20 Jahre Aloha Heja He - Ein Lied-Märchen - Achim Reichel - Musiker & Storyteller
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20 Jahre Aloha Heja He - Ein Lied-Märchen

20 Jahre Aloha Heja He - Ein Lied-Märchen

wieder fängt ein Märchen an mit: Es war einmal – genauer gesagt, war es zu Beginn der Siebziger-Jahre, da hatten mein musikalischer Partner aus langsam dahingehenden Wonderland-Band-Tagen Frank Dostal und ich, die fixe Idee für eine Single-Produktion. Wir riefen ein Chorprojekt ins Leben, das wir „Hamburger Blues-Gesang-Verein von 1970“ nennen wollten und mit leichter Hand waren schnell ein paar Demos gemacht. Eine Plattenfirma war schnell gefunden, das Studio sollte uns nichts kosten, für die Musik würden wir selbst sorgen und unser alter Keyboarder Les Humphries sollte als Chorleiter zum Einsatz kommen. Sah alles ganz gut aus, wir hatten zusammen viel Spaß.

Aber dann sollte alles ganz anders kommen. So schnell wie sich unser „Blues Gesangverein“ zusammenfand, löste er sich auch wieder auf. Wie das mit fixen Ideen manchmal so ist. Was zurückblieb war ein Single-Flop und als Überbleibsel eine Tonbandspule mit einer Melodie, die erst 20 Jahre später ihre wahre Bestimmung finden sollte. Doch zunächst landete sie in einem Umzugskarton.

Es geschahen große Dinge. Die Familie zog mit Sack und Pack auf’s Land, und lebte fortan mit Katz und Hund, mit Hühnern und Gänsen in einem weißen Haus am See. Alle waren glücklich, ich fühlte mich beflügelt und die Vorbereitungen für eine neue Albumproduktion liefen auf Hochtouren. Irgendwann beim entsorgen der Umzugskartons fiel mir eine darin zurück gebliebene Tonbandspule in die Hände. Ich hörte mir an was drauf war...und da war sie wieder - diese Akkordfolge, mit der Melodie die mir immer noch so gut gefiel. Lieber einen Song zuviel als einen zu wenig und schnell entschlossen entstand ein Balladentext im Seefahrer-Milieu und die Chor-Melodie bekam eine Wort-Melodie. Seit dem beginnt der Text mit: „hab die ganze Welt gesehn...“ und endet mit „Aloha Heja He“ und wurde als Außenseiter ins Rennen geschickt. Weil vor Sansibar niemand mit „Aloha“ begrüßt wird, und „Matrosen am Mast“ so wenig romantisch wie Gonorrhoe sind, schien der Text auf riskantem Kurs und nur mangelhaft Radio kompatibel zu sein.  Für die auf schnelles Tagesgeschäft geeichten Plattenfirmen-Eminenzen wollte der Erfolg nicht schnell genug eintreten und sie befürchteten schon die Aufnahme könnte zu sehr „ out of normality“ sein.

Doch dann platzte der Knoten. Ich wurde mit meiner Band für ein sommerliches Open Air Festival am Steinhuder Meer gebucht. Als wir von der Bühne kamen, trauten die Redakteure des präsentierenden Radiosenders ihren Ohren nicht. Obwohl unser Auftritt längst vorüber war, wollten die Aloha-Gesänge des Publikums kein Ende nehmen, Das ließ mich gut gelaunt in die geplanten Ferien Richtung Schweden fahren. Als wir einige Wochen später von der Autofähre Puttgarden rollten um ausgeruht Richtung heimatliche Gefilde zu fahren, machte ich, einem flüchtigen Reflex folgend, das Radio an und hatte den Finger noch gar nicht ganz vom Knopf, da setzte es punktgenau ein mit: „ hab die ganze Welt gesehn...“. Ein Willkommensgruß der besonderen Art, es hatte sich etwas getan und wir staunten nicht schlecht.

Während wir uns an der nordischen Sonne labten ist unser kleines Lied nicht untätig gewesen, es entwickelte ungeahnte Kräfte und begann zögerlich die Hitparaden zu erklimmen, es kletterte weiter und immer weiter. Es sollte gar nicht lange dauern, da stand ich dann da, die Arme voll mit Goldenen Schallplatten, und einem Gesicht als wäre ich grad Vater geworden. Eine für den Interpreten, eine für den Produzenten, den Verleger, den Texter und den Komponisten. Ich hatte viel zu tragen – vielen Dank liebe Leute. Hier könnte das Märchen auch sein Happy End haben -.

Wie jeder weiß, die Hits kommen - die Hits gehen und nur wenige bleiben bestehen. Unser Lied entschied sich für’s Bestehenbleiben und und zog in seiner Erfolgsspur eine wahre Flut von Coverversionen anderer Interpreten nach sich. Dabei geht es Quer durch alle Genres: Folk, Rock, Punk, Metall, Disco, Bierzelt-Polka, von Techno bis zum Alleinunterhalter und wieder zurück - ist alles dabei. In digitalen Zeiten finden sich im WorldWideWeb bei YouTube.de unter diversen Suchbegriffen ( z.B.: Aloha heja he – Aloha heja - Aloha he Aloahe – Aloahehahe – Hey Aloah Hea ) die tollsten Belege für „Aloha-Gesteuerte Massenausschreitungen“. Nehmen wir z.B. das gleich einer Epidemie um sich greifende Ritual des Trockenruderns. Welches unbestätigter Quellen zur Folge seinen Ursprung darin hat, dass ein Ruderprofi dereinst Schützenkönig werden sollte. Als dieser zu seiner Krönung die Bühne betrat, fand er  seine Vereinskameraden nebst anwesender Damen – zu Ruderformationen gestaffelt, sitzend auf dem Tanzboden vor. Die Musik begann zu spielen und von „vor und zurück - Rufen“ angefeuert, begann der weite Tanzboden, in Formationen unterteilt, auf Schlag den Ruder-Rhythmus aufzunehmen -. Die Überraschung war perfekt, dem Schützenkönig entglitt neben dem Lächeln auch ein schräges Tönchen und seitdem ist neben Schattenboxen und Luftgitarre auch mit Trockenrudern zu rechnen.

Und weil in Zeiten des Internets „der Klick“ die gemeinsame Währung ist, wollte ich nun wissen, wie viele Klicks unser Jubilar in allen Versionen auf sich vereinigen konnte. Als ich das Ergebnis sah, musste ich mir die Augen reiben, ... kein Zweifel: es waren 3,5 Millionen Klicks. Nach anfänglichem Hochgefühl, stellte sich dann doch die Frage: was kann ich mir für 3,5 Millionen Klicks kaufen? Wo finde dafür ich den Wechselkurs ? Oder ist das hier für’n guten Zweck?  Diese Fragen quälen z.Zt. jeden Autoren der feststellt, dass ihm sein geistiges Eigentum gestohlen wird, um damit Geschäfte zu machen, an denen er selber nicht beteiligt sein soll. Haben wir es hier etwa mit auf Gutmensch getarnter Copyright-Piraterie zu tun? Jedenfalls ärgert es den frisch gebackenen Klick-Millionär, dass ein Zuhälter namens „YouTube“ seinem besten Pferd im Stall das Preisgeld nicht auszahlen will.

Abschließend noch eine versöhnende Anekdote: Es ist schon ein wenig her, da erreichte mich während einer Tournee eine E-Mail von einer glücklichen Mutter. Sie schrieb davon, wie ihr kleiner Sohn im Alter von gerade mal 5 Jahren bei Familienfeierlichkeiten überraschend auf den Tisch stieg, um von dort lauthals zu verkünden: „Hab die ganze Welt gesehn...“. Heute hab ich mit meinem Sohn dein Konzert besucht, er ist jetzt 20 Jahre alt. Als ich am Ende hörte wie das ganze Publikum „sein“ Lied mitsang, da konnte es schöner nicht sein.

... hier wollen wir unser kleines Lieder-Märchen nun vorläufig ausklingen lassen...

– aber sonst sind wir bei bester Gesundheit: Aloha*

* aus der hawaiianischen Sprache, dort: Liebe, Zuneigung, Nächstenliebe und Mitgefühl

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