Ehepaar wird nach 21 Jahren geschieden, ohne es zu wissen – vor Gericht wird es dann noch wilder
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Ehepaar wird nach 21 Jahren geschieden, ohne es zu wissen – vor Gericht wird es dann noch wilder

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Eine Anwaltspanne beendet versehentlich die falsche Ehe. Den Antrag auf Rückgängigmachung lehnt der Richter ab – und löst eine Kontroverse um den Beschluss aus.

London – Ein Mitarbeiter der renommierten Anwaltskanzlei Vardag‘s habe 2023 versehentlich die Akte eines Paares geöffnet, das in den Gerichtsunterlagen als Mr. und Mrs. Williams geführt wird. Eigentlich habe der zuständige Mitarbeiter in dem Computersystem den endgültigen Scheidungsbeschluss für einen anderen Mandanten beantragen wollen. Doch der folgenschwere Fehler führte dazu, dass das Ehepaar Williams aus Versehen verfrüht geschieden wurde. Darüber berichtet BBC.

Versehentlicher Scheidungsantrag: Nach 21 Minuten rechtskräftig

In den Gerichtsunterlagen heißt es, dass Mrs. Williams im Januar 2023 nach 21 Jahren Ehe die Scheidung beantragt habe.
Eigentlich muss man in England aber laut gov.uk 20 Wochen warten, bis man im Scheidungsprozess die nächsten Schritte gehen kann. Diese Zeitspanne ist dazu gedacht, dass Paare ihre Entscheidung überdenken oder die Details ihrer Trennung aushandeln können. Laut The Guardian war das Paar noch dabei, ihre Finanzen und Habseligkeiten aufzuteilen, bevor es die Scheidung finalisieren wollte.

Im Oktober letzten Jahres passierte jedoch ein Bürokratiefehler. Ein Mitarbeiter der Anwaltskanzlei hat versehentlich die Akte des Paares geöffnet, als eine andere Scheidung finalisiert werden sollte. Das Computersystem konnte aber nicht mehr gestoppt werden. In seiner Zusammenfassung stellte der zuständige Richter Andrew McFarlane fest, dass das System „mit seiner inzwischen üblichen Schnelligkeit“ den Beschluss dann nur 21 Minuten später erteilte.

Von der vollzogenen Scheidung habe der Ehemann aber erst am 11. Oktober erfahren. Bis dahin hätten die Anwälte von Mrs Williams noch versucht, die Rechtsgültigkeit des Beschlusses anzufechten.

Ein Richterhammer und zwei Eheringe auf einem Sockel
Glück für den einen, Pech für den anderen: Das Ehepaar Williams wird nach 21 Jahren aus Versehen geschieden. © Imago Images

Auch die Kanzlei selbst beantragte die Aufhebung des Beschlusses – doch ohne Erfolg. Denn der zuständige Richter, McFarlane, lehnte den Antrag ab. Die Scheidung war rechtskräftig. Ayesha Vardag, die Leiterin der Kanzlei, erklärte laut dem Bericht von BBC salopp: „Der Computer sagt: Nein, Sie sind geschieden.“

Die Londoner Kanzlei Vardag‘s, die auch Büros in Cambridge und Manchester hat, ist auf „vermögende und sehr vermögende Familienfälle“ spezialisiert. Inhaberin Ayesha Vardag, die den Spitznamen „Scheidungsdiva“ trägt, ist mittlerweile eine prominente Persönlichkeit in der Branche.

Mr. Williams Anwälte beharren auf Scheidungsbeschluss

Die Anwälte von Mrs. Williams argumentierten demnach, dass die Verfügung „aus Versehen erlassen“ wurde und die Ehe daher einfach „aufgehoben“ werden sollte. Mr. Williams schien den Fehler der Anwälte seiner heutigen Ex-Frau dankbar angenommen zu haben. Denn die Rechtsvertreter von Mr. Williams argumentierten, ein rechtskräftiger Scheidungsbeschluss sei eine endgültige Anordnung, die nicht durch die Zustimmung der Parteien aufgehoben werden könne, sondern nur aufgehoben werden könne, wenn sie entweder nichtig oder anfechtbar sei. Dies ist aber nicht der Fall.

Auch der zuständige Richter McFarlane wies die Argumente der Ehefrau zurück. Selbst wenn der Beschluss anfechtbar sei, bestehe „ein starkes öffentliches Interesse daran, die Sicherheit und Endgültigkeit zu respektieren, die sich aus einem rechtskräftigen Scheidungsbeschluss ergeben, und den durch ihn geschaffenen Status quo zu erhalten“.

Ayesha Vardag wiederum kritisierte das Urteil scharf. Der Staat „sollte nicht aufgrund eines ‚Tippfehlers‘ eine Scheidung vollziehen.“ Sie fügte hinzu, dass eine „Absicht“ seitens der Person vorliegen müsse, die sich scheiden lasse. „Wenn ein Gericht auf einen Fehler aufmerksam gemacht wird und jeder akzeptiert, dass ein Fehler gemacht wurde, muss er natürlich rückgängig gemacht werden“, sagte sie abschließend. (ls)

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