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„Sophia, der Tod und ich“: Gelungene Romanverfilmung von Charly Hübner

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AUTOR/IN
Janis El-Bira

Thees Uhlmann ist nicht nur ein überaus erfolgreicher Musiker, der vor seiner Solokarriere als Sänger der Hamburger Band Tomte bekannt wurde – 2015 landete er auch als Schriftsteller einen echten Bestseller. „Sophia, der Tod und ich“ hieß der Roman, in dem Uhlmann den Tod höchstpersönlich ins Leben eines viel zu jungen Mannes einbrechen ließ. Ein tragikomisches Buch, das im Angesicht des Todes vor allem vom Leben erzählt. Der Schauspieler Charly Hübner hat den Roman verfilmt und bis in die Nebenrollen mit Stars der deutschsprachigen Film- und Theaterwelt besetzt.

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Auge in Auge mit dem Tod

Mitten im Leben sind wir vom Tod umfangen. Das wusste man schon im Mittelalter. Der Altenpfleger Reiner wird abberufen, so haben es die himmlischen Kräfte entschieden. Dass der kaum 40-Jährige weit vor der Zeit sterben soll und sich nicht in sein Schicksal fügen will, ist der Motor für das Spielfilm-Regiedebüt des Schauspielers Charly Hübner.

Filmstill
Der Tod, Morten de Sarg (Marc Hosemann) steht vor der Tür von Reiner (Dimitrij Schaad) und erklärt ihm, dass er in drei Minuten sterben wird. Er leide an einem unentdeckten Herzfehler – wie einst schon sein Vater. Bild in Detailansicht öffnen
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Der junge Mann bricht zusammen und der Tod will Reiner mitnehmen, aber da klingelt es an der Tür. Es beginnt eine Verkettung irrwitziger Umstände, bei denen Reiners Ex-Freundin Sophia (Anna Maria Mühe) eine entscheidende Rolle spielt. Bild in Detailansicht öffnen
Filmstill
Überstürzt bricht das Paar auf, mit dem Tod im Schlepptau. Laut einem überirdischen Gesetz dürfen der Tod und sein Opfer nicht mehr als 300 Meter voneinander getrennt sein. Bild in Detailansicht öffnen
Filmstill
Die chaotische Reise führt zunächst zu Reiners Mutter Lore (Johanna Gastdorf). Lore hat Geburtstag und erwartet die beiden. Sophia macht bei Reiner einen vorsichtigen Annäherungsversuch, um ihn aus den Klauen des Todes wegzuhohlen. Bild in Detailansicht öffnen
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Doch Reiner zieht sich hinter eine Wand aus Missmut zurück, weil er seiner Mutter nicht von seinem drohenden Tod erzählen will: „Das ist scheiße traurig und scheiße anstrengend.“ Bild in Detailansicht öffnen
Filmstill
Mit dem anstehenden Tod ist allen klar, dass sie das Beste aus den letzten Stunden von Reiner machen müssen. Bild in Detailansicht öffnen
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Reiner (Dimitrij Schaad), seine Mutter (Johanna Gastdorf) und Sophia (Anna Maria Mühe) treten, natürlich begleitet von Morten (Marc Hosemann) eine letzte Reise an. Reiners Ziel ist es, endlich seinen Sohn, der mit der Mutter im Süden Deutschlands lebt, zu sehen. Bild in Detailansicht öffnen
Filmstill
Rund 20 Jahre währt die Film- und Fernsehkarriere von Charly Hübner. Parallel zu seinen Erfolgen als Schauspieler hatte der Darsteller auch immer Lust, einmal Regie zu führen. Bild in Detailansicht öffnen

Weglaufen vor dem Unausweichlichen

Denn schließlich gibt es für Reiner noch unfertige Angelegenheiten hier auf Erden und die verhindern, dass der ziemlich tapsige Tod in Gestalt von Marc Hosemann die Seele aus dem Brustkorb saugt. Da wäre zum Beispiel das komplizierte Verhältnis zu Ex-Freundin Sophia, die pflichtbewusst an den Geburtstag von Reiners Mutter erinnert und sich mit beiden, Reiner und dem Tod, auf den Weg zu ihr macht. Die Reise des seltsamen Trios, bald auch ergänzt um Reiners Mutter, übersetzt sich natürlich in ein Weglaufen vor dem Unausweichlichen, also dem Tod.  

Der Tod als moralische Prüfung unsere Dinge im Diesseits zu ordnen

„Sophia, der Tod und ich“ flackert zwischen Road-Movie, Fantasy, Lebensratgeber mit nordisch trockenem Kneipen-Humor und Bildungsroman. Denn der nahende Tod wird als moralische Prüfung und Aufforderung verstanden, die Dinge im Diesseits in Ordnung zu bringen. Deshalb will Reiner auch seinen Sohn Johnny noch einmal sehen, mit dem er sonst meist nur per Postkarte Kontakt hält.

Filmstill
Rund 20 Jahre währt die Film- und Fernsehkarriere von Charly Hübner. Parallel zu seinen Erfolgen als Schauspieler hatte der Darsteller auch immer Lust, einmal Regie zu führen.

Extrem lässiger Umgang mit dem Thema Tod

Regisseur Charly Hübner setzt ganz auf den betont unterspannten Stil der Romanvorlage. Über weite Strecken erscheint der Tod wie eine lästige Aufgabe, als ginge es bloß darum, am Wochenende noch das Leergut wegbringen zu müssen. Und es schränkt die emotionale Tiefendimension bis zum tatsächlich berührenden Schlussviertel des Films ziemlich ein, wenn noch über die existenziellsten Erfahrungen smart hinweggeschmunzelt wird.

Charly Hübner fährt einen Luxus-Cast auf

Aber die Schauspieler*innen reißen's mal wieder raus: Anna Maria Mühes stets nahkampfbereite Sophia, Johanna Gastdorf als Mutter im hanseatischen Panzer ihrer Wachsjacke, Dimitrij Schaads idealbesetzter Reiner in all seiner schnodderigen Lebensschläue. Selbst die Nebenrollen werden noch von Theaterstars wie Lina Beckmann und Josef Ostendorf veredelt. Diesem Luxus-Cast zuzusehen, macht Spaß – auch wenn einen der Tod in „Sophia, der Tod und ich“ eher umkuschelt als umfängt.

Trailer „Sophia, der Tod und ich“, ab 31.8. im Kino

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