„Da braucht es Mut zum Leben“ - Interview mit Hannelore Hoger
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INTERVIEW Hannelore Hoger über Abschiedsbriefe und Liebeskummer – Auftritt in Kassel

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Hannelore Hoger bei der Festivaleröffnung mit der Premiere des Kinofilms Wir sind dann wohl die Angehörigen auf dem 30.
Hannelore Hoger, bekannt als TV-Kommissarin Bela Block, die sie von 1994-2018 in der ZDF-Reihe verkörperte. © IMAGO/gbrci

Mit dem Programm „Briefe und andere Geschichten über die Liebe“ gastiert Hannelore Hoger am Sonntag (21. Mai) im Schauspielhaus in Kassel.

Kassel – Sie liest von Schriftstellerin Sibylle Berg zusammengestellte Abschiedsbriefe sowie Texte von Alexander Kluge und Kurt Tucholsky. Als Pianist ist Siegfried Gerlich dabei – ihr früherer Lebensgefährte. Darüber will die Schauspielerin im Interview nicht sprechen. Über die Liebe schon.

Haben Sie eine Empfehlung, was man bei Liebeskummer tun sollte?

Nicht so ernst nehmen, erstens. Und zweitens: Ruhe bewahren. Liebeskummer kann ja sehr unterschiedlich sein, so wie Beziehungen unterschiedlich sind. Aber Liebeskummer tut weh. Trennungen sind immer schwierig. Man sollte das in Ruhe auf sich einwirken lassen und sich Zeit nehmen, darüber nachzudenken.

Heilt die Zeit, was die Liebe angeht, alle Wunden?

Also, das ist ja so ein Spruch… Zeit lässt vielleicht die Wunden etwas schwinden. Das kommt immer darauf an, wie schwer es war. Aber ich finde, man sollte nicht am Leben verzweifeln. Es gibt nicht immer nur einen Menschen, auf den alles fixiert werden muss. Das Leben ist so vielschichtig. Ich bin ja jetzt ‘ne alte Tante, wenn ich mir überlege, ob der Liebeskummer mich umgebracht hat, muss ich sagen: Nein. Ich bin immer am Leben geblieben.

Lässt sich aus den Abschiedsbriefen, die Sie lesen, etwas lernen?

Ich finde die sehr unterschiedlich und schön. Ich lese das gerne vor. Es sind Briefe von sehr unterschiedlichen Frauen, aber alle sehr persönlich. Kummer hat ja jeder irgendwie erlebt. Abschiede sind immer kompliziert. Da braucht es Mut zum Leben.

Glauben Sie, dass man aus gescheiterten Beziehungen Positives mitnehmen kann, damit man es beim nächsten Versuch besser macht?

Ja, durchaus. Die Menschen sind nicht alle gleich, Beziehungen sind nicht alle gleich. Eine Trennung kann sehr schmerzhaft sein, meistens ist sie nicht schön. Manchmal schon, wenn man es nicht mehr aushält und einfach abhaut. Auf jeden Fall darf man nicht verzweifeln. Es gibt andere Menschen, es gibt Neues. Man kann trauern, natürlich, aber das hat auch etwas Positives. Es kommt darauf an, wie der andere ist, wie er reagiert. Ob er grob ist. Ich kenne Trennungen, da gab es danach gar nichts mehr, und ich kenne Trennungen, da wurde eine große Freundschaft draus.

Glauben Sie, dass Paare heutzutage zu schnell aufgeben, wenn sie vor Schwierigkeiten stehen?

Warum sollten sie das machen? Wenn man sich gut versteht, muss man sich nicht aufgeben. Man muss geduldig sein, der andere ist vielleicht nicht so, wie man ihn gerne hätte, so ist das eben. Das kann man nicht verallgemeinern. Menschen sind verschieden, nicht alle vertragen sich. Wenn man sich nur streitet, soll man es lieber lassen. Auf jeden Fall soll man keine ruckartigen Entscheidungen treffen.

Kann man mit seinem ehemaligen Partner befreundet bleiben oder sollte man einen radikalen Schritt vollziehen und sagen, das war’s jetzt?

Das muss jeder mit sich ausmachen. Natürlich kann man weiter miteinander auskommen, wenn man sich mal sehr gemocht hat. Warum sollte man sich für ewig trennen? Ich habe einige Beziehungen in Freundschaft weitergeführt.

Worauf kommt es an, damit eine Partnerschaft glückt?

Dass man sich gegenseitig anerkennt und miteinander redet. Aber ich will keine Eheberatung machen. Ich kann ja keine Ratschläge erteilen, sowas mache ich nicht. Auf jeden Fall sollte man nicht so heftig miteinander umgehen.

Heute werden Beziehungen selten per Brief beendet. Schreiben Sie noch Briefe?

Nein, ich meditiere nicht in Briefen. Selten. Wenn man das noch 28-mal im Leben durchlesen kann, den Käse? Nein, nein, nein.

Schumann, Gershwin, Debussy: Wie ist die Wahl auf die Musik in Ihrem Programm gefallen?

Das hat der Siegfried sich ausgedacht. Er ist ein hervorragender Pianist. Mir gefällt das sehr, das ist ja sehr wichtig bei so einer Aufführung. Wir geben uns beide Mühe, dem Publikum zu gefallen. Wegen Corona ist so viel ausgefallen. Ich freue mich sehr auf den Abend.

Eine Frage zum Schluss: Sie haben mit Bella Block eine der ersten und populärsten Fernsehkommissarinnen gespielt. Der Ministerpräsident von Sachsen-Anhalt hat gerade kritisiert, es gebe zu viele Krimis. Finden Sie das auch?

Ja. Ich kann diese ewigen Krimis nicht angucken. Man ahnt immer schon alles, mich langweilt das. Ich schaue das nicht. Früher hat das Fernsehen auch mal Theaterstücke gezeigt. Das gibt’s überhaupt nicht mehr. Ich vermisse auch gute, normale Geschichten im Film. Warum immer diese Krimis? Ich hab auch keine Lust mehr, da selbst mitzuspielen.

ZUR PERSON

Hannelore Hoger, geboren in Hamburg, nennt ihr genaues Alter nicht. Jedenfalls steht die (vermutlich) 80-Jährige seit Jahrzehnten als Charakterdarstellerin auf der Bühne und vor der Kamera. Nach dem Schauspielstudium in Hamburg war sie in Filmen von Alexander Kluge zu sehen (mit dem sie auch liiert war), sie spielte in „Die verlorene Ehre der Katharina Blum“ und „Die zweite Heimat – Chronik einer Jugend“. Ihre bekannteste Rolle war von 1994 bis 2018 im ZDF die der TV-Kommissarin Bella Block. Die Mutter der Schauspielerin Nina Hoger lebt in Hamburg.   

Briefe und andere Geschichten über die Liebe

21. Mai, 19.30 Uhr, Schauspielhaus. Karten: Tel. 0561/ 1094-222, staatstheater-kassel.de

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