Barbara Rudnik: Sie starb mit einem Lächeln
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Sie starb mit einem Lächeln

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Dieses wunderbare Lächeln konnte der Krebs ihr bis zuletzt nicht nehmen: Barbara Rudnik strahlte selbst im letzten Oktober noch, als ihr die Krankheit bereits schwer zugesetzt hatte
Dieses wunderbare Lächeln konnte der Krebs ihr bis zuletzt nicht nehmen: Barbara Rudnik strahlte selbst im letzten Oktober noch, als ihr die Krankheit bereits schwer zugesetzt hatte © Jantz

München - In den letzten Stunden zeigte Barbara Rudnik eine Stärke, die einen schier sprachlos macht.

Da lag sie in ihrem Krankenhausbett, umgeben von ihrer Familie und Freunden und scherzte noch: „Jetzt werde ich wohl nicht mehr drehen.“ Am Samstagmorgen verabschiedete sich die 50-jährige Schauspielerin in der Wolfratshausener Klinik mit einem Lächeln aus dem Leben. Schmerzmittel hatte sie bis zuletzt verweigert. An ihrer Seite: Schauspieler Gerd Silberbauer, der vor dreieinhalb Jahren erlebte, wie die Ärzte Barbara eröffneten, dass sie an unheilbarem Krebs leide. Operation zwecklos. Brust, Leber und Knochen waren damals schon befallen.

Dankbar für die Zeit mit einem großartigen Menschen: Schauspieler Gerd Silberbauer verbrachte die letzten Stunden mit Barbara Rudnik
Dankbar für die Zeit mit einem großartigen Menschen: Schauspieler Gerd Silberbauer verbrachte die letzten Stunden mit Barbara Rudnik © Jantz

„Ich habe noch nie einen so mutigen und tapferen Menschen erlebt“, sagt Silberbauer im tz-Gespräch. Bis zum letzten Atemzug war der Münchner Schauspieler bei seiner Barbara, spielte mit ihr Skat, hielt ihre Hand, lachte mit ihr. Knapp 30 Jahre lang war sie eine enge Freundin, zwei Jahre davon sogar seine große Liebe. Es knisterte, als sie 1982 gemeinsam im Münchner Kellertheater auf der Bühne standen. „Barbara faszinierte mich von Anfang an: Sie war geradlinig, klug und ­witzig.“ Bei aller Schönheit keine Zicke, keine Diva. Nur so konnte aus gescheiterter Liebe eine tiefe Freundschaft werden, die all die Jahre andauerte.

„Wir waren wie Bruder und Schwester, liebten beide die Berge und sind viel durch die Dolomiten gewandert“, erinnert sich Silberbauer. Es war auf einer dieser Touren, als Barbara Rudnik spürte, dass etwas nicht in Ordnung ist. Viel zu schnell ging ihr die ­Puste aus. Die Erschöpfung bremste sie bei ihren letzten Wanderungen.

Als sie dann im Dezember 2005 die Diagnose Krebs bekam, waren ihre Mutter, die beiden Schwestern und Silberbauer die ersten, denen sie von ihrer Krankheit erzählte. „Ich weiß, dass Barbara viele dunkle Stunden hatte. Aber in den dreieinhalb Jahren, die ihr noch geblieben sind, ist nie ein Wort des Jammerns über ihre Lippen gekommen. Sie hat das Leben geliebt und sich ihrem Schicksal gestellt.“ Und das bei vollem Bewusstsein, mit all ihrer Kraft. Sie kämpfte, ohne dem Krebs den Krieg zu erklären. Begegnete ihm nicht als Feind, sondern als „inneren Besucher“, den sie gern verabschiedet hätte. Zwei Jahre nach der Diagnose entschied sie sich, an die Öffentlichkeit zu gehen, um anderen Mut zu machen. Es war diese Klugheit gepaart mit ihrer unwiderstehlichen Erotik, die Barbara Rudnik zur gefragten Schauspielerin und zum Männerschwarm machte. Sieben Jahre lang war sie die Frau an der Seite von Erfolgsproduzent Bernd Eichinger. Danach folgten mal kürzere, mal längere Beziehungen: nicht mit Schönlingen, die sie „langweilig und unmännlich“ fand, sondern mit Männern, „die ein Gesicht haben“. Der Münchner Sternekoch Karl Ederer war einer davon. Eine der letzten Lieben, die an „unvereinbaren Lebenstilen“ scheiterte.

Sie hatte keine eigenen Kinder, dafür aber Familie und Freunde, die sie für ihre uneitle und herzliche Art schätzten. Hatte Rudnik die Wahl zwischen Promi-Partys und einem privaten Skatabend, zog sie die Zockerrunde unter Freunden vor. Sie war gerne beim Eisstockschießen und spielte Akkordeon. Im Kleiderschrank hortete sie Wohlfühlklamotten aus den letzten 20 Jahren. Die Femme Fatale, blond, unnahbar und spröde – mit diesem kühlen Blick aus eisblauen Augen: Das war sie in ihren Rollen und auch bisweilen, wenn sie sich unsicher fühlte. „Ich brauche Zeit, bevor ich Freundschaft schließe“, pflegte sie zu sagen.

Barbara Rudnik: Ihr Leben, ihre Karriere

Strecke

Aus ihrer Trauer über den Krebstod von Kollegin Dana Vavrova machte sie auf der diesjährigen Berlinale keinen Hehl. Es war das eigene Ende, das wieder ein Stückchen näher gerückt war. Und doch schöpfte Rudnik immer wieder Mut. Noch im April stand sie für den TV-Thriller Die Insel auf Amrum vor der Kamera. Lächelnd, mit raspelkurzen Haaren unter ihrem Hut, jeden Moment genießend. „Wir haben vor vier Wochen auch noch meinen Geburtstag gefeiert“, sagt Gerd Silberbauer. „Barbara hat wie wild getanzt und sich prächtig amüsiert.“ Kurz darauf verschlechterte sich ihr Zustand, die Schauspielerin wurde in die Klinik verlegt. „Heute lebe ich bewusster und glücklicher als je zuvor“, hatte Rudnik noch vor wenigen Monaten gesagt. Ganz bewusst schaute sie auch dem Ende entgegen – in dem Wissen, dass Geburt und Tod lediglich zwei verschiedene Aspekte derselben Sache sind. Barbara Rudnik wird in München beigesetzt.

Astrid Kistner, Linda von Beck

„Keine Wimpern mehr zu haben, war am schlimmsten“


Sie galt als die schöne Blonde mit der unterkühlt-erotischen Ausstrahlung. Als eine Schauspielerin, die in ihren Rollen meist starke, souveräne Frauen verkörperte – Frauen, wie sie selbst. Barbara Rudnik hat ihre Brustkrebserkrankung lange verschwiegen – und war schonungslos offen, als sie sich entschied, doch darüber zu sprechen. Von einer schonungslosen Klarheit sind auch die Gedanken, die sie in Interviews äußerte.

„Ich habe mir die bösartigste Krebsart ausgesucht, die es gibt.“ (Bunte, April 2008)

„Ich will mich nicht länger verstecken, und ich will meine Krankheit nicht länger verstecken. Ich möchte mich erhobenen Hauptes mit meinem kurzen ungefärbten Haaren zeigen und sagen: Das bin ich jetzt.“ (Bunte, April 2008)

„Spießig ist, Dinge zu machen, die nicht aus den eigenen Gedanken entsprungen sind, sondern einfach nachgelebt werden. Nach Regeln, die einem jemand anderes auferlegt, die man also vollzieht, ohne sie wirklich einzusehen.“ (Frankfurter Rundschau, Juni 2005)

Ich finde ein privates Essen und Skatspielen mit Freunden schöner, als auf Partys mit vielen Menschen zu gehen. Es fällt mir immer schwer, wenn Menschen, die ich gerade erst kennengelernt habe, mir ihre Freundschaft antragen. Ich denke dann immer: “Ich habe doch schon so viele Freunde, um die ich mich kümmern muss.“ (Bunte, Januar 2005)

Auf die Frage: „Hatten Sie schon einmal Selbstmordgedanken“ „Ja. Hat die nicht jeder? Ich jedenfalls habe schon häufiger daran gedacht, bin aber nie so weit gegangen, es jemals in Erwägung zu ziehen – oder es mir wirklich vorstellen zu können.“ (Welt, April 2007)

„Ich würde sehr gern mal eine gewisse Zeit auf Wanderschaft gehen. Ohne groß etwas dabei zu haben. Einfach so losgehen in die Welt hinaus. Ohne Ziel. Ich hoffe sehr, dass ich irgendwann dazu komme. Mitnehmen würde ich nur einen netten, großen Hund. (Welt, April 2007)

„Es waren Metastasen im Kopf aufgetaucht. Danach fielen mir zum ersten Mal die Haare aus. Das ist das Ekelhafteste überhaupt: diese toten Haare am Kopf. Danach blickte mich aus dem Spiegel dieses kranke Krebsgesicht an: kahlköpfig, ohne Wimpern und Augenbrauen. Keine Wimpern mehr zu haben, das fand ich am schlimmsten.“ (Bunte, April 2008)

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