▶ Neonazis, Gegen-Protest und viel Polizei – so lief der 8. Mai in Demmin
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Großeinsatz 

▶ Neonazis, Gegen-Protest und viel Polizei – so lief der 8. Mai in Demmin

Demmin / Lesedauer: 3 min

Reichlich 600 Gegendemonstranten waren am 8. Mai in Demmin unterwegs. Mit einer Sitzblockade versuchten einige, den Nazi-Trauermarsch mit rund 260 Teilnehmern zu stoppen. 
Veröffentlicht:09.05.2024, 13:31

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8. Mai in Demmin – alle Jahre wieder: Die NPD und ihre Anhänger, jetzt unter dem Parteinamen „Die Heimat“ unterwegs, versammelten sich auch 2024 zu einem Trauermarsch durch die Stadt mit anschließender Kundgebung am Hafen unter dem Motto „8. Mai 1945 – Kein Grund zum Feiern. Vergessen wir Tod, Leid und Besatzung nicht“. Und ebenso traditionell hatte das „Aktionsbündnis 8. Mai Demmin“ wieder Protestaktionen entlang der Marschroute der Rechten organisiert.

Mit einer Kranzniederlegung auf dem Barlachplatz gedachte die Hansestadt Demmin der Opfer von Krieg und Gewalt. Bürgermeister Thomas Witkowski (r.) sprach das Totengedenken.
Mit einer Kranzniederlegung auf dem Barlachplatz gedachte die Hansestadt Demmin der Opfer von Krieg und Gewalt. Bürgermeister Thomas Witkowski (r.) sprach das Totengedenken. (Foto: Anke Krey)

Am Vormittag hatte die Hansestadt Demmin bereits mit einer Kranzniederlegung auf dem Barlachplatz die Opfer des Krieges geehrt. Das Totengedenken sprach Bürgermeister Thomas Witkowski (CDU). Anwesend waren dabei auch die meisten Fraktionen der Stadtvertretung. Nicht beteiligt hat sich die AfD; diese legte bereits am 30. April im Gedenken an die Massensuizide und die Vernichtung der Demminer Innenstadt durch das Feuer nach dem Einmarsch der Roten Armee ein Blumengebinde am Gedenkstein auf dem Friedhof nieder.

Die Hinterlandgang trat am 8. Mai 2024 auf dem Marktplatz von Demmin auf. 
Die Hinterlandgang trat am 8. Mai 2024 auf dem Marktplatz von Demmin auf.  (Foto: Simon Voigt)

Buntes Fest und schmerzliche Erinnerung

Am Nachmittag stimmten sich dann die Gegendemonstranten mit einem „Friedensfest“ auf dem Demminer Marktplatz auf den Abend ein. Für musikalische Unterstützung sorgte dabei unter anderem das Rap-Duo „Hinterlandgang“. Albert Münzberg und Pablo Himmelspach kennen die Gegend sehr gut, denn sie sind dort aufgewachsen, und das machen auch ihre Texte deutlich.

Generationen vereint beim Friedensgebet in der Kirche St. Bartholomaei.
Generationen vereint beim Friedensgebet in der Kirche St. Bartholomaei. (Foto: Anke Krey)

„Der Mensch vergisst, aber zuweilen vergisst er, so fürchte ich, zu leicht und zu schnell“, zitierte Bürgermeister Witkowski in der Demminer Kirche St. Bartholomaei Konrad Adenauer. In seiner Ansprache beim Friedensgebet, an dem auch Landes- und Bundespolitiker der Region teilnahmen, würdigte er den 8. Mai als Tag der Befreiung von Faschismus, Nationalsozialismus, von Verblendung und Manipulation. Er wies aber zugleich darauf hin, dass die Tage Anfang Mai für die Demminer keine Tage der Freude sind: „Schmerzlich werden wir daran erinnert, welches Leid Krieg und Gewaltherrschaft verursachen.“

Im Stadtspaziergang vereint: Ein breites Spektrum an Gegendemonstranten, die dem Trauermarsch der Rechten bunte Vielfalt entgegensetzen wollten.
Im Stadtspaziergang vereint: Ein breites Spektrum an Gegendemonstranten, die dem Trauermarsch der Rechten bunte Vielfalt entgegensetzen wollten. (Foto: Ralf Scheunemann)

Mit dem sogenannten Stadtspaziergang machten die Gegendemonstranten dann deutlich, dass sie dem Trauermarsch der Rechten eine bunte Vielfalt in den Weg stellen. Immer wieder gab es Aktionen und Ansprachen, die den Demonstrationszug aufhielten. Insgesamt fanden Angaben der Polizei zufolge im Stadtgebiet gegen den Trauermarsch vier angemeldete mobile und stationäre Versammlungen statt sowie eine weitere, die sich spontan formierte.

Eine Sitzblockade sollte dem Trauermarsch den Weg versperren.
Eine Sitzblockade sollte dem Trauermarsch den Weg versperren. (Foto: Anke Krey)

In der Spitze waren über den Nachmittag und Abend verteilt insgesamt etwa 610 Gegendemonstranten im Stadtgebiet unterwegs, so die Polizei. Mit einer Sitzblockade auf der Clara-Zetkin-Straße, kurz vor dem Luisentor, versuchten etwa 60 Personen, den NPD-Anhängern den Weg zu blockieren oder zumindest zu erschweren. Auch diese sorgte dafür, dass der Trauerzug, der 19 Uhr am Bahnhof starten sollte, seinen Zeitplan nicht einhalten konnte.

Nachdem die Demonstranten auf mehrere Aufforderungen, die Straße frei zumachen, nicht reagierten, trug die Polizei einen Teil der Blockierer zur Seite.
Nachdem die Demonstranten auf mehrere Aufforderungen, die Straße frei zumachen, nicht reagierten, trug die Polizei einen Teil der Blockierer zur Seite. (Foto: Anke Krey)
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Trotz mehrerer Aufforderungen durch die Versammlungsbehörde und die Polizei waren die Demonstranten nicht bereit, die Straße zumindest halbseitig freizumachen. Einige von ihnen wurden daher von der Polizei weggetragen. Anschließend wurde der Aufzug der „Heimat“, der etwa 260 Teilnehmer zählte, an der Sitzblockade vorbeigeleitet.

Mit Konfetti am Marktplatz empfangen: Der Nazi-Trauermarsch bewegte sich unter lautem Protest durch Demmin.
Mit Konfetti am Marktplatz empfangen: Der Nazi-Trauermarsch bewegte sich unter lautem Protest durch Demmin. (Foto: Anke Krey)

Er bewegte sich dann am Marktplatz vorbei, wo der Trauermarsch von den Gegendemonstranten mit Zirkusmusik und Konfettiraketen empfangen wurde. Diese wurden auf die Teilnehmer des Aufzuges geworfen, trafen aber in erster Linie die sichernden Einsatzkräfte der Polizei. Die Rechten ließen sich davon nicht beeindrucken, und gelangten schließlich ohne weitere Zwischenfälle zum Hafen, wo sie sich zu einer Kundgebung aufstellten. Am Anschluss daran warfen sie weiße Rosen zum Gedenken in die Peene, und formierten sich für den Rückmarsch in Richtung Bahnhof.

Zu einer Kundgebung traten die Trauermarsch-Teilnehmer am Hafen an.
Zu einer Kundgebung traten die Trauermarsch-Teilnehmer am Hafen an. (Foto: Anke Krey)

Die Polizei achtete darauf, dass diese Zeremonie nicht durch Gegendemonstranten gestört werden konnte. Sperrgitter vor den historischen Speichern Am Bollwerk hielten die Antifa auf Abstand. Und auch diese eilte dann kurz vor 22 Uhr zu den Bussen.

Nach Einschätzung der Polizei blieben größere Störaktionen in diesem Jahr aus. Insgesamt waren rund 430 Polizeibeamte im Einsatz, einschließlich der Kräfte von Bereitschaftspolizei, Wasserschutzpolizei und Kriminalpolizei. Auch ein Polizeihubschrauber und eine Drohne der Polizei waren für Aufklärungsflüge in der Luft unterwegs.