Theorie der kognitiven Entwicklung Piaget

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Jean Piaget hat die Theorie der kognitiven Entwicklung anhand seiner Forschungen und wissenschaftlichen Arbeiten entwickelt. Die Theorie der kognitiven Entwicklung stellt eine der Grundlagentheorien im Bereich der Psychologie und Pädagogik dar. In diesem Beitrag erhältst du alle Infos zu den vier Stufen der kognitiven Entwicklung nach Piaget. In einem extra Beitrag auf dieser Website geht es um die Begriffe Assimilation, Akkommodation, Äquilibration und Adaption. Ich verlinke dir HIER den passenden Beitrag dazu. Schaue auch dort einmal vorbei, um die Theorie der kognitiven Entwicklung nach Piaget besser nachvollziehen zu können.

Inhaltsverzeichnis

Kognitive Entwicklung Stufe 1: sensomotorische Intelligenz

Diese Stufe geht von der Geburt bis zum zweiten Lebensjahr

Die sensomotorische Intelligenz entsteht laut Piaget durch das Zusammenspiel
zwischen den Wahrnehmungseindrücken und Sinneserfahrungen und der motorischen Aktivität des Kindes. Zu Beginn findet dies durch reine Beobachtung statt, das Neugeborene ist nicht mobil, kann sich nicht fortbewegen. Dies ändert sich im Laufe der Stufe, mit 2 Jahren kann ein Kind in aller Regel laufen. Das Kind lernt durch aktive Wiederholung, das bedeutet, es beobachtet etwas, zum Beispiel bei seinen Eltern und wiederholt dann das beobachtete Verhalten. Später kommt das Experimentieren dazu. So eignet sich das Kind auch unabhängig von anderen Personen etwas an. Es entstehen erste Gewohnheiten und Fähigkeiten bilden sich aus, das Gedächtnis prägt sich aus und es werden fundamentale Strukturen gelegt.

Kognitive Entwicklung Piaget

Experimentieren und Objektpermanenz

Das Kind experimentiert zum Beispiel was mit Gegenständen passiert, wenn es sie berührt, an ihnen zieht, sie fallen lässt oder umkippt.

Ein weiterer wichtiger Meilenstein in dieser Stufe ist die Entwicklung der Objektpermanenz. Das bedeutet, dass das Kind versteht, dass Objekte permanent existieren, auch wenn man diese gerade nicht mehr sieht. Kinder ohne dieser Fähigkeit wissen das nicht. Deshalb finden diese Kinder es auch unheimlich lustig, wenn sich jemand hinter den Händen versteckt und ganz plötzlich wie du Zauberei wieder auftaucht.

Kognitive Entwicklung Stufe 2: Präoperationale Stufe

Diese Stufe geht vom zweiten Lebensjahr bis zum siebten Lebensjahr

Die kognitive Entwicklung baut auf den Erfahrungen, Eindrücken und Erlebnissen aus
der ersten Stufe auf. Das Kind baut weitere Kompetenzen und Fähigkeiten aus und ist in der Lage immer mehr Eindrücke zu sammeln. Vor allem zu Beginn dieser Stufe
spricht man vom kindlichen Egozentrismus.

Kindlicher Egozentrismus

Im kindlichen Egozentrismus ist das Kind fest davon überzeugt, dass es den Mittelpunkt der Welt darstellt, die Welt wegen ihm existiert und alles nur passiert, weil es selbst etwas getan hat:

„Ich habe meinen Teller nicht leer gegessen, deshalb ist heute schlechtes Wetter“
„Der Kindergarten fällt heute aus, weil ich etwas verbrochen habe“
„Das Wetter ist heute toll, damit ich draußen spielen kann.“

In diesem Stadium ist das Kind nicht in der Lage sich ernsthaft in andere Menschen hineinzuversetzen. Dies entwickelt sich innerhalb der Stufe jedoch immer weiter und das Kind kann sich langsam auch die Perspektive anderer Menschen einnehmen.

Symbolisches Denken und Mangel an Erhaltung

Innerhalb der Stufe denkt das Kind noch sehr symbolisch, Symboliken haben also eine große Bedeutung. Dies lässt sich beispielsweise auch an gemalten Bildern erkennen. Kinder in dieser Stufe malen beispielsweise nicht realitätsnah, sondern anhand ihrer Symbolik und Bedeutung. Da kann auf einem gemalten Bild die Mama oder der Papa auch mal doppelt so groß sein wie das eigene Zuhause. Wenn die Sonne auf dem Bild scheint, dann kriegt sie ein lächelndes Gesicht und wenn es regnet, dann weint sie vielleicht.

In andere Rollen schlüpfen und diese auszuprobieren, um die Welt zu entdecken, ist in dieser Phase ebenfalls von hoher Relevanz. Die meisten Kinder haben Freude daran sich beispielsweise wie ein Tier zu verhalten, oder wie ein Feuerwehrmann, eine Prinzessin oder wie ein Dinosaurier. Die Welt wird weiter neugierig entdeckt, das Kind möchte am Liebsten alles wissen und stellt viele Fragen.

Kindern in dieser Stufe fehlt die kognitive Fähigkeit zu verstehen, dass sich die Menge eines Objekts nicht ändert, wenn sich seine Form verändert. Als Beispiel; ein Kind denkt dann beispielsweise, dass in ein Glas was 20cm hoch ist, dafür aber sehr schmal ist, mehr Flüssigkeit rein passt, als in ein Glas was 10 cm hoch ist, dafür aber breiter ist. Einfach weil das 20cm Glas höher ist. Dies nennt sich Mangel an Erhaltung. 

Kognitive Entwicklung Stufe 3: Konkret operationale Stufe

Diese Stufe geht vom siebten bis zum elften Lebensjahr

In dieser Entwicklungsstufe beginnen die Kinder logisches Denken in konkreten
Situationen anzuwenden. Mit konkreten Situationen sind solche Situationen gemeint,
welche sich gerade in diesem Moment vor dem Kind abspielen. Oder auch Situationen, welche schon so oft durchlebt wurden, dass sie dem Kind ganz klar vor Augen sind, also Situationen, welche anschaulich und erfahrbar sind. So ist es dem Kind beispielsweise möglich, Gruppierungen und Schema miteinander zu verbinden und in Relation zu setzen. Dazu zählt beispielsweise das Beispiel von eben mit dem Glas. Das Kind kann jetzt nachvollziehen, dass in dem 20cm Glas genauso viel Flüssigkeit reinpassen kann, wie in dem 10cm Glas, obwohl das 20cm Glas ja viel höher ist.

Piaget Theorie kognitive Entwicklung

Auch kann das Kind jetzt logische Reihen und Rangfolgen aufstellen. Kindern in dieser Phase fällt das abstrakte Denken noch schwer. Das bedeutet, dass es Kindern schwer fällt Kenntnisse und Informationen auf ein Thema zu übertragen, welches sie noch gar nicht kennen. Die Erfassung der Umwelt wird realistischer. Realistischer in dem Sinne, dass Zusammenhänge logischer erklärt werden können (das Wetter hat nichts damit zu tun, ob ich heute spielen will oder nicht).

Das Kind versteht auch langsam, dass es mit seiner eigenen Wahrnehmung, den eigenen Gedanken und Sichtweisen individuell ist, diese können von Anderen abweichen. Dem Kind ist es langsam möglich, sich wirklich in die Lage anderer Personen hineinzuversetzen. Aber auch in diesem Alter kommt es bei der Erfassung der Realität zu einer kognitiven Verzerrung, bzw. die Wahrnehmung der Realität wird verzerrt. Beispielsweise durch Fantasien oder Wunschvorstellungen des Kindes.

Theorie der kognitiven Entwicklung Piaget

Kognitive Entwicklung Stufe 4: Stufe der formalen Operationen

Diese Stufe beginnt etwa ab 12 Jahren

Ab dieser Stufe der kognitiven Entwicklung entwickelt sich die Fähigkeit der
Abstraktion weiter. Dem Kind ist es jetzt auch möglich, nicht nur das konkret Sichtbare und Wahrnehmbare zu erfassen, sondern auch das Mögliche und Abstrakte. Das bedeutet, dass das logische Denken und die damit zusammenhängenden Denkoperationen nicht mehr ausschließlich in konkret vorstellbaren Situationen möglich sind. Abstrakte Begriffe wie Liebe, Freundschaft, Gerechtigkeit, Ungerechtigkeit oder Hass werden dem Kind greifbarer, es kann detailliert darüber nachgedacht werden. Dadurch ist es dem Menschen möglich, ein tieferes Verständnis der eigenen Identität zu entwickeln.

Stufe der formalen operation kognitive Entwicklung Piaget

Das Denken kann analytischer ausgeprägt werden. Beispielsweise kann der Mensch in dieser Phase das Verhalten anderer Menschen analysieren und versuchen für ihn schlüssige Erklärungen zu finden. Dem Menschen ist es nun möglich, den Alltag, die Woche, das Leben systematisch zu planen, Prioritäten zu setzen und so fokussierter und zielgerichteter zu handeln und zu leben. Worauf der Fokus gesetzt wird und welche Ziele verfolgt werden, ist natürlich bei jedem Menschen unterschiedlich. Dem Menschen ist es nun auch möglich, über das Denken nachzudenken, eigene Gedanken zu reflektieren und in Beziehung und Relation zu anderen zu setzen. Diese Form stellt die höchste des logischen Denkens dar.

Theorie der kognitiven Entwicklung Piaget

Und dann? Ist die kognitive Entwicklung abgeschlossen?

Ist die vierte Phase der kognitiven Entwicklung durchlaufen, ist die Denkentwicklung abgeschlossen. Das bedeutet jedoch nicht, dass das Kind bzw. der Jugendliche keine Fortschritte mehr im Bereich der kognitiven Kompetenzen oder des logischen Denkens machen kann oder es unmöglich ist neue Dinge zu lernen. Jean Piaget Theorie stützt die Idee des lebenslangen Lernens. Es bedeutet viel mehr, dass die Grundlagen geschaffen wurden und die Entwicklung der Denkstrukturen geschaffen wurde.

Was der einzelne Mensch daraus macht, liegt unter anderem an ihm selbst, welche Chancen er wahrnimmt und wie interessiert, wissbegierig und neugierig er durch das Leben geht. Wie bereit er dazu ist, neue Dinge auszuprobieren und sich auf Neues einzulassen und welche Möglichkeiten und Chancen ihm dabei sein Umfeld bietet.

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