Der Passierschein (2002) - Studiocanal
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Der Passierschein

Der Passierschein

(Laissez-passer)

"Wie war es unter der deutschen Besatzungsmacht"? diese Frage stellt Bertrand Tavernier in diesem präzise recherchierten Period-Piece über ein dunkles Kapitel französischer Filmgeschichte. Er erzählt von Anpassung und Widerstand, von zwei Männern, die unterschiedliche Wege gingen. Der spätere Regisseur Jean-Devaivre kollaborierte vordergründig mit der in Paris ansässigen deutschen Produktionsfirma Continental, Drehbuchautor Jean Aurenche verweigerte sich radikal.
Wie schon in "Auf offener Straße" und "Das Leben und nichts anderes" begann Bertrand Tavernier ohne eine bestimmte Vorstellung, recherchierte einen Zeitabschnitt und ein Milieu. Ihm ging es weniger darum, numerisch Informationen zu sammeln, sondern sich "gute Fragen" zu stellen, ohne die Antworten zu kennen. Fast vergessen ist die Zeit von 1942 bis 1945, als die Deutschen mit ihrer Continental französische Filme produzierten und nur die Besten aus dem besetzten Land für ihre Projekte anwerben wollten. Zwei Männer stehen im Mittelpunkt, der Regie-Assistent Jean-Devaivre, der sich nach 1945 mit Filmen wie "La Dame d'onze heures" oder "La Ferme des sept péchés" einen Namen machte und Drehbuchautor Jean Aurenche, mit dem Tavernier in den siebziger Jahren bei "Der Uhrmacher von St. Paul" und "Der Richter und der Mörder" zusammenarbeitete. Während Jean-Devaivre die Continental benutzt, um seine Résistance-Aktivitäten zu kaschieren, lässt sich Arenche lieber einsperren, als für die "boches" unter Druck auch nur ein Wort zu Papier zu bringen. Wer Tavernier kennt, weiß, dass ihn nicht nur die Politik interessiert, sondern das individuelle Schicksal der Menschen, die zum Spielball der großen Geschichte wurden. So lockern die legendären Liebeseskapaden von Aurenche die Handlung auf, der seine Leidenschaft auch schon mal zwischen drei Geliebten salomonisch aufteilte. Spannend das Doppelleben von Jean-Devaivre als Résistance-Mitglied, der bei dieser Gratwanderung zwischen Arbeit für den Feind und Untergrund sein Leben riskierte und jeden Moment Entdeckung fürchten musste. Sehr komplex ist die Rolle des deutschen Studioleiters und Film-Enthusiasten Dr. Greven angelegt, der sich auch von Propagandaminister Goebbels nicht einschüchtern ließ und unter dessen Aufsicht sogar "La Symphonie Fantastique" entstand, von den Franzosen als patriotisches Werk damals frenetisch gefeiert. Christian Berkel, zuletzt in "Die Affäre Semmeling" und "Das Experiment" zu sehen, spielt den Deutschen als frankophilen Intellektuellen, für den Kunst mehr zählt als Ideologie. Zwei Stunden und fünfzig Minuten dauert dieser komplexe Blick zurück, die Fülle von Personen (115 Sprechrollen), darunter Produzent Roger Richebé, Drehbuchautor Pierre Bost oder die Regisseure André Cayatte und Claude Autant-Lara beansprucht hohe Aufmerksamkeit. Fast 20 Jahre trug Tavernier die Idee zu diesem Mammut-Film mit sich herum. Für Cinéphile hat sich das Warten gelohnt. mk.
Quelle: Blickpunkt:Film

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