Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger hat entsetzt auf einen Unterstützerbrief von rund 100 Lehrkräften an Berliner Hochschulen für propalästinensische Demonstranten reagiert. „Dieses Statement von Lehrenden an Berliner Universitäten macht fassungslos. Statt sich klar gegen Israel- und Judenhass zu stellen, werden Uni-Besetzer zu Opfern gemacht und Gewalt verharmlost“, sagte die FDP-Politikerin der „Bild“-Zeitung.
„Dass es sich bei den Unterstützern um Lehrende handelt, ist eine neue Qualität. Gerade sie müssen auf dem Boden des Grundgesetzes stehen“, sagte die Ministerin weiter.
Am Dienstag hatten etwa 150 Aktivisten an der Freien Universität Berlin versucht, einen Hof zu besetzen und Zelte aufzubauen. Die Uni schaltete rasch die Polizei ein und ließ das Gelände räumen. 79 Personen seien vorübergehend festgenommen worden, davon 49 Frauen und 30 Männer, es gebe 80 Strafermittlungsverfahren und 79 Ordnungswidrigkeitsverfahren, so die Polizei.
In einem „Statement von Lehrenden an Berliner Universitäten“ schrieben etwa 100 Dozenten von mehreren Berliner Hochschulen: „Unabhängig davon, ob wir mit den konkreten Forderungen des Protestcamps einverstanden sind, stellen wir uns vor unsere Studierenden und verteidigen ihr Recht auf friedlichen Protest, das auch die Besetzung von Uni-Gelände einschließt.“
Und weiter: „Wir fordern die Berliner Universitätsleitungen auf, von Polizeieinsätzen gegen ihre eigenen Studierenden ebenso wie von weiterer strafrechtlicher Verfolgung abzusehen.“
Unter dem nun veröffentlichten Brief finden sich die Namen von Dozenten, die an der Freien Universität, der Humboldt-Universität und anderen Hochschulen lehren. Auch mehrere Professoren sind darunter. Die Autoren schreiben, die „Dringlichkeit des Anliegens der Protestierenden“ müsse auch „für jene nachvollziehbar sein, die nicht alle konkrete Forderungen teilen oder die gewählte Aktionsform für nicht geeignet halten“.
Es sei die Pflicht der Universitätsleitung, solange wie möglich „eine dialogische und gewaltfreie Lösung anzustreben“. Diese Pflicht habe Präsidium der FU verletzt, „indem es das Protestcamp ohne ein vorangehendes Gesprächsangebot polizeilich räumen ließ“. Die FU hatte zuvor betont, der Protest sei „nicht auf Dialog ausgerichtet“ gewesen.
Der Regierende Bürgermeister von Berlin, Kai Wegner (CDU), kritisierte den offenen Brief. „Für die Verfasser dieses Pamphlets habe ich überhaupt kein Verständnis“, teilte Wegner auf WELT-Anfrage mit. „Die Berliner Universitäten sind und bleiben Orte des Wissens, des kritischen Diskurses und des offenen Austauschs. Antisemitismus und Israelhass sind aber keine Meinungsäußerungen, sondern Straftaten.“ Er habe volles Vertrauen, dass die Polizei „gegen solche Straftaten auch weiterhin konsequent rechtsstaatlich“ vorgehe.
Laut der FU-Leitung sollen die Demonstranten am Dienstag versucht haben, in Räume und Hörsäle einzudringen, um diese zu besetzen. Bei dem Protest kam es demnach neben Sachbeschädigungen und Rangeleien auch zu antisemitischen Äußerungen. Die FU stellte mehrere Strafanzeigen.