Der Überfall | Film-Rezensionen.de
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© ZDF/Hardy Brackmann

Der Überfall

„Der Überfall“ // Deutschland-Start: 4. März 2022 (ZDF)

Inhalt / Kritik

Es sollte eine ganz schnelle und unspektakuläre Nummer sein, als die durch ihre Spielsucht verschuldete Paula Schönberg (Katja Riemann) und der vorbestrafte Daniel Kowalski (Joel Basman) gemeinsam einen kleinen Laden ausrauben wollen. Doch alles geht schief. Am Ende ist Hassan Merizadi (Hadi Khanjanpour), der Besitzer des Ladens, tot, nachdem er aus nächster Nähe erschossen wurde. Ein Kunde schwebt in Lebensgefahr. Die Polizisten Frank Worms (Sebastian Zimmler) und Oliver Meyer (Bernhard Conrad) sowie die in Ungnade gefallene Kollegin Antonia Gebert (Lorna Ishema) nehmen die Ermittlungen auf. Doch die Suche nach den Tätern gestaltet sich schwierig, nicht zuletzt weil der Hauptzeuge Damon (Yasin Boynuince), Bruder von Hassan, nicht die volle Wahrheit zu sagen scheint. Und dann verschwindet auch noch Arian (Elias Danesh Hartmann) spurlos, der Sohn von Hassan und Miriam (Karolina Lodyga) …

Viele Geschichten an einem Ort

Während es früher bei Serien üblich war, dass jede Folge eine neue in sich abgeschlossene Geschichte erzählte, ist in den letzten Jahren eine zweite Variante populärer geworden, dass eine fortlaufende Geschichte erzählt wird, die sich über viele Folgen oder eine Staffel erstreckt. Eine interessante Untervariante hiervon sind Serien, bei denen es darum geht, eine Reihe von Parallelhandlungen zusammenzuführen, die eigentlich unabhängig voneinander existieren. Bei Wenn die Stille einkehrt folgen wir beispielsweise einer Reihe von Figuren, deren einzige Gemeinsamkeit darin besteht, dass sie an jenem Tag in einem Restaurant sind, an dem ein Anschlag verübt wird. Bei Am Anschlag – Die Macht der Kränkung war das ähnlich. Der Unterschied: Diese vielfältigen Porträts werden mit einer Art Krimi verbunden, bei dem man rätseln darf, welche dieser Figuren Amok laufen wird.

Die ZDF-Serie Der Überfall geht in eine ganz ähnliche Richtung. Auch hier erfahren wir am Anfang, dass ein Verbrechen begangen wurde, der im Titel genannte Überfall auf einen kleinen Laden. Wir sehen ihn zum Teil auch. Die sechs Folgen handeln dann zum einen davon, wer die Figuren sind, die in diese Geschichte verwickelt sind. Zum anderen erfahren wir, wie es im Anschluss weitergeht und welche Auswirkungen diese zum Scheitern verurteilte Tat auf alle hat. Positiv sind die erwartungsgemäß nicht. Die Handlung beginnt mit einer absoluten Katastrophe, die gleichzeitig Höhepunkt und Anfang ist. Denn irgendwie haben die Figuren alle ein Händchen dafür, Probleme noch schlimmer zu machen, als sie es eh schon sind, oder auch Probleme aus dem Nichts zu erschaffen.

Zwischen Drama und Thriller

Das wäre auch als Komödie denkbar gewesen. Chaos ist immer eine gute Voraussetzung, um witzige Situationen zu erzeugen. Bei Der Überfall ist die Komik aber höchstens unfreiwillig. Stattdessen gibt es hier eine Mischung aus Drama und Thriller. Das Drama bezieht sich dabei darauf, dass es mal wieder um lauter Leute geht, die ihr Leben nicht in Griff haben. Das kann mal aufgrund von Pech oder ungünstiger Umstände geschehen. Oft ist es das direkte Ergebnis der jeweiligen Taten. Wenn sich Paula aufgrund ihrer Spielsucht und der damit verbundenen Schulden immer tiefer in den Abgrund stürzt, dann darf man dabei mit den Augen rollen. Aber es ist eben auch tragisch, weil das alles nicht im Vakuum geschieht, sondern sie auf diese Weise eine Kettenreaktion auslöst.

Das ist dann auch das eigentliche Thema der Serie: Hier hängt wirklich alles mit allem zusammen, jeder mit jedem. Und das oft, ohne sich dessen bewusst zu sein. Auch wenn natürlich alle eine Verantwortung dafür tragen, was sie da tun, sind sie letztendlich nur bedingt in der Position, dieses eigene Leben auch wirklich zu bestimmen. Stattdessen taumeln in Der Überfall Männer, Frauen und Kinder durch diese Welt, wo sie von für sie unsichtbaren Kräften gelenkt werden. Eine personalisierte Chaostheorie, wenn man so will, nach der zwar alles Grund und Ursache hat. Aber es sind solche, die uns nicht sichtbar sind. Die wir selbst auch gar nicht direkt manipulieren können, selbst wenn wir es wüssten.

Unglaubwürdig, aber spaßig

Glaubwürdig ist das alles dann weniger. Die Eskalation der Ereignisse führt zu diversen Absurditäten, weshalb das mit der Aussage so eine Sache ist. Dass man hiermit richtig tiefgründig sein wollte, das ist zwar offensichtlich. Viel erwarten sollte man davon aber trotzdem nicht. Zum einen ist die Erkenntnis, dass unser Leben das Ergebnis lauter Zufälligkeiten ist, die wir nicht beeinflussen können, keine besonders originelle. Das haben schon eine Reihe anderer Filme und Serien thematisiert, etwa 71 Fragmente einer Chronologie des Zufalls oder Helden der Wahrscheinlichkeit – Riders of Justice, welche die Willkür eines Ereignisses herausarbeiteten. Unterhaltsam ist Der Überfall aber durchaus. Das Tempo ist hoch, ständig passiert etwas. Es kommt auch zu diversen Wendungen, wenn einige anfängliche Vermutungen sich als falsch herausstellen. Das reicht, um sich einen Abend vor dem Fernseher zu gestalten.

Credits

OT: „Der Überfall“
Land: Deutschland
Jahr: 2022
Regie: Stephan Lacant
Drehbuch: Stefan Kolditz, Katja Wenzel
Musik: René Dohmen, Joachim Dürbeck, Ege Ateslioglu
Kamera: Michael Kotschi
Besetzung: Katja Riemann, Lorna Ishema, Joel Basman, Sebastian Zimmler, Yasin Boynuince, Karolina Lodyga, Marie-Rosie Merz, Mo Issa

Bilder

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Der Überfall
Fazit
„Der Überfall“ beginnt mit einem Überfall auf einen kleinen Laden, der katastrophal schief geht, und erzählt anschließend die Vorgeschichten und Folgen. Das ist nicht so clever, wie die Serie gern tut, gerade die mangelnde Glaubwürdigkeit muss man ertragen können. Aber es ist schon ganz unterhaltsam, was diese Mischung aus Drama und Thriller zu bieten hat.
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