Franz Josef Strauß: Er war Bayerns Alpha-Bulle | Abendzeitung München

Franz Josef Strauß: Er war Bayerns Alpha-Bulle

Die Legende Franz Josef Strauß: Am 3. Oktober ist der 25. Todestag des früheren bayerischen Ministerpräsidenten. AZ-Kolumnist Michael Graeter erinnert sich an ein ungewöhnliches Leben – und das jähe Ende.
| Michael Graeter
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Strauß war leidenschaftlicher Pilot.
imago 6 Strauß war leidenschaftlicher Pilot.
Strauß mit seinem damaligen Generalsekretär und späteren Nachfolger als Ministerpräsident, Edmund Stoiber.
imago 6 Strauß mit seinem damaligen Generalsekretär und späteren Nachfolger als Ministerpräsident, Edmund Stoiber.
Franz Josef Strauß (r.) und sein ewiger Konkurrent, Helmut Kohl.
dpa 6 Franz Josef Strauß (r.) und sein ewiger Konkurrent, Helmut Kohl.
Der bayerische CSU-Politiker Franz Josef Strauß auf dem Parteitag der CSU in München (Bayern) im Oktober 1971.
dpa 6 Der bayerische CSU-Politiker Franz Josef Strauß auf dem Parteitag der CSU in München (Bayern) im Oktober 1971.
Strauß während der Feierlichkeiten zu seinem 70. Geburtstag 1985 in München.
dpa 6 Strauß während der Feierlichkeiten zu seinem 70. Geburtstag 1985 in München.
Vergeblich bewarb er sich um die Kanzlerschaft: Franz Josef Strauß hält bei einem Kongress der CSU in der Olympiahalle in München am 13.09.1980 die Kelle eines Fahrdienstleiters hoch.
dpa 6 Vergeblich bewarb er sich um die Kanzlerschaft: Franz Josef Strauß hält bei einem Kongress der CSU in der Olympiahalle in München am 13.09.1980 die Kelle eines Fahrdienstleiters hoch.

München - Franz Josef Strauß (1915 bis 1988) war ein Parade-Bayer und Former der Alpen-Republik, Alpha-Bulle der deutschen Politik, Volks-König und ein Früh-Berlusconi, nicht so reich, aber mindestens so sexy. Der 25. Todestag des legendären CSU-Chefs (1961 bis 1988) wird Mittwoch und Donnerstag in München und Rott am Inn zelebriert. Ein Wunder: Man hat sich der weißblauen Königsfamilie zurückerinnert, die in der Zeit vor Seehofer ziemlich weggebügelt wurde.

Es beginnt um 14 Uhr mit einem Symposium in der Hanns-Seidel-Stiftung mit Festreden, zu dem sich auch der frühere FJS-Adlatus und Ex-Ministerpräsident Edmund Stoiber einbrachte, der Monika Strauß, Barbara Stamm, Peter Gauweiler und Alfred Sauter auf dem politischen Gewissen hat. Um 18 Uhr halten Bischof Rudolf Voderholzer und Pater Karl Kern in der Jesuitenkirche St. Michael einen lateinisch-deutschen Gedenkgottesdienst. Zwei Stunden später bittet Ministerpräsident Horst Seehofer zum Staatsempfang in den Kaisersaal der Residenz.

Der nächste Tag startet auf Einladung der Familie Strauß (Max, Franz Georg, Monika) und des CSU-Ortsverbands Rott um 10 Uhr mit einem Gottesdienst in der Kirche von Rott am Inn, gefolgt von einer Kranzniederlegung durch Seehofer am Grab von Strauß. Danach Stehempfang im Gemeindesaal.

Am Tag seines Todes war Strauß auf dem Oktoberfest, trank in Günter Steinbergs Hofbräuzelt, wo er oft bis vier Uhr nachts seinen Durst löschte, Weißwein aus einem Keferloher-Krug, der den Inhalt nicht verriet wie die gläsernen Maßkrüge. Die gebildete Intelligenz-Bestie Strauß, die gern Kontrahenten in Latein irritierte und als leidenschaftlicher Pilot galt, kam damals aus Albanien geflogen. Durch ein Luftloch musste er sich beim Sturzflug wohl innere Blutungen zugezogen haben.

Vielleicht der Auslöser für den späteren Zusammenbruch. Strauß war ein tollkühner, ruppiger Flieger. Wer einmal mit ihm flog, überlegte sich sehr gut, das nächste Mal mit an Bord zu gehen. Nach der Wiesn-Visite wurde Strauß nach Regensburg per Heli gebracht, um auf die Jagd von Fürst Johannes von Thurn und Taxis zu gehen.

Wenig später lag Bayerns ungekrönter König leblos im Gras. Jörg Pesal, Chauffeur des Fürsten, kämpfte mit Händen und Füßen. Er machte an dem klinisch Toten eine Mund-zu-Mund-Beatmung, bearbeitete nach Kräften den Brustkorb. Da brachen vier Rippen. Sein Schüler Peter Gauweiler ließ in München schnell in einem Militär-Container eine komplette Intensiv-Station einrichten: Es half nichts mehr.

Eine Woche lang trauerte man um den bayerischen Löwen, der immer überzeugt war, dass ihm das ruhelose Umherziehen, Jet-Lags, Alkohol, Adrenalinbäder, Schlafentzug und das feuchte Wetter bei Jagden nichts ausmachten. Ähnlich aufwändig inszeniert wie eine Parade auf den Champs Elysees oder ein Habsburg-Begräbnis wurde er auf der Ludwigstraße zu Grabe gefahren. Regie: Gauweiler. Weil die Bordsteinkante vor dem Siegestor ein Hindernis für die Lafette war, wurde der Zwischenraum eiligst von Stadtpflasterer Rudi Pfeifer asphaltiert. So rollte das Leichengefährt ohne Gepolter aufs Siegestor zu, wo der Sarg in einen silbermetallic-schwarzen Leichenwagen umgeladen wurde.

Am Straßenrand stand unter den Zehntausenden Renate Piller, die letzte FJS-Lebensgefährtin. Sie weinte. Franz Josef wollte die schwarzhaarige Lebensgefährtin, die er bei der Kanzlei-Einweihung des Rechtsanwalts Meyer in der Arnulfstraße kennengelernt hatte, heiraten und organisierte bereits Flitterwochen. In der Familie war die Geliebte nicht besonders geschätzt. Noch während der Beerdigung ließ Max Strauß, der älteste Sohn, das große Rosenherz von Renate entfernen und auf den Müll werfen. Das war der Eklat von Rott am Inn.

Auffälligkeiten gab es bei Strauß im Wochentakt. Mal war Erich Honecker ganz geheim bei ihm im Prinz Carl Palais zu Besuch, mal tickerte die Agentur Reuter von einem Zwischenfall in New York. FJS, der immer eine Pistole bei sich führte, war ein großer Gänger, auch jenseits des Atlantiks. Nach dem Opening des ersten „Wienerwald“-Lokals in Manhattan waren Strauß und Hendl-Vater Friedrich Jahn um die Häuser gezogen. In Überfreude boten sich beim „Plaza“-Hotel Fremdenverführerinnen an, die ihm Liebe gaben und seinen Geldbeutel nahmen. Strauß erstattete Anzeige, die Schlagzeilen peitschten durch alle Welt.

Modisch ließ er sich nichts sagen. Als ich auf einer Reise nur mal andeutete, er solle Hemden mit großen Kragen und Anzüge aus Flanell tragen, putzte er mich in der Limousine zusammen: „Ich bin doch nicht der Fuchsberger.“

 

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