Kann ein linker Idealist Präsident in den USA werden?

Kann ein linker Idealist Präsident in den USA werden?

Der afroamerikanische Theologe Cornel West fordert Trump und Biden heraus – mit Thesen, die früher linker Mainstream waren.

Dr. Cornel West, Hoffnung der amerikanischen Linken. 
Dr. Cornel West, Hoffnung der amerikanischen Linken. www.imago-images.de

Der bekannte linke Intellektuelle Cornel West will Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika werden. Der frühere Harvard- und Princeton-Professor gab seine Kandidatur auf Twitter bekannt. Heute unterrichtet er am Union Theological Seminary in New York. Er halte es für notwendig, dass es zu den „faschistischen“ Republikanern und den „neoliberalen“ Demokraten einen Kandidaten gäbe, der sich ausschließlich als Anwalt für die Menschen am Rand der Gesellschaft versteht. Der 70-jährige Theologe, der auch Musiker ist und unter anderem mit Prince zusammengearbeitet hat, sagt in einem Interview mit Democracy Now, er werde als Afroamerikaner bewusst in den Kerngebieten von Donald Trump Wahlkampf führen, um die Wähler zu überzeugen, dass die Sündenbock-Theorie sinnlos sei. Der politische Weggefährte von Bernie Sanders will den Amerikanern klarmachen, dass Rassismus keine Antwort auf die ungerechten ökonomischen Verhältnisse sei. Und er will gegen die Militarisierung der USA und der Welt kämpfen. Er sagte, es sei absurd, dass in den USA Austeritätsprogramme wegen der hohen Schulden verabschiedet würden, zugleich aber das Militär-Budget erhöht werde. West sieht einen direkten Zusammenhang mit dem Erstarken der rechtsextremen Gewalt in den USA und den Kriegen, die sein Land in der Welt führt: „Die Bomben, die wir auf andere Länder werfen, sie fallen auf uns zurück“, sagte West.

Der aus Oklahoma stammende Philosoph, der seine Positionen aus einer Mischung von Christentum, Marxismus und anti-rassistischen Überzeugungen bezieht, gilt in der Linken als eine Galionsfigur, die sich nicht verbiegen lässt. Immer wieder kritisierte er den Raubtier-Kapitalismus, die Großbanken und das Militär. In Harvard geriet er in wegen seiner Positionen im Nahost-Konflikt in die Kritik, weil seine mitunter plakativ vorgetragene Unterstützung für die Palästinenser auch in antisemitischen Kreisen instrumentalisiert wurde.

Cornel West tritt für die People’s Party an, könnte aber auch von den Grünen unterstützt werden. In den USA haben Kandidaten, die nicht von den Demokraten oder den Republikanern aufgestellt werden, traditionell keine Chance – unter anderem, weil sie von den großen Medien ignoriert werden. So hatte die Grüne Jill Stein 2016 keine Chance im Duell zwischen Hillary Clinton und Donald Trump. Cornel Wests Kandidatur ist jedenfalls ein Stachel im Fleisch der Demokraten, weil er die Positionen vertritt, die nach Ansicht vieler das demokratische Establishment längst vergessen hat.