende hin sterben lässt. Auch das ist natürlich keine Ostalgie, weil ein Mensch, der sein Leben lang von Werten indoktriniert wird, die faktisch einfach Dreck sind und dann sterben muss, in seiner Ideologie und der Resozialisierung in das neue, geeinte Deutschland verloren ist. Auch da streit der Film Kritik am Westen ein, weil dieser die sogenannten neuen Bundesländer nie aufgefangen hat, was ja wohl auch unter anderem einer der Gründe ist, warum ein Rechtsanteil im östlichen Teil Deutschlands höher ist.

In diesem Film wird ganz viel Salz in offene Wunden gestreut. Das ist bitter, melancholisch, höchst ironisch, nostalgisch, ohne verklärend zu sein und erweist sich doch rein inhaltlich, als ein hochkomplexes Werk, daß noch dazu einen starken Aktualitätscharakter aufweist. Man sollte das nicht vergessen und darüber hinaus die schauspielerischen Fähigkeiten wertschätzen, denn sie sind nahezu perfekt.

Good Bye, Lenin! Bewertung
Bewertung des Films
910

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